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Veröffentlicht am 11.12.2018

Wo ist Lenobel?

Bruder und Schwester Lenobel
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Michael Köhlmeier – Bruder und Schwester Lenobel

Eine Familiengeschichte, die den roten Faden doch ab und an verliert.

„Wo ist Robert Lenobel? Ist der Wiener Psychiater wirklich verrückt geworden? Seine ...

Michael Köhlmeier – Bruder und Schwester Lenobel

Eine Familiengeschichte, die den roten Faden doch ab und an verliert.

„Wo ist Robert Lenobel? Ist der Wiener Psychiater wirklich verrückt geworden? Seine Frau Hanna ist ganz sicher. Aber Jetti kennt ihn besser, sie kennt ihn schon immer, sie kennt ihn ein Leben lang – sie ist seine Schwester. Und sie kennt die eigene, sehr ungewöhnliche Familie. In der ist immer mit allem zu rechnen.“ (Klappentext)

Eine Familiengeschichte, die mit dem plötzlichen Verschwinden des Wiener Psychiaters Robert Lenobel, quasi von hinten aufgerollt wird. Beginnend bei Lenobel und seiner Frau, sowie seiner Schwester Jetti, umfasst sie auch noch die Lebensgeschichte der depressiven Mutter und wirft die Frage auf, wie uns Kindheitserlebnisse prägen bzw. unser ganzes Leben beeinflussen können.
Generell spricht Köhlmeier ganz viele hochinteressante Lebensfragen und -weisheiten an.
Er hat einen guten, sehr angenehmen Erzählstil, doch passagenweise wird er immer wieder recht abschweifend und langatmig. Mehrmals hatte ich das Gefühl, er ist von seiner eigenen Geschichte abgekommen, es geht gar nicht mehr darum Lenobel zu finden, oder auch nur zu verstehen, was passiert ist.

Die Protagonisten sind kaum geeignet, sich mit ihnen zu identifizieren, das war aber vermutlich auch nicht die Intention des Autors. Teils sind sie einfach auch zu blass gehalten, als dass der Leser Bindungen zu ihnen aufbauen könnte.

Ein inhaltlich anspruchsvoller Roman, der sich viel mit Psychologie beschäftigt. Auch das jüdische Kulturgut spielt eine Rolle. Gerade die vielen psychologischen Überlegungen fand ich sehr interessant.

Insgesamt also ein besonderer Roman mit unheimlich großem Potential, der dem Leser dennoch einiges an gutem Willen und Durchhaltevermögen abverlangt. Meiner Meinung nach, hätte sich der Autor auf die Hälfte der Seitenzahl beschränken können.

Veröffentlicht am 26.11.2018

Konnte mich leider nicht überzeugen

Dunbar und seine Töchter
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Edward St Aubyn – Dunbar und seine Töchter

"Die kahlen Bäume, die ihre Zweige hysterisch in alle Himmelsrichtungen streckten, erinnerten ihn an Illustrationen des von Krankheit gezeichneten Zentralen ...

Edward St Aubyn – Dunbar und seine Töchter

"Die kahlen Bäume, die ihre Zweige hysterisch in alle Himmelsrichtungen streckten, erinnerten ihn an Illustrationen des von Krankheit gezeichneten Zentralen Nervensystems: Studien des menschlichen Leids, anatomisch exakt dargestellt am Winterhimmel." Seite 44

Hierbei handelt es sich um eine moderne Fassung von Shakespeares König Lear. Vermutlich sollte ich einfach keine Adaptionen von großen Klassikern lesen, mir ist nämlich aufgefallen, dass ich dabei eine recht kritische Herangehensweise habe.
Der Plot ist sehr nahe am Original gehalten, nur dass er der heutigen Zeit angepasst wurde. Natürlich kann man den Roman auch völlig unabhängig lesen, dann aber wäre er mir persönlich zu oberflächlich, irgendwie zu wenig.

Medienmogul Henry Dunbar hat seinen gewaltigen Konzern seinen beiden Töchtern Abigail und Megan übergeben. Nachdem die machtgierigen Töchter ihren Vater in ein Sanatorium verbracht haben, dämmert Dunbar, dass seine Entscheidung möglicherweise falsch war, als er seine dritte geliebte Tochter Florence verstoßen hat. Dunbar beschließt, die Anstalt zu verlassen und irrt schließlich geistig verwirrt durch die Hochmoore und Hügel des Lake District.

Gerade dadurch, dass die Handlung relativ nah am Vorbild orientiert ist, wird allerdings die Entwicklung und der Verlauf sehr vorhersehbar. Man kann das mögen oder nicht, aber wenn man König Lear kennt, erwarten einen keine großen Überraschungen mehr.
Die Übertragung dieses Werkes in unsere Zeit ist ohne Frage interessant und zeigt auf, dass die familiären Verwicklungen, die Shakespeare in seinen Stücken thematisiert, zeitlos sind.

Trotz alledem konnte mich dieser Roman nicht wirklich fesseln. Schließlich wirkte vieles auf mich sehr konstruiert und gewollt. Die Charaktere fand ich zum Teil bösartig und unsympathisch, der nette Teil der Personenbesetzung, wie Florence, blieb mir zu blass. Insgesamt fehlte mir der Zugang zur Geschichte, sowie eine gewisse weitergehende Tiefe der Handlung.

Veröffentlicht am 10.05.2024

Nicht mein Schreibstil

Weltalltage
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Weltalltage – Paula Fürstenberg
Dies ist ein recht experimenteller Text über Freundschaft und über Krankheiten, psychische wie physische.
Die Erzählerin leidet seit ihrer Kindheit an unerklärlichem Schwindel. ...

Weltalltage – Paula Fürstenberg
Dies ist ein recht experimenteller Text über Freundschaft und über Krankheiten, psychische wie physische.
Die Erzählerin leidet seit ihrer Kindheit an unerklärlichem Schwindel. Max, ihr bester Freund, war immer schon der Gesunde, der sie unterstützt. Nun erkrankt er nach dem Tod des Onkels an Depressionen und die Rollen geraten ins Wanken.
Es handelt sich hierbei weniger um einen durchgehenden Text, sondern vielmehr um Momentaufnahmen, Bruchstücke, Schlüsselmomente aus ihren Leben mit den jeweiligen Krankheiten. Es geht um die Definition von Begrifflichkeiten, Einordnungsversuche, Metaphern und viele psychologische Hintergründe ebendieser Krankheiten und wie Betroffene bzw. Angehörige damit umgehen.
Sehr gewöhnungsbedürftig ist die Erzählperspektive der zweiten Person…. Hä??? Den Sinn dahinter kann ich nicht nachvollziehen. Für mich wirkt das sehr bemüht. Ebenso wie das zutiefst nervige Gendern, das ich in Romanen absolut nicht leiden kann.
Ein wirklich sehr interessantes Thema – doch leider kam ich mit dem experimentellen Erzählstil so überhaupt nicht zurecht. So etwas wie ein Lesefluss konnte sich hier überhaupt nicht aufbauen.
2 Sterne.

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Veröffentlicht am 20.02.2024

Lebensgeschichte des Autors

Geschichte der Unordnung
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Geschichte der Unordnung – Simon Elson
Nun, vorab muss ich zu diesem Werk sagen, dass es so etwas wie eine Autobiografie ist. Simon Elson schreibt seine Erlebnisse und Erfahrungen auf. Hübsch chronologisch, ...

Geschichte der Unordnung – Simon Elson
Nun, vorab muss ich zu diesem Werk sagen, dass es so etwas wie eine Autobiografie ist. Simon Elson schreibt seine Erlebnisse und Erfahrungen auf. Hübsch chronologisch, beginnend mit der Kindheit bis zum Tod des Vaters. Ein tiefer Einschnitt, der für spätere psychische Probleme verantwortlich ist.
Simon wächst auf den ersten Blick sehr idyllisch mit drei Geschwistern in einer Waldorfkindheit auf. Sehr viel Natur, sehr viele Freiheiten. Allerdings ist ihm schon auch früh die Außenseiterrolle der Familie bewusst. Trotzdem eine behütete Kindheit, bis zum Unfalltod des Vaters, der das Ende des Bullerbü-Lebens bedeutet. Die Mutter verstummt und überlässt die Kinder sich selbst.
Bis hierher fand ich das Erzählte sehr interessant. Etwa bei der Hälfte des Buches zieht Simon nach Berlin um zu Studieren. Nun geht es sehr sehr lange nur noch um Kokain, Alkohol und Frauen. Ja, die psychischen Wunden scheinen immer wieder durch, trotzdem – absolut nicht meins, diese Schilderungen.
Ein schlichter, berichtender Schreibstil, der ganz angenehm zu lesen ist. Insgesamt hat mich diese Nacherzählung des eigenen Lebens aber überhaupt nicht berührt. Es ist eine Aufarbeitung für sich selbst oder eine Handreichung für seinen Therapeuten. Vielleicht bin ich auch einfach mit falschen Erwartungen an dieses Werk gegangen.
2 Sterne

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Veröffentlicht am 01.12.2023

Schachtelsätze

Requiem für Tante Domenica
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Requiem für Tante Domenica – Plinio Martini
Marco sitzt am Totenbett seiner Tante Domenica, einer tiefgläubigen Frau, die mit Argusaugen stets über die Moral und Frömmigkeit der Ihren gewacht hatte.
Titel ...

Requiem für Tante Domenica – Plinio Martini
Marco sitzt am Totenbett seiner Tante Domenica, einer tiefgläubigen Frau, die mit Argusaugen stets über die Moral und Frömmigkeit der Ihren gewacht hatte.
Titel als auch Thema verraten bereits, dass dies keine sonderlich leichte Lektüre ist. Tatsächlich ist Marco ein wütender junger Mann, der zwar scheinbar unbeteiligt seine Pflicht tut, der währenddessen allerhand Erinnerungen aus seiner Kindheit und Jugend im abgelegenen Bergdorf im Tessin nachhängt. Diese sind teilweise liebevoller Art seiner Tante gegenüber, meist aber voll Sarkasmus und Zorn. Und so teilt er in Gedanken aus, gegen den Glauben und die Kirche, gegen die Politik, gegen die Lebensumstände. Geradezu versteckt ist eine kleine Liebesgeschichte. Diese schafft es jedoch kaum, etwas Licht in die sehr düstere Geschichte zu bringen.
Der Autor hat einen recht literarischen Schreibstil und bedient sich dabei leider sehr häufig unnötig komplizierter Schachtelsätze (die ich gar nicht leiden kann…).
„Für die Bergbewohner gab es keine Hoffnung außerhalb ihres Glaubens, den sie arglos hinnahmen und eifersüchtig hüteten, mit der väterlichen Hilfe der Pfarrer, die wie überall auf der Welt in dieser ehrfurchtsvollen Erwartung des Jenseits die Quelle ihres Lebensunterhalts sehen.“
Zum Glück umfasst dieses Büchlein nicht einmal 200 Seiten, denn meins war das wirklich nicht.
2 Sterne.

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