Eine unvergessliche Heldin und eine atemberaubende Fantasy-Welt | SPIEGEL-Bestseller
Amelie Thoma (Übersetzer)
Fast drei Jahre hat Ophelia Thorn nicht mehr gesehen. Nach seinem plötzlichen Verschwinden musste sie den Pol verlassen und nach Anima zurückkehren. Doch eines Tages macht sie sich heimlich auf den Weg zur Arche Babel, um mehr über Gott herauszufinden und sich auf die Suche nach Thorn zu begeben. In Babel angekommen, einer Arche mit strikten Vorschriften und argwöhnischen Bewohnern, die Robotern mehr gleichen als Menschen, muss Ophelia sich als »Lehrling« am Konservatorium der Guten Familie beweisen. Als in dem Secretarium der Arche eine Zensorin tot aufgefunden wird, die kurz vor ihrem Tod die Werke eines Kinderbuchautors verbrannt hat, erkennt Ophelia fassungslos, wie sehr sie selbst in diese tödliche Geschichte verstrickt ist.
Auf einer Arche, die aus tausend Inseln besteht und wo Menschen mechanisch absurden Gesetzen folgen, muss sich Ophelia allein durch ein immer bedrohlicheres Geflecht aus Lügen kämpfen – und kommt auf ihrer Suche nach Thorn der »letzten Wahrheit« riskant nah.
Christelle Dabos entführt die Leser in diesem dritten Band ihrer Reihe auf die prächtige Arche Babel, die einen spannenden Kontrast zur frostigen Welt des Pols aus den vorherigen Teilen bietet. Die farbenfrohe, ...
Christelle Dabos entführt die Leser in diesem dritten Band ihrer Reihe auf die prächtige Arche Babel, die einen spannenden Kontrast zur frostigen Welt des Pols aus den vorherigen Teilen bietet. Die farbenfrohe, von Illusionen und Täuschungen geprägte Gesellschaft Babels ist meisterhaft gestaltet – eine Welt, in der Informationen zur Währung geworden sind und Geheimnisse wie kostbare Juwelen gehandelt werden.
Ophelia, die sich nun als "Lügendetektor" in der Lesergilde ausgibt, entwickelt sich weiter. Ihre Transformation von der schüchternen Konservatorin zu einer Person, die in diesem Spiel der Täuschungen bestehen muss, ist überzeugend umgesetzt. Dabei bleibt sie ihren grundlegenden Charaktereigenschaften treu – ihre Tollpatschigkeit und moralischen Prinzipien bleiben bestehen, werden jedoch durch neue Facetten bereichert.
Die Komplexität der Handlung erreicht in diesem Band einen neuen Höhepunkt. Die Enthüllungen über Gott und die Familiengeister, die verschiedenen Verschwörungen und die Rolle der "anderen" stellen mehr Fragen als sie beantworten – genau das trägt zur Spannung bei. Dabos versteht es, die Fäden ihrer Geschichte kunstvoll zu verweben, ohne den Überblick zu verlieren.
Besonders beeindruckend ist die Beschreibung Babels selbst. Die Darstellungen der schwebenden Städte, der illusionären Architektur und der exotischen Gesellschaft sind lebendig und atmosphärisch dicht. Die Autorin schafft eine Welt, die sowohl faszinierend als auch bedrohlich wirkt.
Die Beziehung zwischen Ophelia und Thorn, die sich über Entfernungen hinweg entwickelt, gewinnt an emotionaler Tiefe. Ihre seltenen Treffen sind von einer Intensität geprägt, die durch die lange Trennung noch verstärkt wird. Dabos meidet kitschige Romantik zugunsten einer komplexeren, reiferen Darstellung ihrer Beziehung.
Kritisch anzumerken ist die teilweise sehr komplexe Weltgestaltung. Die Vielzahl neuer Informationen über die Mechanismen dieser Welt kann manchmal überwältigend sein. Zudem schwankt das Tempo der Handlung – auf spannende Passagen folgen manchmal längere beschreibende Abschnitte.
Der dritte Band endet mit einem spektakulären Cliffhanger, der die Spannung für den abschließenden Teil aufbaut. Die Geschichte hat sich von einer märchenhaften Fantasy zu einer vielschichtigen Erzählung über Macht, Identität und die Natur der Realität entwickelt.
"Das Gedächtnis von Babel" ist ein gelungener dritter Teil, der die Stärken der vorherigen Bände – originelles Worldbuilding, komplexe Charaktere und atmosphärische Dichte – fortsetzt und gleichzeitig neue Facetten dieser faszinierenden Welt offenbart. Dieses Buch richtet sich an Leser, die bereit sind, sich auf eine anspruchsvolle, mehrschichtige Geschichte einzulassen, die weit über übliche Fantasy-Konventionen hinausgeht.
Der Schreibstil war wieder sehr angenehm und flüssig zu lesen und ich war schnell in der Geschichte drin. Nachdem Band zwei mit einem fiesen Cliffhanger geendet hat, war ich umso gespannter wie die Geschichte ...
Der Schreibstil war wieder sehr angenehm und flüssig zu lesen und ich war schnell in der Geschichte drin. Nachdem Band zwei mit einem fiesen Cliffhanger geendet hat, war ich umso gespannter wie die Geschichte weitergeht - und wurde nicht enttäuscht. Die Spannung war von Anfang an da und hat sich durch das ganze Buch gezogen und die Wendungen, die die Geschichte genommen hat waren überraschend und nicht vorhersehbar. Ophelia, die sich auf die Suche nach Thorn macht, hat sich merklich verändert und eine krasse Entwicklung durchgemacht. Ich mochte sie wieder sehr gerne, da sie ehrgeizig und zielstrebig ist, gleichzeitig aber auch einfühlsam und unbeholfen, was sie sehr menschlich macht. Von Thorn, Berenilde, Archibald und Roseline hat man in diesem Band nicht viel mitbekommen, aber das was man mitbekommen hat war spannend. Ich war durchgehend verwirrt und gerade als ich dachte, dass ich jetzt verstanden hätte, wer welches Ziel verfolgt, ist alles über den Haufen geworfen und undurchsichtig geworden. Insgesamt war ich wieder gefesselt von den Intrigen und Machtspielen und vorrangig verwirrt, weil ich nicht durchblickt habe, wer welche Ziele verfolgt und wer wem untersteht. Die Geschichte und die Welt, sowie die Charaktere waren sehr komplex, was die Geschichte umso spannender gemacht hat. Und dann kam die Aufklärung, wo ich dachte, ich hätte es endlich verstanden. Und auch da hat der echt fiese Cliffhanger wieder alles zunichte gemacht, sodass ich ratloser bin als vorher und noch mehr Fragen habe. Insgesamt war der Band super gut und hat mich in den Bann gezogen.
Seitdem ich mit der "Spiegelreisende"-Reihe begonnen habe, bereue ich wirklich, sie so lange auf meinem SuB habe schmoren lassen. Denn Christelle Dabos entführt hier in vier Bänden in eine faszinierende, ...
Seitdem ich mit der "Spiegelreisende"-Reihe begonnen habe, bereue ich wirklich, sie so lange auf meinem SuB habe schmoren lassen. Denn Christelle Dabos entführt hier in vier Bänden in eine faszinierende, fremdartige Welt voller Geheimnisse, Intrigen und Magie, die mit undurchsichtiger Handlung, interessanten Figuren und originellen Ideen überzeugt. Auch "Das Gedächtnis von Babel" ist eine wendungs- und aufschlussreiche Ergänzung der Reihe, die einige Fragen beantwortet und weitere 515 Seiten voller Fantasie, Abenteuer und Rätsel zum Entdecken bereithält!
"Es wird einmal in nicht allzu ferner Zeit die Welt endlich in Frieden leben. In jenen tagen wird es neue Männer geben und es wird neue Frauen geben. Dies wird das Zeitalter der Wunder sein."
Optisch ist "Das Gedächtnis von Babel" nahe an der Gestaltung von Band 1 und 2 gehalten. Während wir zuvor jeweils die Handlungsorte am Pol in blau und gelb gesehen haben, ist hier nun die Metropole Babels in mintgrün abgebildet. Die wunderschöne Illustration fängt wieder die geheimnisvolle, verträumte Stimmung des Romans ein und macht das Buch zu einem echten Hingucker im Regal. Auch innen überzeugt die Gestaltung abermals mit einer stilvollen Kapitelgestaltung und einer Weltkarte der Archen, die für einen Überblick über alle bereits vorgestellten Welten sehr hilfreich ist.
Erster Satz: "Die Uhr näherte sich in beachtlichem Tempo."
Spätestens seit dem turbulenten Ende von Band 2 war ich endgültig in Christelle Dabos´ Erzählkosmos angekommen und mehr als gespannt, wie es mit Ophelia, Thorn, Faruk, Gott und der Welt weitergeht. Dementsprechend entsetzt war ich zu sehen, dass "Das Gedächtnis von Babel" nach einem dreijährigen (!!!) Zeitsprung beinahe neu ansetzt und zunächst alle perfekt aufgereihten Anknüpfungspunkte von Band 2 zu vernachlässigen scheint. So beobachten wir, wie Ophelia auf Anima Trübsal bläst und versucht, aus ihrem Exil heraus, Spuren ihres Ehemanns Thorn zu finden. Als sie mithilfe von Archibald, Reineke und Gwenael auf eine Windrose stößt, führt sie eine vielversprechende Spur auf die Arche Babel. An der Akademie der "Guten Familie" im Memorial, das den Anspruch erhebt, "Das Gedächtnis der Welt" zu sein, hofft sie nicht nur Thorn wiederzufinden, sondern auch neues über "Gott" und den rätselhaften "Anderen" zu erfahren, den sie bei ihrer ersten Spiegelreise befreit zu haben scheint.
"Denk selbst nach, kleiner dummer Mensch, anstatt stumpf zu wiederholen, was man dir vorsagt!"
Auch wenn Band 3 anders als seine beiden Vorgänger von Beginn an spannend startet, fiel mir der Einstieg der ersten 100 Seiten eher schwer, da ich einfach etwas ganz anderes von Band 3 erwartet hatte. Über meinen anfänglichen Schock über den großen Zeitsprung kam ich dann aber recht schnell hinweg, da mit einer neuen Arche, neuen Familienkräften, zwei unbekannten Familiengeistern, der besonderen Gesellschaftsstruktur der Metropole, den Intrigen in der Akademie und geheimnisvollen Todesfällen, die es zu ergründen gilt, einiges zu entdecken ist. Bis die Handlung richtig durchstartet, gehen zwar auch wieder einige Seiten ins Land, allerdings besteht kein Vergleich mit den trägen Durststrecken, die es in Band 1 und 2 gegeben hat. Christelle Dabos nimmt sich aber auch hier ohne Frage viel Zeit, ihr neues Setting zu erkunden - nach Anima und dem Pol die dritte der einundzwanzig Archen, in die die Welt nach dem sogenannten "Riss" zerbrochen ist...
"Zu eurer Information, junge Dame, Frieden ist lediglich eine Vision. Es gab und wird stets Konflikte geben, welche Gestalt sie auch immer annehmen. Neutralität ist eine hübsche Art, Feigheit zu sagen."
Hier zeigt sich abermals, wie viel Herzblut die Autorin in die Erstellung ihrer Welten gesteckt hat. So sind das politische Klima sowie die gesellschaftlichen Konventionen Babels genau wie die des Pols oder Animas ein Spiegel der Fähigkeiten der dort lebenden Menschen. Während die Illusionen und das kalte Klima des Pols eine vergnügungssüchtige, ausschweifende High-Society hervorgebracht haben, schlagen sich das reiche, tropische Klima und die gesteigerten Sinne der Nachfahren der Zwillingsgeister Pollux und Helene in einem kosmopolitischen, aufgeklärten Hort des Wissens nieder, das allerdings von strengen Regeln, Konformität und Zensur bestimmt wird. Auch hier gibt es mit den Lords von Lux eine herrschende Elite, die Gott zu dienen scheint. Da in Babel außerdem Menschen aus anderen Archen leben, lernen wir nebenbei auch die Kräfte anderer Familien kennen und können bereits spekulieren, wie das Leben auf den übrigen Archen aussehen könnte. Dabei werden alle neuen Informationen wie gewohnt eher beiläufig gegeben und es bleibt weiterhin vieles offen und angedeutet, sodass es weiterhin noch einiges zu entdecken gibt! So wird das Bild der Welt, das die Autorin in ihren vier Bänden zeichnet, hier nochmal um einiges reicher und abermals wird ganz klar bestätigt: Das Worldbuilding ist zweifellos eine der größten Stärken der gesamten Reihe und eines der kreativsten und originellsten im Fantasy-Genre.
"Ophelia blinzelte geblendet: Sie musste den Kopf in den Nacken legen, um den Turm der Gedenkstätte ganz mit einem Blick zu erfassen. Seine Größe war so kolossal, seine Glaskuppel so strahlend, dass man ihn für einen Leuchtturm halten konnte, der die gesamte Welt erhellen sollte."
Auch wenn auf der neuen Arche ein beinahe neuer Handlungsstrang zu starten scheint, kommt etwa ab der Hälfte einiges in Bewegung und es werden erstmals einige der "großen Fragen" der Reihe beantwortet. Wer ist "Gott", welche Rolle spielen die Hausgeister, wer ist "der andere", wie ist die Welt zerbrochen? Nachdem wir in Band 2 Klarheit zu den Büchern der Hausgeister erhalten haben, deren fehlende Seiten die zwanzig Geister zu schlechtem Gedächtnis und Zerstreutheit verdammt haben, gehen wir nun noch weiter zurück und erfahren, wie sie aufgewachsen sind. Auch wenn sich die Autorin weiterhin durch subtile Andeutungen, undurchsichtige Gegenspieler, überraschende Wendungen und immer wechselnde Fragen bedeckt hält, beginnen sich die ersten Schnipsel des Puzzles langsam zusammenzusetzen. Ganz wird der Schleier des Geheimnisvollen aber natürlich noch nicht gelüftet, sodass ich sehr gespannt bin, welche großen Erkenntnisse in "Im Sturm des Echos" noch auf uns warten.
"Das ist doch mal wieder typisch für dich. Wenn du dich in den Schlamassel reitest, dann richtig. Da gibt es keine halben Sachen."
Neben der Vorstellung der neuen Arche und den Geheimnissen, die im Memorial auf uns warten, steht in diesem dritten Teil aber vor allem Ophelias Entwicklung im Vordergrund. Abermals in einer neuen Umgebung auf sich allein gestellt, muss sie über sich hinauswachsen und sich selbst, ihren Ängsten und auch ihren Wünschen stellen. Auch wenn sie sich im Kern selbst treu bleibt, ist die Ophelia, die wir gegen Ende sehen, sehr weit von dem passiven Mädchen entfernt, die wir zu Beginn in Anima kennengelernt haben. Auch ihre Beziehung zu Thorn entwickelt sich hier wesentlich weiter, auch wenn die beiden weiterhin kaum gemeinsame Szenen, geschweige denn eine offene Kommunikation über ihre Gefühle haben. Ihre seltsamen Interaktionen und das Fehlen jeglicher offensichtlicher Zuneigung, machen sie als Paar aber nur noch charmanter!
"Ophelia hatte schon einige ungewöhnliche Situationen erlebt. Im selben Zimmer mit einem Säbelzahntieger Orchestermusik zu hören war jedoch zweifellos einer der allerungewöhnlichsten."
Christelle Dabos erzählt hier weiterhin aus der personalen Erzählperspektive von Ophelia, wechselt hier aber erstmals auch gelegentlich in eine zweite Erzählperspektive und zwar in die der dreijährigen Viktoria. Ophelias Patentochter, Tochter von Berenilde und Faruk, bildet eine dünne Verbindung zu den restlichen Figuren aus Band 1 und 2 wie Tante Rosaline, Madame Berenilde, Archibald und den restlichen Figuren des Pols, die hier sonst komplett aus dem Fokus rücken, um Platz für Ophelia, Thorn und neue Figuren in Babel wie Elizabeth, Octavius oder Blasius zu machen. In den kurzen Abschnitten aus Viktorias Sicht erfahren wir allerdings nicht nur, wie es den ans Herz gewachsenen Nebenfiguren in der Zwischenzeit ergangen ist, sondern beobachten aus ihrer ganz speziellen Perspektive - sie kann weder gehen noch sprechen, allerdings außerkörperliche Astralreisen unternehmen - Gottes Suche nach einem Zugang zu Erdenbogen... Wie die Autorin nun alle Stränge in Band 4 zusammenführen und die Geschichte zu einem runden Abschluss bringen wird, bin ich nun sehr gespannt!!!
"Wer Wind sät, wird Sturm ernten."
Fazit
"Das Gedächtnis von Babel" ist eine überraschend temporeichere Fortsetzung, die unerwartet an einen neuen Ort entführt, die Figurenentwicklung vorantreibt und einige Fragen beantwortet. Auch wenn ich mir anfangs einen anderen Fortgang der Geschichte erhofft hatte, war Band 3 bisher der stärkste Band für mich!