Cover-Bild Main Street
Band 6 der Reihe "Manesse Bibliothek"
28,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Manesse
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Klassisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 1008
  • Ersterscheinung: 23.04.2018
  • ISBN: 9783717524540
Sinclair Lewis

Main Street

Roman. Übersetzt von Christa E. Seibicke, mit einem Nachwort von Heinrich Steinfest
Christa E. Seibicke (Übersetzer)

Ein Schlüsselroman zum Verständnis der modernen USA, ihrer tiefen Ambivalenz und inneren Zerrissenheit

Carol Kennicott, eine junge Frau aus Neuengland, hat es in ein Provinznest verschlagen, deren Einwohner, so merkt sie rasch, völlig anders ticken als sie. Um keinen Preis wollen sie von Vorurteilen abrücken und mit neuen Ideen beglückt werden. Im Gegenteil: Wer an ihren tief verwurzelten Überzeugungen rüttelt, kann sein blaues Wunder erleben. So entspinnt sich ein Kampf zwischen zwei konträren Weltbildern - urbane Liberalität vs. rustikales Hinterwäldlertum. Dass Letzteres nicht so einfach zu überwinden ist, sondern böse zurückschlägt, wenn es sich bedroht fühlt, lässt sich an der USA der Gegenwart ebenso studieren wie an diesem turbulenten, unterhaltsamen Klassiker.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.05.2018

„Eine Kleinstadt wie tausend andere…“

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Carol Kennicott ist total von sich überzeugt: nach ihrer Heirat mit Will, dem Arzt der Kleinstadt Gopher Prairie, wird sie die langweilige Hauptstraße des Städtchens nach ihren Plänen geschmackvoll umgestalten ...

Carol Kennicott ist total von sich überzeugt: nach ihrer Heirat mit Will, dem Arzt der Kleinstadt Gopher Prairie, wird sie die langweilige Hauptstraße des Städtchens nach ihren Plänen geschmackvoll umgestalten lassen. Doch als sie in die den Ton angebende Schicht der Provinzstadt eingeführt wird, gerät ihr Vorhaben ins Wanken; die Einwohner schätzen ihre Reformpläne nicht sehr. Carols Engagement wird schließlich eher durch die Interessen der Middle Class in andere Richtungen gelenkt und sie verschiebt ihr Vorhaben vorläufig. Wird sie sich durchsetzen oder wird sie von der „Gesellschaft“ vereinnahmt und verändert?
Im Original erschien der Roman „Main Street“ im Jahre 1920 - doch sein Thema, das Leben in der Provinz, das Festhalten an Traditionen, Intoleranz und Borniertheit vieler Zeitgenossen ist stets aktuell. Sinclair Lewis (1885 – 1951) verfügt über eine scharfe Beobachtungsgabe. Mit viel Witz und Esprit schildert er seine Charaktere, in erster Linie Vertreter des (selbstzufriedenen) Bürgertums. Sie wirken so lebendig wie in den Romanen Charles Dickens´, seinem großem Vorbild. Lewis nimmt ihre Schwächen und Fehler kritisch ins Visier und zeichnet in satirischer Manier ein facettenreiches Bild der Personen und des Handlungsortes. Gopher Prairie erscheint wie ein Abbild seiner eigenen Geburtsstadt in Minnesota und deren Einwohner. Vermutlich hatte Lewis, der übrigens als erster amerikanischer Schriftsteller Lewis im Jahr 1930 den Nobelpreis für Literatur erhielt, genügend Gelegenheit, sie genau zu beobachten. „Main Street“ , in gehobener Alltagssprache verfasst, liest sich einfach wunderbar erfrischend.
„Soviel zu unserer angenehmen Tradition und unserem festen Glauben. Würde sich da nicht als zynischer Fremdling entlarven, wer die Main Stret anders schildern oder ihre Bewohner mit Spekulationen darüber erschrecken wollte, ob es noch andere Bekenntnisse gibt?“

Veröffentlicht am 27.07.2018

Ein melancholisch wirkender Roman, der den Zeitgeist der 1920er Jahre wiedergibt

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Dieser Roman spielt Anfang des 20. Jahrhunderts, als gerade die ersten Autos aufkamen und Flugzeuge noch der Zukunft angehörten. Die Kleinstadtbewohner waren Bauern mit eurpopäischen Wurzeln, sie arbeiteten ...

Dieser Roman spielt Anfang des 20. Jahrhunderts, als gerade die ersten Autos aufkamen und Flugzeuge noch der Zukunft angehörten. Die Kleinstadtbewohner waren Bauern mit eurpopäischen Wurzeln, sie arbeiteten hart, lebten bescheiden, besuchten ihre Kirchen und pflegten kleinbürgerliche Geselligkeit.

Lewis ist ein hervorragender Schriftsteller, er beobachtet seine Figuren genau und stellt das menschliche Verhalten zwar reichlich detailverliebt und ausufernd, aber auch treffend dar. Es geht um die kleingeistigen Ideale des amerikanischen Mittelstands und man beobachtet auch eine beginnende Entwicklung der Emanzipation der Frau. So wie es immer Kleinbürgertum gegeben hat, wirkt dieser Roman schon fast wie eine Satire. Und "Main Street" erscheint damit heute so aktuell wie damals.

"Sie aßen ihre Sandwiches an einer Prärieaue: hohes Riedgras, das aus klarem Wasser emporwuchs, moosiger Moorgrund, rot geflügelte Stärlinge, goldgrüne Schaumspritzer auf den Tümpeln." Zitat Seite 129

Der Roman erzählt die Geschichte von Carol Kennicott, einer jungen Frau mit Idealen, sie möchte etwas in ihrem Leben bewegen. Als sie 1910 einen Landarzt heiratet und mit ihm aufs Land zieht, nach Gopher Prairie in Minnesota, wird schnell deutlich, dass Carol sich hier inmitten der kleingeistigen und spießigen Bewohner nicht wohl fühlt. Die Menschen sehen in allen Zugezogenen nur Außenseiter, lästern über alles Neue und können kaum Toleranz aufbringen. Doch Carol lässt sich so schnell nicht entmutigen, sie ist engagiert genug und versucht immer wieder, durch Kulturangebote wie Tanzabende, Theater und Bibliothek frischen Wind in das öde Landleben einziehen zu lassen. Immer wieder scheitert sie, wird belächelt und bekommt nur schräge Blicke der anderen Bewohner zugeworfen. Weltgewandtheit kann man nicht vermitteln, es muss auch gewollt sein. Das gilt auch für ihren Ehemann, der anfangs noch von ihrer sprühenden Lebendigkeit begeistert war und sich auf dem Land wieder in einen spießigen Dörfler verwandelt, für den Frauen nur für Haushalt und Kinder zuständig sind.

Es war ermüdend, wie häufig Carols Aufmüpfigkeit für Veränderungen ständig gegen eine Wand von Widerstand von Seiten der provinziellen Hinterwäldler lief. Es war ein Auf und Ab von Anpassung und Aufstand gegen die Engstirnigkeit der Kleinstädter. Daneben sorgten einige schöne landschaftliche Beschreibungen für etwas Abwechslung, doch weiterführende Handlungen konnte ich nicht erkennen. Insofern musste ich mich ziemlich durch das Buch mühen.
Unterschiedliche Charaktere sind reichlich vorhanden, allesamt mehr oder weniger austauschbar.

Vom Schreibstil her lässt sich der Roman sehr gut lesen, insgesamt ist er allerdings viel zu ausgeschmückt und weitschweifig, wenn man bedenkt, das einige Handlungen immer nach dem gleichen Schema ablaufen. Letztendlich ändert sich nicht viel an der Ausgangssituation in Gopher Prairie.


Als der Roman 1920 erschien war er wohl ein "reaktionäres" Buch, heutzutage ist das nicht unbedingt nachvollziehbar. Für mich erscheint dieses Buch als eine Zustandsbeschreibung vom amerikanischen Mittelstand, den man auch heute noch in provinzieller Lebensart vorfindet.
Allerdings kann man gesellschaftskritische Romane auch anders darstellen, dafür hätte dieses Buch den Nobelpreis für Literatur vielleicht nach heutiger Ansicht nicht unbedingt verdient. Doch darüber möchte ich mit keine Kritik anmaßen, die Zeiten für kritische Literatur haben sich jedoch gewaltig geändert, was man von den dargestellten urbanen Kleinbürgern nicht unbedingt behaupten kann. Die gibt es noch immer.

Dieses Buch wirkt melancholisch und trägt durchgängig die Hoffnung auf Veränderung in sich. Die Protagonistin Carol ist kritisch, hinterfragt vieles, möchte Dinge verändern, darin ist sie schon fast fanatisch. Sie ist gegen das Spießertum, doch sie lebt ein ebensolches Leben. Es geht ihr um den Wert des Lebens. Doch sie kämpft gegen Windmühlenflügel an, ihre Bemühungen scheitern von Mal zu Mal.

Ein lesenswertes Buch, bei dem man nicht nur viel Lesezeit und Geduld aufbringen muss, sondern sich auch mit dem zeitlichen Hintergrund befassen sollte, um es richtig zu verstehen. Auf den letzten 50 Seiten des Buches gibt es 253 Anmerkungen zum besseren Leseverständnis und ein erhellendes Nachwort von Heinrich Steinfest.


Es geht um Emanzipation, den Wunsch nach Veränderungen, nach Modernisierung von Gesellschaft und Lebensqualität.

Ein melancholisch wirkender Roman, der den Zeitgeist der 1920er Jahre wiedergibt und trotzdem heute noch aktuell erscheint. Insgesamt wirkt die Handlung allerdings recht langatmig, denn sämtliche Hoffnung auf Veränderungen zerplatzen wie Seifenblasen. Dennoch lesenswert und besonders.