Cover-Bild Ein schönes Paar
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Schöffling
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 240
  • Ersterscheinung: 06.02.2018
  • ISBN: 9783895611568
Gert Loschütz

Ein schönes Paar

Beim Ausräumen seines Elternhauses stößt der Fotograf Philipp auf einen Gegenstand, der in der Geschichte seiner Eltern eine entscheidende Rolle gespielt hat. Die beiden, Herta und Georg, waren ein schönes Paar. Philipp erinnert sich an ihr junges Liebesglück, ihre Hoffnungen und Gefährdungen, an die überstürzte Flucht seines Vaters aus der DDR in den Westen. Das hätte, da ihm die Mutter und der Junge ein paar Tage später folgten, der Beginn eines erfüllten Lebens sein können, tatsächlich aber trug die Flucht den Keim des Unglücks in sich. Nach und nach geht Philipp das Paradoxe der elterlichen Beziehung auf: Dass es die Liebe war, die ihre Liebe zerstörte. Damit aber ist die Geschichte, die auch sein Leben überschattet hat, nicht vorbei. Am Ende stellt er fest, dass Herta und Georg all die Jahre über miteinander verbunden waren, auf eine Weise, die sie niemandem, nicht einmal sich selbst, eingestehen konnten.
Ein ergreifender Roman über Liebe und Vergänglichkeit vor dem Hintergrund der deutschen Teilung.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.02.2018

Das Ende einer Liebe?

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Nur wenige Fotos zeugen von dem „schönen Paar“ , das Herta und Georg Karst in jungen Jahren abgaben. Als sie kurz nacheinander sterben und ihr Sohn Philipp das Pflegezimmer, in dem seine Mutter ihre letzten ...

Nur wenige Fotos zeugen von dem „schönen Paar“ , das Herta und Georg Karst in jungen Jahren abgaben. Als sie kurz nacheinander sterben und ihr Sohn Philipp das Pflegezimmer, in dem seine Mutter ihre letzten Jahre verbrachte, und den Bungalow seines Vaters ausräumen muss, wird er noch einmal mit der Geschichte ihrer Ehe und späteren Trennung konfrontiert.
Philipp spürt der Vergangenheit seiner Eltern nach; erzählt von ihrem Kennenlernen kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges, ihrer Zeit als junge Eltern in der Sowjetischen Besatzungszone, dem Neuanfang nach ihrer Flucht in den Westen. Dann kam es zu einer plötzlichen Trennung. Gab es dennoch eine Art Beziehung oder Verbundenheit zwischen ihnen, die sie nicht zugeben konnten?
In ruhiger, sensibler Sprache schildert Loschütz die Geschichte einer Liebesbeziehung und die Bemühungen des erwachsenen Sohnes, die Konflikte seiner Eltern zu verstehen; denn deren unbewältigte Probleme zeigen Auswirkungen bis in Philipps gegenwärtiges Leben. Einige Szenen erstehen dabei detailreich und stimmungsvoll, andere Situationen wiederum erscheinen vage, wie es bei Kindheitserinnerungen, die lange zurückliegen, der Fall ist; im kindlichen Gedächtnis abgespeichert, aber nicht wirklich begriffen. Diese Unschärfe macht den Reiz der Geschichte aus und spannend für die Leser: Kann doch jeder nachfühlen, wie schwierig es ist, sich über Fragen, die einen zutiefst beschäftigen, Klarheit zu verschaffen, wenn da niemand ist, der Antworten geben kann - oder will.
Sachlich, ohne Pathos, verfolgt Philipp die Lebensspuren des „schönen Paars“, trägt eigene Kindheitserinnerungen und „erwachsene“ Erkenntnisse zusammen und muss am Ende doch feststellen: nicht alle Motive, die Herta und Georg bewegt haben, lassen sich klären; sie haben manches Geheimnis mit ins Grab genommen.
Ein menschliches, kluges Buch, das tief berührt!

Veröffentlicht am 04.02.2018

Bild- und sprachgewaltige Lebens- und Liebesgeschichte

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Philipp ist Fotograf und stößt beim Ausräumen seines Elternhauses auf eine Kamera, die für seine Eltern alles bedeutet hat. Sie war Fluch und Segen zugleich und sollte einen erfolgreichen Start nach der ...

Philipp ist Fotograf und stößt beim Ausräumen seines Elternhauses auf eine Kamera, die für seine Eltern alles bedeutet hat. Sie war Fluch und Segen zugleich und sollte einen erfolgreichen Start nach der Flucht in den Westen unterstützen. Doch aus dem anfänglichen Glück wird nach und nach ein Paradoxum: Die Eltern können miteinander, aber auch nicht ohneeinander leben und so zerreiben sie sich gegenseitig. Philipp rekonstruiert das Leben seiner Eltern und seine eigene Kindheit und erfährt so Verblüffendes...


ich bin immer neugierig auf Romane von mir noch unbekannten Autoren. Und so bin ich auch hier mit Feuereifer in diese Geschichte gestürzt und schon nach wenigen Seiten ist klar, dieses Buch ist anders, gewaltiger und einnehmender, als ich es mir vorgestellt habe.
Normalerweise mag ich keine verschachtelten Sätze, denn diese erfordern mehr Aufmerksamkeit beim Lesen und doch sind es genau diese verschalteten Sätze, mit denen mich der Autor fasziniert. Die Einschübe wirken auf mich wie die Beschreibung von Bildern/Fotos, damit sich der Leser auch wirklich vorstellen kann, wie sich die Szenerie tatsächlich darstellt.Es entsteht für mich ein Bild wie durch eine Stereokamera betrachtet...und vielleicht soll genau dieser Effekt damit erzielt werden ??
Die Protagonisten sind mit sehr viel Tiefgang angelegt und entführen mich so in Städte und Orte, die in meiner unmittelbaren Nähe angesiedelt sind. Dadurch entsteht ein besonderer Bezug zum Buch und ich tauche ganz tief in das Geschehen ein. Es ist ein großartiger Mix aus Tiefe, Hoffnung und unerwiderter Liebe vor dem Hintergrund der Teilung Deutschlands und ich bin fasziniert, wie sehr mich dieser Blick ins Fotoalbum gefangen nimmt. Die Geschichte ist wahnsinnig dicht und schön erzählt und so ist ein wunderbarer, einprägsamer Roman entstanden.


Absolute Leseempfehlung !

Veröffentlicht am 06.06.2020

Eine Liebesgeschichte ohne glückliches Ende

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Der Ich-Erzähler, der Fotograf Philipp, spürt nach dem binnen kurzer Zeit aufeinanderfolgenden Tode beider Eltern um das Jahr 2000 deren Geschichte nach, mit Fotos, Erinnerungen, Aufsuchen von Orten. Anlass ...

Der Ich-Erzähler, der Fotograf Philipp, spürt nach dem binnen kurzer Zeit aufeinanderfolgenden Tode beider Eltern um das Jahr 2000 deren Geschichte nach, mit Fotos, Erinnerungen, Aufsuchen von Orten. Anlass ist der Fund einer Kamera im Nachlass. Beide lernen sich kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs kennen und leben anschließend in einer kleinen Stadt der DDR. Georg ist in leitender Stellung in einem Stahlwerk. Ihr Sohn vervollkommnet die kleine Familie. Das Unglück nimmt seinen Lauf, als Georg – noch vor dem Mauerbau - einen Freund im Westen besucht und zwecks vagen Auslotens seiner Arbeitsmöglichkeiten dort Kontakt zum Verteidigungsministerium aufnimmt. Dieses schickt ihm daraufhin einen Brief, von dem Georg annimmt, dass er ihn bei der Stasi in Schwierigkeiten bringen wird. Überstürzt flüchtet er nach Hessen. Frau und Kind folgen ihm nach, Herta mit einem von allem ersparten Ostgeld gekauften Fotoapparat als Geldanlage, der bald die Ursache für die Trennung der Eheleute setzt, die sich aber nie scheiden lassen. Philipp bleibt beim Vater, zur Mutter hat er Jahrzehnte nur losen Kontakt. Auf dem Dachboden des Vaters entdeckt er dann, dass es doch noch eine Verbindung der Eltern gegeben haben muss.

Dieser in ruhigem Ton, distanziert geschriebene Roman gefällt mir. Die Beziehung von Herta und Georg bleibt fragmentarisch, was letztlich auch nicht verwundert, denn ein Kind hat ja selten den kompletten und objektiven Einblick in die Beziehung seiner Eltern und stehen die toten Eltern nicht mehr für eine Klärung zur Verfügung. Auch ansonsten bleibt Vieles der Fantasie und Deutung des Lesers überlassen, denn nicht wenige Fragen bleiben unbeantwortet – Wo war Herta dreißig Jahre lang? Warum bezahlte Georg für Hertas Heimkosten? Warum kümmerte sich Herta kaum noch um ihren Sohn? Der vorgenannte Ton passt vorzüglich zu der zwischen allen Beteiligten herrschenden Sprachlosigkeit. Einziger Makel der Geschichte sind verwirrende Zeitsprünge.

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Veröffentlicht am 09.02.2018

Mir geht es gut. Wie geht es dir?

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„Sie hatte Angst um ihn, um sich, um den Jungen, der in seinem Zimmer schlief, um die Zeit, ja, auch um die Zeit hatte sie Angst. Sie hatte ein Gefühl für die Zeit entwickelt, dafür, wie sie verrann.“


Inhalt


Philipp ...

„Sie hatte Angst um ihn, um sich, um den Jungen, der in seinem Zimmer schlief, um die Zeit, ja, auch um die Zeit hatte sie Angst. Sie hatte ein Gefühl für die Zeit entwickelt, dafür, wie sie verrann.“


Inhalt


Philipp Karst beschließt nach dem Tod seiner Eltern nicht nur das Haus auszuräumen, sondern sich auch intensiv mit der Lebensgeschichte und Liebesgeschichte von Herta und Georg auseinanderzusetzen. Vielleicht wird es ihm gelingen, aus der Gegenwart heraus die Beweggründe seiner Mutter zu verstehen, die sowohl seinem Vater als auch ihm schon vor vielen Jahren den Rücken gekehrt hat. Möglicherweise kommt er auch der immerwährenden Sehnsucht auf die Spur, die seinen Vater dazu veranlasst hat, sich keine „neue“ Frau zu suchen und stattdessen auf die wenigen glücklichen Jahre an der Seite seiner Mutter zurückzublicken. Und mit viel Glück gelingt es ihm aufzudecken, warum in seinem Elternhaus immerzu nur Schweigen, stille Vorwürfe und mangelnde Erklärungen an der Tagesordnung waren. Hilfreich ist ihm dabei eine Kamera, ein Erinnerungsstück, welches die Geschicke seines Elternpaares wesentlich beeinflusst hat und mit dem auch er als Fotograf vieles verbindet. Wenn da nur nicht sein persönliches Unvermögen wäre, Gefühle zum Ausdruck zu bringen …


Meinung


Der deutsche Autor Gert Loschütz, der bereits zahlreiche Auszeichnungen für seine Werke bekommen hat und 2005 mit dem Roman „Dunkle Gesellschaft“ auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis stand, thematisiert in seinem aktuellen Buch nicht nur die jüngere deutsche Vergangenheit, in der eine unüberwindbare Trennlinie mitten durch das Land verlief, sondern greift geschickt zu einer ganz persönlichen Lebensgeschichte, die rückblickend erzählt wird und den Leser dafür sensibilisiert, unter welchen Rahmenbedingungen Liebende während der politischen Teilung leben mussten und wie sie individuell damit umgegangen sind.


Die Handlung des Romans basiert im Wesentlichen jedoch auf einem Rückblick, den der erwachsene Sohn auf die Beziehung der Eltern wirft, die mit leichter Hand das Geschehen bestimmen und den Ich-Erzähler weit in den Hintergrund treten lassen. Es sind wenige glückliche Momente, denen er sich widmet und viele kleine Episoden, die dem Leser deutlich machen, wie aus einem landläufig „schönen Paar“ zwei sehr einsame Menschen werden können, denen nicht einmal der gemeinsame Sohn eine innere Verbundenheit schenken konnte.


Der gewählte Schreibstil wirkt sehr professionell, gediegen und schwermütig. Er schildert distanziert, sachlich und fast schon schmerzhaft objektiv die Gedankengänge und Handlungen der Protagonisten. Die Sätze greifen leicht und doch miteinander verwoben in die Erzählung ein, sie zwingen zum aufmerksamen Lesen und hallen nach. Gerade dieser ruhige, unaufgeregte Ton, der mit Attributen wie Beklemmung, Traurigkeit und Melancholie besetzt ist, macht einen großen Reiz des Buches aus. Allein die Art zu erzählen konnte mich für den Roman einnehmen, weil sie es ermöglicht selbst zu reflektieren.


Besonders positiv hervorheben möchte ich die handelnden Personen, die Gert Loschütz hier ins Feld führt. Sie bestreiten zu dritt ganz wesentliche Bestandteile der Geschichte, sie wirken in sich geschlossen, ausgewogen und berechenbar. Ihre Wünsche und Erwartungshaltungen werden transparent gemacht, jedoch immer nur aus der Eigenperspektive, so dass es dem Sohn als Ich-Erzähler dennoch unmöglich wird, die wahren Beweggründe seiner Eltern zu verstehen, auch wenn er ihnen nachspürt, um ihnen näher zu kommen, gelingt es ihm nicht im gewünschten Maße.


Dieser Roman löst eine ganze Welle von Gefühlen in mir aus, angefangen beim Unverständnis für die Mutter, die mit vollem Bewusstsein die Familie verlässt und sich nicht nur vom Mann, sondern auch vom Sohn trennt, bis hin zum Vater, der keine Erklärungen geben kann oder will. Gefangen in dieser lieblosen Umgebung, in der das Schweigen oberste Priorität hat, begegnet man einem Jungen, der sich nichts sehnlicher wünscht als Kontakt und Nähe und doch immer mehr in das einsame Lebensmodell seiner Eltern hineingezogen wird. Und darin sehe ich auch meinen Hauptkritikpunkt, es ist tatsächlich ein persönlicher. Denn Familie Karst lebt so weit von meinen Idealvorstellungen entfernt, dass mir nicht einer der Protagonisten ans Herz gewachsen ist, ganz im Gegenteil ich bin immer wütender geworden, wie man so leben und handeln kann. Wie das Unvermögen zu Bindung hier als dominantes Thema hervortritt und drei Menschenleben so bitter und nachhaltig beeinflusst. Dadurch tritt die Ursprungshandlung, die ihr Übel in der politischen Teilung Deutschlands sieht, immer weiter in den Hintergrund, so dass es letztlich ein sehr intensiver Roman über Menschen wird, die wegen mangelnder Kommunikationsfähigkeit ihre Familie zerrütten.


Und dennoch eine für mich geniale Geschichte, mit der es dem Autor gelungen ist, Momente, Menschen und Entscheidungen einzufangen, denen ich zwar nichts abgewinnen kann, die aber derart mitreißend und in sich schlüssig ist, dass ich davor den Hut ziehen muss. Selten hat mich ein Roman so gefesselt und bewegt, obwohl er keinerlei Parallelen und Verständnis in mir weckt, obwohl ich weder emotionalen noch praktischen Bezug dazu habe.


Fazit


Ich vergebe sehr gute 4 Lesesterne für diese Aufarbeitung eines Sohnes, der erkannt hat, seinen Eltern weder im Leben noch nach deren Tod näher kommen zu können und der dennoch versucht, zu akzeptieren was war. Dieses Buch rüttelt wach, es hält absolute Distanz und wertet nicht, beschreibt, seziert und zeigt, wie Menschen handeln können, denen es vielleicht nicht an Liebe mangelt aber zumindest am Vermögen ihre Bedürfnisse in Worte zu fassen. Als Leser muss man sich auf die Geschichte einlassen, denn sie pachtet keine Sympathiewerte, sie hält Abstand und bewegt dennoch. Man darf keine emotionale Auseinandersetzung erwarten und muss auch damit leben können, dass es auf persönliche Fragen keine Antworten geben wird. Wenn man dazu bereit ist, empfehle ich dieses Buch unbedingt zu lesen, denn literarisch hat es mich voll und ganz überzeugt.