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Veröffentlicht am 06.03.2023

Emotionaler Medizin-Thriller

Die Klinik
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Hubertus Borcks „Die Klinik“ ist der zweite Teil einer in Hamburg spielenden Thriller-Reihe rund um die Ermittler Franka Erdmann und Alpay Eloglu.
In diesem besonders intensiven Fall müssen die beiden ...

Hubertus Borcks „Die Klinik“ ist der zweite Teil einer in Hamburg spielenden Thriller-Reihe rund um die Ermittler Franka Erdmann und Alpay Eloglu.
In diesem besonders intensiven Fall müssen die beiden herausfinden, ob ein Mann, der nach einem schweren Unfall ins Krankenhaus eingeliefert wurde, auf natürlichem Wege seinen Verletzungen erlag, oder ob jemand nachgeholfen hat. Seine Witwe ist davon überzeugt, dass ihr Mann ermordet wurde. Nachdem ihr Verdacht durch die Rechtsmedizin bestätigt wurde, macht sich das Ermittlerduo auf die Suche nach dem Täter und stößt dabei auf weitere schreckliche Ereignisse in der behandelnden Klinik.

Bereits aufgrund des Covers, auf dem ein weißes Kreuz auf blutrotem Hintergrund zu sehen ist, sowie des Titels kann man erahnen, dass dieses Buch im Bereich der Medizin spielt.
Es gibt zwei verschiedene Zeitstränge, in denen die Handlung spielt: Zum einen in Soltau vor 10 Jahren und zum anderen in Hamburg in der Jetzt-Zeit. Im Laufe der Geschichte wird immer deutlicher, wie genau Vergangenheit und Gegenwart miteinander verwoben sind.
Wir bekommen Einblicke in die sehr verqueren Sichtweisen, Gefühlswelten und Beweggründe des Täters, sowie in die grausamen, skrupellosen und die erschreckend routinierten Taten.
Durch den regelmäßigen Wechsel dieser Zeiten gelingt es dem Autor Spannung zu erzeugen und diese durchgehend aufrecht zu erhalten.
Auch die kurzen Kapitel bringen einen dazu, trotz sehr emotionaler Thematik immer weiterlesen zu wollen und durch die Seiten zu fliegen.

Sehr gut hat mir gefallen, dass wir nicht nur über den Kriminalfall und die Ermittlungen gelesen haben, sondern auch Einblick in das Privatleben der Figuren bekommen. Besonders sympathisch war mir dabei Alpay und seine liebevolle und humorvolle türkischstämmige Familie.
Auch, dass der Autor das Ermittlerduo multikulturell gestaltet hat, fand ich sehr interessant und einprägsam.
Insgesamt hat mir die Charakterzeichnung der Figuren sehr gut gefallen. Der Autor hat zwei sehr eigenwillige Protagonisten erschaffen, die sich aber perfekt ergänzen und die Neckereien der beiden lockern den nervenzehrenden Polizeialltag auf.
Die bodenständige, gefestigte, ältere Ermittlerin Franka nimmt den manchmal noch etwas unbedarften aber engagierten Alpay unter ihre Fittiche. Nichtsdestotrotz begegnen sie sich stets auf Augenhöhe und holen das Beste aus ihren gemeinsamen Ermittlungen heraus.
Auch die Charakterisierung des Täters ist außerordentlich gut gelungen. In manchen Momenten konnte man sogar die Intention nachvollziehen, weil diese schlüssig dargestellt wurde.
Dem Autor ist es gelungen, die Atmosphäre in einem Krankenhaus und im Pflegewesen authentisch einzufangen und auf Missstände in der Pflege hinzudeuten und diese zu kritisieren. Er hat erschreckend dargelegt, mit welchen Problemen Menschen in der Pflege zu kämpfen haben, und wie häufig deswegen z.B. Behandlungsfehler unterlaufen können.
Außerdem wurden spannende medizinische Fakten leicht verständlich in die Handlung eingeflochten.
Der sehr bildliche und lebendige Schreibstil mit den Sichten verschiedener an der Tat beteiligten Personen machte das ganze sehr abwechslungsreich und spannend.
Ein großer Pluspunkt ist, dass der Autor es schafft, nicht nur Spannung, sondern auch Emotionalität durch seine Worte zu transportieren.

Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass ich die beiden Ermittler sehr gerne bei ihrem Fall begleitet habe und mich freue, jetzt im Nachhinein auch den ersten Teil der Reihe zu entdecken.
Wer unblutige, spannende und im Medizinbereich spielende Thriller mag, sollte auf jeden Fall einen Blick in dieses Buch wagen!
Außerdem erwähnenswert finde ich, dass man beim Lesen keinerlei Vorkenntnisse zum Vorband haben muss und es auch keiner Spoiler zum ersten gemeinsamen Fall der beiden Ermittler gibt. Man kann dieses Buch also völlig unabhängig lesen.

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Sehr spannend, aber für mich ein relativ unspektakuläres Ende.

Die Zelle
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Der 11-jährigen Sammy zieht gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Bruder in eine große unheimliche Villa in Berlin. Von diesem Moment an ist nichts mehr wie zuvor und mysteriöse Vorkommnisse häufen sich ...

Der 11-jährigen Sammy zieht gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Bruder in eine große unheimliche Villa in Berlin. Von diesem Moment an ist nichts mehr wie zuvor und mysteriöse Vorkommnisse häufen sich und verändern das Leben des Jungen. So stößt dieser bei einer Erkundungstour seines neuen Zuhauses auf unterirdische Gewölbe, wo er in einer Zelle ein etwa 15-jährigens verängstigtes Mädchen findet, das dort eingesperrt ist. Einzig durch einen kleinen Schlitz in der Tür kann er sie sehen und mit ihr kommunizieren. Als Sammy seinen Vater zur Hilfe holen will, gerät das Mädchen in Todesangst. Sammy, der am nächsten Tag erneut zu dem Mädchen geht, findet die Zelle verwaist vor. Das Mädchen ist verschwunden.
Er ist sich sicher- sein über alles geliebter Vater muss mit dieser erschreckenden Entdeckung etwas zu tun haben.

Wem soll er sich jetzt anvertrauen? Wird ihm überhaupt jemand Glauben schenken?

Der Einstieg in die Geschichte fiel mir von Anfang an leicht, da der Autor über einen kurzweiligen, schnörkellosen Schreibstil verfügt, der einen nur so durch die Seiten fliegen lässt.Die kurzen Kapitel, die teilweise mit Cliffhangern enden schafften es immer wieder mich zu überzeugen ein weiteres Kapitel zu lesen, obwohl ich schon längst hatte aufhören wollen.

Das Buch wird rückblickend vom heute Erwachsenen Sammy aus der Ich-Perspektive erzählt, der dem Leser von seiner Schreckenszeit und seinen mysteriösen Erlebnissen in Berlin berichtet.
Leider ist die Darstellung von Sammys elfjährigen Ich in meinen Augen oftmals nicht sehr gut gelungen. So konsumiert der Junge auf seinem Streifzug ohne mit der Wimper zu zucken Alkohol, kann wie selbstverständlich Whiskey von Bier unterscheiden und am Geruch erkennen.
Auch, wird das Verhalten des Jungen stark sexualisiert. Ich wage zu bezweifeln, dass Jungen in diesem Alter derart auf die sowohl primären als auch sekundären Geschlechtsmerkmale einer Frau fixiert sind und sogar daran denken mit ihr zu schlafen. Insgesamt waren die Gedanken und Handlungen für einen Jungen in diesem Alter in meinen Augen einfach oft unglaubwürdig und unrealistisch.

Sammys Vater blieb dem Leser generell eher fremd. Durch sein merkwürdiges Verhalten konnte man ihn aber nur schwer einschätzen, sodass man Sammys Verdacht, dass sein Vater mit alledem zu hat, durchaus nachvollziehen konnte.

Die Nebenfiguren wie Sammys Mutter, seinen Bruder Linus sowie das Au-pair Mädchen Hannah lernen wir nur oberflächlich kennen. Der Fokus des Buches steht deutlich auf Sammy und seinem Vater.

Besonders interessant fand ich die Kapitel, die aus Sicht des Täters geschrieben sind und in denen wir seinen abstrusen und perversen Gedanken und Taten folgen können.

Der Leser wird direkt im Buch angesprochen, sodass man sich in die Geschichte integriert fühlt und mitfiebert, was als nächstes passieren wird „Kennt ihr das?“ (S.21) Außerdem nutzt der Autor oft Fragen als Stilmittel in seinem Roman, um den Leser in Sammys Überlegungen einzubeziehen und ihn selber miträtseln zu lassen. Bis zum Schluss wusste ich nicht, wie diese Geschichte enden würde. Ich liebe Bücher, die immer neue überrraschende Wendungen zu bieten haben und es schaffen mich so in ihren Bann zu ziehen. Und das hat dieses Buch definitiv geschafft! Es hat mich oft überrascht, mich beim Lesen die Luft anhalten lassen und vor Spannung an den Fingernägeln kauen lassen, weil ich endlich wissen wollte, was in diesem Haus in Berlin merkwürdiges vor sich geht. Auch gab es Szenen in denen es mir eiskalt den Rücken heruntergelaufen ist und ich mich gegruselt habe- was bei mir bei Büchern defintiv nicht oft vorkommt. Aber Vorsicht an alle Leser mit schwachem Magen: Es gibt auch Szenen, die durchaus eklig sind und bei denen ich angewidert das Gesicht verzogen habe.

Ich habe mich oft gefragt, ob alles vielleicht nur Sammys kindlicher Fantasie entsprungen ist, das ganze Einbildung, Realität, ein perfides Spiel, ein Traum oder sogar eine Inszenierung ist. Um was es tatsächlich handelt, muss natürlich jeder Leser selbst herausfinden. Hierzu sei gesagt, dass bei einer Rezension zu diesem Buch jedes Wort zu viel sein könnte. Nur so viel: Man verdächtigt zum Schluss alles und jeden.

Abschließend lässt sich sagen, dass ich endlich einen neuen deutschen Thrillerautoren gefunden habe, der mich mit seiner Geschichte und seinem Schreibstil überzeugen konnte. Dies wird definitiv nicht mein letztes Buch von Jonas Winner gewesen sein.

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Eine schöne New-Adult-Geschichte mit wunderschönem Setting und authentischen Charakteren, die man schnell ins Herz schließt!

New Beginnings
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Lieblingszitat:

" 'Petrichor' wiederholte ich fast andächtig. Ich hatte den Begriff noch nie gehört. Vielleicht gab es ihn im Deutschen nicht. Aber ich hoffe, dass auch wir einen Ausdruck für diesen einzigartigen ...

Lieblingszitat:

" 'Petrichor' wiederholte ich fast andächtig. Ich hatte den Begriff noch nie gehört. Vielleicht gab es ihn im Deutschen nicht. Aber ich hoffe, dass auch wir einen Ausdruck für diesen einzigartigen Geruch hatten, diesen würzigen Duft nach aufgewühlter Erde, feuchten Blättern, nach kühlem Stein und feuchtem Holz. Es hatte einen Namen verdient."

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Als die deutsche Großstadtpflanze Lena sich dazu entscheidet ein Au-pair Jahr in Amerika, genauer gesagt in der Kleinstadt Green Valley in den Rocky Mountains zu machen, ist (Gefühls-) Chaos fast schon vorprogrammiert.
Mitten im Nirgendwo trifft sie auf ihre Gastfamilie, die Coopers- eine herzliche typische amerikanische Familie- und den reservierten, leicht überheblich wirkenden Ryan, die ihren Alltag schwer durcheinanderwirbeln.
Doch zwischen all ihren neuen Aufgaben wie der Kinderbetreuung und der Renovierung eines Bed & Breakfast findet sie gute Freunde, eine Ersatzfamilie, ein neues Zuhause und eine neue Liebe.

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Schon nach wenigen Sätzen hat man durch den bildlichen und detailverliebten Schreibstil der Autorin direkt das Gefühl, Teil dieser Geschichte zu sein und inmitten der wunderschönen, naturbelassenen Kulisse Colorados zu stehen und durch Lenas Augen auf ihre neue Heimat schauen zu können. Dem Leser werden die USA im Generellen und die Landschaft der Rocky Mountains im Speziellen so bildhaft eingefangen, dass man am liebsten direkt seine Koffer packen und zu den "gezuckerten Bergen und "pfefferminzfarbenen Seen" reisen möchte.

Dank der perfekt gewählten Ich-Perspektive kann man sich absolut in Lenas Gefühlswelt hineinversetzen- Ihre Verunsicherung in einem neuen Land zu sein, viele tausend Kilometer von ihrem Zuhause entfernt, ihre Erwartungen, Hoffnungen aber auch ihre Zweifel und ihr Heimweh.

Schnell haben sich alle Charaktere, auf ihre Art und Weise in mein Leserherz geschlichen: Lena, eine starke, selbstständige junge Frau, die den Mut aufbringt in ein fremdes Land zu reisen, das so weit weg ist, von allem was sie kennt, was beweist, dass mehr in ihr steckt, als sie und andere vielleicht glauben. Lena mit all ihren Charaktereigenschaften ist ein sehr menschlicher, „echter“ Charakter mit dem man sich als Leserin gut identifizieren kann.
Des weiteren wäre da die herzliche Gastfamilie Cooper mit dem süßen, frechen Sohn Liam, die Lena direkt offen in ihre Arme schließen und ihr den Start in den USA so leicht wie möglich gestalten möchten. Ihr Alltag ist herrlich unperfekt, wie in anderen Familien auch.
Auch die flippige Izzie, die Lena in einigen schwierigen Situationen beiseite steht und der forsche, etwas zu sehr von sich überzeugte Will helfen Lena, ihre neuen Umgebung kennenzulernen und sich heimisch zu fühlen.
Selbst den mürrischen, etwas kratzbürstigen Ryan habe ich wegen seiner Sprüche, die mich oft zum Lachen gebracht haben, schnell lieb gewonnen.
Spätestens wenn sein Beschützerinstinkt Lena gegenüber zu Tage tritt, dürfte es um jedes Leserinnenherz geschehen sein.
Alle Personen in dieser Stadt scheinen außerdem miteinander verwoben zu sein, jeder kennt jeden, was das ganze sehr familiär macht.
Irgendwie hat mich Green Valley an „Stars Hollow“ von den Gilmore Girls erinnert, wo man auch „hinkommt“ und sich durch die Menschen und die Umgebung direkt wie zuhause fühlt.

Die Schauplätze in diesem Buch klingen allesamt sehr gemütlich und einladend- sowohl das Haus der Coopers, als auch die kleinen Lädchen in Green Valley, die Sportbar und das charmante Bed & Breakfast, in dem Lena einen großen Teil ihrer Zeit verbringt und nach ihrer wahren Bestimmung sucht. Man hat das dringende Bedürfnis auch Teil dieser Welt sein zu wollen.

Besonders gut gefällt mir, dass die Autorin ihren Figuren Zeit gibt, sich zu entwickeln, sich langsam zu öffnen und mehr von sich preis zu geben. Das macht sowohl die Charaktere als auch die Geschichte an sich sehr authentisch.
Man wird hier nicht mit überstürzten Liebes- und Sexszenen überschüttet, sondern lässt den Charakteren mit ihrer teils schwierigen Vergangenheit Zeit sich dem gegenüber zu öffnen.
Wenn es dann so weit ist, dass die Protagonisten zueinandergefunden haben, finden wir äußerst ansprechende und ästhetische Liebesszenen, ohne die Plump- und Derbheit die man aus anderen Büchern dieses Genres kennt.

Es ist selten, dass eine Geschichte meinen Sinn für Humor trifft, aber hier ist es definitiv der Fall. Mehr als einmal habe ich beim Lesen laut auflachen müssen oder das Grinsen nicht aus dem Gesicht bekommen. Diese Geschichte lebt von ihrem Humor und dem Gekabbel der Personen untereinander.

Das Cover mit seinen Pastelltönen, den Lichteffekten und dem Gold sehen absolut edel aus und die Haptik ist auch wahnsinnig schön, da sich die glitzernden Buchstaben und die geometrischen Formen vom Rest des Untergrundes abheben. Es ist ein totaler Blickfänger und sticht in der Buchhandlung beim Stöbern direkt ins Auge und verleitet Coveropfer wie mich eindeutig zum Kauf.

Abschließend lässt sich sagen, dass ich dieses Erstlingswerk unter dem Namen Lilly Lucas wahnsinnig gerne mochte, ich bin quasi durch die Seiten geflogen und habe mich in Green Valley sofort zuhause gefühlt.

Für meinen Geschmack hätte das Buch allerdings gerne noch 50-100 Seiten mehr haben können. Die Charaktere hatten viel Zeit sich zu entwickeln, was mir sehr gut gefallen hat, aber dafür kam mir dann das Ende dann doch zu abrupt und wurde zu schnell abgehandelt.
Gerne hätte ich auch noch mehr über Lenas Alltag als Au-pair gelesen, um tiefere Einblicke in ihre tägliche Arbeit mit Liam zu bekommen.
Aber das spricht ja für die Geschichte- dass man am liebsten noch viel viel länger dort geblieben wäre, weil einem der Ort und die Menschen so ans Herz gewachsen sind.

Ich werde auf jeden Fall den nächsten Teil der Reihe, -in dem es um Izzy geht- lesen und freue mich sehr nach Green Valley und den ganzen Herzmenschen zurückzukehren!


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Veröffentlicht am 23.02.2023

Wie alle Bücher der Autorin ein absoluter Volltreffer in Sachen Wohlfühlfaktor. Es ist immer wieder schön nach St. Peter zurückzukehren!

Dünentraumsommer
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„Veränderungen gehören zum Leben- und wenn sich nichts mehr verändert, ist man tot!“

Zu Beginn von „Dünentraumsommer“ lernen wir zwei Frauen unterschiedlichen Alters kennen, die beide an einem Wendepunkt ...

„Veränderungen gehören zum Leben- und wenn sich nichts mehr verändert, ist man tot!“

Zu Beginn von „Dünentraumsommer“ lernen wir zwei Frauen unterschiedlichen Alters kennen, die beide an einem Wendepunkt in ihrem Leben stehen:

Die ältere Dame Berta möchte sich aus ihrer sozialen Isolation befreien, endlich wieder etwas erleben und das Gefühl bekommen gebraucht zu werden, nachdem sie vor einigen Jahren nach einem Verlust alle Kontakte abgebrochen hatte.

Und Marieke, die nach einem harten Schicksalsschlag und schwierigen Lebensumständen mit ihrem Sohn ihre Heimat verlässt und einen Neuanfang am Meer wagen möchte.

Beide Frauen begleiten wir in ihrer persönlichen Entwicklung und ihrem Wunsch endlich wieder im Leben Fuß zu fassen und glücklich zu werden. Dabei wachsen die beiden immer mehr zusammen, schmieden gemeinsam den Plan eines Kuchen-Clubs, finden neue (alte) Lieben und helfen einander, wenn sie doch einmal ins Straucheln geraten.

Dieses Buch war mittlerweile mein neuntes der Autorin und ich kann immer noch nicht genug von ihren Geschichten und ihrer Art zu Schreiben bekommen. Kaum eine andere Autorin schafft es durch ihre Art des detailverliebten Erzählens solche Bilder vor meinem inneren Augen zu erzeugen und ein Gefühl von Wohlbefinden aber auch des Fernwehs auszulösen wie Tanja Janz. Ich habe während des Lesens immer das Gefühl mich inmitten des Geschehens zu befinden und St. Peter Ording zu kennen, als wäre es meine zweite Heimat. Dabei war ich in Wirklichkeit (leider) noch nie dort. Der Autorin gelingt es in ihrer Geschichte Seite für Seite dem Leser nicht nur Bilder in den Kopf und Gerüche in die Nase zu zaubern, sondern auch Appetit auf Getränke und Speisen zu machen, von denen man vorher noch nicht mal wusste, dass man sie mag.

Tanja Janz hat es erneut geschafft liebenswerte, einzigartige Charaktere zu erschaffen, die man sofort ins Herz schließt. Besonders deshalb, weil es beispielsweise im Fall von Marieke lebensnahe, bodenständige und greifbare Protagonisten sind.

Marieke ist sehr bedacht und reflektiert und wiegt das Für und Wider ihrer Handlungen ab und stürzt sich nicht einfach kopfüber in Abenteuer. Ihre Ängste vor dem Ungewissen werden nicht ausgeblendet, sondern es wird gezeigt, dass es menschlich ist, dass nicht immer alles einfach und unkompliziert ist. Ihren Alltag mit Kind und ihre Gefühlswelt als Mutter mit all seinen Höhen und Tiefen hat die Autorin sehr realistisch eingefangen und dargestellt. Marieke ist sehr bescheiden und mit einem bodenständigen Job- sie arbeitet als Alltagsbegleiterin für Senioren. Ein Job von dem ich bisher nicht viel wusste, in den wir in der Geschichte aber einige Einblicke bekommen. Es gefällt mir außerordentlich gut, dass die Protagonisten nicht Anwälte oder Journalisten wie in vielen anderen Romanen sind, sondern ein ganz bodenständiger, alltäglicher Beruf ausgeübt wird, mit dem sich sicher weitaus mehr Leser identifizieren können.

Auch Berta, die ältere von den beiden ist eine liebenswerte, toughe Frau, die schon viele Erfahrungen und Verluste in ihrem Leben verkraften musste. Ich mag ihre offene, hilfsbereite Art und ihren Mut auch noch im vorangeschrittenen Alter Veränderungen anzustreben.

Die Gedanken und Gefühle der beiden Protagonistinnen wurden für mich sehr überzeugend dargestellt. Man konnte sich gut in sie und ihre Gedanken, Gefühle und Sorgen einfinden und sich selbst vielleicht sogar ein stückweit darin wiederfinden.

In vielen Romanen sind Frauen einfach als perfekt und unantastbar dargestellt. Tanja Janz allerdings beschreibt ihre als unperfekt, menschlich, mit Ecken und Kanten und dadurch einfach liebenswert. Nicht alle Probleme werden weggelächelt, sondern man nimmt Probleme in die Hand und sucht nach Lösungen. Die Frauen verdeutlichen, dass Veränderungen nie etwas schlechtes sind, sondern zum Leben dazu gehören und einem helfen sich weiterzuentwickeln.

Was mir auch unglaublich gut gefallen hat, war, dass ein Teil der ersten Handlung in einer Ruhrgebietsstadt spielt zu der ich einen persönlichen Bezug habe. Die Autorin zeigt, dass es nicht immer Berlin, Köln oder Hamburg sein muss, sondern dass es auch im Ruhrgebiet Geschichten und Orte gibt, von denen es sich lohnt zu erzählen. Dass sie hierbei sowohl in St. Peter Ording als auch im Ruhrgebiet auf echte Schauplätze zurückgreift, macht das ganze umso authentischer.

Ein besonderes Highlight war wie immer, dass man liebgewonnene Charaktere aus den anderen Romanen der Autorin wiedertrifft- so haben in diesem Buch beispielsweise die etwas skurrile Gertrud und Campingsplatz-Besitzerin Lilo Ampütte einen Gastauftritt. Auch an die Orte aus vorherigen Büchern kehrt man zurück- so gibt es ein Wiedersehen mit dem Campingplatz „Strandperle“ und dem Milchreisbus aus „Strandrosensommer“. Dadurch hat man während des Lesens das Gefühl des Nach-Hause-Kommens.

Der Kuchen-Club, der im Mittelpunkt des Buches steht und in dem die ganz besonderen Oma-Kuchen gebacken werden, war eine einzigartige Idee! Der Gedanke dahinter, die Senioren aus ihrer Isolation zu holen war besonders schön, denn ich kann mir vorstellen, dass viele ältere Menschen sich einsam und ausgeschlossen fühlen. Hier bekommen sie wieder eine Aufgabe und können Zeit mit anderen Menschen verbringen. Dieser Zusammenhalt ist für mich auch etwas, was die Bücher der Autorin ausmacht. Jeder steht für jeden ein und man kann aufeinander zählen.

Mein einziger, kleiner Kritikpunkt ist wie immer der gleiche: Das Buch war viel zu kurz und zu schnell vorbei. Ich würde mir wünschen, die Bücher der Autorin wären mindestens 150 Seiten länger, damit wir noch tiefer in die Geschichte eintauchen können und noch mehr über die einzelnen Personen, ihr Leben und ihre Geschichten erfahren können.

Ich jedenfalls kann es kaum erwarten, dass das nächste Buch erscheint und ich all die liebgewonnen Charaktere in St. Peter Ording wiedertreffen, in die Geschichte der Autorin eintauchen und für einige Zeit alle Sorgen und Nöte vergessen kann.


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Veröffentlicht am 23.02.2023

Eine zauberhafte kleine Weihnachtsgeschichte, mit einem traumhaften Setting, viel Humor, Liebe und Zusammenhalt!

Das Inselweihnachtswunder
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Der jungen, alleinstehenden Pastorin Carola, die auf der Insel Föhr lebt und arbeitet, steht ein einsames Weihnachtsfest bevor: Ohne Familie und Partner an ihrer Seite, ist sie auf der Suche nach einer ...

Der jungen, alleinstehenden Pastorin Carola, die auf der Insel Föhr lebt und arbeitet, steht ein einsames Weihnachtsfest bevor: Ohne Familie und Partner an ihrer Seite, ist sie auf der Suche nach einer Lösung für sich und andere einsame Seelen der Insel, um den heiligen Abend trotzdem besinnlich zu begehen. Ob ihr das gelingt?

Kann vielleicht der Troll Nis Puk, der laut Inselsage in Scheunen und auf Dachböden der Insel lebt und auf die Bewohner aufpasst, wenn man ihm Weihnachten etwas zu essen hinstellt, helfen und einige Wunder für sich und andere auf der Insel geschehen lassen?

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Bevor man das Buch öffnet, fällt einem schon sofort die wunderschön weihnachtliche und maritime Gestaltung des gebundenen Buches auf. Es ist ein echter Eyecatcher und passt hervorragend zum Inhalt des Buches, sodass man direkt anfangen möchte zu schmökern.

Die Protagonistin, die 35-jährige Pastorin Carola Schmidt war mir auf Anhieb sympathisch. Sie ist sehr offen anderen Meinungen und Glaubensarten gegenüber und sogar Menschen, die gar kein Mitglied der Kirche sind. Sie ist sogar so unvoreingenommen, dass sie den Troll Nis Puk, der einer Föhrer Sage entspringt, um Hilfe bittet um ihr den Wunsch, Weihnachten nicht allein zu sein, zu erfüllen. Aber sie selbst bleibt auch nicht tatenlos, sondern hat allerlei Ideen, wie sie einzelnen Inselbewohnern ein schönes Weihnachtsfest bescheren kann und ihnen helfen kann kleine und größere Probleme aus der Welt zu schaffen.

Man spürt die Leidenschaft für ihre Arbeit und merkt, dass es eher eine Berufung als ein Beruf ist. Sie ist eine Frau der Tat und hat für jeden ein offenes Ohr. So hilft sie im Laufe der Geschichte verschiedenen Bewohnern der Insel und steht ihnen immer beiseite. Sie ist bei den Mitbewohnern sehr beliebt und hat eine sehr moderne und unkonventionelle Art ihre Gottesdienste zu gestalten. Der Leser bekommt in dieser Geschichte auch einen Blick hinter die Kulissen und erfährt viel über die Aufgaben einer Pastorin, was wirklich sehr interessant ist.

Der Schreibstil ist sehr bildlich und humorvoll. Man ist sofort in der Geschichte gefangen und mehr als einmal habe ich während des Lesens laut lachen müssen, wenn Carola wieder einen ihrer Sprüche zum Besten gegeben hat. Auch der gelegentliche Perspektivwechsel zwischen den Protagonisten ist sehr gelungen. So kann man die einzelnen Personen besser verstehen und auch etwas hinter ihre Fassade schauen.

Insgesamt herrscht in der Geschichte eine schöne, gemütliche Atmosphäre und wir begegnen vielen herzlichen Charakteren, wie der älteren Dame Annerose und ihrem Enkel Torin, der im Laufe der Geschichte auch noch eine tragende Rolle in Carolas Leben spielen wird.

Der Leser bekommt außerdem viele Einblicke in das Inselleben und die Traditionen von Föhr, was ich sehr interessant fand, und worüber ich gerne noch viel mehr gelesen hätte. Auch die landschaftlichen Beschreibungen sind mehr als gelungen und wecken das Fernweh, sodass man am liebsten direkt dorthin reisen würde. Dem Autor gelingt es außerdem sehr gut, die Weihnachtsstimmung mit all ihren Verlockungen einzufangen.


Aber auch in dieser Geschichte ist nicht immer nur alles Friede Freude Eierkuchen. Es treten für verschiedene Bewohner Probleme auf, die zunächst nur schwer lösbar scheinen. Doch durch den Zusammenhalt auf der Insel wird für alles eine Lösung gefunden.


Was mir desweiteren sehr gut gefallen hat, war, dass man keinerlei Vorkenntnis anderer Bücher des Autoren haben musste. Zwar gibt es hin und wieder Wiedersehen mit Personen, die bereits in anderen Büchern auftraten, aber diese Geschichte ist völlig alleinstehend.


Abschließend lässt sich sagen, dass Janne Mommsen mit „Das Inselweihnachtswunder“ ein herzerwärmender Weihnachtsroman mit wunderschönem Setting, liebenswerten Protagonisten und viel Humor gelungen ist. Absolute Leseempfehlung!

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