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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.12.2018

Eine dramatische Dreiecksgeschichte

Piccola Sicilia
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Piccola Sicilia ist anders als andere Kriegsromane. Es erzählt den 2. Weltkrieg aus einer Perspektive, die den meisten Deutschen völlig unbekannt sein dürfte: aus der Sicht der Juden von Tunis. Es ist ...

Piccola Sicilia ist anders als andere Kriegsromane. Es erzählt den 2. Weltkrieg aus einer Perspektive, die den meisten Deutschen völlig unbekannt sein dürfte: aus der Sicht der Juden von Tunis. Es ist eine dramatische Geschichte, die zeigt, wie Menschen sich verändern mit dem, was sie erleben (müssen).

Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen. Einmal in der jetzigen Zeit, als die Enkelin von Moritz Reincke versucht, Informationen über ihren verschollenen Großvater zu sammeln. Der viel größere Teil ist aber Moritz‘ Geschichte – wie er als Fotograf nach Tunis kam und dort eine Familie zu seinem Schicksal wurde.

Hauptpersonen sind neben Moritz auch Victor, ein junger Pianist, und dessen Adoptiv-Schwester Yasmina. Während ich die Taten und Ansichten von Moritz gut nachvollziehen konnte, blieb mir Yasmina in ihrer leidenschaflichen Zuneigung zu ihrem Bruder (die an Fanatismus grenzte) ein wenig fremd. Es mag ihr südliches Temperament sein, das ich als spröde Nordeuropäerin nicht immer ganz nachvollziehen konnte.

Dennoch – das Buch erzählt eine dramatische und tragische Geschichte, wie sie nur ein Krieg schreiben kann. Und sie ist gerade deshalb besonders lesenswert.

Veröffentlicht am 05.12.2018

Geschichte aus der Wendezeit

Das Gutshaus - Glanzvolle Zeiten
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Ich muss zugeben, ich hab mich bei diesem Buch auf eine etwas falsche Fährte locken lassen… Als Fan der „Tuchvilla“-Trilogie wanderte natürlich auch der Auftakt zur Gutshof-Saga auf meine Wunschliste und ...

Ich muss zugeben, ich hab mich bei diesem Buch auf eine etwas falsche Fährte locken lassen… Als Fan der „Tuchvilla“-Trilogie wanderte natürlich auch der Auftakt zur Gutshof-Saga auf meine Wunschliste und ich erwartete eine Geschichte in eben dieser Tradition. Habe mir sowas vorgestellt wie die Ostpreußen-Trilogie von Ulrike Renk (also einen historischen Roman aus der Zeit der Weltkriege, in dessen Mittelpunkt eine Gutsherrenfamilie steht).

Und nun war ich ganz schön überrascht, als sich der historische Weltkriegs-Roman als zeitgeschichtlicher Wende-Roman entpuppte! Denn der Hauptteil des Buches spielt in den Jahren 1990/91, während der historische Erzählstrang aus der Zeit von 1939 bis 1946 nur einen verhältnismäßig kleinen Teil einnimmt. Aus meiner Sicht geht das aus dem Klappentext nicht wirklich hervor – oder ich habe ihn zu „voreingenommen“ gelesen. Auch das Cover deutet für mich eher auf einen historischen Roman hin. Hier könnte man als Buchkäufer jedenfalls in eine kleine Falle tappen und dann etwas enttäuscht sein.

Ich fand die Geschichte trotzdem interessant, wenn auch teilweise recht hart den Ostdeutschen gegenüber. So einige Aussagen über die „Ossis“ empfand ich, die noch ihre Kindheit in der DDR verbracht hat, schon als unangenehm und negativ wertend. Da hätte ich mir mehr Fingerspitzengefühl gewünscht. Auch die Thematik der Enteignungen und Rückabwicklungen nach der Wende verdient es aus meiner Sicht, sich mit ihr differenzierter auseinanderzusetzen als das in diesem Roman getan wurde.

Auch wenn mich das Buch recht gut unterhalten hat – diesmal kann ich leider keine fünf Sterne auspacken… für mich waren’s nur drei.

Veröffentlicht am 30.11.2018

Noch besser als Teil 1!

Die Frauen vom Löwenhof - Mathildas Geheimnis (Die Löwenhof-Saga 2)
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In Teil 2 der Löwenhof-Saga begleiten wir Matilda auf ihrem Lebensweg. Die Hauptfigur aus Teil 1, Gräfin Agneta Lejongard, taucht hier als gestandene Frau und Gutsherrin wieder auf und spielt auch noch ...

In Teil 2 der Löwenhof-Saga begleiten wir Matilda auf ihrem Lebensweg. Die Hauptfigur aus Teil 1, Gräfin Agneta Lejongard, taucht hier als gestandene Frau und Gutsherrin wieder auf und spielt auch noch eine wichtige Rolle in diesem Buch. Die Verknüpfung der beiden Teile ist also wunderbar gelungen.

Mir hat die Geschichte von Matilda noch besser gefallen als die von Agneta. Vielleicht hat es auch daran gelegen, dass ich diesen zweiten Band als Hörbuch genossen haben, während ich bei Band 1 ein Tablet mit einem 700 Seiten langen ebook in der Hand hatte. Für mich ist nun ganz klar: diese Saga hört sich für mich besser als dass sie sich liest  Deshalb werde ich wohl auch beim Abschlussband wieder zum Hörbuch greifen.

Matildas Geschichte beginnt damit, dass ihre Mutter verstirbt und Agneta als Vormund auf den Plan tritt, bis Matilda volljährig ist. Matilda ist sehr verwundert, dass eine Gräfin zu ihrem Vormund bestimmt wird und findet die Zusammenhänge erst recht spät heraus. Sie muss während des zweiten Weltkriegs eine schwierige Zeit durchmachen, verliert liebe Menschen und kämpft gleichzeitig darum, als Frau im Arbeitsleben anerkannt zu werden. Ihr Lebensweg ist sicher exemplarisch für viele junge Menschen aus dieser Zeit. Umso spannender war es, diesem Lebensweg zu folgen und der – aus meiner Sicht wirklich guten – Sprecherin zu lauschen.

Ganz am Ende macht der Leser die Bekanntschaft von Solveig – der künftigen Romanheldin in Teil 3. Ich freue mich jetzt schon auf ihre Geschichte.

Veröffentlicht am 30.11.2018

Den liest man in einem Rutsch!

Muttertag (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 9)
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Nele Neuhaus‘ neuer Krimi „Muttertag“ hat ähnlich wie der Vorgänger „Im Wald“ einen verzwickten Plot mit vielen Figuren und Wendungen – so wie auch schon die Vorgänger, die ich kenne. Ich bin als „Späteinsteiger“ ...

Nele Neuhaus‘ neuer Krimi „Muttertag“ hat ähnlich wie der Vorgänger „Im Wald“ einen verzwickten Plot mit vielen Figuren und Wendungen – so wie auch schon die Vorgänger, die ich kenne. Ich bin als „Späteinsteiger“ ca. ab Band 4 in die Serie eingestiegen, verbinde aber zwischenzeitlich mit der Taunus-Krimireihe gute und spannende Unterhaltung.

Auch diesmal hat Nele Neuhaus es geschafft, mich sofort mitzunehmen und mich „mitermitteln“ zu lassen. Unweigerlich habe ich im Kopf ab und zu verschiedene Konstellationen durchgespielt und mir überlegt, wie alles zusammenhängen könnte... dabei hab ich des Öfteren die Zeit vergessen und das Buch quasi in einem Rutsch durchgelesen. Genau das macht für mich einen guten Kriminalroman aus.

Die Figuren Pia Sander und Oliver von Bodenstein sind mittlerweile ja auch feste Größen in der deutschen Krimilandschaft. Nachdem beim letzten Mal Oliver und seine Vergangenheit im Mittelpunkt stand, geht es diesmal (auch) um das Umfeld von Pia. Ob es wirklich glaubhaft ist, dass beide Ermittler durch ihre Vergangenheit (oder die ihrer Familie) in ihre eigenen Kriminalfälle mit hineingezogen werden, mag mal dahingestellt sein. Spannend ist es auf jeden Fall und mal ehrlich – wie soll man denn beim 8. Fall immer noch einen draufsetzen, ohne dass man mal ein Stück von dem abweicht, was wahrscheinlich ist? Ich kann’s auf jeden Fall gut verschmerzen, denn der Fall war sehr gut aufgebaut und durch die vielen Möglichkeiten (Täter? Beteiligte?) auch hervorragend umgesetzt.

Einzig am Ende (Achtung, Spoiler!) die Szene mit dem Flugzeug fand ich etwas übertrieben. Aber vielleicht wurde da schon an den gigantischen Effekt bei einer möglichen Verfilmung gedacht... Sei’s drum – ich fand auch diesen Taunus-Krimi wieder richtig klasse und freue mich schon auf den nächsten Band!

Veröffentlicht am 20.11.2018

Wir alle sind Teil vieler Zöpfe…

Der Zopf
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„Ich widme meine Arbeit all den Frauen, die durch ihre Haare miteinander verknüpft sind wie zu einem großen Seelengeflecht.“ sagt die Perückenmacherin im Epilog dieses Romans. Und wie kunstvoll eine solche ...

„Ich widme meine Arbeit all den Frauen, die durch ihre Haare miteinander verknüpft sind wie zu einem großen Seelengeflecht.“ sagt die Perückenmacherin im Epilog dieses Romans. Und wie kunstvoll eine solche Verknüpfung beschrieben werden kann, zeigen die drei Geschichten, die in diesem Buch zueinanderfinden.

Es sind die Geschichten von Smita, einer indischen „Unberührbaren“. Von Giulia, einer jungen Sizilianerin, deren Vater eine Perückenknüpferei besitzt. Und von Sarah, einer erfolgreichen Staranwältin aus Montreal. Natürlich ahnt man früh in diesem Buch, wie die Leben dieser drei Frauen miteinander verbunden sind. Aber das wurde anhand der drei interessanten Frauenschicksale für mich auch nebensächlich.

Besonders berührt hat mich die Geschichte von Smita. Ich gehe davon aus, dass die Autorin die Lebensumstände der indischen „Unberührbaren“ gut recherchiert hat und deshalb hat es mich tief getroffen, was ich lesen musste. Während ich jeden Tag gut genährt meiner geregelten Arbeit nachgehe, einen ebenso geregelten Feierabend habe, außerdem genügend Geld für ein schönes Zuhause und die kleinen und großen Annehmlichkeiten des Lebens, hat Smita… nichts. Weder genug zu essen, noch Bildung, noch Perspektiven für ihre kleine Tochter. Es ist zuweilen schon grausam, was die Autorin hier in unaufgeregter Sprache erzählt. Aber ich fürchte es ist die Wahrheit und diese Geschichte war wieder einmal ein Anlass, demütig zu werden und mich beim Schicksal zu bedanken, dass es mir ein so sorgenfreies Leben geschenkt hat.

Auch die beiden anderen Geschichten sind lesenswert. Die junge Giulia muss früh ihren eigenen Weg im Leben finden. Sarah will mit Durchhaltevermögen und eisernem Willen ihrer Krankheit trotzen und merkt, dass sie ihre Kraft für ganz andere Dinge einsetzen muss, als sie in ihrer renommierten Großkanzlei plötzlich nicht mehr als leistungsfähig eingeschätzt wird. Sie macht einen harten Lernprozess durch, der ihr Leben von Grund auf ändert.

Am Ende sind es drei vollkommen unterschiedliche Leben, die hier beschrieben werden. Und doch haben alle ihre Kämpfe auszufechten – die eine mehr, die andere mutmaßlich weniger. Und trotzdem fügen sich ihre Geschichten zu einem versöhnlichen Ende, das eigentlich kein Ende ist (mehr soll nicht verraten werden). Ich habe aus diesem Buch gelernt, dass sich wohl viele Dinge gegenseitig beeinflussen, auch wenn man das selbst vielleicht gar nicht wahrnimmt. Und dass unscheinbare Dinge, die wir tun, anderen eine große Hilfe sein können.

Es tat gut, daran mal wieder erinnert zu werden. In welchem Zopf wohl Taten von mir stecken?