Cover-Bild Wie alles begann und wer dabei umkam
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14,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 544
  • Ersterscheinung: 08.09.2022
  • ISBN: 9783462003574
Simon Urban

Wie alles begann und wer dabei umkam

Roman

Bereits als Kind findet der Held dieses Romans zur Juristerei: Er bereitet ein Verfahren gegen seine Großmutter vor, den Drachen der Familie – und verurteilt sie im Wohnzimmer in Abwesenheit zum Tode. Berufung: nicht möglich.

Dass ein Jurastudium im beschaulichen Freiburg einem solchen Charakter nicht gut bekommt, ahnt man schnell. Auch hier kann er die Finger nicht von den Gesetzen lassen, und nimmt das Recht in die eigene Hand. Simon Urban gehört zu den großen, mutigen Erzähltalenten seiner Generation. In seinem neuen Roman entfesselt er eine furiose Geschichte um einen Außenseiter, der zum dunklen Rächer wird. Und der zuvor auszieht, um sich auf einer weltweiten Recherchereise am Unrecht und Recht der Welt zu schulen …
»Wie alles begann und wer dabei umkam« ist eine bitterböse Gesellschaftsanalyse und eine literarisch brillante Auseinandersetzung mit den Regelwerken, die unser aller Leben bestimmen. Wo sind Widerworte gegen das Gesetz gefragt – und wo eskaliert das eigene Ungerechtigkeitsempfinden in wahnwitzige Selbstjustiz?

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.11.2023

Einer der auszog, um das Recht selbst in die Hand zu nehmen

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Nachdem ich das Buch »Zwischen Welten« von Juli Zeh und Simon Urban gelesen hatte, wollte ich unbedingt wissen, wie dieser Autor in Eigenregie schreibt und habe mich für dieses Buch entschieden.

Fast ...

Nachdem ich das Buch »Zwischen Welten« von Juli Zeh und Simon Urban gelesen hatte, wollte ich unbedingt wissen, wie dieser Autor in Eigenregie schreibt und habe mich für dieses Buch entschieden.

Fast alles, was man hier liest, sollte man nicht ernst nehmen. Darauf sollte sich der Leser vor der Lektüre einstellen.

Erzählt wird in der Ich-Form aus der Sicht des Protagonisten J. Hartmann. Eine weitere Stärke von Urban neben seiner Erzählweise ist die Charakterisierung der einzelnen Figuren.

Das Buch kann man in zwei große Abschnitte einteilen. Rücksprünge in die Zeitspanne von Teil I werden dabei mehrmals eingeblendet.

Teil I: Die Jugendzeit in seiner Familie und das spätere Studium von Hartmann an der Universität Freiburg. Da er ein sehr begabter Jurastudent ist, soll er mit einem Exzellenz-Stipendium der Freiburger Studierendenstiftung gefördert werden, was er aber ausschlägt, weil er keine Karriere als Jurist anstrebt.

Teil II: Seine sogenannten Studienreisen in ferne Länder (Papua-Neuguinea, Indonesien, Bangkok, Singapur).

Bereits in seiner Jugendzeit befasst sich Hartmann mit der deutschen Rechtsprechung, die ihn als junger Erwachsener zum Jurastudium nach Freiburg führt. Er befasst sich mit dem Studium der Gerechtigkeit bzw. Ungerechtigkeit in Theorie und Praxis, wobei er das starre Regelwerk bemängelt. Er beschließt daher, dass Recht selbst in die Hand zu nehmen und es auch anzuwenden. Zusammen mit einer Kommilitonin arbeitet er an dem Entwurf eines inoffiziellen Strafrechts der Bundesrepublik Deutschland.

Zweimal führt er ein fiktives Gerichtsverfahren durch. In Jugendtagen verurteilt er die verhasste Großmutter in deren Abwesenheit zum Tode. Die Vollstreckung erübrigt sich, da ihn während seiner Studienzeit in Freiburg die Nachricht erreicht, dass sie friedlich eingeschlafen ist. Zum zweiten führt er während seiner Studienreisen ein Gerichtsverfahren in Singapur durch, um einen gewissen Wong Lin Malevich zum Tode zu verurteilen, da dieser wissentlich insgesamt 57 Frauen mit dem HI-Virus infiziert hat. Malevich ist ein Frauenhasser und ein Narzisst. Dieses Mal liegt der Fall insofern anders, da er das Urteil selbst vollstrecken soll.

Es gibt allerdings auch Passagen, die der Wahrheit entsprechen. In Singapur wird z.B. Won Lin Malevich (s. vorheriger Absatz) vorgeworfen, dass er junge Frauen und Prostituierte vorsätzlich mit HIV infiziert habe, da er die Frauen ohne Kondom zum Geschlechtsverkehr überredet hat. Bei der offiziellen Gerichtsverhandlung konnte er glaubwürdig nachweisen, dass er nichts von seiner Infektion wusste. Er wurde freigesprochen. Später aufgetauchte Zeugenaussagen konnten nicht mehr zu einem Wiederaufnahmeverfahren führen, da lt. Rechtsprechung ein Freispruch nicht nachträglich in einen Schuldspruch umgewandelt werden kann (Anm.: Dazu gab es 2023 ein Urteil vor dem Bundesverfassungsgericht).

Köstlich sind die Vergleiche und Wortspiele, die Urban immer wieder in die Handlung einfließen lässt. Beispielhaft sei ein Treffen mit seinen Eltern und seiner verhassten Großmutter erwähnt, die ihn in Freiburg besuchen kommen: »… sie trug ihr Sommerkleid, in dem sie aussah wie ein übellauniges Stück Dörrobst, das sein Verfallsdatum überschritten hat …« Oder den Besuch eines Heino-Konzerts mit seiner Großmutter in Pforzheim hat er witz- und wortreich beschrieben. Der Höhepunkt war der Versuch, Großmutter und Heino nach Konzertende in der Künstlerkabine zu verkuppeln, um die Frau loszuwerden. Dies endete jedoch mit dem Rausschmiss aus der Garderobe des Sängers. Beim Lesen dieses Buches musste ich mehrfach schmunzeln.

Fazit:

Man kann dieses Buch als Schelmenroman, Posse oder rabenschwarze Satire sehen. Das meiste der Erzählungen entspringt dabei der Fantasie von Hartmann.
Auch wenn Simon Urban für dieses Buch mit dem Hamburger Literaturpreis ausgezeichnet wurde, sagt mir der Schreibstil nicht unbedingt zu. Wenn Urban lustige Episoden beschreibt, kommt er schnell auf den Punkt, dann macht das Lesen Spaß. Aber dann folgen Schreibszenen, die sich fast schon quälend in die Länge ziehen und die das Weiterlesen anstrengend machen.
Die einzelnen Kapitel sind mir zu lang. Bei einem Szenenwechsel haben mir zumindest Absatzmarken gefehlt.
Aber da dieses Buch mit viel positiver Ironie und guten Denkanstößen zu den Rechtsgrundlagen verfasst wurde und die von mir negativ angemerkten Punkte meiner subjektiven Wahrnehmung entsprechen, gebe ich vier Sterne.

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