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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.12.2019

Ohne uns

Die Welt ohne uns
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Was wäre, wenn die Menschen von der Erde plötzlich verschwinden? Nicht durch einen Atomkrieg, sondern irgendetwas, das nur die Menschheit ausrottet, alles andere aber unberührt lässt. Der Journalist Alan ...

Was wäre, wenn die Menschen von der Erde plötzlich verschwinden? Nicht durch einen Atomkrieg, sondern irgendetwas, das nur die Menschheit ausrottet, alles andere aber unberührt lässt. Der Journalist Alan Weisman nimmt uns mit zu einem Gedankenexperiment, das weniger aufzeigt, wie sich die Natur wieder erholt, sondern eher, was die Menschen allein in den letzten hundert Jahren kaputtgemacht haben. Und dabei muss man im Hinterkopf behalten, dass er dieses Buch schon vor zwölf Jahren schrieb, 2007. Wir können also davon ausgehen, dass die Situation, gerade, was die Klimapolitik oder besser Klimakrise angeht, um einiges schlimmer geworden ist.

Weisman beleuchtet bei seinem Gedankenexperiment verschiedene Szenarien und Situationen. Die logischen kann sich jeder selbst denken: Der Strom fällt aus, sobald die Notstromaggregate erschöpft sind. Aber was alles an Strom hängt, ist schon fast unvorstellbar - Weisman zeigt ein erschreckendes Bild (könnte uns dann natürlich egal sein, wir sind ja nicht mehr da). Was passiert mit den über 400 Atommeilern auf der Welt? Den großen Schleusen und Kanälen? Den Brücken? Häuser werden einstürzen, klar, aber wird sich die Natur wirklich alles zurückholen? Kann sie das überhaupt? Wir haben mittlerweile so viele Giftstoffe in Boden, Meer und sogar Atmosphäre gepumpt, dass sich diese Frage wirklich stellt. Und das ist auch die große Stärke des Buches: Weniger aufzuzeigen, wie lange, falls überhaupt möglich, die Natur brauchen wird, um sich alles zurückzuholen, sondern eher, was wir schon alles teilweise unwiederbringlich zerstört haben. Erschreckend, aufwühlend, aufrüttelnd.

Veröffentlicht am 01.12.2019

Weil es so Tradition ist

Die Spiegelreisende 3 - Das Gedächtnis von Babel
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Etwas über 2,5 Jahre sind die Ereignisse auf Pol her und Ophelia musste auf ihre eigene Arche Anima zurückkehren. Sie versinkt in Trübsinn und tut wenig außer zu Hause bleiben und Thorn vermissen. Wenn ...

Etwas über 2,5 Jahre sind die Ereignisse auf Pol her und Ophelia musste auf ihre eigene Arche Anima zurückkehren. Sie versinkt in Trübsinn und tut wenig außer zu Hause bleiben und Thorn vermissen. Wenn sie wirklich mal draußen ist, wird sie gnadenlos von der Kundschafterin der Doyennen bespitzelt. Doch endlich wendet sich das Blatt, denn zuerst bekommt sie von ihrem Großonkel einen Hinweis, wo sie ihre Suche nach Gott (und damit quasi nach Thorn) fortsetzen kann und dann taucht überraschend Archibald auf, der ihr die Flucht von ihrer Arche ermöglicht. Sie begibt sich daraufhin nach Babel, der Arche mit dem Archiv. Doch das ist nicht das Einzige, was Babel ausmacht: Konformität und Disziplin werden großgeschrieben, und wenn sie ihr Ziel erreichen will, muss sie eine Ausbildung zur Informationssammlerin antreten und sich wieder einmal Gefahren stellen.

Ich bin hin- und hergerissen. Nachdem mich Band 1 mit einem angenehmen Schreibstil, aber einer etwas schwer in die Gänge kommenden Story und Logiklöchern neugierig machte, konnte mich Teil 2 schon mehr abholen und ich erwartete mit Spannung diesen Band. Doch hier zieht sich das erste Drittel schon mal ganz schön hin und einige Sachen passieren zu leicht und zu zufällig. Dann packt die Story wieder und nimmt schön bis zum Ende mit, nur um mit Lösungen aufzuwarten, die man im Allgemeinen als Isso bezeichnen könnte. Wenig Logik, friss oder stirb, ach frag nicht, so ist es halt. So was stört mich, das geht mir dann immer wieder im Kopf rum und macht mich irre. Von daher gibt's dieses Mal "nur" 3,5/5 Punkten und die Hoffnung, dass der Finalband mit besseren Lösungen und komplexeren Zusammenhängen nochmal alles erklären und überzeugen kann.

Veröffentlicht am 27.11.2019

Ein Junge verschwindet

Missing Boy
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Ted Conkaffey hat ein Problem: Als aus einem Hotel ein Junge verschwindet, wird er festgenommen und dort hingeschleppt, denn obwohl er mittlerweile nicht mehr verdächtig ist, ein Mädchen vergewaltigt zu ...

Ted Conkaffey hat ein Problem: Als aus einem Hotel ein Junge verschwindet, wird er festgenommen und dort hingeschleppt, denn obwohl er mittlerweile nicht mehr verdächtig ist, ein Mädchen vergewaltigt zu haben, sind viele Polizisten der Ansicht, es gäbe keinen Rauch ohne Feuer. Die Mutter des verschwundenen Kindes jedoch wendet sich hilfesuchend an ihn. Er und seine verrückte Partnerin Amanda sollen ihren Sohn suchen, der aus einem klassischen verschlossenen Raum verschwunden ist. Und dann gibt es da auch noch die Polizistin Joanna, die ihren eigenen Feldzug gegen Amanda betreibt ...

Um ehrlich zu sein, mochte ich Candice Fox' Hades-Trilogie nicht sonderlich, aber ich bin Fan der ersten Stunde von Ted und Amanda. Obwohl ich wirklich niemals in Australien in ein Verbrechen verwickelt werden möchte, denn die Polizisten sind scheinbar fast ausnahmslos minderbemittelt und/oder brutale Schläger. Aber ich mag die skurrilen Ermittler, deren Probleme nicht einfach mal 08/15 Frau weg, zu viele Überstunden oder sonstwas sind. Die hier könnten sich wirklich beschweren, tun es aber nicht, dafür einen verdammt guten Job. Rechnet man jetzt noch den eingängigen Schreibstil hinzu, das exotische Hinterland von Australien und die immer etwas anderen Fälle, ist es kein Wunder, dass ich mir eine Fortsetzung wünsche. Inhaltlich habe ich einen Kritikpunkt: dass der Täter zum Schluss tut, was er tut. Das war völlig unnötig, denn Ted war erstens raus aus der Ermittlung und zweitens fern jeglicher wirklicher Schlussfolgerungen, die er hätte beweisen können. Ansonsten wäre es mir noch lieb, wenn bei einem so hochpreisigen Buch auch das Lektorat hochqualitativ wäre, dem ist leider nicht so. Da muss sich Suhrkamp Kritik gefallen lassen und darf sich gern verbessern.

Veröffentlicht am 23.11.2019

Black Out

Draussen
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Cayenne und Joshua leben ihr ganzes Leben am Rande der Gesellschaft, wenn nicht sogar im Wald. Ihr Ziehvater Stephan besteht darauf, ebenso, sie auf Nahkampftechniken, Survival und andere Dinge zu trainieren. ...

Cayenne und Joshua leben ihr ganzes Leben am Rande der Gesellschaft, wenn nicht sogar im Wald. Ihr Ziehvater Stephan besteht darauf, ebenso, sie auf Nahkampftechniken, Survival und andere Dinge zu trainieren. Die siebzehnjährige Cayenne hält das mittlerweile für übertrieben und lehnt sich immer öfter gegen Stephan auf. Doch dass er Recht hat, merkt sie eines Tages, als sie von einem Mann angegriffen und fast getötet wird. Doch damit ist es nicht getan. Durch heftige Unwetter kommt es in Deutschland zu einem Black Out, einem flächendeckenden Stromausfall. Und jemand aus den höchsten Kreisen hat noch eine Rechnung mit Stephan und den Jugendlichen offen.

Zuerst das Positive: Es war gut geschrieben. Damit beginnen und enden die Vorteile des Buches. Hier wird sich unter anderem extrem fleißig aus der Klischeekiste des Supermarkts für 99 Cent bedient. Der verfettete Verschwörungstheoretiker, der seine Bude verkommen lässt. Die blonde Sekretärin aus dem Ministerium, die sich flachlegen lässt, und deren Namen der Antagonist gleich wieder vergisst. Ein Wurzelzwerg von Reichsbürger, der so weit vorbereitet ist, dass er alles außer einer Atombombe übersteht. Ein Asiate, meist stoisch und natürlich in Kampfkunst geschult und loyal bis zum Schluss. Bei den Auswirkungen des Black Outs hatte ich das Gefühl, das gleichnamige Buch von Elsberg nochmal zu lesen. Das wäre alles nicht so übel, wie es sich jetzt anhört, wenn wenigstens die Ausgangsbasis für die ganze Geschichte einen logischen Untergrund besäße. Mit ein bisschen Nachdenken wird jedoch klar, dass man sich schon hier in Treibsand befindet. Wer sollte den Aussagen von Stephan und den Kindern glauben? Genau. niemand. Zwischendurch kann man sich auch fragen, wie es der schurkische Schurke überhaupt innerhalb der wenigen Jahre geschafft hat, in eine so hohe Position zu steigen, wie er besetzt. Aber das ist dann bei all dem, worüber man sich so Gedanken macht, nur noch Nebensache und macht das Buch dann auch nicht besser oder schlechter.

Empfehlung: Klüpfel/Kobr, bleibt bei euren Leisten im Allgäu.

Veröffentlicht am 21.11.2019

Im Fegefeuer

Bedford Hope
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Zwanzig Jahre alt ist sie, als sie plötzlich an einem seltsam schmutzigen Ort erwacht. Das weiß sie noch. Doch ihr Name ist ihr entfallen und auch, wie sie hierhergekommen ist. Doch das ist noch nicht ...

Zwanzig Jahre alt ist sie, als sie plötzlich an einem seltsam schmutzigen Ort erwacht. Das weiß sie noch. Doch ihr Name ist ihr entfallen und auch, wie sie hierhergekommen ist. Doch das ist noch nicht das Schlimmste: Man verrät ihr, dass sie sich selbst umgebracht hat und sie daher nur die Wahl zwischen dem Vorhof der Hölle und der Hölle selbst hat. Würde sie sich für Ersteres entscheiden, müsse sie zukünftig als Dämon Hadriane Menschen dazu bringen, Böses zu tun. Das wiederum gestaltet sich recht einfach, denn die Auserwählten sind sowieso schon von Natur aus böse. Hadriane kämpft fortan gegen Schmutz in Bedford, ihrem Gewissen und den Mächten des Guten, die natürlich das Verführen von Leuten zu Schandtaten nicht wirklich cool finden. Sich dabei in einen Seraph zu verlieben, stand nicht auf dem Plan ...

Das ist mal eine originelle Lektüre, wie ich sie so noch nicht gelesen habe. Die Vorhölle beherbergt lauter skurrile Leute, angefangen von der rechten Hand des Teufels, einem fetten, undurchsichtigen Beamten (haben wir es nicht schon immer geahnt, dass diese die Schlimmsten sind?) bis hin zu gehörnten Dämonen und einem Halbkind, das sich zwischen Gut und Böse bewegt. Doch so wenig durchschaubar, wie das Personal des Teufels ist, gestaltet sich auch das Gottes. Eigentlich erwartet man von denen doch Güte und Verständnis, nicht Aktionen wie eine Terrorgruppe. Nein, hier ist nichts, wie es scheint, nicht einmal die Voraussetzung, wiie Hadriane überhaupt in dieser Umgebung landete. Kurzweilig, anders und Fragen aufwerfend und wenn man möchte, darf man sich gern auch in philosophische Gefilde vorwagen.