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Veröffentlicht am 29.01.2025

Für mich erst in der zweiten Hälfte richtig interessant

Sophia und die Suche nach Troja
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Sophia Engastromenos ist zarte 17 Jahre alt, als ihr der wesentlich ältere Deutsche Heinrich Schliemann als Heiratskandidat vorgestellt wird. Zunächst kann Sophia daher wenig anfangen mit dem Geschäftsmann, ...

Sophia Engastromenos ist zarte 17 Jahre alt, als ihr der wesentlich ältere Deutsche Heinrich Schliemann als Heiratskandidat vorgestellt wird. Zunächst kann Sophia daher wenig anfangen mit dem Geschäftsmann, der sich ausdrücklich eine griechische Frau als zweite Ehegattin wünscht. Am Ende muss Sophia sich fügen und heiratet ihn.

 

Dass sie später selbst einmal Berühmtheit erlangen wird als „die Frau von …“ und Herausgeberin der Biografie ihres berühmt gewordenen Gatten, ahnt sie zu dieser Zeit noch nicht. In der heutigen Zeit kennt man Sophia als unerschrockene Frau, die an den Ausgrabungen ihres Mannes teilnahm und das sagenumwobene Troja (mit)entdeckte.

 

Susanne Lieder blickt zurück auf das Leben von Sophia und - titelgebend - insbesondere ihre Mitwirkung bei der Suche nach der verschollenen Stadt. Doch über die erste Hälfte konnte mich das Buch nicht wirklich packen, da ich mich auf Archäologie und Abenteuer gefreut hatte. Bekommen habe ich in dieser ersten Hälfte vor allem Hauswirtschaft und eheliche Streitereien. Eigentlich hätte das Buch zu diesem Zeitpunkt eher den Titel „Sophia und die Widrigkeiten des Ehelebens“ verdient.

 

 


Wirklich interessant wurde es - zumindest für mich - erst, als es dann tatsächlich um die Grabungen in Hisarlik ging und Sophia auch dort eine größere Rolle spielte. Diesen Teil des Buches mochte ich sehr und habe neben einer spannenden Archäoloiegeschichte auch vieles darüber gelernt, wie man früher bei einer solchen Ausgrabung vorging, wie die Arbeiter behandelt wurden und  wie es zum dem berühmten Foto von Sophie kam, auf dem sie den Schmuck aus dem Schatz des Priamos trägt.

 

Ich hätte mich gefreut, wenn sich das Buch auf diese Zeit konzentriert hätte und (vielleicht nur in Rückblenden) verkürzt von der Anbahnung der Ehe und den ersten Ehejahren erzählt worden wäre. Dann hätte es mich vor allem in der ersten Hälfte mehr bei der Stange halten können. Zwar hat die Autorin mich durchgängig mit Sophia als Person erreichen können, hat sie mir nahegebracht und auch ihre Gedanken und Gefühle gut transportieren können. Ich war jedoch (auch anhand des Titels) auf einen anderen Schwerpunkt des Romans eingestellt und empfand den Anteil der Suche nach Troja daher als etwas zu gering.

 

Wer sollte das Buch zur Hand nehmen?

 

Geschichtsinteressierte Leser*innen, die ganzheitlich an der Person Sophia Schliemann (geb. Engastromenos) interessiert sind und sich nicht nur für die Geschichte rund um Troja, sondern auch für ihre ersten Ehejahre ohne Reisen und archäologischen Background interessieren.

 

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Veröffentlicht am 23.01.2025

Ein Blick hinter die Kulissen des alten Hollywood

Not your Darling
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Hollywood in den 1950er Jahren war glamourös! Diesen Eindruck hat man, wenn man alte Filme schaut oder Fotos der Leinwandgrößen von Elizabeth Taylor bis Cary Grant sieht. Doch wie so oft täuscht der erste ...

Hollywood in den 1950er Jahren war glamourös! Diesen Eindruck hat man, wenn man alte Filme schaut oder Fotos der Leinwandgrößen von Elizabeth Taylor bis Cary Grant sieht. Doch wie so oft täuscht der erste Blick.

 

Katherine Blake schickt ihre Protagonistin Loretta Darling als Visagistin mitten hinein in den Sündenpfuhl, der nach außen so strahlend schön daherkommt.

 

Loretta heißt eigentlich Margaret und ist Britin. Doch sie sucht ihr Glück in Hollywood und wird innerhalb der Filmbranche schnell als „Lip Girl“ bekannt. Doch ihr Weg ist steinig und auch ihre Vergangenheit holt sie wieder ein.

 

Wer Loretta begleitet, sollte schon ein dickes Fell haben – denn zu lesen, was hier auf Parties passiert, fordert insbesondere Frauen heraus. Loretta lernt schnell die Schattenseiten Hollywoods kennen – und merkt, wie wenig man als Frau den männlichen Machtstrukturen entgegenzusetzen hat. Und wenn man das als Leserin verfolgt, fragt man sich nach den #metoo Debatten der letzten Jahre unweigerlich, ob Hollywood in den 1950er Jahren stehen geblieben ist…

 

Wahrscheinlich ist es auch genau das, was die Autorin deutlich machen will – dass sich (bisher) viel zu wenig geändert hat in der Filmindustrie. Insofern halte ich das Buch, auch wenn es in den 1950er Jahren spielt, für sehr aktuell.

 

Andererseits gab es für mich doch den einen oder anderen Kritikpunkt, insbesondere in der Ausarbeitung der Handlung. Erst am Schluss erfahren die Leser von Lorettas bzw Margarets Jugend in ihrer Heimat Großbritannien. Dies wurde jedoch sehr schnell und kurz abgehandelt, dabei ist es ein essentieller Punkt, der Lorettas Handlungen in Hollywood und ihre Entwicklungen erklärt bzw. erklären soll. Ich hätte gern mehr über Lorettas Vorgeschichte erfahren - nicht nur im Rahmen eines „Knallbonbons“ am Schluss.

 

Für mich war es ein solides Buch, das wichtige Themen anspricht, das jedoch in der Umsetzung meiner Ansicht nach noch Verbesserungspotential hat.

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Veröffentlicht am 19.01.2025

Wer war Romeo wirklich?

Rosaline
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Neuerzählungen, auf Neu-Deutsch „Re-tellings“, erfreuen sich derzeit großer Beliebtheit auf dem Buchmarkt. Nachdem die griechische Götterwelt bereits die Metamorphose der modernen Neuerzählung durchlaufen ...

Neuerzählungen, auf Neu-Deutsch „Re-tellings“, erfreuen sich derzeit großer Beliebtheit auf dem Buchmarkt. Nachdem die griechische Götterwelt bereits die Metamorphose der modernen Neuerzählung durchlaufen hat, wagen sich Autoren nun an andere Klassiker der Weltliteratur.

 

Natasha Solomons hat sich die wohl größte Liebesgeschichte der Welt ausgesucht, um einen moderneren (und kritischeren) Blick darauf zu werfen. Kenner des Shakespeare-Stücks werden viele Szenen wiedererkennen, auch wenn sie diesmal aus einer ganz anderen Perspektive erzählt  werden - der von Rosaline. Heute würde man sagen, sie war Romeos Ex.

 

Denn bevor Romeo Julia liebte, liebte er Rosaline. In Shakespeares Stück kommt sie nur am Rande vor und selbst nicht zu Wort. Hier erfahren wir die Geschichte nun aus ihrer Perspektive.

 

Da zunächst erzählt wird, wie sie und Romeo sich kennen- und lieben lernen, erinnert im ersten Drittel des Buches wenig an die klassische Romeo-und-Julia-Geschichte. Statt dessen habe ich mich als Leser zu diesem Zeitpunkt noch gefragt „wo will dieses Buch denn hin?“ und war daher noch nicht wirklich überzeugt davon.

 

Doch als Rosaline plötzlich dahinter kommt, wie schnell sie als „die Einzige, die Romeo je wirklich geliebt hat“ ausgetauscht werden kann und das sogar durch ihre geliebte Cousine Julia, die kaum 14 Jahre alt ist… da nimmt die Geschichte eine Wendung. Welche, das müssen die Leser*innen dieses Buches selbst entdecken.

 

Obwohl sich Natasha Solomons an vielen Stellen an den Ablauf des Shakespeare-Stücks hält, bekommen die Szenen durch Rosalines Gegenwart völlig andere Zusammenhänge und Bedeutungen. Insofern war es interessant, das bekannte Stück mit diesem Roman in einem anderen Kontext zu sehen und ich habe großen Respekt davor, wie die Autorin es geschafft hat, Rosaline so einzubauen, dass alles trotzdem einen sinnigen Zusamenhang bekommt.

 

Mit der Sprache des Romans habe ich am Anfang ein wenig gehadert. Wie viel davon an der Übersetzung liegt, kann ich aber nicht sagen. Die Sprache liegt zwischen modern und sehr shakespeare-angelehnt. Grundsätzlich kann man einen flüssigen, modern geschriebenen Roman lesen, ab und zu kommen aber plötzlich ganz altmodische, antiquierte Formulierungen durch - wahrscheinlich soll das eine Referenz an das ursprüngliche Stück sein und immer wieder den Bezug zu Shakespeare herstellen.

 

Alles in allem fand ich diese komplett neue Sichtweise auf Romeo & Julia sehr interessant und frage mich nun, wieviel Wahrheit darin steckt. Denn Fakt ist, dass Frauen und ihre Sichtweise damals ja meist nur durch Erzählungen von Männern überliefert wurden - was durchaus eine gewisse Prägung der Erzählungen bedeutete. Könnte alles so gewesen sein wie Natasha Solomons es beschreibt? Natürlich! Einiges ist sogar sehr wahrscheinlich. Und es lohnt sich auf jeden Fall, sich auch mit dieser alternativen Beschreibung auseinanderzusetzen!



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Veröffentlicht am 19.01.2025

Wer war Romeo wirklich?

Rosaline
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Neuerzählungen, auf Neu-Deutsch „Re-tellings“, erfreuen sich derzeit großer Beliebtheit auf dem Buchmarkt. Nachdem die griechische Götterwelt bereits die Metamorphose der modernen Neuerzählung durchlaufen ...


Neuerzählungen, auf Neu-Deutsch „Re-tellings“, erfreuen sich derzeit großer Beliebtheit auf dem Buchmarkt. Nachdem die griechische Götterwelt bereits die Metamorphose der modernen Neuerzählung durchlaufen hat, wagen sich Autoren nun an andere Klassiker der Weltliteratur.

 

Natasha Solomons hat sich die wohl größte Liebesgeschichte der Welt ausgesucht, um einen moderneren (und kritischeren) Blick darauf zu werfen. Kenner des Shakespeare-Stücks werden viele Szenen wiedererkennen, auch wenn sie diesmal aus einer ganz anderen Perspektive erzählt  werden - der von Rosaline. Heute würde man sagen, sie war Romeos Ex.

 

Denn bevor Romeo Julia liebte, liebte er Rosaline. In Shakespeares Stück kommt sie nur am Rande vor und selbst nicht zu Wort. Hier erfahren wir die Geschichte nun aus ihrer Perspektive.

 

Da zunächst erzählt wird, wie sie und Romeo sich kennen- und lieben lernen, erinnert im ersten Drittel des Buches wenig an die klassische Romeo-und-Julia-Geschichte. Statt dessen habe ich mich als Leser zu diesem Zeitpunkt noch gefragt „wo will dieses Buch denn hin?“ und war daher noch nicht wirklich überzeugt davon.

 

Doch als Rosaline plötzlich dahinter kommt, wie schnell sie als „die Einzige, die Romeo je wirklich geliebt hat“ ausgetauscht werden kann und das sogar durch ihre geliebte Cousine Julia, die kaum 14 Jahre alt ist… da nimmt die Geschichte eine Wendung. Welche, das müssen die Leser*innen dieses Buches selbst entdecken.

 

Obwohl sich Natasha Solomons an vielen Stellen an den Ablauf des Shakespeare-Stücks hält, bekommen die Szenen durch Rosalines Gegenwart völlig andere Zusammenhänge und Bedeutungen. Insofern war es interessant, das bekannte Stück mit diesem Roman in einem anderen Kontext zu sehen und ich habe großen Respekt davor, wie die Autorin es geschafft hat, Rosaline so einzubauen, dass alles trotzdem einen sinnigen Zusamenhang bekommt.

 

Mit der Sprache des Romans habe ich am Anfang ein wenig gehadert. Wie viel davon an der Übersetzung liegt, kann ich aber nicht sagen. Die Sprache liegt zwischen modern und sehr shakespeare-angelehnt. Grundsätzlich kann man einen flüssigen, modern geschriebenen Roman lesen, ab und zu kommen aber plötzlich ganz altmodische, antiquierte Formulierungen durch - wahrscheinlich soll das eine Referenz an das ursprüngliche Stück sein und immer wieder den Bezug zu Shakespeare herstellen.

 

Alles in allem fand ich diese komplett neue Sichtweise auf Romeo & Julia sehr interessant und frage mich nun, wieviel Wahrheit darin steckt. Denn Fakt ist, dass Frauen und ihre Sichtweise damals ja meist nur durch Erzählungen von Männern überliefert wurden - was durchaus eine gewisse Prägung der Erzählungen bedeutete. Könnte alles so gewesen sein wie Natasha Solomons es beschreibt? Natürlich! Einiges ist sogar sehr wahrscheinlich. Und es lohnt sich auf jeden Fall, sich auch mit dieser alternativen Beschreibung auseinanderzusetzen!

 

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Veröffentlicht am 08.01.2025

Ein Leben zwischen zwei Welten  

Jenseits der Ngong Berge
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Karen Blixen, auch bekannt unter ihrem Kosenamen „Tania“ Blixen, war eine Frau, die polarisierte. Mit diesem Buch hat Maren Gottschalk versucht, ihr ambivalentes Verhalten zu beleuchten, zu erklären und ...

Karen Blixen, auch bekannt unter ihrem Kosenamen „Tania“ Blixen, war eine Frau, die polarisierte. Mit diesem Buch hat Maren Gottschalk versucht, ihr ambivalentes Verhalten zu beleuchten, zu erklären und verständlich zu machen. Sie nimmt das Leben der Autorin von „Jenseits von Afrika“ unter die Lupe, zeigt ihre Errungenschaften und Erfolge, aber auch ihre Misserfolge und Fehler auf.

 

Wenn man Karen Dinesen am Anfang des Romans kennenlernt, ist sie keineswegs eine Wohltäterin. Die Dänin ergreift ihre Chancen auf eine vermeintlich gute Partie und lässt sich blenden vom Reiz Afrikas, als ihr Mann, der Baron Blixen, dort eine Kaffeeplantage erwirbt. Ohne viel Hintergrundwissen, aber mit einer guten Portion Mut und Tatkraft, reist sie auf den „schwarzen Kontinent“ und genießt zunächst erst einmal das privilegierte Kolonialleben unter britischer Verwaltung.

 

Gleichzeitig lernt sie jedoch das Land lieben und bemüht sich von vornherein – und sehr zum Missfallen anderer Kolonialisten in ihrem Umfeld – um ein gutes Verhältnis zu den Einheimischen auf ihrer Farm. Im Laufe der Zeit wird sie zu einer hochgeachteten „Msabu“, die sich um ihre Angestellten sorgt und auch für sie sorgt.

 

Unternehmerisch jedoch kann das Ehepaar Blixen mit der Kaffeeplantage nicht richtig Fuß fassen. Die Farm ist den Wetterunbillen ausgesetzt, immer wieder lassen Missernten und Dürren die Erträge äußerst dünn ausfallen. Irgendwann muss auch die „Lioness“, wie sie von einigen genannt wird, kapitulieren und Afrika aufgeben.

 

Zurück in der Heimat Dänemark versucht sie als Schriftstellerin Fuß zu fassen, was ihr schließlich mit „Jenseits von Afrika“ und weiteren Büchern gelingt. Doch ist die Grande Dame am Ende ihres Lebens glücklich? Blickt sie reflektiert auf ihre Zeit in Afrika und den Kolonialismus zurück? Das hat Maren Gottschalk versucht in der Rahmenhandlung zu verarbeiten, in der eine junge Journalistin sie auf ihrem Landgut Rungstedlund besucht und über sie schreiben will. Karen blickt daraufhin als alte Frau auf ihr Leben zurück.

 

Ich muss sagen, mit dieser Rahmenhandlung hat Maren Gottschalk das Rad nicht neu erfunden, es ist schon ein sehr typischer „Trick“, um eine Biografie zu erzählen. Und ich hätte diese Rahmenhandlung tatsächlich nicht unbedingt gebraucht. Aber vielleicht hat sie sie als notwendig angesehen, um bestimmte (frühere) Verhaltensweisen von Karen Blixen zu einem späteren Zeitpunkt hinterfragen zu können.

 

Insgesamt bietet „Jenseits der Ngong Berge“ einen guten Überblick über Karen Blixens Leben und ihre Persönlichkeit. Wer den Film „Jenseits von Afrika“ kennt, wird natürlich gerade über die Zeit in Afrika schon viel wissen, nicht aber vielleicht über die Beweggründe, die Karen zu der einen oder anderen Tat bewegt haben. Für mich steht nach dem Lesen fest: auch wenn ich Karen nicht immer sympathisch fand und ihr Verhalten nicht immer gutheißen konnte, war sie doch einen faszinierende und tatkräftige Frau, die versucht hat, ihr bestes Leben zu leben.

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