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Veröffentlicht am 02.05.2021

„Die Wahrheit ist so schwer zu sagen, dass man manchmal Fiktion braucht, um sie plausibel zu machen.“ (Francis Bacon)

Die Geschichte von Kat und Easy
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1973 Laustedt. Die Teenager Katharina und Isolde sind als Kat und Easy ein unschlagbares Team: beste Freundinnen, die durch dick und dünn gehen, gemeinsam alles ausprobieren und fast alle Geheimnisse miteinander ...

1973 Laustedt. Die Teenager Katharina und Isolde sind als Kat und Easy ein unschlagbares Team: beste Freundinnen, die durch dick und dünn gehen, gemeinsam alles ausprobieren und fast alle Geheimnisse miteinander teilen. Auch dass sie sich in den gleichen Mann verlieben, bringt sie nicht auseinander, bis ein Unfall ihre innige Freundschaft entzweibrechen lässt. Erst 2018 treffen die ehemaligen Freundinnen nach mehr als 40 Jahren Funkstille auf der griechischen Insel Kreta wieder aufeinander, wo sie sich nicht nur von der Lebensfreude der Einheimischen vereinnahmen lassen, sondern sich auch der Vergangenheit stellen, die jede von ihnen bisher aus einer anderen Perspektive betrachtet hat…
Susann Pásztor hat mit „Die Geschichte von Kat und Easy“ einen unterhaltsamen und tiefgründigen Roman vorgelegt, der neben einer ehemals innigen Freundschaft und einem bitteren Zerwürfnis dem Leser auch eine schöne Reise auf die malerische griechische Insel Kreta präsentiert. Der flüssige und bildhafte Schreibstil macht es dem Leser leicht, mit Katharina mal in die Vergangenheit abzutauchen, mal in der Gegenwart zu verweilen und durch den ständigen Perspektivwechsel nicht nur die Ereignisse damals Stück für Stück mitzuerleben, sondern auch die Aufarbeitung der beiden nun erwachsenen „Ex“-Freundinnen knapp ein halbes Jahrhundert, nachdem sie zuletzt Kontakt hatten. Die Autorin versteht es wunderbar, die 70er Jahre wieder lebendig werden zu lassen. Als Leser selbst zu dieser Zeit im frühen Teenager-Alter hat man ein Déjà-Vu-Erlebnis der besonderen Art, erinnert sich an die damalige Musik, die alten Freundschaften und die Besuche im Jugendzentrum und resümiert darüber, wie viele Kontakte von früher man heute auch noch pflegt. Während die beiden in die Jahre gekommenen Frauen Kat und Easy sich langsam annähern und sich gegenseitig mit den damaligen Ereignissen konfrontieren, wird ganz deutlich, wie unterschiedlich doch die jeweilige Wahrnehmung der Dinge ist und von eigenen Sichtweisen geprägt ist. Jeder für sich hatte seine eigenen Interpretationen, die für den anderen noch lange nicht gelten. Dabei entdeckt der Leser auch die Entwicklung der einzelnen Frauen durch die Zeit und dass es gar nicht so leicht ist, die eigene Wahrheit mit der eines anderen deckungsgleich zu bekommen. Trotzdem greift das Ganze irgendwie zu kurz, denn hauptsächlich dreht sich alles um ihrer beider ehemaligen Gefühle für denselben Mann. Aber ihre Freundschaft hat sich nicht nur daraus definiert, vielmehr haben sich ihre Gemeinsamkeiten wohl nur darauf beschränkt. Mit ihren landschaftlichen Beschreibungen gibt die Autorin dem Leser zumindest einen wunderbaren Kurzurlaub, während sie peu-à-peu das Geheimnis lüftet.
Die Charaktere besitzen authentische menschliche Züge und sind lebendig in Szene gesetzt. Ihre Glaubwürdigkeit fasziniert und lässt den Leser sich in ihrer Mitte niederlassen, um beide Seiten der Medaille zu erfahren. Jedoch gelingt es leider zu keinem Zeitpunkt, dass sich hier so etwas wie Nähe zu den Protagonistinnen einstellt. Als Teenager wirkt Katharina selbstsüchtig und macht sich extrem wichtig. Als lebensberatende Bloggerin wirkt sie in sich gekehrter und empathischer. Easy ist in jungen Jahren ebenfalls noch unerfahren, zu vertrauensselig und sehr auf sich bezogen. Doch als ältere Frau ist ihr Mut und die Courage zur Kontaktaufnahme bewundernswert. Auch ihr merkt man an, dass die Zeit ihre Spuren hinterlassen hat und sie die Vergangenheit ernsthaft reflektiert.
„Die Geschichte von Kat und Easy“ ist eine interessante Geschichte über zerbrochene Freundschaften, alte Erinnerungen, eigene Wahrnehmungen und die Wahrheit, die dahinter steckt. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 01.05.2021

Huldas Neustart im Klinikum

Fräulein Gold: Der Himmel über der Stadt
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1924 Berlin. Die Hebamme Hulda Gold hat ihre neue Stelle in der Berliner Universitäts-Frauenklinik in Mitte angetreten, um sich ein geregeltes Auskommen zu sichern. Als freie Hebamme konnte sie selbständig ...

1924 Berlin. Die Hebamme Hulda Gold hat ihre neue Stelle in der Berliner Universitäts-Frauenklinik in Mitte angetreten, um sich ein geregeltes Auskommen zu sichern. Als freie Hebamme konnte sie selbständig arbeiten, nun muss sie sich den Gepflogenheiten des Klinikalltags unterordnen. Hulda kümmert sich liebevoll um die Gebärenden und die neuen Erdenbürger, auch wenn sie nicht mehr, wie gewohnt, mitten im Geschehen und während der Geburten dabei ist. Eines Tages überschattet ein tragischer Todesfall den Klinikalltag, denn dem Chef-Gynäkologen Egon Breitenstein stirbt eine junge Schwangere während eines Eingriffs unter den Händen weg. Hulda, der in letzter Zeit ungewöhnlich viele Todesfälle und auch das Konkurrieren der Ärzte bei ihren Behandlungsmethoden untereinander aufgefallen sind, fängt an, selbst nach den Ursachen zu forschen, warum die werdenden Mütter in der Klinik ihr Leben lassen…
Anne Stern hat mit „Fräulein Gold-Der Himmel über der Stadt“ den dritten Band um die Hebamme Hulda vorgelegt, der erneut mit einer spannenden, fesselnden Handlung sowie exzellent recherchiertem historischem Hintergrund den Leser von Anfang bis Ende in den Bann zieht. Mit flüssigem, bildhaftem und gefühlvollem Erzählstil nimmt die Autorin den Leser mit auf eine Zeitreise knapp 100 Jahre zurück ins alte Berlin, wo er als unsichtbarer Schatten der fleißigen Hebamme Hulda folgt, ihren neuen Klinikalltag kennenlernt, die damaligen medizinischen Vorgänge hautnah miterlebt und den wachsenden Nationalsozialismus mit Erschrecken beobachtet. Befremdlich wirkt die große Entourage, die am Bett einer Wöchnerin den Ärzten lauschen und die eigentliche Patientin kaum wahrnehmen. Hulda, die sich mit Leib und Seele nicht nur ihrer Arbeit, sondern auch den schwangeren Frauen widmet, kann sich mit den rein klinischen Aspekten so gar nicht anfreunden. Zudem widerstrebt es ihr, dass es immer noch die Männer sind, die diese Domäne für sich beanspruchen und im Kompetenzgerangel untereinander auch nicht gerade zimperlich miteinander umgehen. Umso bewundernswerter ist, dass Hulda sich durch all diese Dinge nicht einschüchtern lässt, weiterhin resolut ihre Meinung sagt und nach ihrer eigenen Maxime handelt. Ihre Beziehung zu Kommissar Karl North ist merklich abgekühlt, denn er ist nicht nur auf Mörderjagd, sondern verfällt auch immer mehr dem Alkohol. Wieder einmal gelingt es Anne Stern hervorragend, das Kopfkino beim Leser anspringen zu lassen, denn er darf neben dem Klinikalltag gemeinsam mit Hulda nachts durch Berlin streifen und so manche Kaschemme besuchen.
Die Autorin hat ihre Charaktere glaubhaft weiterentwickelt und lebendig in Szene gesetzt. Ausgestattet mit menschlichen Ecken und Kanten erobern sie schnell des Lesers Herz, der gar nicht anders kann als mit ihnen zu hoffen und zu fiebern. Hulda ist ein Ausbund an Fleiß, Stärke und Hilfsbereitschaft. Als unkonventionelle Frau, die ihr Herz auf der Zunge trägt und Diplomatie vermissen lässt, kann man sie nur bewundern. Gleichzeitig ist sie bei ungelösten Problemen wie ein Pitbull, lässt nicht locker, bis sie die Lösung gefunden hat, auch wenn es sie in Schwierigkeiten bringt. Karl findet im Alkohol kurzfristig Erlösung, hat seine eigenen Pläne abgeschrieben und kapselt sich immer mehr ab. Kioskbesitzer Bert ist Hulda ein guter Freund, der diesmal selbst durch einiges durch muss. Aber auch Dr. Redlich, Frau Klopfer, Dr. Breitenstein und einige andere Protagonisten lassen die Spannung in dieser Geschichte immer wieder steigen.
„Fräulein Gold-Der Himmel über der Stadt“ punktet neben einem bildhaftem historischem Hintergrund, einer herausragenden Hauptprotagonistin und einer fesselnden Handlung. Der Leser klebt bis zum Schluss an den Seiten. Ein Pageturner mit Kopfkino-Garantie! Absolute Leseempfehlung!!!

Veröffentlicht am 01.05.2021

„Wir fotografieren, damit wir eine Rückfahrkarte zu einem Moment haben, der sonst verloren wäre.“ (Kathie Thurmes)

Die Frau auf dem Foto
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2018. Die Historikerin Erica kommt nach der Entdeckung von alten Fotos und Erinnerungsstücken auf die Idee, eine Ausstellung über das Lebenswerk der berühmten Fotografin Veronica Moon zu machen, die in ...

2018. Die Historikerin Erica kommt nach der Entdeckung von alten Fotos und Erinnerungsstücken auf die Idee, eine Ausstellung über das Lebenswerk der berühmten Fotografin Veronica Moon zu machen, die in den 1970er bis hin in die 80er Jahre sehr erfolgreich und mit Ericas Tante Leonie Barratt eng befreundet war. Zu diesem Zweck trifft sie sich einige Male mit Veronica, die inzwischen sehr zurückgezogen von der Öffentlichkeit lebt, um die Geschichten hinter den von ihr ausgewählten Fotos zu kennenzulernen. Dabei erfährt Erica auch über Veronicas Kampf für die Emanzipation und Gleichberechtigung von Frauen zur damaligen Zeit. Erica würde gerne auch noch mehr über ihre verstorbene Tante Leonie wissen, doch über die genauen Todesumstände Leonies schweigt sich Veronica aus. Ob Erica Veronica doch noch die Wahrheit erfahren und das Geheimnis um Leonie lüften wird?
Stephanie Butland hat mit „Die Frau auf dem Foto“ einen unterhaltsamen, historischen Roman vorgelegt, der nicht nur mit einer eindrucksvollen, tiefgründigen Geschichte, sondern auch mit herausragenden Protagonisten überzeugen kann. Der flüssige, bildgewaltige und anrührende Erzählstil lässt den Leser nicht nur eine Zeitreise antreten zurück in die wilden 60er Jahre, wo er auf Veronica Moon und Leonie Barratt trifft und nach und nach deren gemeinsame Geschichte erfährt, sondern gibt ihm auch mit der Gegenwart die Möglichkeit, die Ausstellungsvorbereitungen von Erica und Veronicas Erzählungen mitzuerleben. Durch wechselnde Perspektiven sowie zusätzlich eingefügte Stilmittel wie Leonis Kolumnen- und Veronicas Lehrbuchauszüge wird dem Leser die besondere Beziehung zwischen den beiden Frauen ebenso deutlich gemacht wie deren Kampf für die Gleichberechtigung der Frauen, die bis heute nur in Trippelschritten erreicht wurde und noch lange nicht am Ziel angelangt ist. Spannend ist der Vergleich zwischen den Frauen von damals und heute allemal, denn obwohl sich auch in der Gegenwart viele Frauen aktiv dem Kampf für mehr Rechte widmen, hat sich in einem halben Jahrhundert erschreckend wenig für sie verändert, sie werden weiterhin meist von Männern dominiert, kurz gehalten und unterdrückt, ob beruflich oder privat. Das Geheimnis um Leonis Tod wird erst nach und nach aufgedeckt und hält den Leser ebenso bis zum Ende in Atem, wobei er genügend Zeit hat, gedanklich eigene mutmaßliche Szenarien zu entwickeln.
Die Charaktere sind lebendig und ausdrucksstark inszeniert, ihre menschlichen Eigenschaften wirken auf den Leser glaubwürdig und authentisch, so dass er ihre Lebenswege gern hautnah mitverfolgt. Veronica ist eine zurückhaltende und feinfühlige Frau, die mit ihrer künstlerischen Ader und dem Auge fürs Detail in den Bann zu ziehen vermag. Leonie dagegen ist eine Rebellin ohne Rücksicht auf Verluste, extrovertiert, frech, aufmüpfig und laut. Sie weiß ihre Worte wie Schwerter zu benutzen, so dass deren Wunden noch lange schmerzen. Erica ist ebenso intelligent wie ihre Tante Leonie, kann allerdings mehr Geduld aufbringen. Zudem steckt sie in der gleichen Falle wie die meisten Frauen, denn sie scheut Konflikte, um das zu bekommen, was ihr wie allen Frauen eigentlich rechtmäßig zusteht.
„Die Frau auf dem Foto“ ist nicht nur eine Hommage an all die Frauen, die sich tagtäglich für Gleichberechtigung und Frauenrechte stark machen, sondern unterhält mit einer spannenden Zeitreise und einer komplexen, gut durchdachten Geschichte. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 01.05.2021

Drei Cousinen gehen durch dick und dünn

Inselpfade zum Glück
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Die drei Cousinen Sophie, Heather und Kristine sind schon ewig beste Freundinnen, obwohl sie unterschiedlicher nicht sein können. Das ist auch bitter nötig, denn Sophie braucht momentan jede nur mögliche ...

Die drei Cousinen Sophie, Heather und Kristine sind schon ewig beste Freundinnen, obwohl sie unterschiedlicher nicht sein können. Das ist auch bitter nötig, denn Sophie braucht momentan jede nur mögliche Hilfe. Gerade hat sie ihre eigene Firma durch einen Brand verloren und steht vor dem Nichts. Sophie kehrt auf ihre Heimatinsel Blackberry Island zurück und plant schon, sich dort eine neue Existenz aufzubauen. Währenddessen schlägt sich Heather mit ihrer schrecklich nervigen Mutter herum und wäre am liebsten von heute auf morgen auf und davon. Und Kristine will sich endlich ihren Traum von einer eigenen Bäckerei erfüllen. Die drei Frauen haben also einige Baustellen, die es zu meistern gilt, was sie nur gemeinsam stemmen können…
Susan Mallery hat mit „Inselpfade zum Glück“ den vierten Band ihrer Blackberry-Island-Serie vorgelegt, der sich diesmal mit den drei Cousinen-Freundinnen Sophie, Heather und Kristine beschäftigt. Der Schreibstil ist gewohnt locker-flüssig und gefühlvoll, kann allerdings leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass man als Leser das Gefühl hat, das eine oder andere schon irgendwo gelesen zu haben. Die Geschichte ist zwar kurzweilig, doch diesmal nur durchschnittlich, was auch auf ihre Protagonistinnen zutrifft. Vor allem Sophie schwächelt bei der Glaubwürdigkeit. Gerade ist ihr Unternehmen ein Flammenopfer geworden, doch sie plant schon das nächste Projekt, wenn auch recht laienmäßig. Die erfolgreiche Geschäftsfrau nimmt man ihr so gar nicht ab. Und die Probleme zwischen Heather und ihrer unausstehlichen Mutter zeigen nur, wie sehr Heather sich manipulieren und rumschuppsen lässt, anstatt als erwachsene Frau mal auf den Tisch zu hauen und sich zu wehren. Einzig Kristine und ihre Geschichte überzeugt, denn als Mutter von drei Kindern ist es bestimmt nicht leicht, auch noch ein eigenes Geschäft zu planen und zu eröffnen, ohne dabei Schuldgefühle zu haben. Die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den Freundinnen hat die Autorin gut eingefangen, trotzdem bleibt die Geschichte oberflächlich und sehr vorhersehbar, kann nicht so überzeugen wie andere Romane der Autorin.
Die Charaktere sind unterschiedlich ausgestaltet und in Szene gesetzt worden. Auch wenn sie dem Alltag entsprungen scheinen, bleibt der Leser auf Distanz, da sich eine Nähe zu ihnen nicht herstellen lässt. So begleitet er sie als stiller Beobachter ein Stück ihres Lebensweges, hat aber nur wenig Anteil an ihrem Schicksal. Sophie gibt sich als toughe Geschäftsfrau, die alles im Griff hat. Doch das ist alles wohl eher Fassade, denn sie stellt sich mehr als ungeschickt an, so dass man ihre Fähigkeiten schnell in Zweifel zieht. Heather ist zu gutmütig und mit einer recht hohen Toleranzgrenze ausgestattet, man wartet förmlich darauf, dass ihr mal der Kragen platzt und sie ihr Leben selbst in die Hand nimmt. Kristine ist eine liebevolle Mutter und leidenschaftliche Bäckerin, die bisher nicht gewagt hat, ihren Traum Realität werden zu lassen. Und dann ist da noch Amber, die einem von Anfang an gegen den Strich geht mit ihrer Art. Sie ist egoistisch, missgünstig, bevormundend und manipulativ, ein ewiger Dorn in Heathers Fleisch.
In „Inselpfade zum Glück“ schlägt das Schicksal einige Wellen. Es geht um neue Träume und alte Hindernisse, die gemeistert werden wollen. Ganz nett zu lesen, aber diesmal nicht der große Wurf!

Veröffentlicht am 01.05.2021

Man muss erst das Alte loslassen, damit was Neues einziehen kann…

Der Sommer der Inselfreundinnen
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Marle lebt im Haus ihres Schwiegervaters Wilhelm in einer noblen Ecke Hamburgs und trauert seit zwei Jahren um ihren Ehemann Konstantin. Bisher hat sie noch nicht ins Leben zurückgefunden und schwimmt ...

Marle lebt im Haus ihres Schwiegervaters Wilhelm in einer noblen Ecke Hamburgs und trauert seit zwei Jahren um ihren Ehemann Konstantin. Bisher hat sie noch nicht ins Leben zurückgefunden und schwimmt wie ein Stück Treibholz durch den Alltag. Wilhelm kann sich das gar nicht mehr mit ansehen und hat kurzentschlossen die Hamburger Villa verkauft, um sein neues Domizil auf der Nordseeinsel Wangerooge zu beziehen. Erst ist Marle entsetzt, doch vielleicht tut ein Tapetenwechsel doch gut und weckt die Lebensgeister. Schon auf der Fähre zur Insel macht sie unfreiwillig Bekanntschaft mit einem jungen Mann, der nicht nur umwerfend aussieht, sondern auch schlagfertig ist. Doch Marle muss erst einmal sich selbst wiederfinden, um erneut Gefühle zuzulassen. Wie gut, dass sie mit Clara, Rachel und Vicki schnell neue Freundinnen findet, die sie nach und nach aus ihrem ganz persönlichen Keller herausholen und das Leben wieder genießen lassen. Leider läuft ihr die flüchtige Fährenbekanntschaft namens Tiziano immer wieder über den Weg und verursacht ein Kribbeln bei Marle. Aber auch Wilhelm scheint jemanden für seinen zweiten Frühling gefunden zu haben…
Brigitte Janson hat mit „Der Sommer der Inselfreundinnen“ einen kurzweiligen Roman vorgelegt, der dem Leser nicht nur einen schönen Ausflug auf die malerische Insel Wangerooge beschert, sondern ihn auch an Marles Schicksal teilhaben lässt. Der locker-leichte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser schnell an Marles Seite gleiten, wo er nicht nur ihre Gedanken- und Seelenwelt näher kennenlernt, sondern auch die recht komfortablen Lebensverhältnisse in Wilhelms Haus bewundern darf. Erst nach und nach begreift der Leser, warum Marle nicht nur unter dem Tod ihres Mannes so sehr leidet, sondern weshalb sie gleichzeitig auch solche Schuldgefühle plagen. Der Umzug nach Wangerooge, der einhergeht mit schönen Beschreibungen der Insellandschaft, beschreibt gleichzeitig ein Loslassen von alten Zöpfen und den Schubs in eine unbekannte Zukunft. Die drei Frauen, die in Marles Leben treten, sind schon lange befreundet (ein Wiedertreffen mit den „Inselfreundinnen“) und ziehen Marle sofort in ihre Runde. Auch Tiziano und seine Lebensumstände lernt der Leser besser kennen. Ebenso wie Marle lebt er eher in den Tag hinein und weiß schon länger, dass es Zeit ist, etwas zu ändern. Doch dafür braucht es Mut, die sowohl Tiziano als auch Marle erst einmal aufbringen müssen. Die Geschichte ist recht vorhersehbar und manchmal fragt man sich als Leser, ob die Protagonisten aufgrund ihrer Verhaltensweisen nicht doch wesentlich jünger sind, als dargestellt.
Die Charaktere sind glaubwürdig in Szene gesetzt und laden den Leser ein, einen Teil des Weges mit ihnen zu gehen. Doch irgendwie stellt sich keine große Nähe ein, so dass der Leser eher wie ein Beobachter fungiert und den Ereignissen folgt. Marle wirkt trotz ihres Alters und ihrer Lebenssituation oftmals sehr naiv, unsicher und ängstlich. Außenstehende hält sie auf Abstand, beäugt sie misstrauisch, zudem wirkt ihre Trauer manchmal auch eher wie Selbstmitleid. Wilhelm dagegen ist ein warmherziger, lebensfroher Mann, der in seinem Alter noch ein Abenteuer wagt. Seine freundliche Art öffnet ihm schnell so manches Herz. Rieke ist eine resolute ältere Dame, die kein Blatt vor den Mund nimmt, während Clara, Vicky und Rachel zwar unterschiedlicher nicht sein könnten, jedoch immer füreinander da sind. Tiziano ist ein Frauenheld, dem sein Image in den Klamotten klebt. Insgeheim hat er einen Traum, doch fehlt ihm bisher der Mut, die Dinge anzustoßen.
„Der Sommer der Inselfreundinnen“ unterhält mit Freundschaft, Liebe und Familiengeschichten vor schönem Inselsetting, während im Hintergrund die Möwen kreischen. Nette Auszeit vom Alltag mit Leseempfehlung!