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Veröffentlicht am 02.11.2019

"Für Sorgen sorgt das liebe Leben. Und Sorgenbrecher sind die Reben." (Goethe)

Lieber Rotwein als tot sein
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Das Leben des knapp 50-jährigen Arthur Ophof mit Ehefrau Afra in einem Reihenhaus vor den Toren Amsterdams könnte man als unaufgeregt und geruhsam beschreiben, doch von einem Tag auf den anderen weht ein ...

Das Leben des knapp 50-jährigen Arthur Ophof mit Ehefrau Afra in einem Reihenhaus vor den Toren Amsterdams könnte man als unaufgeregt und geruhsam beschreiben, doch von einem Tag auf den anderen weht ein anderer Wind hinein. Als er aufgrund von Stellenabbau seine Kündigung bekommt, beschließt Arthur, seinen Tod zu inszenieren, um dann völlig unbescholten und mit neuer Identität seinen tatsächlichen Lebensabend in der Toskana zu frönen, alles allerdings möglichst ohne seine ihn liebende Ehefrau Afra. Mit Hilfe von engen Freunden täuscht er seinen Tod vor und sucht sich einen neuen Namen aus. Irgendwie scheint alles wunderbar glattzugehen - oder doch nicht?
Hendrik Groen hat mit „Lieber Rotwein als tot sein“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der dem Leser allerlei Möglichkeiten offeriert, wie man sich aus dem Leben stehlen kann. Der Erzählstil ist flüssig-leicht und entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn mal im Ernst, wer denkt sich solch eine Räuberpistole aus, um sich aus seinem gelangweilten und frustrierten Alltag zu stehlen? Es soll tatsächlich Menschen geben, die meinen, wenn sie alles hinter sich lassen und irgendwo mit weißer Weste neu anfangen, wäre die Vergangenheit ad acta gelegt. Ganz so einfach ist es dann wohl doch nicht, denn am Ende holt einen die Vergangenheit immer wieder ein. So auch in diesem Roman. Allein schon die Sisyphusarbeit, an wirklich alle Eventualitäten zu denken und möglichst keine Spuren zu hinterlassen, wenn man verschwinden will. Der Autor lässt den Leser teilhaben an all diesen verqueren Gedanken seines Protagonisten, wobei man oftmals ungläubig schluckt oder einen Lachanfall unterdrücken muss. Doch was beim Rotwein gilt, ist auch hier der Fall: das letzte Glas war wahrscheinlich schlecht, denn der Katzenjammer kommt bestimmt. Die Vielzahl von witzigen Ideen lässt Langweile aufkommen, besser ein paar wenige, als den Leser zu überfordern wäre hier die Devise. Trotz allem weiß der Autor den Leser zu unterhalten, denn auch die ganzen nicht aufgearbeiteten Probleme des Ehelebens werden hier thematisiert und lassen Verständnis für Arthur und Afra erwachsen.
Die Charaktere sind sehr lebendig in Szene gesetzt und wachsen dem Leser mit ihren Ecken und Kanten sowie ihren Problemen schnell ans Herz. Arthur ist ein vom Leben und der Ehe frustrierter Mann, der sich einfach etwas Aufregung und Zufriedenheit wünscht. Ehefrau Afra ist eine ruhige und verständige Person, in der allerdings auch der Frust brodelt, denn das Nebeneinanderher leben geht auch ihr an die Nerven. Interessant ist, wie sehr Arthur seine eigene Frau unterschätzt, denn sie entpuppt sich als recht clevere Zeitgenossin, die ihren Mann besser kennt als er sie. Arthurs Golfbuddies Joost und Wouter sind zwei ausgefuchste Kaliber, ohne die Arthur sang- und klanglos untergegangen wäre mit seinen Plänen. Aber auch Toon oder Stijn drücken der Handlung ihren Stempel auf.
„Lieber Rotwein als tot sein“ ist ein rundum sehr amüsanter Roman über den komplizierten Aufbruch in ein neues Leben, wenn man die Vergangenheit nicht loswird. Kurzweilig zu lesen und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet.

Veröffentlicht am 02.11.2019

Wie aus dem Leben gegriffen

Andere machen das beruflich
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Als an der Hegel-Schule die Lehrerin der Theater-AG den Job hinwirft, schlägt die große Stunde von Gundula Buntschuh, denn sie übernimmt kurzerhand deren Job, obwohl sie sich damit einiges ans Bein bindet, ...

Als an der Hegel-Schule die Lehrerin der Theater-AG den Job hinwirft, schlägt die große Stunde von Gundula Buntschuh, denn sie übernimmt kurzerhand deren Job, obwohl sie sich damit einiges ans Bein bindet, denn es gilt, mit ihrem Engagement das Schuljubiläum zu krönen. Auch im heimischen Umfeld gibt es so einige Baustellen zu reparieren und dazu kommt noch die liebe Verwandtschaft, die sich kurzerhand bei ihnen einnistet. So hat sie nicht nur an der schulfront zu kämpfen, sondern muss sich auch um den Haussegen kümmern, der immer mehr in Schieflage gerät…
Andrea Sawatzki hat mit „Andere machen das beruflich“ einen wahnsinnig witzigen Roman vorgelegt, der den Leser wieder mitnimmt in die Welt der chaotischen Familie Buntschuh, deren Hauptakteurin Gundula beim Lesen eine Achterbahn der Gefühle beschert. Die Autorin lässt Gundula mit viel Charme und Situationskomik die täglichen Sorgen und Pannen des Alltags durchlaufen, wobei mit ungeahnten Zwischenfällen jederzeit gerechnet werden muss. Mit viel Humor beschreibt Sawatzki das familiäre Chaos so facettenreich, wie man es selbst tagaus tagein erlebt, so dass der Leser das Gefühl hat, die Autorin wäre ein Teil der eigenen Familie. Sei es die unliebsame Verwandtschaft oder eine unbedingt nötige Reparatur, selbst im größten Chaos steht die Familie zusammen und greift sich untereinander unter die Arme, auch wenn sie sich oftmals gegenseitig bekriegen oder aus dem Weg gehen. Gerade dieser ungeschönte, aber mit viel Liebe und einem Augenzwinkern versehene Blick in diesen Mikrokosmos genannt Familie versteht Sawatzki wunderbar zu beschreiben. Der Leser fühlt sich von Seite eins an als Teil der Buntschuhs, kennt er das abgebildete Chaos doch aus eigener Erfahrung und darf nun einmal bei anderen einen Blick durchs Schlüsselloch wagen um mit einer gewissen Genugtuung festzustellen, dass es bei denen auch nicht anders zugeht als daheim. Oftmals rennt einem bei der Lektüre durch den Kopf „Kenn ich, genauso ist es, bloß nicht, und täglich grüßt das Murmeltier, bleib mit weg damit!“
Die Charaktere sind mit Liebe zum Detail zum Leben erweckt worden. Sie wirken mit ihren individuellen Macken glaubhaft und authentisch, der Leser findet sich oder auch ihm nahestehende Personen in einigen von ihnen wieder, was sofort eine Nähe zu ihnen schafft. Gundula ist ein Muttertier der ersten Garde. Im ersten Moment denkt man immer, sie ist selbst so verpeilt, dass sie gar nichts im Griff hat, doch mit geschickter Manipulation hat sie ihre Lieben gut unter Kontrolle und schart sie unter ihrem Mantel der Sicherheit, während sie sich unkonventionelle Lösungen für jedes Problem ausdenkt und dann auch ausführt. Das Schwiegermonster ist ebenso nervig wie die eigene Mutter, die natürlich immer alles anders machen würde, während der eigene Ehemann nur auf seine Interessen fixiert ist, denn Mama wird’s schon richten.
„Andere machen das beruflich“ ist eine gelungene Familienstudie mit viel Charme und Witz, die einfach rundum Spaß macht und einmal mehr daran erinnert, nicht alles so verbissen zu sehen. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 26.10.2019

Was bleibt von unseren Lieben? (Que rest-t-til de nos amours? Charles Trenet)

Leas Spuren
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2016 Paris. Als die Stuttgarter Historikerin Marie Bergmann den Brief eines französischen Notars erhält, ist sie zunächst überrascht, denn sie erbt die Hälfte eines großen Pariser Apartments in bester ...

2016 Paris. Als die Stuttgarter Historikerin Marie Bergmann den Brief eines französischen Notars erhält, ist sie zunächst überrascht, denn sie erbt die Hälfte eines großen Pariser Apartments in bester Lage, wo ihre verstorbene Großtante Charlotte während des Zweiten Weltkrieges gelebt hat. Die andere Hälfte geht an den Journalisten Nicolas Blanc, dessen Großvater Victor Blanc die Wohnung ebenfalls bewohnte. Aber Victor Blanc hat ein Vermächtnis hinterlassen, bevor die Wohnung ihnen rechtmäßig gehört. Marie und Nicolas sollen gemeinsam ein altes Gemälde wiederfinden und den Nachfahren einer jüdischen Familie zurückgeben, um eine alte Schuld zu begleichen. Sowohl Marie als auch Nicolas machen sich auf Spurensuche und erfahren dabei nicht nur nach und nach mehr von ihren Vorfahren, sondern auch von einer bittersüßen Liebesgeschichte während des Krieges sowie über den großangelegten Kunstraub der Nazis…

Bettina Storks hat sich mit ihrem neuen Roman “Leas Spuren” selbst übertroffen, denn das Buch hat nicht nur eine spannende Handlung vor historischem Hintergrund zu bieten, sondern dringt auch bis in die Leserseele aufgrund der atmosphärischen, gefühlvollen und bildgewaltigen Erzählkunst der Autorin. Schon der Epilog lässt das Leserherz höher schlagen, denn bereits nach den ersten Seiten stellt man sich Fragen, was da wohl alles noch kommen wird. Die Autorin baut in ihrer tiefgründigen Geschichte die Spannung von Beginn an gut auf und steigert sie mit zwei parallel laufenden Handlungssträngen immer weiter in die Höhe. Alles ist ausgezeichnet durchdacht und ergänzt sich immer weiter. Der Leser ist von Beginn an gefordert, Marie in der Gegenwart bei der Spurensuche zu folgen und die kleinen versteckten Details zu entschlüsseln. Gleichzeitig erfährt der Leser von dem groß angelegten Kunstraub der Nazis zur Pariser Besetzungszeit und der wachsenden Liebe zwischen Victor und Charlotte, die sich beide dem Widerstand verschrieben haben, wobei sie sich auf so manch gefährliche Mission einließen. Auch die totgeschwiegene Familiengeschichte von Marie kommt nach und nach ans Tageslicht und eröffnen ihr eine völlig neue Sichtweise auf die Dinge. Storks bringt mit einer Grandezza ihre Geschichte an den Leser, die man nur bewundern kann. Die Seiten fliegen einem praktisch um die Ohren, weil man keinen Moment der Suche verpassen möchte und die bildhaften Szenen wie ein Kinofilm vor dem inneren Auge ablaufen.

Die Charaktere sind sehr detailliert und facettenreich ausgearbeitet. Sehr lebendig und authentisch wachsen sie dem Leser ans Herz und werden während der Lektüre zu engen Freunden, mit denen man mitleiden und -fühlen darf. Marie ist eine etwas spröde Frau, die manchmal unsicher wirkt, allerdings auch nicht auf den Mund gefallen ist. Nicolas ist Journalist und beweist oftmals ein gutes Gespür, doch Marie schlägt ihn da um Längen. Beide sind Singles, weil sie keine Nähe zulassen wollen, doch dann kommt alles ganz anders. Oma Fredi ist eine etwas kühle Frau, die die Vergangenheit ruhen lassen will. Charlotte liebte das Leben und die Kunst, aber vor allem liebte sie Paris und Victor, der erst etwas schüchtern daher kommt, aber immer der formvollendete Gentlemen ist. Aber auch Protagonisten wie Nicolas Eltern, Madame Favre oder Oliver Porte geben der Handlung immer wieder neue Impressionen und Wendungen, die den Leser gemeinsam mit Marie auf neue Spuren setzen oder zu überraschen wissen.

Mit “Leas Spuren” ist Bettina Storks ein Meisterwerk der Extraklasse gelungen. Von Anfang bis Ende hat die Geschichte das, was ein Pageturner braucht und was das Leserherz ganz hoch schlagen lässt. Dieser Roman ist einer derjenigen, die man immer wieder gern in die Hand nimmt und dessen Geschichte man nie mehr vergisst. Absolute Leseempfehlung für diese Meisterleistung, besser geht es nicht! Chapeau!!

Veröffentlicht am 26.10.2019

Pandoras Rückkehr

Die Australien-Töchter - Wo das Glück erstrahlt
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19 Jh. Australien. Die Blake Schwestern Cassandra, Pandora, Maia und Xanthe haben in der australischen Swan-River-Kolonie ein neues Zuhause gefunden. Besonders für Cassandra war es eine große Herausforderung, ...

19 Jh. Australien. Die Blake Schwestern Cassandra, Pandora, Maia und Xanthe haben in der australischen Swan-River-Kolonie ein neues Zuhause gefunden. Besonders für Cassandra war es eine große Herausforderung, sich um ihre jüngeren Schwestern zu kümmern und mit den neuen Lebensumständen zurecht zu kommen. Als mit Zachary Carr Besuch aus der alten Heimat bei ihnen auftaucht, ist die Überraschung groß. Er möchte die Schwestern wieder mit zurück nach England nehmen, wo sie ihr Erbe antreten sollen, aber drei von ihnen möchten in Australien bleiben. Nur Pandora möchte zurück nach Lancashire und macht sich in Begleitung auf den abenteuerlichen Weg durch den ganzen australischen Kontinent, um das Schiff nach England zu erreichen. Jedoch stellen sich ihr gefährliche Herausforderungen in den Weg, die weitreichende Folgen haben könnten…

Anna Jacobs hat mit „Die Australien-Töchter – Wo das Glück erstrahlt“ den zweiten Band ihrer Swan-River-Saga vorgelegt, der dem Vorgänger an Spannung und Gefühl in nichts nachsteht. Der flüssig-leichte Erzählstil nimmt den Leser gleich mit ins Geschehen, wo er in der Mitte der vier Blake-Schwestern genau an der Quelle sitzt, um ihre Gedanken, Gefühle und Erlebnisse aus erster Hand mitzuerleben. Bildgewaltig beschreibt die Autorin die Örtlichkeiten, so dass der Leser während der Lektüre alles vor dem inneren Auge vorbeiziehen sieht. Die Spannung baut sie mit geschickt gelegten Intrigen und Fallstricken auf sowie mit einer abenteuerlichen Reise von Australien zurück nach England, was zur damaligen Zeit nicht nur mühsam, sondern vor allem sehr gefährlich war, besonders für Frauen. Neben einer Erbschaft geht es auch um Mord und so ist der Leser gefordert, Pandora auf ihrer Reise zu begleiten, um herauszufinden, wer die Hände nach dem Erbe der Schwestern ausstreckt.

Die Charaktere sind lebendig und glaubwürdig ausgestaltet, sie überzeugen mit ihren individuellen Ecken und Kanten und laden den Leser ein, mit ihnen zu hoffen, zu bangen und zu fühlen. Cassandra ist eine freundliche und liebevolle Frau, die sich aufopferungsvoll um ihre Schwestern kümmert. Sie hat Gefallen am Leben im australischen Outback gefunden. Pandora ist die jüngste der Blake-Schwestern und hat sich nie richtig mit dem Leben in Australien anfreunden können. Sie ist aufmüpfig, aber auch wagemutig und besitzt ihren eigenen Kopf. Pandora kann sich durchbeißen und geht den Dingen auf den Grund. Auch die übrigen Protagonisten wie Zachary, Dot, Alice oder Harry machen die Handlung zu einem fesselnden und runden Lesevergnügen.

„Die Australien-Töchter – Wo das Glück erstrahlt“ ist eine gelungene Fortsetzung, die jede Menge Spannung vor farbenprächtiger Kulisse verspricht. Verdiente Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Siamesische Zwillinge

Der Zwilling von Siam
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1892 Bangkok. Emilie Kolbe begibt sich zusammen mit ihrem Vater von Hamburg aus auf eine abenteuerliche Reise, denn sie soll in Siam an der königlichen Schule eine Stelle als Lehrerin antreten. Außerdem ...

1892 Bangkok. Emilie Kolbe begibt sich zusammen mit ihrem Vater von Hamburg aus auf eine abenteuerliche Reise, denn sie soll in Siam an der königlichen Schule eine Stelle als Lehrerin antreten. Außerdem wird sie endlich ihre Zwillingsschwester Marie wiedersehen, die dort zusammen mit ihrem Ehemann Franz lebt. Allerdings wird ihre Ankunft in Siam sofort durch die schreckliche Nachricht getrübt, dass Marie tödlich verunglückt ist. Sowohl für Emilie als auch ihren Vater ist es ein harter Schlag, doch Emilie will unbedingt alles über ihre Schwester und deren Leben herausfinden, dazu gehört auch die Aufklärung der merkwürdigen Umstände, die zu ihrem Tod geführt haben. In Franz’ Bruder Johannes findet sie einen großen Unterstützer. Je weiter die beiden den Spuren von Marie folgen, umso verwirrter sind die Informationen, die Emilie zutage fördert. Allerdings bringen sie ihre Nachforschungen auch in Gefahr…

Tara Haigh hat mit ihrem Buch “Der Zwilling von Siam” einen sehr spannenden und farbenprächtigen Roman vor der historischen Kulisse des exotischen Thailands (früher Siam) vorgelegt, der den Leser von der ersten Seite an in die Geschichte hineinsaugt und nicht wieder loslässt, bis das finale Ende erreicht ist. Der Erzählstil ist flüssig, bildhaft und gefühlvoll, der Leser findet sich schnell in einer vergangenen Zeit und in aufregender Kulisse wieder, wo er Emilie bei ihrem Abenteuer begleiten darf. Die Autorin hat den historischen Hintergrund dieser asiatischen Gegend sehr schön recherchiert und lässt in ihrer Geschichte einige Informationen zum Eisenbahnbau und die Konkurrenz zwischen den Deutschen und Engländern einfließen. Zudem gibt sie einen Einblick in die damaligen Arbeitsbedingungen sowie die Herrschaft des Königshauses, das sehr fortschrittlich war und sich um das Wohlbefinden seiner Untertanen bemühte. Auch die gesellschaftlichen Unterschiede und der politische Hintergrund ist schön mit der Handlung verwoben. Die Autorin hat einer starken Frau mit ihrer Geschichte ein Gesicht gegeben und auch noch einiges an Spannungselementen eingebaut, die logisch und in sich stimmig zur Handlung passen.

Die Charaktere sind durchweg liebevoll durchdacht und mit Leben versehen. Sie wissen mit ihren individuellen Eigenschaften den Leser zu überzeugen, so dass er seine Sympathien gerecht verteilen und mit ihnen fühlen kann. Emilie ist eine offene, ehrliche und vor allem wagemutige Frau, die ihre Ziele konsequent verfolgt und nicht locker lässt, bis sie die ganze Wahrheit kennt. Sie kann Ungerechtigkeiten nicht ausstehen und auch Geheimnisse sind vor ihr nicht sicher. Franz ist ein undurchsichtiger Zeitgenosse, dem alles nur nach seinem Willen gehen muss. Er wirkt oftmals kalt und regelrecht gefühllos. Dagegen ist sein Bruder Johannes ein freundlicher Mann, der mit seiner Hilfsbereitschaft und seinem Engagement bald das Leserherz erobert. Charles ist lange Zeit ein Mysterium, aber auch er ist nur ein Mann seiner Zeit, allerdings zeigt er auch seine menschliche Seite. Marie ist eine geheimnisvolle Frau, die allen lange Zeit Rätsel aufgibt, um am Ende für einige Überraschungen zu sorgen. Auch die übrigen Protagonisten wie der Kronprinz oder auch Grace tragen ihren Part dazu bei, die Handlung rundum spannend und kurzweilig zu gestalten.

“Der Zwilling von Siam” ist ein sehr unterhaltsamer und fesselnder historischer Roman vor exotischer Kulisse, der den Leser während der Lektüre in eine völlig unbekannte Welt entführt und dort mit den Protagonisten auf eine spannende Spurensuche schickt. Absolute Leseempfehlung für packende Unterhaltung!