Märchen neu erzählt. Für Märchenliebhaber ein Muss.
NarbenkönigEine nebelverhangene Burg, ein mysteriöser Todesfall und ein geheimnisvoll entstellter König trifft auf eine widerspenstige und hartnäckige Prinzessin...
Prinzessin Lilliana muss mit Entsetzen feststellen, ...
Eine nebelverhangene Burg, ein mysteriöser Todesfall und ein geheimnisvoll entstellter König trifft auf eine widerspenstige und hartnäckige Prinzessin...
Prinzessin Lilliana muss mit Entsetzen feststellen, dass ihr Vater König Jaromir von Aurenbrunn sie tatsächlich mit irgendeinem dahergelaufenen Kronprinzen oder, vielleicht schlimmer noch, einen tattergreisigen König vermählen will, sollte sie sich nicht fügen. Voller Wut über diese Anmaßung, schließlich will sie ja gar nicht heiraten, verprellt die Prinzessin ihre "Ehemänner in Spe".
Im darauffolgenden Streit mit ihrem Vater und in ihrer Not, eröffnet Lilliana ihm, lieber das narbengesichtige Ungetüm sowie Brudermörder, auch wenn es angeblich reine Notwehr war, König Amon von Grauemfall zu heiraten, als einen von diesen Gockeln, die nur hinter dem Ansehen und Geld ihres Vaters her sind. In der Hoffnung, dass ihr Vater sie niemals an dieses "Monster" verheiraten würde, wähnt sie sich in Sicherheit. Doch es kommt anders als Lilli erdacht und so wird sie von ihrem Vater, nachdem er scheinbar alles mit König Amon geklärt hat, zur Burg Grauemfall geschickt um ihren zukünftigen Ehemann kennenzulernen.
Der König ging davon aus, dass keine Prinzessin, die bei Verstand war, den entstellten König von Grauemfall heiraten würde und deshalb würde er wiederkommen und seine Tochter zurückholen.
Lilli ist fassungslos, aber ihr bleibt nichts anders übrig, als dem Befehl ihres Vaters Folge zu leisten. Insgeheim schmiedet sie aber Pläne, wie sie aus dieser misslichen Lage entkommen kann. Kaum auf der Burg des besagten Königs angekommen, scheint dieser aber keine Absicht zu haben Lilli in irgendeiner Weise zu begrüßen oder geschweige denn mit ihr sprechen zu wollen. Lilli ist erbost über diese Dreistigkeit lässt sich aber ob der Beleidigung und Zurückweisung nichts anmerken und verfolgt weiter ihren Plan so schnell wie möglich wieder nach Hause zu kommen.
„Lilliana, ihr habt einen Streit mit Eurem Vater und es ist eindeutig, dass Ihr mit Eurem Auszug aus dem elterlichen Schloss eine Rebellion anzetteln wollt, wofür ihr mich benutzt.“
Doch umso länger sie auf dieser Burg bleibt, umso mysteriöser erscheinen die Geschehnisse. Immer mehr verliert ihr Plan zurück nach Hause zu kommen an Bedeutungslosigkeit, vielmehr will sie verstehen was hier vor sich geht.
Lilli kam einen Schritt näher. „Darf ich Euch etwas fragen?“
Amon senkte das Buch und sah auf. „Ihr gebt ja doch keine Ruhe. Dann fragt eben.“
„Schützt Ihr Euer Gesicht im Schlaf, weil Ihr Angst habt, Euer Bruder könnte zurückkommen?“
Warum erscheint ihr Amon nicht so grausam entstellt? Warum sieht sie ihn anders, als alle um ihn herum?
„Obwohl Amon sich nur gewehrt hatte, hat er es nie überwunden, seinen Bruder getötet zu haben … Man sagte Amon nach, mit bösen Geistern im Bunde zu sein, da er gegen jede Logik überlebt hatte. Manche sagten, dass er ein dunkles Herz hätte und das Schicksal ihn durch die Hand seines Bruders bestraft hätte … Aber ich, Prinzessin, ich sah etwas anderes. Ich sah einen jungen Mann, der unter der Maske eines Monsters verschwunden war.“
Aber was für Lilli immer mehr zu zentralen Bedeutung wird, kann Amon zulassen ihr Vertrauter und Freund zu werden, trotz all seiner Narben, die er mit sich herumträgt?
Letztendlich müssen beide auf grausame Weise erfahren wer Freund und wer Feind ist.
Eindrücke
Dieses durch Zufall entdeckte Buch gehört zu den „Neuen Märchen“, das heißt es ist keine wiederholte Ausgabe eines altbekannten Märchens, sondern ein eigenständiges neues Werk. Obwohl es an manchen Stellen natürlich gewisse Parallelen aufweist, die aber für mich auch einfach klassisch zu einem Märchen gehören. Und als Märchenliebhaber konnte ich selbstverständlich nicht daran vorbeigehen.
Ganz althergebracht werden hier alle charakteristischen Personen eingebaut die eine Märchenerzählung, meiner Meinung nach, haben muss. Die Autorin bedient sich an diesen klischeehaften Charakterzügen, gibt ihnen aber modernere Züge, oder entstaubt sie einfach und haucht ihnen Leben ein.
So ist die Prinzessin nicht zwangsläufig einfach nur verwöhnt, kratzbürstig und eigensinnig und schon gar nicht sieht sie ihr Heil in einer Hochzeit, sondern will einfach nur ihren eigenen Weg bestreiten und nicht als handelsübliche Ware an den meistbietenden Kunden verkauft werden. Das macht sie ja nicht weniger sympathisch, sondern eher nahbar und verständlich. Auch heute noch denken Menschen, dass eine Frau bzw. ein Mädchen anstrengend und furchtbar ist, wenn sie offen ihre Meinung kundtut.
Wir haben immer noch viel zu viele starre und engstirnige Ansichten, sicherlich eben auch bedingt durch Erzählungen und Geschichtensammlungen alter Zeiten in unseren Köpfen, die vielleicht auch mit diesen neuen Märchen etwas entstaubt werden.
Und letztendlich ist es ja überhaupt nicht schlimm, dass die stolze Prinzessin ihre Pläne umwirft und doch die Liebe findet und heiratet, wichtig ist doch, dass sie selbst entschieden hat welchen Weg und vor allem mit wem sie ihn geht. Im Laufe der Geschichte erkennt sie, auch mit Hilfe von getreuen Untergebenen, dass sie nicht immer mit dem Kopf durch die Wand muss um etwas zu erreichen. Sie entwächst nach und nach ihren „Kinderschuhen“, so, dass sie immer mehr über ihr Handeln nachdenkt, bevor sie zur Tat greift.
Aber auch der Prinz, in diesem Fall schon ein jung gekrönter König, wird von der Autorin wunderbar in seinem verletzlichen Wesen gezeichnet, er ist nicht mehr nur eine Randfigur, wie in so vielen Märchen, der die Prinzessin erretten muss. Er hat tatsächliche Gefühle und Leben in sich. Und zur Abwechslung ist es genau die liebenswert „nervige“ Art der Prinzessin die ihn aus seiner Lethargie reißt und er lernt das das Leben vielleicht doch lebenswert ist.
Beide lernen Vertrauen zu geben, aber auch anzunehmen. Aber bis es soweit ist müssen noch so einige Hindernisse und Geheimnisse gelüftet werden, die sicherlich in gewissen Maßen vorhersehbar waren, aber nichts desto trotz sehr gut und spannend verpackt waren.
Besonders gefallen haben mir, neben dem zarten Anbandeln der Protagonisten und den wunderschönen intimen und vor funkensprühenden Dialogen, die eingebauten geheimnisvollen und dadurch sehr schaurigen Momente, die dem Ganzen eine mystische Note gegeben haben.
Fazit
Kurzum wurde hier eine wunderschöne Geschichte mit zauberhaften und lebensnahen Charakteren erschaffen, welche ich mir auch gut verfilmt vorstellen kann. Einige Parallelen von “König Drosselbart“ wurden hier aufgegriffen und in neuem und frischem Gewand vereint, dazu mit einigen schaurigen Momenten verwoben, wodurch es zu einem reinen Lesevergnügen wurde.