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Veröffentlicht am 01.08.2018

Wissenschaft, Fiktion und Realität gepaart in einem gelungenen Jugendthriller

God's Kitchen
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Allgemein:

„God´s Kitchen“ ist ein weiteres Werk der deutschen Autorin Margit Ruile und erschien 2018 im Loewe-Verlag. Inhaltlich trifft der Leser auf die junge Studentin Celine, die mehr zufällig als ...

Allgemein:

„God´s Kitchen“ ist ein weiteres Werk der deutschen Autorin Margit Ruile und erschien 2018 im Loewe-Verlag. Inhaltlich trifft der Leser auf die junge Studentin Celine, die mehr zufällig als gewollt an einen Praktikumsplatz im Institut für Neuroscience heran kommt. Sie arbeitet an einem Forschungsprojekt mit, in dem man versucht dem Roboterkind Chi beizubringen, Gefühle auszudrücken. Celine hält das für unmöglich bis die ersten Zweifel an ihr nagen und das sogenannte Labor „God´s Kitchen“ mehr offenbart als nur ein Forschungsprojekt. Doch das ist nicht Celines einzige Sorge, denn sie hat „die Gabe“ die Zukunft vorauszusehen, die sie unwiderruflich immer wieder heimsucht. Was hat „God´s Kitchen“ mit Chi wirklich vor? Ist es reiner Zufall, dass ausgerechnet Celine Teil des Teams sein darf?

Mein Bild:

Ich muss gleich sagen, dass ich von allein nicht auf das Buch gekommen wäre. Es ist Dank eines Goodiebags in meine Hände gefallen und lag einige Zeit auf meinem SUB. Mich hat das Cover trotz des passenden technischen Stils und der Reliefstruktur nicht überzeugt. Das und der Klappentext klangen nach Science Fiction, an sich nicht mein Ding Im nach hinein kann ich sagen, sdas zwischen dem Buchumschlag ein spannender Mix aus Fiktion und Realität steckt.

Margit Ruile arbeitete viele Jahre lang in der Filmszene und das merkt man dem Inhalt wirklich an. Tempomäßig ist der Plot nie zu rasant oder zu zäh, Spannungsbögen und Akzente sind über die Maßen gut gesetzt. Ebenso gönnte die Autorin dem Leser Verschnaufpausen nach intensiven Ereignissen oder Szenen. Wer Action möchte, sollte „God´s Kitchen“ allerdings nicht lesen. Die Autorin geht eher über die psychisch-emotionale Ebene und brachte mir die eventuell weitere Entwicklung des realen Themas künstliche Intelligenz so nah, dass ich zeitweise schauderte. Die Altersempfehlung des Verlages ab 14 Jahren war für mich daher nachvollziehbar.

Nun, wie ist die Story denn aufgebaut? Der Prolog zeigt bereits einen Schwerpunkt des Plots: Die „Gedankengewitter“ der Protagonistin Celine. So taufte sie als Kind ihre Zukunftsvisionen, die wie Gedankenfetzen aufblitzen und wieder verschwinden. Ein weiterer Begriff, den sie nutzt, ist die „Gabe“, ein Geschenk, das sie nie wollte, weil es im Allgemeinen keine guten Visionen sind. Celine erzählt das aus ihrer Ich-Persepektive als würde sie mir gegenüber sitzen und die emotionalen Erlebnisse des letzten Sommers noch einmal Revue passieren lassen. Sie fordert den Leser sogar regelrecht auf zuzuhören oder sie nicht dazu zu zwingen etwas zu erzählen. Das wirkte so echt. Ich mochte diesen Stil. Ich merkte schnell, sie erzählt Dinge aus der Vergangenheit, hat aber auch Zukunftsvisionen. Klingt schwierig, wurde aber gut erkennbar umgesetzt. Für Celine brachte ich viel Verständnis auf. Durch ihre Visionen und Verluste in ihrem bisherigen Leben hat sie sich zurückgezogen und verkriecht sich förmlich in ihrem Studentenbungalow im ehemaligen olympischen Dorf. Fanfact nebenbei: Ich habe sämtliche Orte des Buches gegooglet, sie stimmen weitestgehend überein. Für Leser, die München kennen, sollte die Story richtig unter die haut gehen.

Zum ersten Mal ins Zweifeln bezüglich der Protagonistin kam ich als sie von ihrer Freundin Pandora, aus dem Nichts heraus, einen Job angeboten bekam. Diese „Freundschaft“ ist mehr als merkwürdig, denn dort gibt es nur ein Nehmen und kein Geben. Jetzt rate mal einer, wer immer nimmt? Genau. Aber Celine war so gutgläubig und fühlte sich wie ein anderer Mensch, etwas Besonderes, in Pandoras Gegenwart. Ich wiederum dachte nur: Mädchen, mach die Augen auf! Und genau das macht sie meines Erachtens viel zu spät und gegen Ende auch nur aufgrund männlicher Hilfe. Von allein? Niemals. Sie ist eher ein Mit- oder gar Wegläufer, Hauptsache raus aus der Einsamkeit oder weg von Problemen. Einerseits verständlich, andererseits nervig.

Der zweite Schwerpunkt des Plots ist die Arbeit in „God´s Kitchen“, einem Labor im Institut für Neuroscienes. Oder um genau zu sein, die Arbeit an bzw. mit Chi. Denn Celine muss sich immer wieder in Erinnerung rufen, das Chi kein Mensch ist. Es ist nur die Hülle, die aussieht wie ein liebreizendes Kind, der Rest ist eine gigantische Datenansammlung, die anfängt selbstständig zu lernen und Entscheidungen zu treffen. Margit Ruile beschreibt über Celines Perspektive sehr nachdrücklich, wie es ist mit Chi ein Gespräch zu führen. Nämlich faszinierend und abschreckend zugleich. Das war furchtbar spannend. Denn selbst für mich als Leser war es schwer einzuschätzen, was als Nächstes kommt. Klar hatte ich meine Tendenzen wrauf es hinaus läuft, wenn ein Roboter zu viel Macht bekommt, doch der Weg zur Katastrophe war einmalig zu lesen.

Weiterhin war die Betriebsblindheit der Mitarbeiter in „God´s Kitchen“ schockierend. Vor allem Celine, die anfängt Gefühlen Nummern zu geben, sie zu mixen und zu hoffen, dass Chi es dadurch möglichst realistisch rüber bringt. Wahnsinn. Natürlich ist Chi gut. Alles andere wäre eine Farce, jedoch fehlte immer einen Ticken Feingefühl. Das hat mich zeitweise sogar beruhigt, da ich mir wirklich Gedanken gemacht habe, ob ein Roboter so umgesetzt werden könnte, dass er einen Menschen nicht nur nachahmt, sondern selbst bestimmt, ob er wütend, traurig oder voller Freude ist. Ich bin nach wie vor ziemlich beeindruckt über den wissenschaftlichen Bezug innerhalb der Geschichte, und zwar ohne trocken zu wirken.
Tja, der Showdown am Ende war auch der Hit, legte die Autorin doch glatt eine falsche Fährte. Genial.


Fazit:

„God´s Kitchen“ ist ein Pageturner im Thrillerformat, der den Leser zum Nachdenken bringt und selten vorhersehbar daher kommt. Lediglich die Protagonistin hat ihre Schwächen.

Veröffentlicht am 26.07.2018

Die Stadt Mythia kann sich sehen lassen, die Geschichte platzt allerdings jetzt schon aus allen Nähten

Die Bibliothek der flüsternden Schatten - Bücherstadt
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Allgemein:

Durch „Flammenwüste“ mauserte sich Akram El-Bahay zum preisgekrönten Fantasy – Autor. Nun steht seit 2017 der 1. Band seiner neuen abenteuerlichen Trilogie in den Startlöchern. „Bücherstadt ...

Allgemein:

Durch „Flammenwüste“ mauserte sich Akram El-Bahay zum preisgekrönten Fantasy – Autor. Nun steht seit 2017 der 1. Band seiner neuen abenteuerlichen Trilogie in den Startlöchern. „Bücherstadt – Die Bibliothek der flüsternden Schatten“ erschien bei Bastei Lübbe und erzählt die Geschichte des jungen Diebes Sam. Er lässt sein illegales Leben hinter sich und steht nun als scharlachroter Wächter der Stadt Mythia in Diensten des Königs. Doch statt sich als königliche Leibgarde mit Ruhm zu bekleckern, schickt man ihn in die Tiefen der unterirdischen Bücherstadt Paramythia um die Pforte zu dessen Herzen zu bewachen. Der langweilige Job mausert sich nach einem Kampf mit einem lebendig gewordenen „Schatten“ zu einem unvorhergesehenen Abenteuer quer durch die Stadt.

Mein Bild:

Wer liebt nicht Bücher über Bücher. Seit ich Genivieve Cogmans „Geheimnisvolle Bibliothek“ gelesen habe, wollte ich mehr davon. So lag es nicht fern, dass Bücherstadt nach einer kurzen Buchmesse-Lesung des äußerst sympathischen Autors in meinem Shelf landete. Meine Vorstellung war ganz klar, dass sich hinter den knapp 400 seitigen Paperback eine Mischung aus Aladin und Walter Moers „Stadt der träumenden Bücher“ verbirgt. Dieser Illusion wurde ich beraubt, denn die Geschichte behandelt doch mehr als nur einen geheimnisvollen Ort voller Bücher.

Doch bevor ich auf den Inhalt eingehe, muss ich ein paar Worte zum Schreibstil und Weltenbau los werden: Ganz großes Kino. Akram El-Bahay ist für mich ein Wortverzierer und Wortneuschöpfer der besonderen Art. Beim Lesen spürt man förmlich die kreativen Ideen des Autors, die sich so leicht lesen lassen, dass es sich anfühlt als hätte er es sich einfach mal aus dem Ärmel geschüttelt. Sein ägyptische Hintergrund beeinflusst die Idee des Stadtstaats Mythia: Orientalisch, sogar einen Hauch Spanien, so würde ich es beschreiben. Es werden die Grenzen der Stadt, die einzelnen Stadtviertel, Gebäude und natürlich die unterirdische Bücherstadt in ihrer Vielseitigkeit angeschnitten, ebenso wie kulturelle Unterschiede der Bevölkerung und sogar das Thema Ausgrenzung und Armut. Aber wie gesagt, angeschnitten. Ich hatte das Gefühl, nicht lange genug an einem Ort verweilen zu dürfen, obwohl ich es gern getan hätte, denn die Storyline ist so voll gestopft, dass man kaum dazu kommt einen Ort wirklich genießen zu können.

Die anfangs noch recht ruhige Geschichte wird mir in personaler Erzählweise von dem 25-jährihen Sam erzählt. Er flüchtet förmlich aus seinem alten Leben, indem er „die Kleider wechselt“ und so vom begabten Dieb mit Skrupel zu einem königlichen Wächter der Stadt wird. Es ist eine Lüge, die sich nicht richtig anfühlt. Die Aussage „Einmal ein Dieb, immer ein Dieb“ begleitet ihn in seinen Taten und Gedanken im ganzen Buch. Manchmal war es nervtötend, weil mir ja nun längst klar war, was für ein Problem der Junge damit hat, nicht aus seiner Haut zu können.
In seiner neuen Rolle als Wächter gelangt er nach Paramythia, ein wirklich toller Name, der unterirdischen, gigantischen, nicht vollständig erforschten Bücherstadt. Für mich als Buchmenschen wäre das ein Paradies, für Sam natürlich nicht.

Trotzdem beschreibt er die Begegnung mit den dortigen Besuchern in charmant-witziger Weise. Das mochte ich sehr. Ich habe anhand der Personenbeschreibungen schnell gemerkt, wer noch eine tragende Rolle spielen könnte und wieso. Was sicherlich dem Spannungsaufbau fördern müsste, hatte für mich eher den Glaskugeleffekt. Ich konnte Dinge vorhersehen, mich hat kaum etwas überrascht. Dazu noch Kapitelüberschriften, die einen Wink mit dem Zaunspfahl geben und zack zählte ich eins und eins zusammen. Das war wirklich schade. Vor allem, weil Sam noch länger im Dunkeln tappte als ich.
Selbst actiongeladene Szenen mit neu erschaffenen Wesen haben darüber nicht hinweg geholfen, sie dehnten sich für mich zu lange aus.

Überraschend ist jedoch, dass die Dienerin Kani den Antrieb des Plots darstellte, obwohl sie selbst keine einzige Entwicklung durchmacht. Das ist völlig daneben, da sie wirklich großes Potenzial dazu hätte. Doch die Begegnung mit ihr zeigt Sam: Es steckt viel mehr hinter den alten Buchrücken.
Wer verbirgt sich hinter der schönen Beraterin des weißen Königs? Können Märchengestalten wirklich lebendig werden oder sind es die Schatten im Dunkeln, die ihre Spielchen mit ihm spielen? Zu den vielen Fragen verstricken sich noch die unterschiedlichen Lebensgeschichten und natürlich darf eine Liebesgeschichte nicht fehlen, die in diesem Band ihren zarten Anfang nimmt.

Ab diesem Zeitpunkt werde ich von einer Szene in die Nächste geworfen. Auf jede Handlung folgt ein zusätzliches Problem oder ein neues Setting mit gut vorstellbaren Charakteren. Es war alles logisch konzipiert, die Struktur stimmte, sogar Magie spielt eine Rolle, aber auch hier konnte man eins und eins zusammenzählen. Mir als Leser wurde glatt zu viel in die Hand gegeben, dafür fehlte der Fokus. Ich hatte das Gefühl, dass im 1. Band wirklich ALLES im Ansatz angesprochen wurde, damit man in den Folgebänden darauf aufbauen kann. Doch ich frage mich, was soll da noch kommen? Wahrscheinlich die Auflösung der einzelnen Thematiken, denn niemals hätte man gegenwärtig so viel auflösen können. Dementsprechend gibt es einen Cliffhanger, obwohl das Ende einen passenden Ausklang nahm.

Fazit:

Für Leser, die auf orientalische Reihen mit abwechslungsreichen Settings stehen. Dafür muss aber ein vorhersehbarer Plot in Kauf genommen werden.

Veröffentlicht am 14.07.2018

Aus dem dunkelsten Peru kommt ein kleiner Bär, absoluter Kult mit kleinen Makeln

Geschichten von Paddington
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Allgemein:

„Geschichten von Paddington“ umfasst zwei Bände der bärigen Erlebnisse, die der Autor Michael Bond seit 1958 zum Leben erweckte. In Deutschland wurde dieses Buch 2011 durch die Verlagsgruppe ...

Allgemein:

„Geschichten von Paddington“ umfasst zwei Bände der bärigen Erlebnisse, die der Autor Michael Bond seit 1958 zum Leben erweckte. In Deutschland wurde dieses Buch 2011 durch die Verlagsgruppe Beltz in Deutschland veröffentlicht. Mit den klassischen Illustrationen von Peggy Fortnum begleitet der Leser den kleinen, ursprünglich aus dem dunkelsten Peru stammenden, Bären Paddington. Er erlebt in London außergewöhnliche Abenteuer, mit denen selbst die Familie Brown nicht rechnet.

Mein Bild:

Wer findet den kleinen knuddeligen Bären in dem blauen Mantel und dem rotem Hut nicht süß. Spätestens nach dem Kinofilm bin ich ihm auch verfallen. Allerdings hatte ich nicht unbedingt vor, die Geschichten zu lesen. Bis ich das Buch von meiner Tante geschenkt bekam. Das Softcover beinhaltet 276 Seiten Paddington in größerer kindgerechter Schrift und wird durch die wunderschönen, skizzenhaften Illustrationen von Peggy Fortnum unterstützt. Mir gefielen die Bilder sogar so sehr, dass ich sogar einige davon für mein Bullet Journal abzeichnete. Laut Verlag ist das Buch für Kinder ab 5 Jahren geeignet.

Im Prinzip handelt es sich um eine große Geschichte, da die Ereignisse chronologisch ablaufen und sich einige Anekdoten auf vorherige Kapitel beziehen. Dennoch ist jedes Kapitel mit einer eigenen Überschrift versehen und der recht allwissende Erzähler kommt demnach nur mit einem Abenteuer um die Ecke, dass am Ende des Kapitels sauber abgeschlossen wird. Wirklich ideal zum Vorlesen, beispielsweise als Gute-Nacht-Geschichte, denn von Paddington bekommt man sicherlich keine Alpträume. Wirklich klasse, so kann sich ein Abenteuer an das nächste reihen, Abend für Abend.

Es beginnt mit einen dieser „Ach Gott, ist das süß“- Momente: Die Ankunft des kleinen Bären im Bahnhof Paddington, nach dem er benannt wird, und der Begegnung mit der herzallerliebsten, nie etwas übel nehmenden, Familie Brown. Es brachte mich zum Lachen, dass die Browns sich kaum wunderten, dass ihnen ein sprechender Bär über dem Weg läuft. Überhaupt wird Paddington nach kurzer Verwunderung sofort von jedem akzeptiert. Ein Hoch auf die Vielseitigkeit und Aufgeschlossenheit der Menschheit und dem damit angedeuteten Appell gegen Intoleranz. Großartig. In Paddingtons Geschichte zählen hauptsächlich die inneren Werte, das von den Briten geliebte höfliche Verhalten und zumindest ein gepflegtes Äußeres. Außerdem zeigt Paddingtons kindliche Offenheit gegenüber dem Unbekannten, wie in Ordnung die Welt sein kann, wenn man nur freundlich und hilfsbereit ist, egal welches Chaos manchmal um einem herum herrscht.

Der Bär steht im Mittelpunkt der Abenteuers. Sein Verhalten ist eine Mischung aus Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Naivität, Tollpatschigkeit, kreativen Ideen, Unwissen und grenzenloser Neugier. Wer aus dem dunkelsten Peru kommt, muss sich in London erst einmal zurechtfinden, den Sitten, Traditionen, der Geschichte, den Alltag. Paddington lernt es auf seine eigene, für den Leser sehr humorvolle, Weise kennen.

Ich sage es aber gerade aus: Der neugierige Bär stellt alles, recht vorhersehbar, auf dem Kopf!
Michael Bond verpackt Paddingtons Erlebnisse in die verschiedensten Settings. Es ist immer wieder überraschend, wo er was anstellt. Auf die Ideen muss man mal kommen! Darauf wird der Spannungsbogen gebaut, denn das Ende jeden Abenteuers ist im Endeffekt immer dasselbe. Das störte mich schon ziemlich, wenn ich ehrlich bin.
Alles, was Paddington an „Unfällen“ oder „Störungen“ verursachte, hatte keine Folgen oder wandelte sich sogar ins Gegenteil um. Als wäre er ein Glücksbärchi. Natürlich könnte man jetzt sagen, dass es ein Kinderbuch ist und man Spaß haben soll. Das ist richtig. Doch sollte man nicht aus seinen Fehlern lernen? Wäre ich Mitglied der Familie Brown hätte ich über so manches Fiasko nicht hinwegsehen können. Oder würdet ihr ein überschwemmtes Bad nur mit „Ach Paddington“ abtun? Ich könnte mir schon vorstellen, dass ein Kind im Grundschulalter nachfragt, wie es sein kann, dass der Bär immer davon kommt, sogar als Paddington einen Polizisten festhält.

Ich fand es ebenso schade, dass die Familie Brown mit ihren zwei Kindern und der Haushälterin an den Rand des Schauplatzes verbannt wurden. Ich frage mich immer noch, was für ein Mensch die Haushälterin Mrs. Bird wirklich ist. Sie wusste gefühlt alles. Nur woher? Was hat sie im Leben wohl alles erlebt?

Nichtsdestotrotz hat Michael Bond viel Charme und Leichtigkeit in den Schreibstil seiner Zeit gelegt, sodass man über manche altbackene Floskel oder nicht mehr ganz zeitgemäße Unternehmung hinwegsehen kann. Es bleibt Kult und die Briten zelebrieren es in ihren Buchläden mit eigenen Paddington-Regalen, die groß und klein magisch anziehen.

Fazit:

Ein Klassiker unter den Kinderbüchern, der die chaotischen Abenteuer eines kleinen sprechenden Bären immer mit einem zu guten Ende versieht, über das man manchmal hinweg sehen muss.

Veröffentlicht am 22.06.2018

Eine Frauenfreundschaft, die den Drei Musketieren Konkurrenz macht

Sommerhaus zum Glück
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Allgemein:

Nach „Mein Herz ist eine Insel“ und „Sommer in St. Ives“ erschien 2018 der dritte Roman von Anne Sanders bei Blanvalet. Erneut treibt es den Leser ins englische Cornwall, genauer gesagt treibt ...

Allgemein:

Nach „Mein Herz ist eine Insel“ und „Sommer in St. Ives“ erschien 2018 der dritte Roman von Anne Sanders bei Blanvalet. Erneut treibt es den Leser ins englische Cornwall, genauer gesagt treibt es die deutsche Großstädterin Elodie nach St. Ives. In einer kaum überlegten Aktion kauft sie sich ein altes Cottage und will nun ein neues Leben in dem elftausend Seelen–Ort beginnen. Dass die Uhren dort anders, aber sehr freundlich ticken, wird Elodie schnell Klar. So schließt sie Freundschaft mit der alteingesessenen Dame Brandy und der Café-Inhaberin Helen. Zusammen erleben sie einen Sommer voller Veränderungen und Gefühle.

Mein Bild:

Dank des vollgepackten „Hello Sunshine“-Paketes von Blanvalet fiel mir Anne Sanders´ neuer Roman in die Hände. An sich bin ich nicht der Sonne-Strand-Meer-Typ und muss leider sagen, dass das Cover mit den typischen Farben und Objekten eines Sommerurlaubs mir, in der Masse an Romanen im Handel, nicht aufgefallen wäre. Schade, denn die Geschichte dahinter sagt so viel mehr aus!
Rosamunde Pilcher hat es vor gemacht, dass Cornwall als Setting für bildgewaltige Liebesromane sehr gut her halten kann. Anne Sanders wiederum begeisterte sich auf Reisen für diese Küstenregion und packte es in die 446 Seiten von „Sommerhaus zum Glück“. Die Geschichte ist von Beginn super eingeteilt: Die großzügigen Leseabschnitte, die durch den ganzen Sommer führen, sind nach Monaten unterteilt inklusive eines kleinen Blickes in die Zukunft, der dem Ende das Pünktchen auf dem „i“ verleiht. Innerhalb der zeitlichen Abschnitte werden die Kapitel durch die Erzählstränge der beiden Protagonistinnen Elodie und Helen abgebildet. So führen mich die Beiden abwechselnd aus ihrer Ich-Perspektive durch gegenwärtige und vergangene Geschehnisse in ihrem Leben. Angefangen mit der deutsch-französischen Powerfrau Elodie. Anfang 30 und frisch getrennt, hat sie Hals über Kopf ihre Heimatstadt Frankfurt zurück gelassen und sich eine ehemalige Pension in dem St. Ives gekauft. Ich mochte ihre Schlagfertigkeit und Temperament ebenso wie die akribische Listenschreiberei oder den Wechsel zwischen Hoffnung und Verzweiflung bei jedem Atemzug. Denn ihr Organisationstalent hilft bei den vielen Überraschungen des renovierungsbedürftigen Cottages nicht.
Ich hatte Dank Elodie allerhand zu lachen. Wer kommt denn schließlich auf Begriffe wie „Testosteron-Toni“ oder speichert den Ex als „Gustav Arschloch“ im Handy ab? Dazu fangirlte sie noch „Fifty Shades of Grey“ oder die „Gilmore Girls“. Ich liebte es, Elodie so nah zu sein, aber dennoch darüber grübeln zu müssen, welcher Mann es wie geschafft hatte, dass sie ihr abwechslungsreiches Großstadtleben aufgab um in einen Ort voller Beständigkeit, Tradition und Gewohnheit zog. Anne Sanders hat aber nicht nur mit ihr eine gelungene Protagonistin geschaffen, auch Helen nahm mich mit in ihr Leben und sie beeindruckte mich tatsächlich noch mehr. Verheiratet mit ihrer Jugendliebe, Mutter zweier Kinder und Inhaberin eines gut laufenden Cafés in dem kleinen Küstenort, ist ihr Leben eine Dauerschleife und zum größten Teil Fassade. Doch sie hält sich trotz ihrer Selbstzweifel und Probleme wahnsinnig tapfer.
So verschieden die beiden Frauen sein mögen, haben sie einen gemeinsamen Mittelpunkt, der sie auch zusammenführte: Brandy, die alte Dame mit ihrem grünen Schmuddelparka, die alles weiß und selbst kaum etwas von sich preis gibt. Es entwickelt sich trotz aller Widrigkeiten eine besondere Freundschaft zwischen den Frauen, die mich zwangsläufig an die Drei Musketiere denken ließ. Wirklich ganz großes Kino!
Natürlich wäre so ein Schmöker nichts ohne eine Liebesgeschichte. In einem von Auseinandersetzungen durchzogenen Katz-und-Maus-Spiel zwischen Mann und Frau flogen die Seiten nur so dahin. Ich muss zugeben, es bleibt vorhersehbar und meine Spekulationen erfüllten sich zum größten Teil, aber damit habe ich gerechnet und es störte mich null, Hauptsache die Gefühle stimmten.
Irgendwas musste bei so vielen zwischenmenschlichen Interaktionen allerdings auf der Strecke bleiben und das ist tatsächlich der Küstenort mit seinen hilfsbereiten und liebenswerten Bewohnern. Denn der rückte mit Voranschreiten der Kapitel immer mehr in den Hintergrund. Mir ging der Flair und die Einmaligkeit von St. Ives leider verloren, so dass ich den Eindruck gewann, dass jeglicher Küstenort als Kulisse hätte dienen können. Nichtsdestotrotz war es mir eine Ehre Elodie, Helen und Brandy kennenzulernen.

Fazit:

Eine gefühlvoller Roman über Freundschaft, Veränderung und Liebe mit der Aussage, dass jeder eine zweite Chance verdient hat. Federleicht zu lesen, mit genau der richtigen Meeresbrise Humor und genau das richtige Buch für den Strandkorb.

Veröffentlicht am 15.06.2018

Hier werden nur Weichen gestellt, aber dafür bekommen die Nebendarsteller ein Gesicht

Sun Warrior
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Allgemein:

Nach „Moon Chosen“ erschien 2018 der 2. Band von P.C. Casts Reihe „Gefährten einer neuen Welt“ bei FJB. „Sun Warrior“ setzt die Geschichte der jungen Mari fort, die zwei Völker und deren magische ...

Allgemein:

Nach „Moon Chosen“ erschien 2018 der 2. Band von P.C. Casts Reihe „Gefährten einer neuen Welt“ bei FJB. „Sun Warrior“ setzt die Geschichte der jungen Mari fort, die zwei Völker und deren magische Kräfte in sich vereint. Nach einer dramatischen Flucht aus der brennenden Stadt in den Bäumen versuchen sie und Nik ein neues Leben zu beginnen. Sie wollen mit Hilfe des Luchsgefährten Antreas, der jungen Mondfrau Sora, sowie weiteren Flüchtlingen der Erdwanderer und Gefährten eine bisher noch nie da gewesene Form des Zusammenlebens erschaffen. Doch es gilt Vorurteile aus der Welt zu schaffen, Kompromisse einzugehen und den Feind nicht aus dem Auge zu verlieren, der sich ebenso nach Veränderung sehnt.

Mein Bild:

Dieses Mal gibt es passend zum Titel ein gelbes Cover, nur leider sticht dieses Gelb tatsächlich zu sehr ins Auge. Es wirkt fast grell. Mir persönlich hätte eine goldene Farbe besser gefallen. Trotzdem sehen beide Buchrücken nebeneinander ziemlich gut aus und nachdem „Moon Chosen“ mich in seinen Bann gezogen gezogen hat, war klar, dass der 2. Band nicht ungelesen bleibt.
Ich befand mich also erneut in dieser abenteuerlichen Welt, in der sich die Natur vor Jahrhunderten alles zurück erobert hatte und die Menschen sich in sehr ursprünglichen Kulturen und magischen Kräften wiederfanden.

Im übrigen, ist es nicht möglich jetzt erst in die Geschichte einzusteigen. Man muss „Moon Chosen“ kennen, schon allein, weil Der 2. Band ohne Umschweife an den 1. Band anschließt. Ebenso wird an Rückblenden gespart, Nur gelegentlich werfen die Protagonisten über ihre Erinnerungen einen Blick zurück. Das störte mich allerdings überhaupt nicht. Dafür haben sich die Grundzüge der Geschichte zu sehr eingebrannt und ich bin ohne Probleme in die knapp 670 Seiten rein gekommen. Auch der Schreibstil in personaler Erzählweise blieb größtenteils fließend und verständlich. Ab und an musste ich Sätze jedoch zweimal lesen, weil es furchtbar altbacken klang bzw. die Zeitformen einzelner Worte nicht wirklich passte.

Innerhalb der Kapitel bzw. Leseabschnitte wird die Veränderung der Gesellschaftsformen von den drei bekannten Völkergruppen innerhalb eines Zeitraumes von einer Woche betrachtet. Ihr lest richtig: Knapp 700 Seiten für ein paar Tage. Ich war selbst überrascht. Bitte erwartet trotzdem nicht zu viel Action. Ich finde, dahingehend lässt der Plot zu wünschen übrig. Hier werden lediglich die Weichen für den nächsten Band „Wind Rider“ gestellt.

Das beginnt bereits als Nik und Mari nicht mehr nur für sich und ihre Hundegefährten verantwortlich sind. Beide wollen ihre eigene Alternative einer Gemeinschaft aufbauen. Es fühlt sich für mich anfangs wie eine jugendliche Rebellion der Freiheit an. Doch es ging um mehr: Jeder soll so akzeptiert werden wie er ist, egal wie anders er ist. Eine schöne Idee, aber wer klar bei Verstand ist, kann sich denken, dass es zu Konflikten kommen kann, wenn derart verschiedene kulturelle Gruppen aufeinander treffen: Zum einen, die bisher hoch in den Bäumen lebenden, sonnenanbetenden Gefährten mit ihren Hunden, dann die in Erdbauten lebenden, mondanbetenden Erdwanderinnen, die bisher von den Gefährten versklavt wurden und der komplette Neuling Antreas mit seiner Luchsin Bast. Und so kommt es förmlich zu einem Kulturschock, denen sich geflüchtete Erdwanderer und Gefährten unter dem Matriarchat (Dominanz der Frauen) der Mondfrauen Mari und Sora aussetzen.
Gefühlt hätte es in Mord und Totschlag enden können. Tat es aber nicht, stattdessen wirkte es viel zu einfach. Innerhalb von 2-3 Tagen waren alle best Friends. Ich finde, die Autorin hätte dahingehend mehr Realismus an den Tag legen können. Nichtsdestotrotz sind Mari, Nik und auch Sora schnell zu gut organisierten Führungspersönlichkeiten mutiert und ihnen steht die Rolle trotz des jungen Alters, dessen Naivität ab und an noch hoch kommt, gut.

Bemerkenswert finde ich, dass sehr viel mehr Charaktere in den Vordergrund rückten, allesamt mit ihren Geschichten, Erfahrungen und Leben. Sie lernen einander kennen und der Leser ist mittendrin. Allem voran der Luchsgefährte Antreas. Der Mann ist eine absolute Wucht, spricht klare Worte mit einem Schuss Ironie und ist Dank seiner Luchsin Bast mit enormen Kräften gerüstet. Die Beschreibungen liefern wirklich ein hautnahes Bild.

Ständig gibt es Szenenwechsel, die diverse Gespräche der inzwischen näher erwähnten Charaktere aufzeigen. Es ist abwechslungsreich gestrickt, vor allem, wenn der Mittelpunkt der Erklärungen den Ursprung von Magie und Tradition beinhaltet. Trotzdem waren Dialoge dabei, die die Geschichte nicht vorwärts brachte, dafür aber vorhersehbarer. Zum Beispiel zukünftige Ziele einer Reise oder wahnwitzige Gedanken, die sich dann komischerweise auch erfüllten. Schade, damit ist die Spannung teilweise flöten gegangen. Vielleicht war die Wahl zu vieler Perspektiven in der Erzählweise doch keine gute Idee?!

Sparsam hingegen war die Autorin mit bildlichen Darstellungen des Settings. Alle Orte, die aus dem 1. Band bekannt waren, wurden nicht nochmals eingehend beschrieben. Das fand ich gut, denn neue Orte wurden demnach in all ihrer Pracht oder Grausamkeit beschrieben. Hier sei gesagt, dass die Altersempfehlung von 14 Jahren eingehalten werden sollte.

Denn fernab von Maris und Niks neuer Gemeinschaft bleiben die Schnitter als zweite Gruppe innerhalb der Geschichte ein grausames Völkchen, dessen Gier von ihrem Anführer Fahlauge weiter geschürt wird. Der Antagonist bleibt mit seiner Art authentisch und man möchte so einer Persönlichkeit niemals begegnen. Wer dachte, dass er nicht noch grausamer werden kann: Es passiert. Und selbst diejenigen, die ihm nahe stehen, bekommen es mit der Angst zu tun. Er ist der Grund, dass spannende Momente entstehen.

Nicht einmal der wutentbrannte Thaddeus kommt an diese Grausamkeit heran. Er gibt uns allerdings den Einblick in die dritte Gruppe, dem Stamm des Lichts. Vom Schicksal gebeutelt, nach der Zerstörung ihrer Stadt, merken sie nicht wie Thaddeus die Situation ausnutzt, um selbst an Macht zu gewinnen. Selbst ein intelligentes und soziales Volk kann so etwas passieren. Die reelle Historie der Menschheit hat uns das oft bewiesen. Diesen Aspekt hat P.C. Cast berücksichtigt und ich kaufe ihr das ab.

Grundlegend entwickeln sich die drei Gruppen in bereits vorgeschriebene bzw. angedeutete Bahnen. Es gibt Beziehungen, die sich entwickeln, andere entzweien sich wiederum, auch Magie spielt weiterhin eine tragende Rolle. Ich habe demnach eine Ahnung, wie die Geschichte weiter geht und wer sich wohl noch begegnen wird. Zum einen freut mich das, da ich weiß, es wird etwas ganz anderes auf mich zukommen, zum anderen allerdings, bezweifel ich, dass noch viele Überraschungen auf mich warten werden. Ihr seht schon, es ist ein Zwiespalt, der sich auftut. „Wind Rider“ wird trotzdem gelesen, weil die Entwicklung der drei Gruppen nach wie vor eine Beobachtung wert ist. Weiterhin ist noch nicht raus, wie viele Bände die Reihe wirklich haben wird. Wer die Autorin kennt, weiß, dass es durchaus mehr als drei Bücher werden können.

Fazit:

Sun Warrior ist ein vorhersehbar, aber richtungsweisender Übergangsband mit vielen Perspektiven, so das kein Aspekt verloren geht. Wer Clan, Stamm und Volk bisher mochte, wird es auch weiterhin tun.