Die Kraft eines Fuchses
Elf ist eine gerade Zahl
Martin Beyers Roman "11 ist eine gerade Zahl" gehört zu den Büchern, die für mich persönlich schwer zu bewerten sind, weil sie auf sehr persönlichen Erfahrungen beruhen und eine Thematik berühren, die ...
Martin Beyers Roman "11 ist eine gerade Zahl" gehört zu den Büchern, die für mich persönlich schwer zu bewerten sind, weil sie auf sehr persönlichen Erfahrungen beruhen und eine Thematik berühren, die kaum schwerer sein könnte. Es geht um Krankheit, Hoffnung, Verlust und darum, wie man inmitten eines solchen Schicksals überhaupt weiterlebt.
Im Zentrum stehen die Jugendliche Paula, die an Krebs erkrankt ist und ihre Mutter Katja. Paula kämpft sich durch Krankenhausaufenthalte und eine erneute Chemotherapie. Begleitet wird sie von ihrem Kuschelfuchs, der eine Art emotionaler Anker für sie ist. Um ihrem Kind Halt zu geben, beginnt Katja eine fantastische Parallelgeschichte zu erzählen. Diese Fantasiewelt läuft neben der realen Handlung her und spiegelt sie als düstere Metapher. Paula wird damit ein Zugang geboten, mit der eigenen Angst und Ohnmacht umzugehen.
Was besonders beeindruckt, ist der authentische, sorgfältig recherchierte Blick auf den Krankenhausalltag und auf das Erleben einer schwerkranken Jugendlichen. Im Nachwort wird deutlich, wie intensiv Beyer mit Fachpersonal gesprochen hat. Entsprechend echt, respektvoll und berührend liest sich die reale Ebene. Diese wird getragen von einem warmen, präzisen und poetischen Schreibstil. Für mich lag die Stärke des Romans auch klar in dieser realen Geschichte. Gerade die Beziehung zwischen Paula und Katja ist so einfühlsam und echt beschrieben, dass sie noch lange nachhallt. Die Parallelwelt hingegen rückte im Verlauf des Buches immer stärker in den Vordergrund und verlor für mich etwas von ihrer anfänglichen Kraft. Stellenweise empfand ich sie als langatmig. Sie nahm Raum ein, den ich lieber weiter bei Paula und ihrer Mutter verbracht hätte. Vor allem, weil auch deutlich wird, wie sehr Katja mit ihrem Alltag zu kämpfen hat.
Dennoch erfüllt diese Fantasieebene eine wichtige Funktion. Sie zeigt, wie Geschichten Trost spenden können, wie sie Eskapismus ermöglichen dürfen und wie sehr sie Eltern wie Kindern Kraft geben können, um Unbegreifliches auszuhalten. Der Fuchs wird schließlich zum Symbol für Hoffnung, Wille und Verbundenheit - ein stiller Begleiter in beiden Welten.
Der Titel des Romans ist schön gewählt und wird immer wieder aufgegriffen; für meinen Geschmack etwas zu häufig. Weniger hätte hier mehr sein können.
Trotz kleiner Kritikpunkte bleibt "11 ist eine gerade Zahl" ein tief bewegender, feinfühliger Roman. Dieses Buch zeigt, wie Liebe trägt und wie Fantasie Räume schafft, in denen Schmerz ein wenig weniger schneidet. Ein Buch, das berührt, nachdenklich macht und noch lange nachwirkt.