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Veröffentlicht am 10.11.2018

Frauenschicksale im noch jungen 20. Jahrhundert

Die Frauen der Familie Marquardt
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Zunächst mal: dieses Buch ist vordergründig Unterhaltungslektüre. Aber: warum sollte Unterhaltungslektüre nicht auch gesellschaftliche Themen aufgreifen, die geschichtlich von großer Bedeutung sind? Ich ...

Zunächst mal: dieses Buch ist vordergründig Unterhaltungslektüre. Aber: warum sollte Unterhaltungslektüre nicht auch gesellschaftliche Themen aufgreifen, die geschichtlich von großer Bedeutung sind? Ich war (positiv!) überrascht, in diesem Roman einige davon zu finden…

Denn an sehr vielen Stellen wird die Rolle der Frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts gespiegelt. Es gibt in diesem Buch ja einige Frauenfiguren, und so ziemlich jede hat an irgendeiner Stelle mit ihrer Rolle oder dem gesellschaftlichen Standesdenken zu hadern. Da ist Louisa, älteste Tochter des Kaufhausbesitzers Caspar Marquardt. Trotz guter Ideen, Engagement und bereits langer Mitarbeit im Kaufhaus des Vaters kann sie das Kaufhaus nicht erben – statt dessen holt der Vater einen entfernten (männlichen) Verwandten nach Köln, der sein Nachfolger werden soll. Ein Schlag ins Gesicht für die ehrgeizige junge Frau. Dann gibt es Mathilda, eine illegitime Tochter von Caspar, die er jedoch anerkannt hat. Er hat ihr eine Stelle im Kaufhaus verschafft – aber trotz ihrer offensichtlichen Qualitäten als Dekorateurin scheut er sich davor, ihr eine gehobene Position anzubieten. Eine Frau als Chefdekorateurin und noch dazu seine uneheliche Tochter – nein, wie soll denn das aussehen? Außerdem ist da Olga, eine noch recht junge Witwe, die sich gezwungen sieht Caspar zu erobern und durch eine Heirat mit ihm ihre Existenz zu sichern, die ansonsten auf wackeligen Füßen stünde. Und es gibt da Frau von Beltz, deren Mann sie liebt. Dennoch werden beide von der Gesellschaft geschnitten, weil das Gerücht geht, sie habe in der Vergangenheit ihren Lebensunterhalt auf zweifelhafte Weise verdient.

Alle Frauen haben unterschiedliche Probleme – und dennoch reduziert sich das Problem letztlich auf die (untergeordnete) Rolle der Frau im beginnenden 20. Jahrhundert. Dabei hat die Autorin das wunderbar in die Geschichte verpackt, so dass es weder aufdringlich noch belehrend wirkt. Und bei allen Debatten um (immer noch) ausstehende Geschlechtergerechtigkeit heutzutage habe ich gesehen, welch weiten Weg die Frauen in den letzten 100 Jahren schon erfolgreich zurückgelegt haben. Schön, dass einem dieser positive Aspekt auch mal in unterhaltender Weise vor Augen gehalten wird.

Kurz gesagt:
Ein Buch, das die Blütezeit der ersten pompösen Kaufhäuser zurückholt. Dazu ein Plädoyer für Frauenrechte. Ein toller historischer Roman!

Veröffentlicht am 10.11.2018

Bin unschlüssig, was ich zu diesem Buch sagen soll…

Die Hungrigen und die Satten
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Ich hatte beim Lesen von Timur Vermes‘ neuem Roman natürlich immer im Hinterkopf, dass es hier um Satire geht. Darum, etwas überspitzt darzustellen, es ein wenig zu verfremden, andererseits aber auch mal ...

Ich hatte beim Lesen von Timur Vermes‘ neuem Roman natürlich immer im Hinterkopf, dass es hier um Satire geht. Darum, etwas überspitzt darzustellen, es ein wenig zu verfremden, andererseits aber auch mal den Nagel voll auf den Kopf zu treffen. All das tut der Roman auch – und trotzdem bin ich mir sehr unschlüssig, was ich davon halten soll. Deshalb kann ich auch nur ganz allein für mich sprechen, wenn ich Folgendes sage:

Trotz aller Satire fehlte mir eine gewisse Logik hinter dem, was in diesem Roman passiert. Ich habe mich gefragt: Würde ein C-Klasse-TV-Sternchen aus der Casting-Schmiede tatsächlich nach Afrika gehen und dort plötzlich einen 1a-Sinneswandel weg vom Glitzerturnschuh und hin zur Trekkingsandale hinlegen? Und dann mit einem Flüchtlingstreck mehr als 1,5 Jahre (!) täglich 15 km bis nach Europa laufen??? Nein, dachte ich mir, Satire hin oder her – aber an der Stelle hätte es für mich logischer, glaubhafter sein müssen, was da abläuft. Doch das war es für mich nicht und so hatte ich immer im Hinterkopf, dass es sich eigentlich um eine völlig absurde Geschichte handelt.

Natürlich bekommt hier jedes Genre sein Fett weg: die Medien, die Politik, die Meinungsmacher des Internet-Zeitalters. Und insofern muss man sagen: das ist auch mal gut so. Die Frage ist nur: kratzt die das in irgendeiner Weise? Wahrscheinlich nicht. Meiner Meinung nach ist es schon wichtig, dass ein Buch wie dieses geschrieben wurde. Dass das Thema Flüchtlinge aufgegriffen und gespiegelt wird. Und ich bin mir auch sicher, dass das Buch polarisieren wird (so ist es ja sicher auch gedacht). Trotzdem bleibe ich dabei: die Thematik hätte – für meine Begriffe – besser umgesetzt werden können.

Veröffentlicht am 01.11.2018

Diesmal leider ein wenig betulich…

Cyrus Doyle und die Kunst des Todes
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Wird Cy älter und phlegmatischer? Habe ich nach dem kürzlichen Knaller „Die Suche“ (Charlotte Link) zu hohe Erwartungen? Oder laufen Mordermittlungen auf Guernsey einfach immer ein wenig temperamentärmer ...

Wird Cy älter und phlegmatischer? Habe ich nach dem kürzlichen Knaller „Die Suche“ (Charlotte Link) zu hohe Erwartungen? Oder laufen Mordermittlungen auf Guernsey einfach immer ein wenig temperamentärmer ab als anderswo?

Eigentlich liebe ich die Guernsey-Krimis um DCI Cyrus Doyle. Und auch diesmal passt grundsätzlich wieder alles zusammen. Eine tolle Insel, deren Charme in Büchern noch nicht zer-schrieben wurde, ein Mord am Strand, den es schnellstmöglich aufzuklären gilt, ein mysteriöser Zeuge, der mehr zu sein scheint als er vorgibt und ein sympathisches Ermittlerteam, das weiß was es tut. Und trotzdem…der Funke wollte diesmal nicht so richtig überspringen. Weder entwickelte der Fall für mich sonderliche Anziehungskraft noch war die Interaktion im Ermittlungsteam so richtig mitreißend.

Besonders vermisst habe ich eine Entwicklung zwischen Pat und Cy – die zwei kommen einfach nicht vorwärts miteinander. Das mag zwar durchaus realistisch sein, aber für mich als Leser war es unbefriedigend. Irgendeine Entwicklung in ihrer Beziehung hätte es geben müssen. Seit Buch eins weiß Cy, dass er seine Jugendliebe zurückerobern möchte und seit Buch eins weiß auch Pat, dass sie im Grunde ihres Herzens nicht abgeneigt ist. Aber es ist wie verhext. Am liebsten möchte man selbst den Kuppler spielen. Aber leider liegt das ja nicht in der Macht eines Lesers…

Trotz allem war es ein lesenswerter Krimi. Aber er konnte mich diesmal nicht so recht überzeugen und ich hoffe sehr, dass der nächste Fall wieder mehr Bewegung in diese Buchreihe bringt.

Veröffentlicht am 27.10.2018

Der perfekte Krimi für einen stürmischen Herbsttag

Die Suche
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Dieses Buch hat einfach alles, was ich von einem guten Krimi erwarte: eine Atmosphäre, die einen sofort in den Bann zieht, undurchsichtige Charaktere, die für Spannung sorgen, vielschichtige Protagonisten ...

Dieses Buch hat einfach alles, was ich von einem guten Krimi erwarte: eine Atmosphäre, die einen sofort in den Bann zieht, undurchsichtige Charaktere, die für Spannung sorgen, vielschichtige Protagonisten und zahlreiche unerwartete Wendungen.

Ich mag den Ermittler Caleb Hale, obwohl er ein Alkoholproblem hat und obwohl er (dadurch?) nicht der beste Kommissar zu sein scheint. Charlotte Link hat den Mut, dem Leser keinen „Super-Ermittler“ vor die Nase zu setzen. Viele Leser erwarten ja von einem Krimi, dass er eine starke Hauptfigur hat, von der sie regelrecht durch den Fall geführt werden. Das ist hier absolut nicht der Fall. Dafür gibt es Kate Linville, die zwar eine wirklich gute Polizistin, aber gleichzeitig ein scheuer Mensch ohne Selbstbewusstsein ist. Sie wirkt auf mich nicht immer sympathisch und ich denke, das kommt daher, weil sie eben nicht „stark“ wirkt. Wie stark sie tatsächlich ist, wird man aber nach der Lektüre dieses Buches wissen. Manchmal gehört weniger Mut dazu, sich mit Verbrechern anzulegen als mit den eigenen Unzulänglichkeiten. Ich finde, Kate macht in diesem Buch eine so tolle Entwicklung als Mensch durch – das hat mir richtig gut gefallen.

Der Fall ist auch vom Feinsten. Im Mittelpunkt stehen 3 entführte junge Mädchen. Eine seit Jahren vermisst, die andere nach einem Jahr tot aufgefunden und ein drittes Mädchen, das an dem Tag verschwindet, als die Leiche des anderen Mädchens auftaucht. Ich fand es genial, wie Charlotte Link diese drei Handlungsstränge verbindet und wie sie mit den Erwartungen des Lesers spielt – denn auch wenn man noch so viele Möglichkeiten in Betracht zieht, ich wette, die wenigsten Leser werden die tatsächlichen Zusammenhänge ahnen.

Nach diesem Krimi hoffe ich sehr, dass die Reihe um Caleb Hale und Kate Linville weitergeht! Denn von solchen Büchern hätte ich gern noch viel mehr!

Veröffentlicht am 19.10.2018

So einen Arzt will ich auch!

Ein Landarzt zum Verlieben
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Also ich muss schon sagen – wenn ich so einen Arzt wie Dr. Berner hätte, würde mir wahrscheinlich ständig irgendwas fehlen, was ärztlicher Behandlung bedürfte hihi Er ist eben ein Mann zum Träumen... und ...

Also ich muss schon sagen – wenn ich so einen Arzt wie Dr. Berner hätte, würde mir wahrscheinlich ständig irgendwas fehlen, was ärztlicher Behandlung bedürfte hihi Er ist eben ein Mann zum Träumen... und das merkt auch Krankenschwester Isa schnell, als der smarte Mediziner die Vertretung des erkrankten Landarztes antritt. Sie ist hin und weg von ihm, steht sich aber mitunter selbst im Weg, wenn es darum geht den Traummann zu erobern.

Bei diesem Roman stimmt einfach alles – das idyllische Setting auf dem Lande, die herzerfrischende Isa, die turbulenten Nebenhandlungen und natürlich die romantische Liebesgeschichte. Der Humor kommt in diesem Buch auch nicht zu kurz und er wirkt nicht „aufgesetzt“ oder bemüht, wie in einigen anderen Romanen, die ich gelesen habe. Das hat mir gut gefallen und dadurch ist mir Isa, die hier in der Ich-Perspektive erzählt, zu einer sympathischen Begleiterin geworden. Ich hab ihr von Herzen gewünscht, dass sie mit Aaron glücklich wird...

Kurzum: dies ist der perfekte Roman zum Abschalten und Träumen für die Generation... ich sag mal, bis 45. Protagonistin Isa ist 28 und ich denke, dass Leserinnen, die älter sind als 45 Jahre, sich eventuell nicht mehr so ganz mit ihr identifizieren können. Zum Teil ist mir das nämlich als End-Dreißigerin auch schon an manchen Stellen aufgefallen, deshalb dieser kleine Hinweis.

Alles in allem aber war es einfach ein spritziger Roman, der dem angestaubten „Landarzt-Image“ wieder etwas Farbe verleiht.