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Veröffentlicht am 20.02.2025

Barbie und ihre „Erfinder“ - eine polarisierende Geschichte

Ein Leben für Barbie
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Barbie-Puppen sind aus Kinderzimmern seit Jahrzehnten nicht wegzudenken. Zuletzt bekam die berühmteste Puppe der Welt durch den gleichnamigen Film noch einmal einen richtigen Popularitätsschub. Pink ist ...

Barbie-Puppen sind aus Kinderzimmern seit Jahrzehnten nicht wegzudenken. Zuletzt bekam die berühmteste Puppe der Welt durch den gleichnamigen Film noch einmal einen richtigen Popularitätsschub. Pink ist in und Barbie ein größerer Star denn je. Doch wer kam eigentlich auf die Idee, eine Gelenkpuppe zu kreieren, die nicht - wie bisher üblich - einem Baby oder Kleinkind nachempfunden ist, sondern einer erwachsenen Frau mit Modebewusstsein?

 

Die Antwort wird überraschen und sie ist nicht so eindeutig, wie der Untertitel des Buches das suggeriert. Denn man kann sich durchaus seine ganz eigenen Gedanken dazu machen, ob man das, was Ruth Handler und ihre Mitarbeiter getan haben, als „Erfindung“ der Barbiepuppe werten will. Wer jetzt neugierig geworden ist, sollte selbst lesen, was es damit genau auf sich hat.

 

Und zu diesem Buch sollte man noch etwas wissen, denn ich finde er ist nicht nur „ein Roman über eine bemerkenswerte Frau“, wie der Klappentext suggeriert, sondern vor allem die Unternehmensgeschichte von Mattel, der Herstellerfirma von Barbie. Ruth Handler stand an der Spitze dieser Firma und diese war - vielleicht mehr als ihre eigenen zwei Kinder - ihr „Baby“. Sie ordnete dem Unternehmen ihr Privatleben deutlich unter und die Firma hatte immer Priorität. Doch in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts schossen auch Aktiengesellschaften wie Pilze aus dem Boden, die Wall Street boomte und wer etwas sein sollte, musste ein börsennotiertes Unternehmen haben… Das machte Mattel noch größer - aber auch anfällig für Skandale.

 

Der Roman, den Renée Rosen hier geschrieben hat, beleuchtet mehr die Unternehmensgeschichte als das Privatleben von Ruth (vielleicht auch, weil ersteres vielmehr hergibt als letzteres). Es bezieht die tatsächlich beteiligten Mitarbeiter, den engsten Kreis, ein und geht auch auf deren Lebensgeschichten ein - z.B. Jack Ryan, den genialen Chefentwickler, der für den Erfolg von Barbie und auch anderen Spielzeugen von Mattel verantwortlich war. Aber auch Charlotte Johnson, die Chef-Designerin von Barbies umfangreicher Garderobe, findet sich im Buch wieder.

 

Und so handelt es sich bei diesem Roman um eine interessante Mischung aus Romanbiografie(n) und Betrachtung der Geschichte eines Großunternehmens. Mit allen Höhen und Tiefen. Letztlich ist es - wie bei vielen solcher Firmen - eine Geschichte von Kapitalismus und Macht(gier). Auch wird beleuchtet, was Geld und Ruhm mit einem Menschen machen können (Beispiel Jack Ryan). Die Story ist unterhaltsam aufbereitet und macht Spaß zu lesen - wenn ich auch eine etwas andere Geschichte erwartet hatte.

 

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Veröffentlicht am 04.02.2025

DDR-Geschichte ganz nah

Fernwehland
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Zum wiederholten Mal entführt uns Kati Naumann ganz tief in die DDR-Geschichte. Diesmal hat sie sich das DDR-Kreuzfahrtschiff „Völkerfreundschaft“ vorgenommen und erzählt sowohl dessen wechselvolle Geschichte ...

Zum wiederholten Mal entführt uns Kati Naumann ganz tief in die DDR-Geschichte. Diesmal hat sie sich das DDR-Kreuzfahrtschiff „Völkerfreundschaft“ vorgenommen und erzählt sowohl dessen wechselvolle Geschichte als auch die von mehreren Personen, die etwas ganz Besonderes mit diesem Schiff verbindet.

 

Mit Henri erleben wir, wie ein Junge aus Radebeul bei Dresden, dessen Eltern gerade mal die Dampfschiffe auf der Elbe kennenlernen durften, sich durchkämpft, bis er seinen Traum von der Arbeit als Matrose auf hoher See verwirklichen kann. Simone stammt aus Warnemünde und kann sich nichts Schöneres vorstellen als Stewardess auf der „Völkerfreundschaft“ zu werden. Und die Schwedin Frida hat ebenfalls eine ganz besondere Beziehung zu dem Schiff, denn lange bevor es als „Völkerfreundschaft“ für die DDR fuhr, war sie schon bei der Schiffstaufe dabei, als das Schiff noch „Stockholm“ hieß und für Schweden fahren sollte und erlebte später auf der „Stockholm“ die tragischsten Momente ihres Lebens.

 

12 Schiffsnamen und zwei Schiffsunglücke später pflügt der Koloss immer noch durch die Meere - nun als „Astoria“ im Jahr 2019. Und Henri, Simone und Frida treffen sich auf diesem Schiff, auf dem alle drei aus nostalgischen Gründen noch einmal ein paar Tage verbringen wollten.

 

Kati Naumann schafft es auch diesmal wieder, einen unheimlich dichten und zeitgeschichtlich interessanten Roman zu schreiben, der einerseits die komplette Geschichte des Schiffes erzählt, andererseits aber auch die Geschichte der DDR  und seiner Bürger wieder auferstehen lässt.

 

Da ich selbst die DDR in den 80er Jahren noch als Kind erlebt habe, kamen mir so einige Dinge bekannt vor - von der SERO-Sammelaktion bis zum miserablen Fernsehempfang im Dresdener Elbtal („Tal der Ahnungslosen“). Vieles war aber auch für mich neu und insbesondere die Geschichten rund um Radebeul und die Geschichte der Dresdner Dampfschiffahrt fand ich unheimlich spannend. Und da ich selbst auch schon öfters auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs war, war auch die Geschichte der Stockholm/Völkerfreundschaft/Astoria für mich super interessant.

 

Die Charaktere, mit deren Hilfe Kati Naumann die Geschichte erzählt, sind nicht eindimensional, sondern haben ihre Ecken und Kanten (z.B. Henri), aber sie sind wunderbar ausgearbeitet und man ist dennoch oder vielleicht gerade deswegen schnell von ihnen eingenommen. Ich wäre so gern noch weiter mit Frida, Simone und Henri unterwegs gewesen und hätte ihren Erinnerungen an die schönsten, aber auch schlimmsten Zeiten ihres Lebens gelauscht. Ein rundum gelungenes Buch und ein tolles Stück Zeitgeschichte! Unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 29.01.2025

Für mich erst in der zweiten Hälfte richtig interessant

Sophia und die Suche nach Troja
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Sophia Engastromenos ist zarte 17 Jahre alt, als ihr der wesentlich ältere Deutsche Heinrich Schliemann als Heiratskandidat vorgestellt wird. Zunächst kann Sophia daher wenig anfangen mit dem Geschäftsmann, ...

Sophia Engastromenos ist zarte 17 Jahre alt, als ihr der wesentlich ältere Deutsche Heinrich Schliemann als Heiratskandidat vorgestellt wird. Zunächst kann Sophia daher wenig anfangen mit dem Geschäftsmann, der sich ausdrücklich eine griechische Frau als zweite Ehegattin wünscht. Am Ende muss Sophia sich fügen und heiratet ihn.

 

Dass sie später selbst einmal Berühmtheit erlangen wird als „die Frau von …“ und Herausgeberin der Biografie ihres berühmt gewordenen Gatten, ahnt sie zu dieser Zeit noch nicht. In der heutigen Zeit kennt man Sophia als unerschrockene Frau, die an den Ausgrabungen ihres Mannes teilnahm und das sagenumwobene Troja (mit)entdeckte.

 

Susanne Lieder blickt zurück auf das Leben von Sophia und - titelgebend - insbesondere ihre Mitwirkung bei der Suche nach der verschollenen Stadt. Doch über die erste Hälfte konnte mich das Buch nicht wirklich packen, da ich mich auf Archäologie und Abenteuer gefreut hatte. Bekommen habe ich in dieser ersten Hälfte vor allem Hauswirtschaft und eheliche Streitereien. Eigentlich hätte das Buch zu diesem Zeitpunkt eher den Titel „Sophia und die Widrigkeiten des Ehelebens“ verdient.

 

 


Wirklich interessant wurde es - zumindest für mich - erst, als es dann tatsächlich um die Grabungen in Hisarlik ging und Sophia auch dort eine größere Rolle spielte. Diesen Teil des Buches mochte ich sehr und habe neben einer spannenden Archäoloiegeschichte auch vieles darüber gelernt, wie man früher bei einer solchen Ausgrabung vorging, wie die Arbeiter behandelt wurden und  wie es zum dem berühmten Foto von Sophie kam, auf dem sie den Schmuck aus dem Schatz des Priamos trägt.

 

Ich hätte mich gefreut, wenn sich das Buch auf diese Zeit konzentriert hätte und (vielleicht nur in Rückblenden) verkürzt von der Anbahnung der Ehe und den ersten Ehejahren erzählt worden wäre. Dann hätte es mich vor allem in der ersten Hälfte mehr bei der Stange halten können. Zwar hat die Autorin mich durchgängig mit Sophia als Person erreichen können, hat sie mir nahegebracht und auch ihre Gedanken und Gefühle gut transportieren können. Ich war jedoch (auch anhand des Titels) auf einen anderen Schwerpunkt des Romans eingestellt und empfand den Anteil der Suche nach Troja daher als etwas zu gering.

 

Wer sollte das Buch zur Hand nehmen?

 

Geschichtsinteressierte Leser*innen, die ganzheitlich an der Person Sophia Schliemann (geb. Engastromenos) interessiert sind und sich nicht nur für die Geschichte rund um Troja, sondern auch für ihre ersten Ehejahre ohne Reisen und archäologischen Background interessieren.

 

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Veröffentlicht am 23.01.2025

Ein Blick hinter die Kulissen des alten Hollywood

Not your Darling
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Hollywood in den 1950er Jahren war glamourös! Diesen Eindruck hat man, wenn man alte Filme schaut oder Fotos der Leinwandgrößen von Elizabeth Taylor bis Cary Grant sieht. Doch wie so oft täuscht der erste ...

Hollywood in den 1950er Jahren war glamourös! Diesen Eindruck hat man, wenn man alte Filme schaut oder Fotos der Leinwandgrößen von Elizabeth Taylor bis Cary Grant sieht. Doch wie so oft täuscht der erste Blick.

 

Katherine Blake schickt ihre Protagonistin Loretta Darling als Visagistin mitten hinein in den Sündenpfuhl, der nach außen so strahlend schön daherkommt.

 

Loretta heißt eigentlich Margaret und ist Britin. Doch sie sucht ihr Glück in Hollywood und wird innerhalb der Filmbranche schnell als „Lip Girl“ bekannt. Doch ihr Weg ist steinig und auch ihre Vergangenheit holt sie wieder ein.

 

Wer Loretta begleitet, sollte schon ein dickes Fell haben – denn zu lesen, was hier auf Parties passiert, fordert insbesondere Frauen heraus. Loretta lernt schnell die Schattenseiten Hollywoods kennen – und merkt, wie wenig man als Frau den männlichen Machtstrukturen entgegenzusetzen hat. Und wenn man das als Leserin verfolgt, fragt man sich nach den #metoo Debatten der letzten Jahre unweigerlich, ob Hollywood in den 1950er Jahren stehen geblieben ist…

 

Wahrscheinlich ist es auch genau das, was die Autorin deutlich machen will – dass sich (bisher) viel zu wenig geändert hat in der Filmindustrie. Insofern halte ich das Buch, auch wenn es in den 1950er Jahren spielt, für sehr aktuell.

 

Andererseits gab es für mich doch den einen oder anderen Kritikpunkt, insbesondere in der Ausarbeitung der Handlung. Erst am Schluss erfahren die Leser von Lorettas bzw Margarets Jugend in ihrer Heimat Großbritannien. Dies wurde jedoch sehr schnell und kurz abgehandelt, dabei ist es ein essentieller Punkt, der Lorettas Handlungen in Hollywood und ihre Entwicklungen erklärt bzw. erklären soll. Ich hätte gern mehr über Lorettas Vorgeschichte erfahren - nicht nur im Rahmen eines „Knallbonbons“ am Schluss.

 

Für mich war es ein solides Buch, das wichtige Themen anspricht, das jedoch in der Umsetzung meiner Ansicht nach noch Verbesserungspotential hat.

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Veröffentlicht am 19.01.2025

Wer war Romeo wirklich?

Rosaline
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Neuerzählungen, auf Neu-Deutsch „Re-tellings“, erfreuen sich derzeit großer Beliebtheit auf dem Buchmarkt. Nachdem die griechische Götterwelt bereits die Metamorphose der modernen Neuerzählung durchlaufen ...

Neuerzählungen, auf Neu-Deutsch „Re-tellings“, erfreuen sich derzeit großer Beliebtheit auf dem Buchmarkt. Nachdem die griechische Götterwelt bereits die Metamorphose der modernen Neuerzählung durchlaufen hat, wagen sich Autoren nun an andere Klassiker der Weltliteratur.

 

Natasha Solomons hat sich die wohl größte Liebesgeschichte der Welt ausgesucht, um einen moderneren (und kritischeren) Blick darauf zu werfen. Kenner des Shakespeare-Stücks werden viele Szenen wiedererkennen, auch wenn sie diesmal aus einer ganz anderen Perspektive erzählt  werden - der von Rosaline. Heute würde man sagen, sie war Romeos Ex.

 

Denn bevor Romeo Julia liebte, liebte er Rosaline. In Shakespeares Stück kommt sie nur am Rande vor und selbst nicht zu Wort. Hier erfahren wir die Geschichte nun aus ihrer Perspektive.

 

Da zunächst erzählt wird, wie sie und Romeo sich kennen- und lieben lernen, erinnert im ersten Drittel des Buches wenig an die klassische Romeo-und-Julia-Geschichte. Statt dessen habe ich mich als Leser zu diesem Zeitpunkt noch gefragt „wo will dieses Buch denn hin?“ und war daher noch nicht wirklich überzeugt davon.

 

Doch als Rosaline plötzlich dahinter kommt, wie schnell sie als „die Einzige, die Romeo je wirklich geliebt hat“ ausgetauscht werden kann und das sogar durch ihre geliebte Cousine Julia, die kaum 14 Jahre alt ist… da nimmt die Geschichte eine Wendung. Welche, das müssen die Leser*innen dieses Buches selbst entdecken.

 

Obwohl sich Natasha Solomons an vielen Stellen an den Ablauf des Shakespeare-Stücks hält, bekommen die Szenen durch Rosalines Gegenwart völlig andere Zusammenhänge und Bedeutungen. Insofern war es interessant, das bekannte Stück mit diesem Roman in einem anderen Kontext zu sehen und ich habe großen Respekt davor, wie die Autorin es geschafft hat, Rosaline so einzubauen, dass alles trotzdem einen sinnigen Zusamenhang bekommt.

 

Mit der Sprache des Romans habe ich am Anfang ein wenig gehadert. Wie viel davon an der Übersetzung liegt, kann ich aber nicht sagen. Die Sprache liegt zwischen modern und sehr shakespeare-angelehnt. Grundsätzlich kann man einen flüssigen, modern geschriebenen Roman lesen, ab und zu kommen aber plötzlich ganz altmodische, antiquierte Formulierungen durch - wahrscheinlich soll das eine Referenz an das ursprüngliche Stück sein und immer wieder den Bezug zu Shakespeare herstellen.

 

Alles in allem fand ich diese komplett neue Sichtweise auf Romeo & Julia sehr interessant und frage mich nun, wieviel Wahrheit darin steckt. Denn Fakt ist, dass Frauen und ihre Sichtweise damals ja meist nur durch Erzählungen von Männern überliefert wurden - was durchaus eine gewisse Prägung der Erzählungen bedeutete. Könnte alles so gewesen sein wie Natasha Solomons es beschreibt? Natürlich! Einiges ist sogar sehr wahrscheinlich. Und es lohnt sich auf jeden Fall, sich auch mit dieser alternativen Beschreibung auseinanderzusetzen!



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