Cover-Bild Der Schnee war schmutzig
Band der Reihe "Die großen Romane"
(2)
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12,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Atlantik Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Klassisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 04.11.2019
  • ISBN: 9783455007848
Georges Simenon

Der Schnee war schmutzig

Roman
Kristian Wachinger (Übersetzer)

ZEIT FÜR MICH – ZEIT FÜR SIMENON»Georges Simenon ist der wichtigste Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.«Gabriel García Márquez Ein namenloses Land, von fremden Truppen besetzt. Frank Friedmaier wächst als Sohn einer Prostituierten in einem Bordell auf. Aus reiner Langeweile wird er zum Mörder und verschachert das Mädchen, das ihn liebt. Als er schließlich begreift, was er getan hat, ist es zu spät. Ein großer, unerbittlicher Roman über die Frage, wie das Böse in die Welt kommt.Mit einem Nachwort von Daniel Kehlmann Bandnummer: 63 

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.03.2020

70 Jahre alt, aber ungebrochen in seiner Aussagekraft

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REZENSION – Wer nur einige seiner 75 kommerziell erfolgreichen Krimis um Kommissar Maigret gelesen hat, kennt nur die eine, die unterhaltsame Seite des belgischen Schriftsteller Georges Simenon (1903-1989). ...

REZENSION – Wer nur einige seiner 75 kommerziell erfolgreichen Krimis um Kommissar Maigret gelesen hat, kennt nur die eine, die unterhaltsame Seite des belgischen Schriftsteller Georges Simenon (1903-1989). Wer das literarische Können des, gemessen an seinem Gesamtwerk, erfolgreichsten Autors des 20. Jahrhunderts wirklich erfahren will, sollte auch einige seiner anderen etwa 120 Romane und 150 Erzählungen lesen. Dies wird einem erst richtig bewusst bei der Lektüre seines bereits 1948 im amerikanischen Exil veröffentlichten Romans „Der Schnee war schmutzig“, der kürzlich, von Kristian Wachinger neu übersetzt, mit einem Nachwort von Daniel Kehlmann neu herausgegeben wurde. Dieser so düstere, lange nachwirkende Roman hat in seiner zeitlosen Betrachtung des menschlichen Wesens und der leichten Zerbrechlichkeit unserer Gesellschaft auch 70 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung nichts an Kraft verloren.
Simenon, der seit 1930 in Paris gelebt hatte und erst 1945 in die USA emigriert war, schildert in seinem Roman die bedrückende Situation in einem zwar namenlosen, von fremden Truppen besetzten Land, das aber unschwer an die deutsche Besatzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg erinnert. Die soziale Ordnung, die Würde des Menschen und das Mitgefühl mit den Nächsten scheinen ausgesetzt, im Einzelfall sogar verloren zu sein. In dieser Situation lernen wir den 18-jährigen Frank Friedmaier kennen, der vaterlos im Bordell seiner Mutter aufgewachsen ist. Der haltlose junge Mann würde dieses Milieu gern verlassen, sehnt sich im Innersten nach einer heilen Welt, landet aber immer tiefer in der kriminellen Szene, bis er schließlich sogar – eher grundlos und aus Langeweile – zum Mörder wird und als Todeskandidat in Isolationshaft sitzt. Erst dort spürt er beim Besuch der ihn liebenden Nachbarstochter Sissy Holst die Bedeutung von Zuneigung und Liebe.
Erst Sissys selbstlose, bedingungslose Liebe, obwohl Frank sie Wochen zuvor mitleidslos gleich einer Prostituierten an einen Freund verschachert hatte, ermöglicht es Frank Friedmaier endlich, ein moralisches Bewusstsein aus sich selbst heraus zu entwickeln. In Sissy als Braut und deren Vater als Ersatz des immer vermissten eigenen Vaters findet er die vermissten Zeichen familiärer Zusammengehörigkeit, Zeichen einer heilen Welt. „Er wird nur das gehabt haben. Das ist alles für ihn. Davor war nichts, und danach wird nichts mehr sein. Es ist seine Hochzeit! Es sind seine Flitterwochen, sein Leben, das er auf einen Schlag leben muss.“ Frank erkennt, dass auf diesen Moment nur noch sein Tod folgen kann. So schließt Simenons Roman folgerichtig mit Franks Hinrichtung durch ein Erschießungskommando.
Simenon zeigt in diesem Roman, wie in Besatzungszeiten durch fremde Mächte normale Gesellschaftsregeln außer Kraft gesetzt und die Menschen ihrer moralischen Prinzipien beraubt werden. „Der Schnee war schmutzig“ ist trotz zweier Morde und anderer Verbrechen kein Kriminalroman. Ähnlich, wie Simenon seinen Protagonisten nicht als Verbrecher zeigt, sondern „nur“ als ein für seine Mitmenschen uninteressantes Glied der Gesellschaft, geschehen auch seine Taten eher beiläufig, gedankenlos, und werden von den anderen gefühllos, fast als unvermeidbar hingenommen. Erst in der Isolationshaft – dies ist der psychologisch und in seiner Intensität beeindruckendste Teil dieses lesenswerten Romans – entwickelt sich Friedmaier durch Schaffung eines moralischen Selbstbewusstseins allmählich zum „Menschen“. Doch für ihn ist es jetzt zu spät.

Veröffentlicht am 29.06.2023

Hochaktuell in seiner Gesellschaftskritik

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Den belgischen Autor kennt man hierzulande eigentlich nur durch seine oft verfilmten Krimis mit dem grummeligen Kommissar Maigret, der auf eigenwillige Weise seine Fälle löst, stur und unnahbar, jedoch ...

Den belgischen Autor kennt man hierzulande eigentlich nur durch seine oft verfilmten Krimis mit dem grummeligen Kommissar Maigret, der auf eigenwillige Weise seine Fälle löst, stur und unnahbar, jedoch derart unterhaltsam vom Autor beschrieben, dass es sogar für die breite Masse ein absolutes Lesevergnügen.

Vor wenige Jahren hatte der schweizerische Kampa-Verlag die Rechte am Gesamtwerk George Simenons übernommen und seinen 1948 geschriebenen und erstmals in den 70-er Jahren in Deutschland herausgebrachten Roman "Der Schnee war schmutzig" neu aufgelegt.

Es handelt sich nicht um einen Krimi, sondern um eine Kriegsroman, um die Verrohung ganz normaler Menschen in Zeiten, wo das Militär die Straßen beherrscht. Vermutlich spielt Simenon damit auf die Zeit der Besetzung Belgiens durch deutsche Truppen während des Zweiten Weltkriegs an - wobei er seine belgischen Landsleute nicht sämtlich als Engel darstellt, sondern das Abgleiten einiger von ihnen in die Kriminalität schildert, sicherlich damals kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nicht sonderlich populär, sah sich doch fast jeder in Europa damals als Opfer dar, egal welcher Nation er angehörte.

Daniel Kehlmann wurde 2018 vom Verlag um ein Vorwort gebeten. Er gibt vollkommen unvoreingenommen an das Werk heran, hatte nach eigener Aussage niemals zuvor ein Buch George Simenons in der Hand gehabt. Sein Text ist eine gute Einführung in das Werk, lesenswert - zumal Kehlmann mit "Till" einen Roman schrieb, der zur Zeit des DreißigjährigenAuch Krieges spielt, bei dem die Hälfte der Menschen Europas starben.

Hochaktuell Simenons "Der Schnee war schmutzig" jetzt in 2022. Auch der Ukraine betrifft mehr und mehr die Zivilbevölkerung. Nicht alle werden als brave Engel darauf reagieren. Krieg führt zur Verrohung der Menschen. Wie dies ganz unmerklich geschieht, ist im Roman von 1948 eindrücklich geschildert.

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