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Veröffentlicht am 15.04.2023

Was Aufmerksamkeit, Empathie und Liebe nicht alles bewirken können …

Die Kinder von Schönbrunn (Die Schönbrunn-Saga 2)
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„Wer Mist baut, muss dafür die Konsequenzen tragen.“ (S. 316)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Die junge Mutter Greta lernt durch Zufall die lebenslustige Melanie kennen und stolpert durch sie in die Ausbildung ...

„Wer Mist baut, muss dafür die Konsequenzen tragen.“ (S. 316)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Die junge Mutter Greta lernt durch Zufall die lebenslustige Melanie kennen und stolpert durch sie in die Ausbildung als Erzieherin im Schloss Schönbrunn. Dort trifft sie auf den Leiter Michael Brenner, der mehr in ihr auslöst, als sie sich als Witwe zunächst eingestehen will, da ihr Ehemann Gustav seit dem Ersten Weltkrieg als verschollen gilt. Neben diesem schwierigen Gefühlschaos wird sie auch noch mit dem veralteten pädagogischen Stil konfrontiert, der im Kinderheim in der Praxis umgesetzt wird und mit den neuen theoretischen Lehren der Ausbildung wenig zu tun hat. Ob Greta die Chancen in beruflicher und privater Hinsicht nutzen kann, um den Weg aus der Trauer um ihren verschollenen Mann heraus in ein glückliches und erfülltes Leben zu finden?

Fazit
Das Cover ist eindrücklich, hoffnungsvoll und spiegelt für mich eine wichtige Botschaft des Buches wieder: wie wichtig vermeintlich einfache Dinge wie zuhören, ernst nehmen, emphatisch sein und Liebe entgegenbringen jedem Menschen, aber besonders Kindern gegenüber, sind und was diese bewirken können. Der Schreibstil ist recht schnörkellos gehalten und lässt sich zügig lesen. Die Charaktere zeigen sich alle sehr authentisch: die unsichere und zurückgezogene Greta, die in ihrer Trauer um ihren verschollenen Ehemann Gustav gefangen ist und erst nach und nach ganz langsam aufblüht; ihre Tochter Gisi, der kleine Wirbelwind und Sonnenschein; die sympathische Melanie, deren Lebensfreude auf Greta überspringt; die Jungen Emil und Ferdl aus dem Kinderheim, beide mit verletzten Seelen durch tragische Schicksale, vorsichtig, unsicher und auf der Suche nach Hoffnung, Liebe und Beständigkeit in ihrem jungen Leben; und Michael Brenner, der einfühlsame und charmante Pädagoge und Sozialdemokrat. Die Handlung thematisiert viele wichtige zeitgenössische Probleme in der Gesellschaft nach dem Ersten Weltkrieg: Armut, Hunger, familiäre Verluste, Verkrüppelte, Hinterbliebene, Waisen, Witwen – nur um einige Stichworte zu nennen. Gleichzeitig kommen aber auch die Umbrüche zum Tragen, sowohl in der Politik nach der Abschaffung der Monarchie als auch in der Pädagogik, mit der man versuchen möchte, die Kinder zu demokratisch denkenden Menschen zu erziehen, in der Hoffnung, einen weiteren Weltkrieg zu verhindern – was zwar ein toller Ansatz ist, aber leider nicht funktioniert hat wie wir wissen. Dadurch, dass die Handlung sowohl aus Gretas als auch aus Emils Perspektive beschrieben wird, kommt man beiden Schicksalen emotional sehr nahe.
Ich persönlich war etwas enttäuscht, dass das Buch vom Umfang her so kurz gehalten ist. Denn es bietet so viel Potenzial, so viele interessante Themen und Gedankengänge, über die ich mich gefreut hätte, noch ausführlicher zu erfahren. So bleiben am Ende doch einige Handlungsstränge nur angedeutet und bestimmte Aspekte nur oberflächlich angekratzt. Aber wer weiß, vielleicht gibt es aus der Schönbrunn-Reihe der Autorin noch eine Fortsetzung, die die Geschichte rund um Greta weiterführt.

Empfehlung
Die Kinder von Schönbrunn eignet sich für jeden, der zwar an ernsten Themen rund um die Gesellschaft in Wien nach dem Ersten Weltkrieg interessiert ist, aber gleichzeitig auch einen kurzweiligen, emotional berührenden Roman mit einer dezenten Liebesgeschichte sucht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.04.2023

Verbrecherjagd statt dolce far niente in Ligurien

Abschied auf Italienisch
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„Im Leben war nichts mehr zu ändern.“ (S. 245)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Der römische Kommissar Vittorio Grassi, noch von der älteren Garde der Polizei, verlässt kurzfristig aus einem Bauchgefühl heraus ...

„Im Leben war nichts mehr zu ändern.“ (S. 245)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Der römische Kommissar Vittorio Grassi, noch von der älteren Garde der Polizei, verlässt kurzfristig aus einem Bauchgefühl heraus seine Heimat und seine Familie, um das Erbe seines kürzlich verstorbenen Vaters zu beziehen, ein selbstgebautes Häuschen inmitten eines Olivenhains an der ligurischen Küste. Dort treten nicht nur mehrere interessante Frauen in sein Leben wie seine jüngere Kollegin Marta oder die ehemalige Gärtnerin und Mitbewohnerin seines Vaters, Toni, sondern Grassi bekommt direkt die Gelegenheit, sich als Ermittler zu profilieren: in kurzem zeitlichen Abstand werden zwei Leichen gefunden, die verzwicktere Hintergründe offenbaren als zunächst gedacht …

Fazit
Mithilfe des wunderschönen Covers hat man die Gegend um Cinque Terre direkt bildlich vor Augen. In diese Kulisse passen wunderbar die sehr unterschiedlichen, aber umwerfend charismatischen Figuren: Vittorio Grassi, ein eigensinniger aber sympathischer Polizist in einer leichten Midlife-Crisis und Inbegriff des Mottos „harte Schale, weicher Kern“; seine Mitbewohnerin Toni, die undurchschaubare ehemalige Gärtnerin seines Vaters mit einer bewegten Vergangenheit; seine neue selbstbewusste Kollegin Marta, die Grassi gerne auch mal die Stirn bietet und der pfeifende Rechtsmediziner Penza, um nur einige zu nennen. Neben den eindrücklichen Charakteren und dem lockeren und humorvollen, stellenweise aber auch reflektierten Schreibstil macht das Buch sehr viel Spaß zum Lesen auch durch den spannenden Fall, den es für die Ermittler zu lösen gilt. Dieser ist interessant, sehr detailliert, lädt zum miträtseln ein und enthält bis zum Schluss die ein oder andere unerwartete Wendung. Ein wichtiges Thema, sowohl für den Fall als auch für Grassi selbst, sind unausgesprochene Dinge und Missverständnisse zwischen geliebten Menschen. Die Reflexion darüber gibt dem Buch über den Krimi an sich hinaus noch eine weitere tiefgründigere Ebene. Was mir auch noch sehr gut gefallen hat, waren die eingestreuten nützlichen Hintergrundinformationen, wie z.B. zur Aufteilung der Zuständigkeiten innerhalb der italienischen Polizei oder zu wichtigen geschichtlichen Ereignissen wie der Entführung von Aldo Moro oder der Ermordung des berühmten Anti-Mafia-Richters Giovanni Falcone. Dieses Wissen holt auch die Nicht-Italien-Experten unter den Leser/innen ab und schafft ein besseres Verständnis für den Gesamtzusammenhang. Das Beste: der Schluss ist so offen und verheißungsvoll formuliert, dass Grassi in weiteren Fällen ermitteln wird – was das Nachwort des Autors bestätigt!

Empfehlung
Abschied auf Italienisch kann ich jedem empfehlen, der umringt von authentischen und herrlich italienischen Charakteren und vor der atemberaubenden Kulisse der ligurischen Küste einen spannenden Fall lösen möchte, der im Laufe noch weit mehr eröffnet als zwei Morde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.04.2023

Eine Frau. Ein Fahrrad. Einmal um die Welt.

Die Radfahrerin
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„Zu sich selbst zu stehen und eine freie, selbstbewusste Frau zu werden kann sehr teuer sein.“ (S. 139)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Das Buch nimmt uns mit nach Amerika am Ende des 19. Jahrhunderts: der ...

„Zu sich selbst zu stehen und eine freie, selbstbewusste Frau zu werden kann sehr teuer sein.“ (S. 139)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Das Buch nimmt uns mit nach Amerika am Ende des 19. Jahrhunderts: der eigentlich ausgeglichene Literaturprofessor John Dowe lässt sich durch einen spontanen Gefühlsausbruch auf eine mehr als gewagte Wette mit einem hohen finanziellen Einsatz ein. Diese besagt, dass eine Frau auf einem Fahrrad einmal um die Welt radeln muss – innerhalb von 15 Monaten und ohne einen Penny zu Beginn der Reise. Annie, eine junge Frau aus dem jüdischen Ghetto in Boston, deren Leben aus Armut und einer mehr als problembehafteten familiären Situation besteht, kämpft mit ihrem Zustand zwischen Verzweiflung und Sehnsucht. Trotz großer Zweifel sieht sie die Chance in der Weltreise auf dem Fahrrad und lässt sich darauf ein. Dort werden ihr allerdings nicht nur die schwierigen Wettbedingungen Sorgen bereiten, sondern sie wird sich auch mit lebensgefährlichen Situationen konfrontiert sehen und der Liebe ihres Lebens begegnen, ihre Familie dabei allerdings nie vergessen.

Fazit
Mit der alten Fotografie von Annie auf dem Cover, welches toll in Szene gesetzt wurde, bekommt man direkt Lust, sie auf ihrer abenteuerlichen Reise zu begleiten. Durch die verschiedenen Zeitsprünge und Perspektivwechsel ist die Handlung spannend und abwechslungsreich aufbereitet. Die Autorin schreibt charismatisch, charmant und emotional. Die Charaktere sind alle sehr authentisch dargestellt, sodass man direkt eine bildliche Vorstellung von ihnen bekommt. Besonders der Protagonistin Annie kommt man durch ihre Tagebucheinträge und Gespräche mit ihrer Tochter sehr nahe und kann an ihren Gedanken, Gefühlen und Reflexionen teilhaben. An Emotionen in jegliche Richtung des Gefühlsspektrums mangelt es dem Buch in jedem Fall nicht. Allerdings muss ich gestehen, dass ich mir die Handlung anders vorgestellt habe: statt auf den Schilderungen über die Erlebnisse auf der Fahrradreise, die damit verbundenen Probleme, Begegnungen mit anderen Kulturen und Menschen, neuen Landschaften, etc. liegt der Schwerpunkt des Buches mehr auf der Wette und der Einhaltung der Wettbedingungen sowie der Darstellung der Reise in der Öffentlichkeit. Der Autorin ist es allerdings sehr gut gelungen, die Ambivalenz um Annies Person darzustellen: die Hin- und Hergerissenheit zwischen der Rolle als fürsorgliche und liebende Mutter und einer jungen, starken und freiheitssuchenden Frau, zwischen Mut und Lebensmüdigkeit, zwischen Wahrhaftigkeit und Lügen, zwischen Freiheit und Pflichtbewusstsein.

Empfehlung
Das Buch bietet eine Mischung aus Spannung, Emotionalität, Feminismus und Tragik in einem historischen Kontext und in Anlehnung an eine wahre Begebenheit. Wer eine junge Frau Anfang des 20. Jahrhunderts auf ihrer Reise mit dem Rad um die Welt und auf dem Weg zu sich selbst begleiten will, der wird bei Annie Londonderry – Die Radfahrerin fündig werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Thema
Veröffentlicht am 03.04.2023

Wie weit würdest Du gehen, wenn es um das pure Überleben geht?

Stranded - Die Insel
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„Wenn man alles unter den Teppich kehrt und Konflikte vermeidet… dann staut sich alles auf, bis irgendwann jemand die Fassung verliert.“ (S. 146)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Maddy, eine ruhige Einzelgängerin, ...

„Wenn man alles unter den Teppich kehrt und Konflikte vermeidet… dann staut sich alles auf, bis irgendwann jemand die Fassung verliert.“ (S. 146)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Maddy, eine ruhige Einzelgängerin, entschließt sich nach dem Tod ihrer Eltern zur Teilnahme an einer Fernsehproduktion, die ein gewagtes soziales Experiment testen will: acht Menschen werden auf einer einsamen Insel ausgesetzt und müssen dort ein Jahr lang überleben. Neben den zu erwartenden Schwierigkeiten durch die Situation an sich und einer Gruppe von sehr unterschiedlichen Charakteren spitzt sich die Lage immer weiter zu. Nichts wird laufen wie geplant und auch nicht alle Teilnehmer werden die Insel wieder lebend verlassen …

Fazit
Das Cover empfinde ich als sehr passend; meiner Meinung nach fängt es die Stimmung des Buches gut ein. Der Schreibstil ist authentisch und flüssig, lässt sich daher problemlos lesen. Durch die eingebauten zeitlichen Vor- und Rückblenden über Maddys Leben vor bzw. nach ihrem Aufenthalt auf der Insel erfährt man als Leser/in zum Einen viele interessante und hilfreiche Informationen über die Protagonistin, die im Verlauf eine deutliche Entwicklung durchläuft und sich sehr viel selbst reflektiert; zum Anderen wird durch bestimmte Andeutungen und Cliffhanger der Spannungsbogen noch weiter aufgebaut. Hinzu kommen viele überraschende Wendungen. Manche Details, z.B. bezüglich der Nahrungsmittelvorräte oder Kleidung der Inselbewohner, schienen mir stellenweise nicht ganz stimmig und auch etwas unrealistisch. Das Ende des Buches war für meinen Geschmack ein wenig zu knapp gehalten; ich hätte mir noch mehr Details gewünscht. Außerdem wäre es interessant gewesen, den Aufenthalt auf der Insel und die Vorkommnisse zusätzlich auch aus der Perspektive von den anderen Teilnehmern zu kennen sowie deren Gedanken und Gefühle dazu zu erfahren – das Buch ist lediglich auf Maddys Sicht beschränkt.

Empfehlung
Trotz kleinerer Unstimmigkeiten bietet Stranded – Die Insel neben spannender Unterhaltung auch die Beobachtung eines interessanten sozialen Elements, den Auswirkungen von Gruppendynamik und die Entwicklung einer jungen Frau von einer zurückgezogenen Einzelgängerin zu einer starken selbstreflektierten Kämpferin mit großem Überlebenswillen und hilfreichen Instinkten.

  • Einzelne Kategorien
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  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 31.03.2023

Von Vielseitigkeit, Verrat, Verbündeten und Vorbildern …

Seventeen
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„Man kann sichtbar sein oder unsichtbar. Dazwischen gibt es nichts.“ (S. 9)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Der Auftragskiller Seventeen ist – wie der Name bereits andeutet – der siebzehnte seines Metiers. ...

„Man kann sichtbar sein oder unsichtbar. Dazwischen gibt es nichts.“ (S. 9)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Der Auftragskiller Seventeen ist – wie der Name bereits andeutet – der siebzehnte seines Metiers. Gezählt wird immer nur der Beste seiner Art. Nachfolgen kann man nur nach dem Tod des Vorgängers – eigentlich. Denn Sixteen verschwand einfach so, ohne Vorwarnung, spurlos. Doch als Seventeen den Auftrag bekommt, ihn ausfindig zu machen und zu töten, ist plötzlich nichts mehr wie es scheint. Aus Jägern werden Gejagte, und Vertrauen kann man absolut niemandem mehr schenken …

Fazit
Bereits das Cover ist besonders: auffällig durch die Farbe und aussagekräftig, gleichzeitig aber schlicht und durch die wenigen Elemente auf das Wesentliche beschränkt. Der Schreibstil ist absolut besonders, da man als Leser/in stellenweise direkt angesprochen wird und sich somit eng in das Geschehen eingebunden fühlt. Dennoch wird aber eine gewisse Distanz gewahrt, da man gesiezt wird und Seventeen nie seinen richtigen Namen verrät. Man erfährt jedoch im Laufe des Buches durch verschiedene Rückblenden viel über seine Vergangenheit und darüber, warum und wie er derjenige geworden ist, der er ist – ein Auftragskiller. Die Ausdrucksweise ist erfrischend direkt, oft sarkastisch und stilistisch wertvoll gestaltet. Es gibt relativ viele und meist eher kurze Kapitel, was den Lesefluss allerdings überhaupt nicht stört, da die Kapiteleinteilung dramaturgisch stimmig eingesetzt ist. Seventeen als Protagonist ist absolut professionell und kaltblütig, man nimmt ihm sofort ab, dass er einer der Besten ist – man lernt aber auch seine menschliche und verletzliche Seite kennen. Die anderen Charaktere sind ebenfalls charismatisch und authentisch. Der Spannungsbogen zieht sich über das gesamte Buch hinweg und ist gespickt von zahlreichen Überraschungen und unerwarteten Wendungen.

Empfehlung
Wer Hochspannung à la James Bond liebt, aber auf Geheimdienst-Allüren und anderem Schnickschnack weitestgehend verzichten kann, der findet in Seventeen einen packenden Thriller mit einem professionellen und eher realistischen Agenten, der einen als Leser/in in eine unbekannte, spannende und gnadenlose Welt entführt.

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  • Charaktere