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Veröffentlicht am 24.01.2019

Zwei, die sich einer gemeinsamen Vergangenheit stellen

Nadjas Katze
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Dieser Roman ist ein gründlich recherchiert und glaubwürdig aufgebauter “Geschichtskrimi”, in dem aber nicht wegen einer Leiche, sondern wegen eines Babys ermittelt wird.

Eine Stelle in einer Novelle ...

Dieser Roman ist ein gründlich recherchiert und glaubwürdig aufgebauter “Geschichtskrimi”, in dem aber nicht wegen einer Leiche, sondern wegen eines Babys ermittelt wird.

Eine Stelle in einer Novelle regt Nadja Schwertfeger dazu an, ihre eigene Geschichte zu hinterfragen. Die Geschichte eines adoptierten Babys, das seine leibliche Mutter, eine zu Kriegsende 1945 mittellose “Displaced Person”, die für ihr Kind nur das Beste wollte.

Sie gerät auf ihren Nachforschungen von Freiburg aus in diverse Städte und Dörfer Deutschlands (die meisten echt, das wichtigste fiktiv) und landet bei einem Ex-Polizisten (Hans Berndorf), der ihr bei den Recherchen und Befragungen von Zeitzeugen und deren Nachkommen behilflich ist.

Beide Protagonisten haben so ihre Eigenheiten, gepaart mit Ulrich Ritzels sehr eigenem, nicht immer einfachen, Schreibstil, kann der ansonsten berührende und spannende Roman etwas mühsam zu lesen sein.

Aber die daraus entstehende Erzählung ist es wert, sich auch manchmal durchzukämpfen. Wie auch in der Novelle mit der alles beginnt, fügen sich im Roman selbst Fakten und Fiktion so zusammen, dass die Summe eine durchaus mögliche, real passierte Geschichte ergibt.

Ein Roman, der von Selbstfindung und unangenehmen Wahrheiten berichtet und dabei ganz ohne Romantik oder Verklärung auskommt. Dafür jedoch präsentiert er ein teilweise offenes Ende, an dem der Leser selbst die endgültigen Schlüsse ziehen darf aus dem, was die beiden auf ihren Reisen herausfinden.

Veröffentlicht am 22.01.2019

Einer hat Blut geleckt

Mordsommer
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Dieser Thriller outet sich als echter Pageturner. Auch wenn das Konzept - eine Gruppe von Menschen sitzt an einem Ort fest und nach und nach sterben sie - nicht neu ist, wartet der Plot mit speziellen ...

Dieser Thriller outet sich als echter Pageturner. Auch wenn das Konzept - eine Gruppe von Menschen sitzt an einem Ort fest und nach und nach sterben sie - nicht neu ist, wartet der Plot mit speziellen Charakteren, gelungenen Rückblicken und der einen oder anderen Überraschung auf.

Die Protagonisten werden von Geheimnissen aus ihrer Jugendzeit eingeholt und es kommt wie es kommen musste: Schuldzuweisungen und Verdächtigungen untereinander sind unvermeidlich. Der Leser kann aufgrund der Rückblicke, den Abschnitten aus der Perspektive eines ehemaligen Mitschülers und kleinen Indizien in der Geschichte selbst rätseln.

Wer ist nun der Täter und warum hat er das alles inszeniert? Wer wird am Ende überleben? Nur eines ist sicher: Jemand wird dafür bezahlen…

Sidefact: Wer “Die Party” von Jonas Winner kennt und vorher gelesen hat, wird sich daran erinnert fühlen. Aber Achtung - “Mordsommer” ist ein paar Jahre älter. Funktioniert umgekehrt aber natürlich genau so.

Veröffentlicht am 18.01.2019

Schleppender Start, Showdown am Ende

Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod
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Von Håkan Nesser kannte ich zwar noch kein Buch aus der Reihe um Van Veeteren, aber immerhin schon “Der Fall Kallmann”. Daher kam ich mit dem Erzählstil des Autors hier gut zurecht. “Neulinge” könnte dieser ...

Von Håkan Nesser kannte ich zwar noch kein Buch aus der Reihe um Van Veeteren, aber immerhin schon “Der Fall Kallmann”. Daher kam ich mit dem Erzählstil des Autors hier gut zurecht. “Neulinge” könnte dieser zu Beginn überraschen.

Wer sich davon im ersten Viertel des 572 Seiten starken Krimis nicht entmutigen lässt, der wird später doch mit viel Spannung, Verfolgungsjagden und einem starken Psychogramm des Täters belohnt.

Stichwort Spannung: diese baut sich langsam, teilweise unter der Oberfläche auf. Einiges aus dem ersten Viertel hätte man wohl kürzen können, aber andererseits gibt es dadurch gesamt gesehen mehrere Hauptpersonen als nur ein paar Polizisten, Van Veeteren und einen Täter. Nesser widmet den Opfern gebührend Platz - was natürlich auch der Charakterisierung des Täters dient.

Der Leser weiß meist ein bisschen mehr als die Ermittler oder kann sich zumindest mehr zusammenreimen. Und als es dann soweit ist, dass die zahlreichen Nebenhandlungen und Erzählstränge auf ein Ziel hinweisen, kommt noch einmal eine kleine Überraschung um die Ecke.

Veröffentlicht am 16.01.2019

Langatmige, etwas umständliche Erzählung

Als Luca verschwand
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Der einfache Plot - beim Einkaufen kommt einer Mutter ihr Baby abhanden - birgt grundsätzlich eine tolle Möglichkeit für vielschichtige Psychogramme und einen spannenden Krimi auf der Jagd nach einem Entführer.

Mit ...

Der einfache Plot - beim Einkaufen kommt einer Mutter ihr Baby abhanden - birgt grundsätzlich eine tolle Möglichkeit für vielschichtige Psychogramme und einen spannenden Krimi auf der Jagd nach einem Entführer.

Mit dieser Erwartung ging ich an diesen Roman, der meiner Meinung nach diese Bezeichnung auch mehr verdient als “Krimi”. Zu Beginn läuft die Erzählung etwas schleppend, zu viele (unwichtige?) Figuren müssen eingeführt werden und um ihre komplizierte Lebensweise zu verstehen, muss ihre nähere und entferntere Vergangenheit genau beleuchtet werden.

Das ist etwas zäh, dazu kommt, dass zwei Frauenfiguren sich in groben Zügen deutlich ähneln, was ihre Unterscheidung vor allem im ersten Drittel des Buches recht schwierig macht.

Was im Roman gut gemacht ist, ist, dass eindeutig dargestellt wird, dass es keine heile Welt gibt, dass jeder so sein Päckchen zu tragen hat und mit seinen Dämonen kämpft.

Die auftretenden Ermittler, Polizisten, sind allesamt, vielleicht auch weil weniger genau seziert, für mich besser skizziert als die Privatpersonen (Verwandte, Familie, Freunde des verschwundenen Babys und andere Leute aus seinem Heimatstädtchen).

In Summe ist der Roman leider etwas langatmig und teilweise schon zu “abgedreht” geraten, der Erzählstil mitunter einfach schwierig zu lesen. Ich kenne von Petra Hammesfahr bisher sonst noch kein Buch, daher kann es natürlich sein, dass sie sonst nicht so schreibt und andere Romane oder Krimis von ihr einfacher zu lesen sind.

Veröffentlicht am 30.12.2018

Mitleid mit Zack Herry? Ja, das geht.

Das Blut der Hirsche
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Streckenweise war dieser Band im Vergleich zu den beiden Vorgängern (Die Fährte des Wolfes und In den Fängen des Löwen) gar nicht einmal so “Zack-Herry-typisch”, nur um dann umso brutaler, emotionaler ...

Streckenweise war dieser Band im Vergleich zu den beiden Vorgängern (Die Fährte des Wolfes und In den Fängen des Löwen) gar nicht einmal so “Zack-Herry-typisch”, nur um dann umso brutaler, emotionaler zuzuschlagen.

Der Start ist wie immer fesselnd, ein Prolog wie in jedem Band dieser Reihe. Bezüglich des groben Aufbaus der Geschichte und der wiedererkennbaren Titel bleiben sich die beiden Autoren treu. Zack und der Rest des Teams der Sondereinheit der Stockholmer Polizei rund um Chef Douglas Juste haben es diesmal wieder mit einem Serientäter zu tun, die Opfer wirken zufällig ausgewählt und weisen grausame Verletzungen auf, an denen sie sterben.

Dazu steht ein Thema im Fokus, das Zack wohlbekannt ist: Drogen. Der draufgängerische Ermittler, der mit seiner Vergangenheit zu kämpfen hat, ist ihnen selbst nicht ganz abgeneigt. Aber auch ein Pechvogel wie Zack hat mal Glück und so lernt der Leser in “Das Blut der Hirsche” auch eine seiner anderen Seiten kennen.

Durch die Dramaturgie dieses Thrillers schaffen es die Autoren, dass auch Leser, die dem sehr polarisierenden Charakter Zack Herry menschlich wenig abgewinnen können, sogar ein wenig Mitleid haben werden. Allerdings - und das wie gewohnt - lässt Zacks Story den Fall an sich teilweise etwas in den Hintergrund treten. Auch das Ende ist kein klassisches Happy End. Es deutet nicht nur eine Fortsetzung der Reihe an, es lässt auch viele Fragen (bewusst) ungeklärt.

Wen das nicht stört und wer mit etwas weniger Spannung als erhofft, auch zufrieden ist, bekommt hier einen soliden Schweden-Thriller serviert.