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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.04.2024

Anders als erwartet

The Happiness Blueprint
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Da sich ihr Vater einer Krebstherapie unterziehen muss, bleibt Karla nichts anderes übrig, als ihre Zelte in London kurzfristig abzubrechen und im heimischen Malmö, vorübergehend die Führung in dessen ...

Da sich ihr Vater einer Krebstherapie unterziehen muss, bleibt Karla nichts anderes übrig, als ihre Zelte in London kurzfristig abzubrechen und im heimischen Malmö, vorübergehend die Führung in dessen Handwerksbetrieb zu übernehmen.
Es dauert nicht lange und sie setzt zwei Angestellte wegen sexistischen Beleidigungen vor die Tür. Alex, der sich anschließend auf ihre Stellenanzeige hin meldet, erweist sich dafür als attraktiver Glücksgriff für die Firma.
Denn im Gegensatz zur überfordeten, neurodiversen Klara, die für alle Fragen des Alltags Google zu Rate zieht („Wie leite ich eine Baufirma?“), ist Alex die Ruhe selbst und mit deutlich mehr Durchblick unterwegs. Daher hat Klara auch nichts dagegen, als er ihr vorschlägt, zur einfacheren Koordination, ihre Terminkalender zu synchronisieren, wobei sie unbeabsichtigt auch privaten Angelegenheiten miteinander teilen. Durch eine Verkettung von Missverständnissen hält Klara Alex so für einen verheirateten Mann, der regelmäßig zur Paartherapie geht und er wird eines Tages sogar zu ihrem Lebensretter.

Da es im ersten der insgesamt drei Abschnitte hauptsächlich darum geht, die einzelnen Charaktere vorzustellen, die jeder für sich, ein dickes Päckchen mit sich herumtragen, treffen Karla und Alex erst im zweiten Abschnitt aufeinander. Bis dahin zieht sich die Handlung für meinen Geschmack ein wenig. Nachdem das geschafft ist, kommt dann aber deutlich mehr Dynamik in die Geschichte und es entwickelt sich eine witzige, teilweise auch romantische Konversation, oftmals verpackt, als zu erledigende Aufgaben über den gemeinsamen Kalender. Neben dem ein oder anderen Griff in die Klischeekiste, ist der Umgang mit Klaras Diabetes-Erkrankung und Alex’ Depressionen hingegen realitätsnah in die Geschichte mit eingeflochten.
Ein schöner Wohlfühlroman zum Schmunzeln, Hände überm Kopf zusammenschlagen und mitfiebern!

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Veröffentlicht am 17.04.2024

Das gewisse Etwas fehlt

Weil ich an dich glaube – Great and Precious Things
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Afghanistanveteran Camden Daniels ist nach seinem Militärdienst unerwartet in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Eigentlich wollte er Alba nie wieder betreten und vor allem ein Aufeinandertreffen mit Sullys ...

Afghanistanveteran Camden Daniels ist nach seinem Militärdienst unerwartet in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Eigentlich wollte er Alba nie wieder betreten und vor allem ein Aufeinandertreffen mit Sullys Verlobter, Willow, vermeiden. Sein an Alzheimer erkrankter Vater hat in um Hilfe bei der Durchsetzung seiner Interessen zurück nach Hause gebeten, kann sich aber bei Camden’s Ankunft schon längst nicht mehr daran erinnern. Stattdessen hat er bei seinem Anblick sofort wieder im Kopf, dass Cam Schuld am Tod seines Bruders Sully trägt und so sorgt die Rückkehr in erster Linie für Skepsis und Gerede unter den Bewohnern der Kleinstadt. Nur Willow scheint sich über das Wiedersehen zu freuen, obwohl er gerade ihr gegenüber fest in einem widersprüchlichen Gefühlschaos steckt.

Die Covergestaltung und Farbschnitt sind wie gewohnt, ein wunderschöner Hingucker und auch die Thematik in der Story geht weit über eine simple Liebesgeschichte hinaus. Es dreht sich neben dem dem Umgang mit Trauer und Verlust, um Kriegserfahrungen und vor allem die Auswirkungen der Alzheimer-Erkrankung und die Patientenverfügung von Camden’s Vater.
Das Ganze wirkt jedoch sehr konstruiert, mit konservativen Moralvorstellungen und bedient dabei vor allem die typisch amerikanischen Kleinstadt-Klischees. Der Hauptprotagonist ist auch hier wieder ein selbstloser, starker Held in Militäruniform, allerdings auch depressiv und mit einem therapiewürdigem Aggressionsproblem, was mich jedoch nicht unbedingt stört.
Auch der Schreibstil der Autorin ist wie gewohnt, locker und flüssig und die Seiten fliegen nur so dahin. Insgesamt vermisse ich bei diesem Buch aber einfach diese besondere Magie, mit der mich Rebecca Yarros sonst so sehr gefangen nimmt.

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Veröffentlicht am 16.04.2024

Im Kopf eines Mörders

Notizen zu einer Hinrichtung
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Wer hat sich noch nicht gefragt, was Menschen dazu treibt, zu misshandeln oder gar umzubringen?!

Ansel Packer steht in 12 Stunden die Vollstreckung der Todesstrafe bevor, nachdem er an den Mord von vier ...

Wer hat sich noch nicht gefragt, was Menschen dazu treibt, zu misshandeln oder gar umzubringen?!

Ansel Packer steht in 12 Stunden die Vollstreckung der Todesstrafe bevor, nachdem er an den Mord von vier jungen Frauen schuldig gesprochen wurde.
Die Mutter des Mörders, die Zwillingsschwester eines seiner Opfer und auch die ermittelnde Polizistin Saffy, berichten von Momentaufnahmen und Begebenheiten, die sie mit dem Täter und den späteren Opfern verbinden. Dabei kommen aus den unterschiedlichen Perspektiven einige Facetten zusammen, die das Profil eines waschechten Psychopathen zeichnen.

Nach den Schilderungen seiner Mutter Lavender wird klar, dass Ansel schon in frühster Kindheit von traumatischen Ereignissen geprägt wird und im Rückblick betrachtet, hat er bereits in den ersten Lebensjahren auffällige Verhaltensweisen gezeigt.
Sein gewalttätiger Vater terrorisiert seine Mutter und macht auch nicht vor Ansel Halt. Als Vierjähriger wird er schließlich mitsamt seines kleinen Bruders von seiner Mutter zurückgelassen und wächst in staatlicher Obhut auf. Sein Bruder wird adoptiert, er landet in Pflege auf einer Farm, wo er heimlich seinen sadistischen Neigungen an Tieren nachgeht. Erwischt wird er hierbei eines Tages von Saffy, die einen ersten Eindruck davon bekommt, welche ernste Bedrohung von Ansel ausgeht.
Sie wird später als Ermittlerin bei der Polizei erneut auf seine Spur gelenkt und kann ihn durch eine Verkettung von Ereignissen letztendlich überführen.

Wer Darya Kukafka’s Buch liest, fühlt sich sofort sehr stark an eine reale True-Crime-Story erinnert. Der Fall weckt Interesse, ist faszinierend und verstörend zugleich. Er regt dazu an, sich näher mit der Schuldfrage im Allgemeinen, der Rolle der Opfer und vor allem mit der Ambivalenz der Todesstrafe auseinanderzusetzen.
Sorgt sie für eine ausgleichende Gerechtigkeit für die Betroffenen und Hinterbliebenen oder bietet sie am Ende stattdessen noch Tätern wie Ansel, die gewünschte Bühne und Aufmerksamkeit, wohingegen das Andenken ihrer Opfer in Vergessenheit gerät?!

Die Geschichte lässt mich nicht kalt, kein Wort zu viel, keins zu wenig und so bleibe ich nachdenklich und tief bewegt zurück.
Abschließend möchte ich auch noch unbedingt die großartige Übersetzungsleistung von Andrea O‘Brien erwähnen und eine uneingeschränkte Leseempfehlung für (halbwegs) gefestigte Gemüter aussprechen!

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Veröffentlicht am 29.03.2024

Eine erfrischende Liebeserklärung

Somebody to Love – Northern-Hearts-Reihe, Band 1 (Dein SPIEGEL-Bestseller | Limitierte Auflage mit Farbschnitt und Charakterkarte)
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Seit ihrer Kindheit sind die Drillinge Hendrik, Lene und Emil eine untrennbare Einheit und mit Freya befreundet. Bei einer Aktion gegen Massentierhaltung kommt Hendrik jedoch auf tragischerweise ums Leben. ...

Seit ihrer Kindheit sind die Drillinge Hendrik, Lene und Emil eine untrennbare Einheit und mit Freya befreundet. Bei einer Aktion gegen Massentierhaltung kommt Hendrik jedoch auf tragischerweise ums Leben. In seinem Elternhaus ist sein Tod ein Tabuthema, da sein Vater als Bürgermeister einen politischen Skandal fürchtet. Für seine Geschwister und vor allem für seine Freundin Freya bricht derweil eine Welt zusammen. Seine Schwester Lene entflieht der Situation erstmal ins Ausland und so bleibt Emil als einziger der Drillinge allein zurück. Auch Freya kämpft auch 8 Monate später mit ihrer Trauer und dem Unverständnis über die angeblichen Todesumstände, die sie einfach nicht los lassen. Dank Emil beginnt sie, ihr Schneckenhaus zu verlassen und beide machen sich gemeinsam auf die Suche nach der Wahrheit.

Die Autorin hat sich für die Geschichte ein äußerst heikles Thema ausgesucht und einfach perfekt umgesetzt. Neben dem Verlust eines geliebten jungen Menschen und den Auswirkungen auf das Umfeld, stehen auch die Trauerbewältigung und der Mut für einen Neuanfang.
Die landschaftliche Kulisse Norwegens sorgt für ein schönes und authentisches Flair und gefällt mir ebenso gut, wie die Tatsache, dass es hier endlich mal Protagonisten gibt, die offen über ihre Gefühle reden und Probleme direkt ansprechen. Die sonst für das Genre so typischen, konstruierten Hin-und-Her-Dramen bleiben uns in diesem Roman glücklicherweise erspart!
Eine erfrischende Liebeserklärung auf die norwegische Art, die spannend und rundum schön umgesetzt wurde!
Ich freue mich jetzt schon sehr auf Band 2!

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Reale Fiktion

Das andere Tal
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Die 16-Jährige Halbwaise Odile soll nach dem Willen ihrer Mutter eine Laufbahn als Conseil einschlagen und so begleiten wir Odile zunächst abwechselnd zwischen Schule, ihrer Freizeit, die sie mit ihren ...

Die 16-Jährige Halbwaise Odile soll nach dem Willen ihrer Mutter eine Laufbahn als Conseil einschlagen und so begleiten wir Odile zunächst abwechselnd zwischen Schule, ihrer Freizeit, die sie mit ihren Freunden verbringt und einem herausfordernden Auswahlverfahren. Während sie anfängt, für ihren Freund Edme romantische Gefühle zu entwickeln, bekommt man außerdem einen Einblick in ihre außergewöhnlichen Lebensumstände. Sie wohnt in einem Tal, dessen Grenzen eingezäunt sind und gesichert werden, die verhindern sollen, dass Besucher ungehindert zwischen ihrem und den zwei anderen Tälern wandeln und so Einfluss auf das weltliche Geschehen nehmen können. Denn bei den Tälern östlich und westlich von ihrem, spielt sich das Leben in dem selben Dorf nur um 20 Jahre zeitversetzt ab. Daher darf ausschließlich im Trauerfall eines der anderen Täler besucht werden. Als Edme eines Tages verschwindet, scheint sein Schicksal also besiegelt.
Im zweiten Teil des Buches ist Odile bereits 36 Jahre alt und der Weg den sie inzwischen gegangen ist, ist ein gänzlich anderer.

Dieses Buch hat mir in in vielerlei Hinsicht einiges abverlangt. Von Beginn an entwickelte sich die Handlung nicht nur vollkommen anders, als ich es ursprünglich erwartet habe und hat außerdem immer wieder neue Fragen aufgeworfen, sowie beim Lesen jeder einzelnen Zeile volle Konzentration erfordert. Es ist nämlich keine Geschichte, die sich einfach nebenbei und zwischendurch liest.
Man muss sich auf die Atmosphäre und den sehr philosophisch anmutenden Charakter einlassen können, um in dieser zweifellos einzigartigen Erzählung anzukommen. Bei mir haben sich die eingelegten Lesepausen jedes Mal gerecht, in dem ich dadurch den Faden in dieser vielschichtigen Handlung, insbesondere bei Zeitsprüngen und Ortswechseln immer wieder verloren habe und ständig das Gefühl hatte, etwas überlesen zu haben.
Der Autor fordert seine Leserschaft übrigens nicht nur indirekt auf, sich auf ein philosophisches Gedankenexperiment einzulassen, sondern hat mich auch mittels seines sehr bildhaften Schreibstils zwischenzeitlich an meine persönlichen Grenzen gebracht. Gerade die Szenen, die eine körperliche Züchtigung von Schülern beschrieben, waren kaum zu ertragen.

Leider ist es am Ende kein Buch für mich, dennoch möchte ich an dieser Stelle auch nicht davon abraten, sondern bin mir sicher, dass andere Lesende das Potential dieser Geschichte anders wahrnehmen werden.

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