Profilbild von ErleseneSeiten

ErleseneSeiten

Lesejury Star
offline

ErleseneSeiten ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit ErleseneSeiten über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.12.2025

Ein moderner Kinderkrimi mit Herz, Witz und wichtigen Themen

Das schwarze Huhn von Hohenbutzen
0

Das schwarze Huhn von Hohenbutzen ist eine Detektivgeschichte, die mit Witz, Tempo und einem modernen Blick erzählt wird. Statt Großstadt und Hightech gibt’s ein Ökohaus ohne Strom, ein verschwundenes ...

Das schwarze Huhn von Hohenbutzen ist eine Detektivgeschichte, die mit Witz, Tempo und einem modernen Blick erzählt wird. Statt Großstadt und Hightech gibt’s ein Ökohaus ohne Strom, ein verschwundenes Juwel und ein schwarzes Huhn, das es in sich hat.

Milena und ihre Geschwister Bruno und Catia verbringen ihre Ferien in Hohenbutzen, einem Dorf, das so ruhig wirkt, dass kaum jemand an einen echten Kriminalfall glauben würde. Doch dann verschwindet ein wertvoller Diamant und plötzlich scheint die Beschaulichkeit sehr trügersich. Herr von Kniebeltreu, der örtliche Geschäftsmann, wittert seine Chance: Er will das Land der alten Frau Rabenschlag kaufen, die mit ihrem schwarzen Huhn Lilo in einer kleinen Butze lebt – angeblich eine Hexe, sagen die Dorfbewohner. Schon bald merken Milena und ihre Freunde, dass mehr hinter der Geschichte steckt, als Gerede und Aberglaube.

Beate Dölling hat ein gutes Gespür für Kinderfiguren. Ihre Dialoge klingen natürlich, die Dynamik zwischen den Geschwistern ist echt und Catia mit Down-Syndrom ist wunderbar unaufgeregt integriert. Sie ist kein „besonderer Fall“, sondern einfach ein Teil der Familie. Sie ist neugierig, schlagfertig und mutig. Überhaupt gelingt es Dölling, Themen wie Inklusion, Klimaschutz oder Identität ganz selbstverständlich einzubauen. Wenn die Kinder über alternative Energieformen oder über Transgender sprechen, wirkt das weder erzwungen noch pädagogisch, sondern so, wie Kinder heute eben sprechen.

Der Krimiteil bleibt dabei spannend und leichtfüßig. Das Tempo stimmt, die Auflösung ist überraschend und Huhn Lilo sorgt für genau die richtige Portion Absurdität. Herr von Kniebeltreu als Gegenspieler ist wunderbar überzeichnet, gierig und skrupellos, wie man es in einem Kinderkrimi gern hat.

Besonders schön ist die Haltung, die das Buch vermittelt: dass man Dinge hinterfragen darf, statt einfach zu glauben, was andere sagen. Und dass es manchmal Mut braucht, um zu erkennen, wer hier eigentlich ein „komisches Huhn“ ist.

Insgesamt ist dieses Buch witzig, modern und voller Leben. Es verbindet einen unterhaltsamen Kriminalfall mit Themen, die Kinder wirklich beschäftigen. Ein Buch, das zeigt, dass gute Geschichten Haltung haben dürfen und nicht zwangsläufig schwer im Magen liegen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.12.2025

Stimmiges Gesamtpaket aus Kunst, Klang und klassischer Erzählfreude

Engelbert Humperdinck. Hänsel und Gretel
0

Die Prestel-Reihe der Musik-Bilderbücher hat sich längst zu einer kleinen Institution entwickelt, wenn es darum geht, Kindern klassische Musik nahezubringen, ohne dass sie dabei das Gefühl haben, in einem ...

Die Prestel-Reihe der Musik-Bilderbücher hat sich längst zu einer kleinen Institution entwickelt, wenn es darum geht, Kindern klassische Musik nahezubringen, ohne dass sie dabei das Gefühl haben, in einem Konzertsaal stillsitzen zu müssen. Nun also Engelbert Humperdincks „Hänsel und Gretel“ – und das in einer Version, die zeigt, dass man Oper auch mit vier Jahren schon genießen kann, wenn man die richtige Verpackung wählt.

Das Buch erzählt die bekannte Geschichte um die Geschwister Hänsel und Gretel, die sich im Wald verirren, das Lebkuchenhaus entdecken und der listigen Hexe begegnen – so reduziert und liebevoll, dass auch jüngere Kinder der Handlung problemlos folgen können. Die Sprache bleibt klar und verständlich und Jessica Courtney-Tickles farbenfrohe Illustrationen schaffen es, das Märchen in eine warme, leuchtende Herbststimmung zu tauchen. Es gibt so viel zu entdecken. Von winzigen Waldtieren bis zu kunstvollen Mustern auf dem Hexenhaus. Besonders die goldene Folienprägung auf dem Cover sorgt dafür, dass das Buch schon rein optisch ein echter Hingucker ist.

Der Clou liegt natürlich in der Musik. Auf jeder Doppelseite findet sich eine kleine Note, die Kinder antippen können – und schon erklingt ein Ausschnitt aus Humperdincks Oper. Klassiker wie „Brüderchen, komm tanz mit mir“, der „Abendsegen“ oder das berühmte „Knusper, knusper Knäuschen“ sind hier in (sehr) kurzen Sequenzen eingebunden. Die Soundqualität ist okay für ein Bilderbuchmodul. Nur jüngere Kinder brauchen anfangs etwas Hilfe beim Drücken – die Noten reagieren besser, wenn man mit etwas Nachdruck tippt.

Ich finde das Gesamtpaket in Bezug auf die Zielgruppe wirklich stimmig. Statt langer Erklärtexte oder angestaubter Musikvermittlung entsteht ein ganz natürliches Zusammenspiel aus Bild, Geschichte und Klang. Kinder erleben die Musik nicht als „etwas Schwieriges“, bei dem man lange stillsitzen und zuhören muss, sondern als Teil des Abenteuers. Die Musikstücke werden zwar nur kurz angerissen, aber als erster Kontakt zur Oper ist es für Kinder völlig ausreichend, zumal Bild und Handlung in diesem Buch auch sehr präsent sind.

Einziger kleiner Kritikpunkt meinerseits: Das Buch ist – wie alle Titel der Reihe – kein Pappbilderbuch, sondern besteht aus nicht reißfestem Papier. Bei sehr kleinen, übereifrigen Kinderhänden ist daher Vorsicht geboten.

Aber das sind Kleinigkeiten in einem sonst hervorragend durchdachten Konzept. „Hänsel und Gretel“ ist ein stimmiges Gesamtpaket aus Kunst, Klang und klassischer Erzählfreude. Für uns ist es ein liebevoll gestaltetes Musikbilderbuch, das Oper greifbar macht. Perfekt für kleine Musikentdecker. Und ja – danach hat man wirklich Lust auf Lebkuchen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.12.2025

Anspruchsvolles Aktivbuch für mentale Stärke

Dein Kopf, der Superheld - Wecke die 15 Superkräfte in dir
0

Dein Kopf, der Superheld ist kein klassisches Kinderbuch, das man abends im Bett liest oder vorliest. Es möchte Kinder dazu bringen, sich selbst zu reflektieren, Gedanken, Gefühle und das, was im Kopf ...

Dein Kopf, der Superheld ist kein klassisches Kinderbuch, das man abends im Bett liest oder vorliest. Es möchte Kinder dazu bringen, sich selbst zu reflektieren, Gedanken, Gefühle und das, was im Kopf passiert, wenn man Angst hat, wütend wird oder sich überfordert fühlt. Dieses Buch will zeigen, dass man lernen kann, mit all diesen Dingen umzugehen. Ein sehr starkes Konzept, mit starkem Inhalt.

Wouter de Jong versucht, jungen Leser:innen auf spielerische Weise mentale Stärke zu vermitteln. Der Ansatz ist modern und inhaltlich wirklich durchdacht. Die Kinder sollen lernen, wie sie mit Ärger, Scham oder Angst umgehen können, was sie gegen Ablenkung oder Selbstzweifel tun können und warum Freundlichkeit tatsächlich eine Art „Superkraft“ ist. Die Idee, diese Themen unter dem Bild eines Superhelden zu bündeln, ist clever. Sie spricht an, verzichtet aber auf einen moralischen Unterton.

Gestaltung und Struktur sind allerdings Geschmackssache. Das Buch will Aufmerksamkeit binden, was durchaus gelingt, aber auf Kosten der Übersichtlichkeit. Auf manchen Seiten konkurrieren Illustrationen, Textfelder und Aufgaben so sehr miteinander, dass man kaum weiß, wo man zuerst hinschauen soll. Ich verstehe, dass dieses Design Jugendliche ansprechen soll, aber es wirkt stellenweise eher überladen. Für Kinder, die ohnehin Schwierigkeiten mit Konzentration oder Struktur haben, kann das schnell anstrengend werden.

Inhaltlich bietet das Buch eine erstaunliche Bandbreite. Die Kapitel behandeln Themen wie Achtsamkeit, Gewohnheiten, Ehrlichkeit, Wut oder Traurigkeit. Also Bereiche, die in vielen Familien und Schulen selten so offen besprochen werden. Das ist wertvoll, weil es Kindern Ausdruck für ihre Gefühle anbietet. Gleichzeitig ist der Umfang groß: 15 Kapitel mit Übungen, Selbstreflexionen und Aufgaben, die teils aufeinander aufbauen. Ohne Unterstützung eines Erwachsenen ist das kaum zu bewältigen.

Aus pädagogischer Sicht hat das Buch damit zwei Gesichter. Einerseits kann es ein hervorragendes Werkzeug sein – gerade für Kinder, die schon therapeutisch begleitet werden oder in der Schule mit sozial-emotionalem Lernen in Berührung kommen. Es gibt gute Impulse, um ins Gespräch zu kommen, und viele Übungen, die tatsächlich Wirkung entfalten können. Andererseits ist es kein „Selbsthilfebuch für Kinder“. Ohne Einordnung und Begleitung kann es überfordern, gerade weil es tief in Themen vordringt, die emotional komplex sind.

Mir gefällt die Haltung, die das Buch vermittelt: Jeder Mensch hat Einfluss auf seine Gedanken und Gefühle. Man kann lernen, mit sich selbst freundlicher umzugehen. Und Schwächen nichts sind, was man verstecken muss. Das sind starke Botschaften. Nur wäre weniger visuelle Reizüberflutung und mehr Raum für Ruhe und Reflexion hier vielleicht hilfreicher gewesen.

Zusammengefasst ist es ein modernes, inhaltlich ambitioniertes Buch, das Kindern und Eltern viele wichtige Themen zugänglich macht, von Gefühlen bis Selbstwirksamkeit. Pädagogisch wertvoll, aber anspruchsvoll in Struktur und Gestaltung. Kein Buch zum Alleinlesen, sondern eines, das im besten Fall begleitet, erklärt und gemeinsam entdeckt wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.11.2025

Eine kluge und ein bisschen unheimliche Fantasygeschichte

Whisperwicks – Die Suche nach den Flüsterflammen
0

Whisperwicks ist eine Geschichte, die etwas Zeit braucht, um sich zu entfalten und eventuell auch, um zu fesseln. Benjamiah Creek (ständig bin ich über diesen und andere Namen gestolpert) ist kein klassischer ...

Whisperwicks ist eine Geschichte, die etwas Zeit braucht, um sich zu entfalten und eventuell auch, um zu fesseln. Benjamiah Creek (ständig bin ich über diesen und andere Namen gestolpert) ist kein klassischer Heldentyp. Er glaubt an Logik, Wissenschaft und Beweise, nicht an Zauberei oder unerklärliche Dinge. Umso größer ist sein Erstaunen, als er in die Parallelwelt Winkelwald gerät.

Winkelwald ist eine merkwürdige, teils düstere Welt. Sie erinnert ein bisschen an ein viktorianisches Labyrinth aus Licht und Schatten, in dem jedes Geräusch zu viel bedeutet und jede Abzweigung ein neues Geheimnis birgt. Jordan Lees hat eine Atmosphäre geschaffen, die einen sofort gefangen nimmt, aber nicht durch laute Effekte, sondern durch das leise Unbehagen, das zwischen den Zeilen mitschwingt. Man spürt förmlich, dass in dieser Welt etwas nicht stimmt.

Die Figuren sind glaubwürdig und vielschichtig. Benjamiah ist neugierig, etwas unbeholfen, aber sehr sympathisch. Er will verstehen, nicht einfach glauben, und genau das bringt ihn ständig in Schwierigkeiten. Elizabella (noch so ein Name), die ihn zunächst abweisend behandelt, zeigt schnell, dass hinter ihrer Schroffheit Verletzlichkeit steckt. Ihre Gegensätze sorgen für Reibung, aber auch für Entwicklung. Vor allem ihre Freundschaft wächst sehr natürlich.

Inhaltlich balanciert das Buch geschickt zwischen Abenteuer und Nachdenklichkeit. Es geht um Mut, um Vertrauen, aber auch um die Frage, was wir für „wahr“ halten. Benjamiah, der sich so sehr an Fakten klammert, muss lernen, dass Wissen und Intuition sich nicht ausschließen.

Das Erzähltempo bleibt ausgeglichen ruhig, stellenweise für meinen Geschmack leider auch ein bisschen zäh. Lees schreibt bildhaft und lässt manches Geheimnis bewusst offen, um die Spannung zu erhöhen. Für mich hätte der Erzählfluss ruhig etwas dichter sein können. Die wenigen Illustrationen sind aber gut gewählt und unterstützen die Stimmung.

Für Kinder ab etwa elf Jahren ist das Buch eine anspruchsvolle, aber lohnende Lektüre. Wer klassische Abenteuer mag, wird hier vielleicht überrascht sein. Whisperwicks ist komplexer, leiser und stellenweise doch recht melancholisch. Gleichzeitig vermittelt es Hoffnung und Zusammenhalt.

Am Ende bleibt der Eindruck einer Geschichte, die viel größer wirkt, als sie erzählt wird. Whisperwicks ist ein schöner, atmosphärischer Reihenauftakt. Geheimnisvoll, ein bisschen unheimlich, aber mit viel Herzblut erzählt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.11.2025

Liebevoll illustrierte Schlummergeschichte

Jetzt schon? Schlummerzeit für kleine Tiere
0

Ich habe mich auf dieses Buch wirklich gefreut. Schon das Cover ist so einladend in weichen Farben gehalten, mit niedlich gezeichneten Tierkindern. Der warme Lichtschein erinnert sofort an eine Abendstimmung, ...

Ich habe mich auf dieses Buch wirklich gefreut. Schon das Cover ist so einladend in weichen Farben gehalten, mit niedlich gezeichneten Tierkindern. Der warme Lichtschein erinnert sofort an eine Abendstimmung, in der man sich am liebsten selbst in eine Decke kuscheln würde. Ein schöner Rahmen für ein gemütliches Abendritual. Und tatsächlich hält das Buch, was es verspricht – zumindest optisch.

Die Illustrationen von Sonja Schweiger sind wunderschön. Sie wirken fast, als würden sie von innen heraus leuchten. Jedes Bild strahlt Ruhe, Geborgenheit und Wärme aus. Besonders schön sind die vielen Details, die kleinen Leser:innen beim wiederholten Anschauen auffallen: winzige Insekten, versteckte Pilze, liebevoll eingerichtete Tierbehausungen. Ganz nebenbei lernen Kinder, wo ein Eichhörnchen schläft, wo sich ein Siebenschläfer einkuschelt oder wie das Nest einer Meise aussieht.

Inhaltlich begleitet man vier kleine Tierfreunde – Fuchs, Eichhörnchen, Siebenschläfer und Meise – durch ihren Tag. Sie spielen, haben Spaß und möchten, wie Kinder nun mal sind, nicht aufhören, als der Abend naht. Einer nach dem anderen wird von Mama oder Papa abgeholt und ins Bett gebracht. Und jedes Mal ertönt der kleine Protest: „Jetzt schon?“ Das ist charmant, liebevoll und für Kinder ab zwei Jahren wunderbar nachvollziehbar.

Was mich allerdings nicht ganz überzeugt hat, ist der Textfluss. Die Idee, kurze Reimpassagen einzubauen, ist schön, wirkt aber etwas unausgegoren. Es reimen sich immer nur zwei Verse, der Rest ist prosaisch erzählt. Das unterbricht beim Vorlesen den Rhythmus. Gerade kleine Zuhörer:innen reagieren stark auf Wiederholungen und Klangmuster. Hier fehlt ein durchgehender, harmonischer Sprachfluss, wie man ihn sich bei einer Einschlafgeschichte wünschen würde.

Insgesamt ist das Buch sehr ruhig. Es passiert nicht viel, was natürlich zum Thema passt, aber mir fehlte zwischendurch ein kleiner Spannungsbogen oder etwas, das die Aufmerksamkeit hält. Mein Kind hat beim Vorlesen mehrfach abgelenkt umgeblättert oder sich anderen Dingen zugewandt – ein Zeichen dafür, dass der Text nicht ganz fesselt.

Trotzdem: Für die Abendroutine ist das Buch schön geeignet. Es vermittelt Geborgenheit, Nähe und Vertrautheit. Wir finden, es ist ein warmherzig illustriertes Pappbilderbuch mit einer liebevollen Botschaft, textlich aber leider etwas unrund.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere