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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.11.2025

Grandios erzählte Geschichte

Mr. Saitos reisendes Kino
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In dieses Buch habe ich mich ab der ersten Seite verliebt, und meine Begeisterung hielt bis zum Ende auf Seite 541 an. Ich-Erzählerin Carmelita, genannt Lita, schildert das abenteuerliche Leben ...

In dieses Buch habe ich mich ab der ersten Seite verliebt, und meine Begeisterung hielt bis zum Ende auf Seite 541 an. Ich-Erzählerin Carmelita, genannt Lita, schildert das abenteuerliche Leben mit ihrer jungen, chaotischen, eigensinnigen Mutter, der genialen Schuhverkäuferin und leidenschaftlichen Tangotänzerin Fabiola, hinreißend altklug und mit trockenem Humor.

Aufgewachsen in einem Nonnenkloster in Buenos Aires verbringt Lita viel Zeit allein. Gegen die Einsamkeit erfindet sie einen Freund namens Ei, dem sie ihre zahlreichen Streiche in die Schuhe schiebt. Und sie bastelt Collagen aus Zeitschriften, um sich ein Bild von ihrem unbekannten Vater zu machen.

Als Mutter und Tochter Argentinien überstürzt verlassen müssen, ist Lita 10 Jahre alt. Sie landen auf der wenig einladenden Insel Upper Puffin Island vor der Küste Neufundlands und finden Unterkunft im Seemannsheim Bethlehem, einer Gemeinschaft kauziger, meist älterer Bewohner.

Dort freundet sich Lita mit der gleichaltrigen Oona McGregor an, sie ist die gehörlose Tochter der Besitzer des Seemannsheims. Die beiden Mädchen werden von Oonas Onkel unterrichtet, der eigentlich Tierarzt ist, aber mangels anderer Ärzte auf der Insel die Menschen gleich mitbehandelt. In diesem Stil bevölkern einige wunderbar originelle, meistens gutmütige, manchmal aber auch bösartige Charaktere den Roman.

Während Lita schnell auf Upper Puffin heimisch wird, wartet ihre Mutter auf die nächste Gelegenheit, um die sturmumtoste Insel mit ihren Holzschuh tragenden Bewohnern wieder verlassen zu können. Doch das ist gar nicht so einfach.

Und dann ist da noch Mr. Saito, der mit seinem Wanderkino Nachrichten und Filme zu den abgelegenen Orten vor der Küste bringt. Lange war er nicht mehr in Upper Puffin, und als er endlich auftaucht, beginnt für Lita und Oona eine Zeit der Wunder und Erkenntnisse.

Mein Fazit:

Die Atmosphäre des Romans ist sehr stimmungsvoll, die außergewöhnlichen Schauplätze projezieren lebendige, farbenprächtige Bilder vor das innere Auge. Die Figuren sind einfühlsam gezeichnet, die meisten haben spezielle Eigenarten. Mit ihren Ecken und Kanten wirken sie lebendig und liebenswert. Die Hauptthemen - die Suche nach Zugehörigkeit, Abschied und Neubeginn und der ständige Wandel im Lebensweg - werden sehr schön ausgearbeitet. Ich war beim Lesen öfter gerührt und habe die Protagonistinnen für ihren unerschütterlichen Optimismus bewundert.

Der Schreibstil ist flüssig und leicht lesbar, aber nicht seicht. An dieser Stelle möchte ich besonders die exzellente Übersetzung ins Deutsche von Dagmar Mißfeldt erwähnen. Ich habe das Buch in zwei Tagen durchgelesen und liege seitdem meinen Freundinnen damit in den Ohren, dass sie es unbedingt auch lesen müssen. Der große Seitenumfang täuscht, es ist kein Wälzer, an dem man lange nagt. Im Gegenteil, es geht viel zu schnell vorbei. Ganz besondere Leseempfehlung.




Veröffentlicht am 26.11.2025

Feines für den Plätzchenteller

1,2,3 – fertig ist die Weihnachtsbäckerei
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Feines für den Plätzchenteller
Dieses Backbuch bietet keine Rezepte mit Glimmer oder exotsichen Zutaten. Es setzt vielmehr auf unkomplizierte, schnell gebackene und bodenständige Kekse. Die natürlichen ...

Feines für den Plätzchenteller
Dieses Backbuch bietet keine Rezepte mit Glimmer oder exotsichen Zutaten. Es setzt vielmehr auf unkomplizierte, schnell gebackene und bodenständige Kekse. Die natürlichen Fotos unterstreichen diesem sympathischen Eindruck.

Nach einer kurzen Einführung ins Plätzchenbacken folgen 46 Rezepte in den Kategoriene „Taler, Schnecken und Stangen“, „Bällchen, Busserl und Cookies“ und „Schnitten, Rauten und Ecken“. Darunter sind Klassiker wie Heidesand und Husarenbusserl, aber auch nicht so bekannte Sorten wie „Biscotti al Limone“ und „Mohnküsschen“.

Die Anleitungen sind für etwas geübte Bäckerinnen gut verständlich, und die Zutatenlisten sind überschaubar. Vor allem sind die Zutaten überall erhältlich, so dass dem Backspass nichts mehr im Weg steht.

Ich habe die Rumrosinen Cookies und die Biscotti als Limone schon ausprobiert, beide Sorten sind gut gelungen und schmecken lecker.

Insgesamt ist es ein solides, schön gestaltetes Backbuch, das meine Rezeptsammlung bereichert.

Veröffentlicht am 16.11.2025

Schnell und unkompliziert kochen

Hensslers Schnelle Nummer - morgens, mittags, abends
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Von Steffen Henssler habe ich bereits das Kochbuch "Hundert Klassiker. Lieblingsrezepte einfach gemacht", das ich gern nutze. Nun war ich gespannt, welche neuen Gerichte er unter dem Motto "Hensslers ...

Von Steffen Henssler habe ich bereits das Kochbuch "Hundert Klassiker. Lieblingsrezepte einfach gemacht", das ich gern nutze. Nun war ich gespannt, welche neuen Gerichte er unter dem Motto "Hensslers schnelle Nummer. Morgens - Mittags - Abends" präsentiert. Es handelt sich um eine breit gefächerte Auswahl aus den Kategorien Kartoffelgerichte, Fisch und Meeresfrüchte, Fleisch, Gemüse, Pasta, Salate und Desserts. Laut Autor benötigt man höchstens 25 Minuten für die Zubereitung, so dass man sie problemlos auch in einen eng getakteten Alltag einplanen kann.

Das Buch ist mit seinem klaren Design sehr schön gestaltet. Die Zutatenlisten sind überschaubar und nicht allzu exotisch, die Anleitungen sind gut verständlich und die Fotos sehr ansprechend.

Zweifel habe ich, ob alle Rezepte in 25 Minuten umsetzbar sind, das dürfte unerfahrenen Köchen kaum gelingen. Auch die große Anzahl an Fleischgerichten entspricht nicht ganz meinem Geschmack. Und bei einigen Rezepten ist das Wort "neu" schlicht und einfach nicht zutreffend.

Insgesamt ist es dennoch ein gelungenes Kochbuch, das vor allem für Anfänger am Herd, die wenig Zeit haben, schnelle unkomplizierte Rezepte bereit hält.

Veröffentlicht am 16.11.2025

Walisisches Flair

Wilder Honig
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Hannah hat ihre Jugendliebe John geheiratet und ist mit ihm in ihrem Elternhaus wohnen geblieben, weil er als Schriftsteller kein geregeltes Einkommen hat. Ihre Ehe ist nach einigen Fehlgeburten ...

Hannah hat ihre Jugendliebe John geheiratet und ist mit ihm in ihrem Elternhaus wohnen geblieben, weil er als Schriftsteller kein geregeltes Einkommen hat. Ihre Ehe ist nach einigen Fehlgeburten kinderlos geblieben. Erst nach seinem Tod erfährt sie aus dem Testament, dass er eine nichteheliche Tochter von Anfang Zwanzig hat. John hat seiner Frau elf Briefe hinterlassen, in denen er vom Leben der Bienen erzählt, und was er von ihnen gelernt hat.


Hannahs jüngere Schwester Sadie zieht aus der Stadt zu ihr, um ihr in der Trauerzeit beizustehen. Doch die Schwestern sind sich fremd geworden. Hannah möchte Johns Tochter sehen. Als Megan tatsächlich ankommt, verhindert anhaltender Schneefall ihre Abreise. Die drei Frauen müssen sich miteinander und mit ihren Lebensgeschichten auseinandersetzen. Und dann ist da noch Jack, der sich um Johns verwaiste Bienenstöcke kümmert…

Die Geschichte spielt in einem kleinen Dorf in Wales. Schauplatz sind Hannahs und Sadies Elternhaus sowie der dazugehörige Obstgarten, der schon lange nicht mehr gepflegt wird und in dem die Bienenstöcke stehen.

Ich habe zu dem Buch eine zweigeteilte Meinung. Auf der einen Seite sind da die intensiven Bilder und die liebevoll beschriebene Atmosphäre in dem Garten. Ich konnte mich richtig hinein fühlen, die Bienen summen und die Vögel zwitschern hören. Durch Johns Briefe habe ich das Leben der Bienen im Jahreslauf zudem sehr nah erlebt und viel darüber gelernt.

Im Gegensatz dazu konnte ich mir von den Protagonisten absolut kein Bild machen. Ihr Äußeres und ihre Charaktere blieben farblos. Ihre Tätigkeiten und Gedanken wirkten auf mich eher wie Regieanweisungen. Es fehlte das Lebendige, das mich mitfühlen lässt. So waren sie mir leider bis zum Schluß gleichgültig.

Vielleicht war es ja auch die Absicht der Autorin, die Natur in den Mittelpunkt zu stellen und die Menschen daneben verblassen zu lassen?

Der eingängige Sprachstil ließ sich leicht lesen, manchmal haben mich die melodramatischen Einschübe gestört, weil sie nicht so recht zu dem sonst nüchternen Sprachstil passen wollten. Auch ist bei den scheinbar unvermeidlichen Zeitsprüngen nicht immer klar, um wen es gerade geht.

Während sich die Handlung im Großteil des Buches langsam entwickelt, wird das Ende für meinen Geschmack zu schnell und zu glatt abgehandelt.

Insgesamt war es für mich eine unterhaltsame Lektüre, bei der ich einiges über Bienen und Apfelbäume gelernt habe.

Veröffentlicht am 06.10.2025

Familienbande

Schwiegermutter
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Asa ist Mitte fünzig und arbeitet als selbstständige Kommunikationsberaterin. Ihren erwachsenen Sohn Andreas hat sie allein groß gezogen, nachdem der Vater die beiden verlassen und eine neue Familie gegründet ...

Asa ist Mitte fünzig und arbeitet als selbstständige Kommunikationsberaterin. Ihren erwachsenen Sohn Andreas hat sie allein groß gezogen, nachdem der Vater die beiden verlassen und eine neue Familie gegründet hat. Ihr Sohn ist Asas Lebensmittelpunkt, sie sucht ständig seine Nähe. Andreas‘ Freundin Josefin geht dagegen von Anfang an auf Distanz zur “Schwiegermutter“. Als die beiden vorübergehend keine Wohnung haben, ziehen sie zu Asa. Deren übergriffiges Verhalten belastet immer mehr das Verhältnis zwischen ihr und ihrem Sohn. Auch nachdem das junge Paar selbst ein Kind hat, hört Asa nicht damit auf, sich aufzudrängen und einzumischen. Josefin reagiert darauf mit unbändiger Wut, sie bringt Andreas dazu, den Kontakt mit seiner Mutter abzubrechen. Asa leidet. Auch Andreas geht es nicht gut mit der Situation, und mit Josefin kommt es immer häufiger zum Streit. Ist dieser Knoten aus Schuldzuweisungen, Schuldgefühlen und Abhängigkeiten noch aufzulösen?

In ihrem emotionalen Roman „Schwiegermutter“ beschreibt die schwedische Autorin Moa Herngren gekonnt familiäre Konfliktfelder. Die Balance zwìschen Nähe und Distanz ist wohl eine der schwierigsten Übungen für Eltern und Kinder. Hier misslingt sie völlig. Auf der einen Seite steht der abwesende Vater, ihm gegenüber die distanzlose Mutter. Der Sohn versucht, sich mit Kontaktabbruch vor der Mutter zu schützen und gleichzeitig mit seinem Vater eine Beziehung aufzubauen. Die Gefühle und Motive der Protagonisten sind gut nachvollziehbar, wobei ich keinen sonderlich sympathisch fand. Mein Mitgefühl hat während des Lesens mehrmals die Seite gewechselt, das hat die Autorin gut eingefädelt.

Ich habe das spannende Buch sehr schnell durchgelesen, habe auf das Ende hingefiebert. Damit war ich nicht ganz zufrieden. Insgesamt war es ein intensives Leseerlebnis, über das ich noch länger nachgedacht habe.