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Veröffentlicht am 10.08.2022

Spannendes Thema

Elternhaus
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Eine seit Jahren im Hamburger Westen leerstehende Villa fasziniert den Barpianisten Tobias Hansen. Von dem Haus ist auch Yvette Winkler begeistert, die ihren Mann überzeugt das in der Nähe des Elbstrands ...

Eine seit Jahren im Hamburger Westen leerstehende Villa fasziniert den Barpianisten Tobias Hansen. Von dem Haus ist auch Yvette Winkler begeistert, die ihren Mann überzeugt das in der Nähe des Elbstrands gelegene Anwesen zu kaufen. Jeden Abend verfolgt Tobias Hansen das Geschehen am geheimnisvollen Haus: das Einziehen und später das Leben der Familie Winklers dort. Zuerst bringt er den Kindern nur das Klavierspiel bei, bald aber wurde er zum nicht immer willkommenen Dauergast im Haus. Bis die Situation eskaliert.

Es war die vielversprechende Beschreibung der Handlung, die meine Neugier auf das Buch erweckte. Ein leerstehendes Haus voller Geheimnisse, eine junge Frau, die um jeden Preis es erwerben will, ein Barpianist, der das Anwesen beobachtet und später am Leben der fremden Familie unbedingt teilnehmen will. Auch die täglich wachsenden Probleme in der Ehe der Winklers und Yvettes merkwürdige Freundschaft mit Melanie sind interessant.

Aber der Einstieg in die Handlung ist zäh, erschwert durch die detaillierten Beschreibungen der Protagonisten, deren Beziehung zueinander zuerst nicht ersichtlich ist. Die Spannung, die nach ungefähr einem Drittel aufgebaut wurde, flacht ständig ab. Dies ist unter anderen den vielen genauen Schilderungen der jeweiligen Schauplätze zu verdanken, die zwar bildhaft wirken, aber der spannenden, bedrohlichen Atmosphäre zu viel Platz nehmen. Auch der Schreibstil der Autorin hat mich nicht überzeugt; zu umständlich, zu langatmig, zu reserviert.

Nichtdestotrotz habe ich den Thriller mit großem Interesse gelesen, denn auf die Lösung des Rätsels war ich sehr gespannt. Zwar war einiges vorhersehbar, doch das Finale hat für manche Überraschungen gesorgt.

FAZIT: ein Psychothriller mit interessantem Handlungsplot, sorgfältig skizzierten Charakteren, wenig Spannung, jedoch lesenswert!

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Veröffentlicht am 23.07.2022

In der Geschichte versunken

Tiefes, dunkles Blau
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Nach der Trennung von Leo will Rosa Zambrano sich ihren lang ersehnten Kinderwunsch erfüllen. Deswegen vereinbart sie einen Termin bei Dr. Jansen in der Kinderwunschpraxis.
Einige Tage später entdeckt ...

Nach der Trennung von Leo will Rosa Zambrano sich ihren lang ersehnten Kinderwunsch erfüllen. Deswegen vereinbart sie einen Termin bei Dr. Jansen in der Kinderwunschpraxis.
Einige Tage später entdeckt ein Fischer eine Leiche in seinem Netz; es ist Dr. Jansen – ertrunken oder ermordet? Die Seepolizistin Rosa ermittelt in dem Fall an der Seite von Martin Weiss von der Kriminalpolizei Zürich.

„Es braucht erschreckend wenig, um jemanden umzubringen. Im Prinzip nur den unbedingten Willen, diese Grenze zu überschreiten, und die Bereitschaft, Gewalt anzuwenden.“ (Seiter 146)

„Tiefes, dunkles Blau“, der Debütroman von Seraina Kobler, ist ein außergewöhnlicher Krimi. Denn sein Thema sind nicht nur die Ermittlungen in einem Mordfall. Seraina Kobler befasst sich in dem Roman mit vielen anderen hochaktuellen Themen, die genauso wie das Verbrechen sehr spannend sind.
Genforschung ist wohl das wichtigste Thema, das im Roman ausführlich behandelt wurde. Denn sowohl das Opfer, wie auch die in den Fall verstrickte Frauen waren auf diesem Gebiet tätig. Gekonnt schildert die Autorin die Wege, Ziele und Probleme der Genforschung, erzählt über die Motivation, Beweggründe und unterschiedlichen Interessen der Forscher und beteiligten Unternehmer.
Das Buch ist auch eine Art Einladung nach Zürich zu reisen. So schön und liebevoll wie die Autorin über ihre Stadt schreibt, hätte ich am liebsten sofort die Koffer gepackt.
Sympathisch fand ich auch die Seepolizistin Rosa Zambrano, interessant die Geschichte ihrer verzwickten Familie.
Genossen habe ich den wunderschönen Schreibstil der Autorin. Die bildhafte Sprache mit vielen poetischen Ausdrücken hat bewirkt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Gerne würde ich die Fortsetzung der Reihe lesen.

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Veröffentlicht am 15.07.2022

Unterhaltsamer Krimi

Kalte Lügen
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Der Privatdetektiv Henry Marbach ist pleite; er kann weder seine Miete bezahlen noch die Kosten seiner Privatdetektei abdecken. Deswegen kommt ihm ein unerwarteter Auftrag einer hilflosen, verzweifelten ...

Der Privatdetektiv Henry Marbach ist pleite; er kann weder seine Miete bezahlen noch die Kosten seiner Privatdetektei abdecken. Deswegen kommt ihm ein unerwarteter Auftrag einer hilflosen, verzweifelten jungen Frau nur recht. Henry soll einen Winzer beschatten, der jedoch bald tot aufgefunden wurde. Da überall am Tatort Henrys Spuren zu finden sind, gerät dieser unter Verdacht und wurde polizeilich gesucht.

In dem Fall ermittelt auch die Privatdetektivin Susanne Grießbaum, von der Ehefrau des ermordeten Winzers beauftragt. Bei den Ermittlungen kreuzen sich immer wieder die Wege der beiden Detektive, was meistens nicht reibungslos verläuft.

„Kalte Lügen“ ist der erste Baden-Krimi von Julia Bernard mit zwei Privatermittlern Susanne Grießbaum und Henry Marbach. Beide Protagonisten könnten nicht unterschiedlicher sein. Henry ein Angeber, würde gerne auf großem Fuß leben, dabei fehlen ihm die Einkünfte, die diesen Lebensstil ermöglichen würden. Er liebt seinen Porsche und seine Heimatstadt Stuttgart. Die Badenerin Susanne dagegen genießt ihr Leben auf dem Land, kocht und backt gerne, kümmert sich um ihren Garten und ihre Ziegen. Man kann sich kaum eine Zusammenarbeit der beiden Ermittler vorstellen, vor allem aber auch, weil Susanne Henry des Verbrechens verdächtigt. Henrys Untertauchen und seine Versuche, dem Mörder auf die Schliche zu kommen, sind mehr als abenteuerlich. Auch Susanne gerät schnell ins Visier der örtlichen Polizei.

„Kalte Lügen“ ist ein spannender Krimi, mit liebevollen, verrückten Charakteren, mit einer oft verwirrender aber durchaus fesselnder Handlung und vielen humorvollen Szenen. Der Krimi lässt sich gut lesen, obwohl die Seiten des Buches dicht beschrieben und die Absätze nur selten zu finden sind. Die lebhafte Handlung und das hervorragend skizzierte Lokalkolorit überzeugen und sorgen für eine spannende Unterhaltung.
Auf die Fortsetzung der Reihe bin ich sehr gespannt.

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Veröffentlicht am 29.05.2022

Emotional und tiefsinnig

JAB
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„Das Leben ist so grausam. Und gerade, weil es so grausam ist, macht es ja Spaß“ –(191) sagt einer der Protagonisten aus der Kurzgeschichtensammlung „JAB“ von Un-su Kim.
Seine Aussage könnte das Motto ...

„Das Leben ist so grausam. Und gerade, weil es so grausam ist, macht es ja Spaß“ –(191) sagt einer der Protagonisten aus der Kurzgeschichtensammlung „JAB“ von Un-su Kim.
Seine Aussage könnte das Motto aller Geschichten in diesem Band sein. Denn in dem Buch erzählt der aus Korea stammende Autor Un-su Kim über Schicksalsschläge und Zufälle, die das Leben seiner Protagonisten beeinflussen.
Die Protagonisten der Erzählungen sind alle auf irgendeine Weise besonders. Es sind jedoch keine Helden, die man für ihre kühne Taten bewundern sollte. Ganz im Gegenteil; es sind meistens solche Charaktere, deren Handeln nicht immer nachvollziehbar erscheint. In der Titelgeschichte „JAB“ ist es ein Schüler, der von seinem Lehrer schikaniert wurde. Er versucht auf eigene Art und Weise mit den Ungerechtigkeiten in der Schule fertig zu werden und lernt sich dagegen zu wehren. In der anderen Geschichte erzählt der Autor über zwei Kriminelle, die in einen Tresorraum eingebrochen sind und dort eingesperrt wurden. Auch ein trockener Alkoholiker, der einen Neuanfang versucht und dann doch der Versuchung nicht widerstehen kann, bekommt seine Geschichte.

Es sind vorwiegend traurige Storys, schonungslos erzählt, ohne Happy End, manche von ihnen sind melancholisch, andere wiederum trostlos, sogar deprimierend. Auch wenn hier und da die bedrückte Stimmung mit einer Prise Humor aufgehellt wurde, hinterlassen diese Kurzgeschichten doch einen schalen Nachgeschmack.
Trotzdem sind alle Erzählungen interessant und lesenswert. Sie stellen realistische Bilder einer Gesellschaft dar; sprachliche Bilder, die provozieren, starke Emotionen wecken und nachdenklich stimmen.

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Veröffentlicht am 10.05.2022

Wenn die Liebe kompliziert wird

Die Paradiese von gestern
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Sommer 1990 in Frankreich. Der erste gemeinsamer Urlaub von Ella und René aus der damaligen DDR nach der Mauerfall. Und ein verlassenes Hotel in einem baufälligen Schloss, deren Herrin die Gräfin Charlotte ...

Sommer 1990 in Frankreich. Der erste gemeinsamer Urlaub von Ella und René aus der damaligen DDR nach der Mauerfall. Und ein verlassenes Hotel in einem baufälligen Schloss, deren Herrin die Gräfin Charlotte de Violet bereits eine endgültige Entscheidung getroffen hat. Ein Teil ihres Plans ist das exquisite Abendessen für die jungen Menschen, die auch die letzten Gäste des ehemaligen 5-Sterne-Hotels sind.

Das vornehme Diner vor der Kulisse des halb verfallenen Schlosses, bildhaft vom Autor beschrieben, erinnert stark an eine Theatervorstellung. Bei der Szene habe ich das Gefühl gehabt, dass der Vorhang gerade aufgegangen ist und ich kann das Ganze hautnah miterleben. Dieses Empfinden wurde noch von dem dramatischen Zwischenfall mit dem Erscheinen von Alain, dem Sohn der Gräfin, deutlich verstärkt.

Die Kulisse der Handlung verändert sich total, nachdem Alain und René gemeinsam nach Paris fahren. Der Autor präsentiert jetzt lautstarke Bilder der Weltmetropolie und ihrer schrillen Gesellschaft. Für René ist es eine völlig unbekannte neue Welt mit Erlebnissen, die seine Sicht auf viele Aspekte des Lebens verändern.

Auch Ella, die währenddessen ihre Zeit im Schloss verbringt und lange Gespräche mit dem Diener Vincent führt, bekommt einen anderen Blick auf ihr bisheriges Leben und ihre Beziehung mit René.

Erwähnenswert ist auf jeden Fall der Schreibstill des Autors, der mit seiner epischen Erzählweise wunderbar die jeweilige Atmosphäre vermitteln und ausdrucksstarke sprachliche Bilder erzeugen kann. Gut skizziert, obwohl etwas überspitzt dargestellt, sind auch die Protagonisten des Romans; ihre Schicksale interessant.

„Die Paradiese von gestern“ ist ein Roman voller filmreichen Ereignissen, starken Gefühlen und vielen Emotionen. Es geht hier um Liebe, Glück, Treue und Zusammenhalt. Und um das Leben selbst, das so oft weit von einem Paradies entfernt ist.

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