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Veröffentlicht am 28.02.2025

Grandioses Setting, jedoch zu verworren.

Der letzte Mord am Ende der Welt
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Eine abgeschiedene Insel am Ende der Welt, in gar nicht allzuferner Zukunft. Ein tödlicher Nebel, der alles Leben auf der Erde ausgelöscht hat. Bis auf die Bewohner*innen dieser Insel. Ein ausgeklügeltes ...

Eine abgeschiedene Insel am Ende der Welt, in gar nicht allzuferner Zukunft. Ein tödlicher Nebel, der alles Leben auf der Erde ausgelöscht hat. Bis auf die Bewohner*innen dieser Insel. Ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem sorgt dafür, dass der Nebel nicht in die Atmosphäre eindringen kann. Bis zum Mord an der dafür verantwortlichen Wissenschaftlerin. Denn mit Niema fällt auch die Barriere und in 107 Stunden erreicht der Nebel die Insel...

Dies war mein erster Buch von Stuart Turton und ich muss sagen, dass mir seine Art, Geschichten zu erzählen, grundsätzlich sehr zusagt. Er hat sich für diesen dystopischen Krimi ein überaus spannendes Setting ausgedacht, das mich auf Anhieb angesprochen hat. Mich faszinieren geschlossene Gesellschaftsordnungen, die "sich selbst überlassen" sind und deren Gruppendynamiken sehr. Auch hier gibt es die Wissenschaftler, die sogannten "Ältesten" und die Dorfbewohner, die die alltäglichen Verrichtungen erledigen. Nach und nach wird deutlich, was die Ältesten von den Dorfbewohnern unterscheidet, warum der schöne Schein trügt und die Handlung wird schnell ziemlich düster. Und ganz schön verworren.

Ich gebe zu, dass mich die wilde Story gerade im Mittelteil das ein oder andere Mal ein wenig verloren hat. Es war mir mit der Zeit einfach zu viel. Ein ums andere Mal werden Theorien aufgestellt, Schauplätze gewechselt und Verdächtige und Tatwaffen umgeworfen. Ja, das gehört zu einem Krimi dazu, klar. Mir geht es hier jedoch um die Geschwindigkeit der "fliegenden Wechsel". Das könnte natürlich auch daran liegen, dass ich das Buch als Hörbuch gehört habe und mir die Sprecherin leider zugesagt hat ("weinerlich" ist meiner Meinung nach keine gute Stimmvariation).

Die klug eingebaute Gesellschaftskritik und das dystopische Setting konnten mich überzeugen, die Handlung an sich und die Charakterzeichnungen blieben für mich zu verworren und zu oberflächlich. Das Ende hingegen hat mich wieder sehr versöhnt. Insgesamt ein spannender Krimi in einer ungewöhnlichen Welt, der mir im Gedächtnis bleiben wird.

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Veröffentlicht am 26.02.2025

Konnte mich nicht berühren...

Hey guten Morgen, wie geht es dir?
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Wie sehr ich dieses Buch einfach mögen wollte! Das Thema ist unglaublich spannend - ältere Frau, wird nicht gesehen, verschwindet im grauen Alltag, ihr Partner ist lebensbedrohlich erkrankt und dann noch ...

Wie sehr ich dieses Buch einfach mögen wollte! Das Thema ist unglaublich spannend - ältere Frau, wird nicht gesehen, verschwindet im grauen Alltag, ihr Partner ist lebensbedrohlich erkrankt und dann noch das Thema Lovescamming - das ist so eine spannende Vorlage. Als das Buch den Deutschen Buchpreis gewann, war ich noch interessierter an der Lektüre und freut mich sehr für Martina Hefter.

Doch leider konnte der Roman meine Erwartungen nicht erfüllen und lässt mich darüber hinaus ziemlich ratlos zurück. Kluge Gedanken treffen auf unendlich zähe Passagen und so ganz weiß ich immer noch nicht, was mir Frau Hefter am Ende eigentlich sagen wollte. Ich habe mir mehr Tiefe erwartet, mehr Einblick in das Innenleben dieser Frau, die sich zerreißt, um sich selbst nicht zu verlieren in ihren verschiedenen Rollen. Um sich selbst nicht zu verlieren in all der Care-Arbeit und Sorge. Mir war Juno zu blass, zu ungreifbar, zu sprunghaft. Auch das Scamming wurde mir zu ungenau ausgebaut, die Botschaft dahinter nicht klar fassbar.

Hätte groß werden können mit Themen wie Einsamkeit, Krankheit &Pflege. Leider verwirrend, ohne roten Faden und Tiefe. Hat mich leider nicht berührt.

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Veröffentlicht am 19.02.2025

Absolut bezaubernd.

Für Polina
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Dieses Buch brachte etwas in mir zum Klingen, genauso wie die Kompositionen von Hannes Prager die Hörer*innen im Roman bewegte. Ich bin tief beeindruckt von dieser Gefühlswucht.

Hannes Prager ist ein ...

Dieses Buch brachte etwas in mir zum Klingen, genauso wie die Kompositionen von Hannes Prager die Hörer*innen im Roman bewegte. Ich bin tief beeindruckt von dieser Gefühlswucht.

Hannes Prager ist ein Wunderkind. Genauso wundersam wie sein Leben beginnt, mit der frechen und lebenslustigen Fritzi und einem Unbekannten in Italien, so geht es auch weiter. Ein Moor, eine verwunschene Villa, ein Klavier und ein besonderes Talent. Doch Hannes Begabung macht ihn auch unnahbar und verschlossen, er nimmt seine Umwelt anders wahr, in Tönen und Melodien. Einzig seine beste Freundin Polina versteht ihn und liebt ihn, schon immer. Es folgen Jahre des Glücks, eine Kindheit mit Pflaumenmarmelade, Sommerlicht und Wärme. Bis Hannes durch einen schrecklichen Unfall alles verliert, was er liebt. Fortan taumelt er durchs Leben, auf der Suche nach Polina, nach seiner Musik und nach sich selbst.

Takis Würger ist für mich schon seit seinem Debütroman ein absoluter Ausnahme-Autor. Wie er über zwischenmenschliche Beziehungen schreibt, wie er Begegnungen verknüpft und aus scheinbarer Zufälligkeit Schicksal webt, hat mich schon immer berührt. Sein Schreibstil hat etwas altmodisches, märchenhaftes und entwickelt einen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Würgers Romane sind kurz und dicht, weil zwischen den Zeilen so viel schwingt.

"Für Polina" ist meiner Meinung nach Takis Würgers bester Roman. Mich hat diese furchtbar traurige und dennoch so hoffnungsvolle Liebesgeschichte tief berührt. Es geht um Freundschaft und Liebe, um Sehnsucht und Zusammensein, um Talent und die dunklen Seiten der Einsamkeit. Dieser Roman feiert das Leben und die Hoffnung. Absolut tröstend in diesen Zeiten.

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Veröffentlicht am 18.02.2025

Wie kann man Margo nicht lieben?!

Only Margo
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Wie schon bei Rufi Thorpes Debüt "Ein Sommer in Corona del Mar" verleitet auch "Only Margo" beim ersten Blick auf Plot und Cover zu völlig falschen Erwartungen. Rosa und pink plus naives College-Mädche, ...

Wie schon bei Rufi Thorpes Debüt "Ein Sommer in Corona del Mar" verleitet auch "Only Margo" beim ersten Blick auf Plot und Cover zu völlig falschen Erwartungen. Rosa und pink plus naives College-Mädche, das auf verheirateten Professor reinfällt und schwanger wird, hm.

Aber Rufi Thorpe wäre nicht Rufi Thorpe, wenn sie uns die Geschichte nicht mit absolut fantastischen Wendungen um die Ohren hauen würde. Aber sowas von! Bin ich dem Anfangsgeplänkel zwischen Margo und ihrem Professor noch augenrollend gefolgt, so habe ich mich im Verlauf der Geschichte absolut in Margo verliebt. Hals über Kopf. Was für eine umwerfende Figurenentwicklung, was für ein kluger Plot! Ich bin wirklich hin und weg.

Dabei sind die Themen, die die Autorin anspricht, alles andere als leichte Kost. Margos Kindheit und Jugend war dominiert von einer psychisch labilen Mutter und einem abwesenden Vater, der als ehemaliger Wrestling-Star langsam in die Drogenabhängigkeit rutschte. Und nun ist da also ein Baby von einem kompletten Vollidioten. Rufi Thorpe zeigt inkompetente soziale Helfersysteme auf und kritisiert eine Gesellschaft, die (jungen) Müttern permanent Steine in den Weg legt; seien es fehlende Kita-Plätze oder unflexible Arbeitszeiten. Margos einziger Ausweg, um Baby Bhodi versorgen und dennoch arbeiten zu können, ist ein OnlyFans-Account. Doch damit fangen ihre Probleme eigentlich erst an...

Margo hängt plötzlich irgendwo zwischen einem unkontrollierbaren Social-Media-Strudel, einem Sorgerechts-Streit und erfährt Unterstützung und Freundschaft aus komplett unerwarteten Richtungen. Ihre Entwicklung dabei zu verfolgen macht einfach nur gute Laune. Margo wirkt in vielen Dingen absolut pragmatisch und trocken. Nie würde sie 15 Dollar zahlen, um einen nackten Mann zu sehen, da investiert sie lieber in gute Sandwiches. Herrlich! Und gleichzeitig ist sie verdammt smart und taff. Sie weiß genau, wo sich ein Kampf lohnt und wo Köpfchen und Taktik gefragt sind und hat dabei einen beeindruckenden moralischen Kompass.
Wie sie mit ihren Eltern, vor allem mit ihrer Mutter, umgeht. Wie sie das Jugendamt stellt. Und am Ende immer mehr zu sich selbst findet.

"Only Margo" ist ein Roman, der sich eingebrannt hat, der Spuren hinterlässt. Auf Rufi Thorpe ist einfach Verlass. Große große Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 18.02.2025

Historisch hochinteressant, aber sperriger Stil.

La Louisiane
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Julia Malye greift in "La Louisiane" ein dunkles Kapitel der französischen Kolonialgeschichte in Nordamerika auf. Zwischen 1720 und 1730 wurden gebärfähige Frauen aus Frankreich in die neue Kolonie "zwangsimportiert", ...

Julia Malye greift in "La Louisiane" ein dunkles Kapitel der französischen Kolonialgeschichte in Nordamerika auf. Zwischen 1720 und 1730 wurden gebärfähige Frauen aus Frankreich in die neue Kolonie "zwangsimportiert", weil es dort an gesundem Nachwuchs mangelte. Die Frauen kamen aus der Salpetrière in Paris, einer Stadt innerhalb der Stadt mit einem Waisenhaus, einem Gefängnis und einer psychiatrischen Anstalt. Dort landeten zu der Zeit Frauen, die scheinbar nicht in die Gesellschaft passten. Entweder weil sie angeblich "geisteskrank" oder "hysterisch" waren, als Engelmacherin anderen Frauen halfen oder lesbisch waren.

Der Roman begleitet vier Frauen auf dem Weg aus der Salpetrière in Richtung "Freiheit". Nach einer beschwerlichen Überfahrt erweist sich ihr oft einziger Weg zurück in die "Gesellschaftsfähigkeit" als Sackgasse, denn Louisiane ist mehr Sumpfgebiet als fruchtbares Land und die Männer dort sind, nunja, eben Männer. Untreue, häusliche Gewalt und Missbrauch prägen fortan den Alltag von Charlotte, Étiennette, Pétronille und Geneviève. Sie erleben aber auch Freundschaft, Zusammenhalt und Liebe untereinander.

Mich hat der Roman trotz seiner starken Bilder und der starken Charaktere leider nicht komplett erreicht. Bemerkenswert ist, wie intensiv sich Julia Malye mit diesem dunklen Kapitel der französischen Geschichte befasst und sehr genau recherchiert hat. Mit ihrem Roman hat sie ein komplexes Sittengemälde der damaligen Zeit geschaffen, das vielen Perspektiven Raum gibt und einem dunklen historischen Kapitel mehr Sichtbarkeit verschafft.

Dennoch blieben mir die vier Frauen über die gesamte Handlung hinweg seltsam fremd und unnahbar. Dies liegt auch an dem abgehackten Schreibstil, mit dem ich einfach nicht warm wurde. Zwischen den oft sehr detailreichen Szenen stockten die Übergänge und wirkten seltsam hölzern. Ich konnte nicht immer folgen und musste einiges doppelt lesen, um Zusammenhänge zu verstehen. Das machte das Leseerlebnis eher mühsam.

Für historisch begeisterte Leser*innen, die über die eine oder andere Holprigkeit hinwegsehen können, ist dieser Roman sicherlich absolut lesenswert.

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