Roman | Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2025
In der kleinen schottischen Stadt Stromness auf den Orkney Inseln lebt Paul, ein Schweizer Dekorateur und Inneneinrichter. Als er von einem Design-Magazin einen obskuren, aber lukrativen Auftrag aus Norwegen erhält, begibt er sich auf eine Reise, die ihn an die Grenzen seiner Welt und weit darüber hinaus führt.
Christian Krachts Roman aus dem Geiste einer radikalen Romantik erzählt eine faszinierende Geschichte vom Hier und vom Dort und katapultiert uns aus unserem Jetzt, aus unserer spätmodernen, leerlaufenden Zivilisation in eine gleißende, verspiegelte Landschaft der Literatur. Unser Leben: ein Traum.
Der Innenarchitekt Paul ist ein ambivalenter Typ. Zum Beispiel mag er keine Katzen, kümmert sich dann aber doch sehr um eine einäugige Katze, die ihm zugelaufen ist.
Kracht erzeugt mit seiner Sprache großartige ...
Der Innenarchitekt Paul ist ein ambivalenter Typ. Zum Beispiel mag er keine Katzen, kümmert sich dann aber doch sehr um eine einäugige Katze, die ihm zugelaufen ist.
Kracht erzeugt mit seiner Sprache großartige Bilder auch aus dem Alltäglichen, z.B. wie Paul in Schottland sich auf dem Fahrrad den Weg hinaufkämpft und dann auf dem Rückweg die Fahrt mit den Füssen in der Luft geniest.
Es gibt einen realistische Plotanteil, und einen der mit fantastischen Elementen angereichert ist. Das wechselt sich kapitelweise ab, bis es gegen Ende geschickt zusammengeführt wird. Wirklich beeindruckend. Christian Kracht ist ein Innenarchitekt der Literatur.
»Weißt Du, wer alle Dinge in seinem eigenen Selbst sieht, und sein eigenes Selbst in allen Dingen, der verliert alle Furcht.«
Christian Kracht ist einer der Autoren, dessen Bücher ich langsam, Satz für ...
»Weißt Du, wer alle Dinge in seinem eigenen Selbst sieht, und sein eigenes Selbst in allen Dingen, der verliert alle Furcht.«
Christian Kracht ist einer der Autoren, dessen Bücher ich langsam, Satz für Satz, lese, um keines der vielen versteckten Details zu überlesen. So auch bei diesem Roman.
Es beginnt mit Paul, einem Schweizer Dekorateur, der eigentlich Wohnungen einrichtet, damit sich diese besser verkaufen lassen. Doch als er von seinem Lieblingsmagazin Kūki einen Auftrag bekommt, der darin besteht das perfekte, das einmalige Weiß zu finden, begibt er sich auf eine Reise nach Norwegen, die ganz anders endet, als er es erwartet hätte.
Für nichts anderes als für ein riesiges Data Center soll er den gewünschten Farbton finden. Also fährt er mit Cohen, dem Verleger der Zeitschrift, dorthin.
Eine außergewöhnliche Sonneneruption, dessen Strahlung einige Minuten später die Erde erreichte, löste in den Datenbanken, in denen Paul sich eben befand, einen Stromausfall aus. Kurz darauf war er nicht mehr da.
Er findet sich in einer ganz anderen Welt wieder, in der er gleich zu Beginn fast erschossen wird.
Krachts neuer Roman ist eine absurde Reise in andere Welten, in dem einige Motive, wie ein ominöses Ölgemälde oder die Zeitschrift Kūki, die gleich zu Beginn eindrücklich beschrieben werden und neugierig machen, was noch kommen wird, eine besondere Rolle spielen.
Anfangs fühlt man sich etwas verloren und muss sich zuerst noch orientieren, doch mit der Zeit erschließt sich immer mehr ein Gesamtbild, auch wenn am Ende noch einige Fragen, besonders solche die jegliche Vorstellungskraft überschreiten, übrig bleiben. Doch genau das macht den Reiz an dem Buch aus und ist definitiv eine Stärke, neben dem bewussten Stil.
Gerne wäre ich noch länger in der Welt verblieben, die Kracht in diesem Buch erschaffen hat.
Letztlich ist es jedoch fast unmöglich diesem Roman durch eine Rezension ansatzweise gerecht zu werden, man muss ihn selbst lesen und sich seine eigene Meinung dazu bilden.
Christian Kracht ist ein Autor, der mit jedem neuen Buch hohe Erwartungen weckt – nicht zuletzt, weil er selbst über Jahre hinweg Maßstäbe gesetzt hat: stilistisch, erzählerisch und intellektuell. Leider ...
Christian Kracht ist ein Autor, der mit jedem neuen Buch hohe Erwartungen weckt – nicht zuletzt, weil er selbst über Jahre hinweg Maßstäbe gesetzt hat: stilistisch, erzählerisch und intellektuell. Leider kann AIR diese Erwartungen für mich nicht erfüllen. Die Idee des Romans – eine Reise ins Innere, ins Ätherische, in eine andere Realität – klingt auf dem Papier faszinierend. In der Umsetzung bleibt sie jedoch blass, überambitioniert und stellenweise fast selbstverliebt aus meiner Sicht. Vielleicht hab ich es auch einfach nicht verstanden?
Der Protagonist Paul, ein Schweizer Innenarchitekt, lebt zurückgezogen auf den Orkney-Inseln und erhält einen dubiosen Auftrag aus Norwegen: Er soll eine gigantische Halle – ein Datenzentrum, das als „Gedächtnis der Menschheit“ dient – in das perfekte Weiß tauchen. Was folgt, ist eine Verschmelzung von hypermoderner Gegenwart, metaphysischer Designkritik und märchenhafter Fantasy. Diese Konstellation wäre spannend – wenn sie nicht so angestrengt bedeutungsschwanger inszeniert wäre. Daher war es eher nichts für mich.
Kracht hat in früheren Werken, wie Faserland, für mich bewiesen, dass er ironisch distanzierte, dabei hochreflektierte Gesellschaftsbeobachtung mit literarischer Eleganz verbinden kann. In AIR aber verliert sich dieser Ton in kunstvoller Selbstreferenzialität und einer überbordenden Metaebene. Der Stil ist wie das Interieur, das Paul inszeniert: glatt, komponiert, kalkuliert – aber letztlich leer. Die Sprache wirkt artifiziell, beinahe steril – was sicher Absicht ist, aber dadurch noch keine literarische Qualität erhält.
Selbst die Fantasy-Handlung um das Mädchen Ildr, das wie aus einem anderen Jahrhundert wirkt, bleibt seltsam distanziert. Die Parallelen zur märchenhaften Anderswelt, zur Yeats’schen Lyrik oder zu mythologischen Motiven wirken bemüht. Die Verbindung zwischen Ildr und Paul – der plötzlich als eine Art weißgewandeter Ritter durch eine archaische Landschaft irrt – gerät pathetisch und will mehr bedeuten, als sie tatsächlich erzählt.
Auch die philosophischen Bezüge – von Wittgenstein über John von Neumann bis zu Baudrillards Simulakren – fügen sich nicht organisch in die Handlung ein, sondern wirken wie Referenzballast. Als ob uns Christian Kracht zeigen will, was er alles weiß und intellektuell überflügelt in den Text eingebaut. Es entsteht der Eindruck, als wolle der Roman unbedingt tiefgründig und bedeutungssatt erscheinen – doch was bleibt, ist oft nur Oberfläche.
Vielleicht liegt das Problem tatsächlich in der Erwartungshaltung. Nach Eurotrash, nach Krachts poetologischer Selbstauskunft, schien ein großer Wurf möglich. Stattdessen verliert sich AIR im Konzeptuellen aus meiner Sicht.
Fazit: AIR möchte vieles sein: literarischer Kommentar zur Gegenwart, Reflexion über Künstliche Intelligenz, romantische Allegorie und Märchen zugleich. Nicht meines.
„Das Leben war voller Sorgen, aber auch nicht wirklich.“ (Erster Satz)
Ich habe dieses Buch ohne Absender, Notiz oder Widmung zugeschickt bekommen und weiß nicht warum. Nichts an diesem Buch spricht mich ...
„Das Leben war voller Sorgen, aber auch nicht wirklich.“ (Erster Satz)
Ich habe dieses Buch ohne Absender, Notiz oder Widmung zugeschickt bekommen und weiß nicht warum. Nichts an diesem Buch spricht mich an: dem Cover hätte ich in freier Wildbahn nicht mal einen Blick gegönnt, dementsprechend hätte ich es nicht in die Hand genommen, um den Klappentext zu lesen. Der ist im übrigen ziemlich nichts sagend und ebenso wenig ansprechend.
Anhand meines Blogs sollte leicht ersichtlich sein, welche Literatur ich bevorzuge. Dennoch hat mir irgendjemand dieses Buch geschickt. Also habe ich begonnen Air zu lesen, um den Grund dafür herauszufinden.
Der erste Satz hat die Stimmung für das Buch schon gesetzt, und so ging es fleißig weiter. Der Autor verliert sich in Details und Beschreibungen, die keinen wirklichen Sinn ergeben. Vielleicht wurde er ja nach Wörtern bezahlt.
Es gibt zwei Protagonisten: Paul, ein Inneneinrichter, der zurückgezogen auf den Orkney-Inseln lebt; Ildr, eine alte weise Frau im Körper eines neunjähriges Mädchen mit Muskeln aus Stahl.
Paul lebt anscheinend in der modernen Welt, denn er kommuniziert via Mail und genießt den Luxus von Arbeitsorten auf der ganzen Welt.
Ildr dagegen ist ein neunjähriges Mädchen, deren Mutter vor einem Jahr am Gelben Fieber gestorben ist, und die im Wald mit Pfeil und Bogen Wild jagen geht. Sie „spannte die Sehne zwischen Zeige- und Mittelfinger, hob die rechte Hand zum Auge und wartete.
Stundenlang konnte sie so ausharren, […]“ (S. 22) Niemand kann eine Sehne stundenlang gespannt halten, am allerwenigsten ein kleines Mädchen. Aber vielleicht nehme ich das auch zu genau.
Während Paul also Brot kauft und sich auf den Weg nach Norwegen zu einem lukrativen Job macht, trifft Ildr einen Mann, mit ihrem Pfeil, und anstatt in Panik zu verfallen, baut sie eine Trage und zieht ihn durch den Wald in ihr Haus. Dort versorgt sie ihn, wie eine weise Heilerin, und trägt ihn mehr, als das er selber läuft, wie ein starker Mann. Was ist das für ein Mädchen?
Nach 70 Seiten habe ich aufgegeben. Immerhin 30%! Der Schreibstil ist sehr bildhaft, fast schon ausufernd in den Beschreibungen, und so nichts sagend. Die Gespräche zwischen Ildr und dem Mann erfolgen in Stichpunkten, statt in wörtlicher Rede. Es gibt Gedankensprünge und Themenwechsel, die so abrupt sind, daß ich zwei mal nachlesen mußte, ob ich einen Satz übersprungen habe. Der Grund, mir dieses Buch zu schicken, erschließt sich mir nicht. Ich bin irritiert. Vom Inhalt des Buches und den Umständen, wie es mich erreicht hat. Danke für nichts!