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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.07.2019

Liebe auf den ersten Blick

Kurt, Einhorn wider Willen 1. Wer möchte schon ein Einhorn sein?
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Inhalt:

Gerade liegt Kurt, das Einhorn, auf der Wiese und möchte ein wenig vor sich hindösen. Doch Ruhe ist ihm nicht gegönnt. Denn ein kleiner Vogel, der sich mit dem Namen Trill einführt, hüpft unentwegt ...


Inhalt:

Gerade liegt Kurt, das Einhorn, auf der Wiese und möchte ein wenig vor sich hindösen. Doch Ruhe ist ihm nicht gegönnt. Denn ein kleiner Vogel, der sich mit dem Namen Trill einführt, hüpft unentwegt vor seiner Nase herum. Kurts blaue Augen seien schon ein wenig kitschig, bemerkt Trill. Kurt ist selbstredend genervt. Doch Trill gibt nicht auf und kackt direkt auf Kurts Kopfkissen aus Gras. Hohn und Spott eskalieren, als Trill lästert, ein Einhorn müsse Namen wie Andromeda, Diamant oder Abendstern tragen. Aber doch nicht so etwas profanes wie Kurt. Wo kämen wir denn da hin.
Kurt erhebt sich, dreht dem Vogel den Rücken zu und trabt davon. Doch Trill ist hartnäckig. Er braucht Hilfe und zwar von einem echten Einhorn. Schließlich können diese Tiere fliegen und zaubern. Eine Prinzessin sei in Gefahr. Der Prinz halte sie auf seinem Schloss gefangen, verkündet Trill. Kurt müsse einfach helfen sie zu befreien.
Doch Kurt hat so gar keine Lust, den Retter in der Not zu spielen. Die Rechnung hat er jedoch ohne Trill gemacht, der der Absicht die ihm eigene Hartnäckigkeit entgegensetzt.
Trill beruft sich auf einen ominösen Pakt. Und nun hat Kurt keine Wahl mehr. Denn der Pakt besagt, dass er einer Prinzessin in der Not helfen muss. Und dann ist da noch dieses lästige Mitgefühl, dass ständig seine Sinne verwirrt und seine Nüstern ganz lila färbt.



Im Detail:

Kurt hat es als Einhorn nicht einfach. Wenn er seinen Schweif schüttelt, dann rieselt daraus ein rosa glitzernder Sternenschauer hervor und seine Pupse riechen nach Rosenduft. Das ist schon ziemlich peinlich. Und dann gibt es da noch diesen Vogel namens Trill, der ihn dazu überreden möchte, einer Prinzessin in Not zu helfen. Trill lästert über Kurts Namen, kackt auf sein Kopfkissen aus Gras und fordert dazu auf, ihn auf die große Rettungsmission zu begleiten, ja eine Superheldenrolle anzunehmen.

Kurt ist total genervt und antwortet auf die penetranten Provokationen des Vogels mit zynischen Kommentaren. Irgendwann gibt er auf. Gemeinsam ziehen Trill und Kurt los, um ein großes Abenteuer zu bestehen.

Chantal Schreiber erschafft mit Kurt – Wer möchte schon ein Einhorn sein, ein humorvolles Abenteuer in einer abstrusen, überhöhten Welt, die anfangs nur darauf ausgelegt zu sein scheint, jedes mögliche Klischee von Superhelden zu widerlegen.

Einige der Figuren hängen im Stereotyp fest, aus dem sie eigentlich gerne ausbrechen würden. Neben Kurt gibt es beispielsweise eine Prinzessin, die einen ganzen Haushalt von pinkfarbenem Geschirr besitzt, aber eigentlich viel lieber graue Hemden, grüne Hosen und Männerstiefel trägt und einen Prinzen, der lieber den Schurken spielt und gar nicht so nett ist, wie man es von Prinzen eigentlich ersteinmal erwarten würde.
Und dann gibt es auch noch Figuren, die den/die Leser/in zum Staunen bringen. Wie einen Ninja-Goldfisch, einen Tausenflössler und ein Riesenferkel.

Liebevolle Zeichnungen von Stephan Pricken geben den Charakteren ein Gesicht.



Fazit:

Ist es euch auch schon mal so ergangen, dass ihr euch beim ersten Blick in ein Buch verliebt habt? Mir ist es so bei „Kurt – Wer möchte schon ein Einhorn sein?“ ergangen. Auf den ersten Blick ist die ironisch erzählte Geschichte bereits ein Hingucker. Der Illustrator Stephan Pricken macht das Werk optisch zum Genuss, ohne den Lesefluss zu beeinträchtigen.

Das Spiel mit dem Klischee setzt den Ton des Buches. Der Blick auf Identität als Konstrukt kommt hier urkomisch daher. Dabei schafft Chantal Schreiber es intelligente Unterhaltung für Jung und Alt zu bieten, die zu keinem Zeitpunkt zu kindisch oder zu erwachsen wirkt.

Für mich ein Buch, an dem man einfach nicht vorbeigehen kann und das im Vorleseregal einfach nicht fehlen sollte.

Veröffentlicht am 15.07.2019

Ein starker Abschluss

Das Herz aus Eis und Liebe
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Inhalt:

Nachdem der Schwarze Clan gestellt und Okami dem neuen Kaiser überstellt wurde, bleibt Mariko nichts anderes übrig, als ein Lügenkonstrukt aufzubauen. Sie gibt sich als Gefangene des Clans und ...

Inhalt:

Nachdem der Schwarze Clan gestellt und Okami dem neuen Kaiser überstellt wurde, bleibt Mariko nichts anderes übrig, als ein Lügenkonstrukt aufzubauen. Sie gibt sich als Gefangene des Clans und deren Opfer aus. Sie beteuert ihre Liebe zu Raiden, dem Halbbruder des neuen Kaisers Roku, der nach dem Mord an seinem Vater die Thronfolge angetreten hat.

Für Mariko ist es nicht einfach die Lüge weiterzuführen. Überdies muss sie herausfinden, wer sich verschworen hat, sie an jenem Tag im Wald umzubringen. Nicht zuletzt möchte sie die Frage klären, warum dem Schwarzen Clan diese Tat in die Schuhe geschoben wurde. Zuvorderst wäre da allerdings Okami aus seiner Gefangenschaft zu befreien.

Die Handlung eskaliert, als Hochzeits- und Hinrichtungstermin immer näher rücken. Mariko muss handeln, wenn sie Okamis Hinrichtung verhindern möchte. Doch der Kaiser scheint jeden ihrer Schritte genauestens zu verfolgen. Mit jedem Fehltritt würde sie ihr eigenes Todesurteil besiegeln.
Ein Tanz auf Messers Schneide.



Im Detail:

Die Geschichte von "Das Herz aus Eis & Liebe", dem zweiten und finalen Band dieser spannenden japanischen Fantasyreihe aus der Feder von Renée Ahdieh, spielt in erster Linie am kaiserlichen Hof. Nach dem Mord am Kaiser, regiert nun dessen leiblicher Sohn Roku, der im Gegensatz zu seinem Halbbruder fanatisch und sadistisch wirkt. Roku interessiert sich nicht für die am Hof ausgetragenen Intrigen und die offenen politisch-theologischen Kämpfe. Sein Fokus liegt darauf seinen Gefangenen zu brechen und Rache für das Unrecht zu nehmen, das seiner Familie angetan wurde. Während Roku mit Freude neue Foltermethoden an Okami ausprobiert, versucht Mariko Fluchtpläne zu schmieden. Ihre Möglichkeiten sind jedoch stark begrenzt. Roku misstraut ihr und wartet nur auf ihren ersten Fehltritt.

Die einzige Möglichkeit Zugang zu den Zellen zu gewinnen und Kontakt zur Außenwelt und somit vielleicht auch zum Schwarzen Clan zu erlangen, besteht für Mariko darin, ihren zukünftigen Gemahl und somit den besten Freund und Vertrauten des Kaisers, Raiden, zu bezirzen. Doch Raiden reagiert zunächst verstockt auf ihre galanten Avancen und ist seinem Bruder treu ergeben. Schnell ist klar, dass auch hier ein falsches Wort oder ein falscher Schritt Marikos Untergang bedeuten würden.

In jeden Fall läuft die Zeit gegen die Figuren des Buches (der Hochzeitstermin zwischen Raiden und Mariko und auch die Hinrichtung Okamis rücken immer näher), was für einen immensen Spannungsbogen innerhalb der Geschichte sorgt. Während Mariko für ihre große Liebe kämpft, werden am Hofe Gewalt und Destruktivität zum politischen Prinzip. Leid und Tod erfahren noch einmal eine ungeheuerliche Steigerung.

Japan, das Land der Ninjas, der Samurais und Geishas, der verrückten Pflegeroboter und Mangas, übt ja schon seit jeher Faszination auf die europäische Leserschaft aus. Auch der vorliegende Roman lebt vom Reiz des „Fremden“, des „Anderen“, sowie der schnörkellosen Sprache der japanischen Literatur.



Fazit:

Auch in der Kürze liegt manchmal die Würze. So auch im Fall der Fantasyreihe von Renée Ahdieh, die mit zwei Bänden auskommt. Auf 431 Seiten entsteht eine mitreißende Dynamik, die die Lektüre zu einem fesselnden Ereignis macht.

Der Autor passt die persönlichen Leiderfahrungen der Protagonistin in eine Welt des Schmerzes ein, die sehr kultursensibel gezeichnet ist.

Am Ende bleibt nach unterhaltsamer, packender Lektüre ein Gefühl von Atemlosigkeit zurück, das man sonst nur in Thrillern erlebt.



Buchzitate:

Ein Grinsen hob eine Seite von Ökamis Gesicht und betonte eine diagonale Narbe durch seine Lippen. „Mein Geist lebt auf einem Berg. Deiner lebt auf einem Feld. Sollte der Berg vor dem Feld niederknien?“

Er hatte sie damals auch verflucht. Obwohl jeder einzelne seiner Tagträume ihr galt. Selbst wenn der Duft vorbeifliegender Orangenblüten ihn zum Lächeln brachte.

Er würde Mariko nicht riskieren. Nicht für jeden Nachthimmel der Welt. Nicht einmal für einen einzigen Stern.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Figuren
  • Spannung
Veröffentlicht am 26.06.2019

Ein grandioser Darkromance-Thriller

Going Under
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Inhalt:

Der Selbstmord ihrer besten Freundin Beth lastet immer noch schwer auf Brooke. Schließlich war Brooke diejenige, die eine heimliche und sehr intensive Affaire mit Beths damaligem Freund Finn ...

Inhalt:

Der Selbstmord ihrer besten Freundin Beth lastet immer noch schwer auf Brooke. Schließlich war Brooke diejenige, die eine heimliche und sehr intensive Affaire mit Beths damaligem Freund Finn hatte. Der Streit, der damals zwischen den Freundinnen ausbrach, mag vielleicht nicht der Auslöser für den von Beth gewählten Freitod gewesen sein, doch Brooke weiß, dass sie spätestens in dem Moment, in dem Beth ihr mitteilte, dass sie Opfer einer Vergewaltigung geworden ist, die Beziehung zu Finn hätte abbrechen müssen.

Nach dem Tod ihrer besten Freundin zieht Brooke zu ihrem Vater. Dort besucht sie die Highschool, auf der auch Cal, Beths vermeintlicher Peiniger, unterrichtet wird. Brooke beginnt daraufhin einen Racheplan zu schmieden, der sie immer mehr von den Menschen, die ihr noch Halt geben könnten, entfernt. Weiß man wirklich, wem man gerade begegnet, dem Freund oder dem Feind?



Im Detail:

Auf der Beerdigung ihrer besten Freundin Beth stößt Brooke mit einem Jungen zusammen, der sich kurz darauf als Ryan bei ihr vorstellt. Nach Beth Tod war für Brooke klar, dass sie versuchen wird, den Fall aufzuklären und Rache zu nehmen.
Brooke hat daher keine Zeit für eine Beziehung. Sie kann sich romantische Gefühle für einen Jungen nicht erlauben. Denn ihr Plan ist es, näher an Cal heranzukommen, um diesen als Vergewaltiger zu entlarven.

Nach dem Treffen auf der Beerdigung begegnet Brooke Ryan jedoch noch einige Male wieder. Auch wenn sie es anfangs nicht wahrhaben will, muss sie sich doch eingestehen, dass sie Gefühle für den Jungen entwickelt. Ein Date, was ist schon dabei?! Doch bei diesem einen Date bleibt es nicht. Die sich entwickelnde Ménage à trois droht ihre Rachepläne zu durchkreuzen.

Aber Brooke ist ein Mensch, der sich nicht so schnell von ihren Plänen abbringen lässt. An der Schule fällt ihr Blick immer wieder auf Mädchen, die unglücklich wirken. In Momenten der Einsamkeit, halluziniert Brooke von Beth. Um Frieden mit diesem Teil der Vergangenheit zu schließen, muss Brooke etwas gegen den Jungen unternehmen, der, so scheint es bald, nicht nur einem Mädchen Gewalt angetan hat.

Umso tiefer Brooke in die Ermittlungen gegen Cal einsteigt, desto mehr gerät sie in einem Sumpf ohne Boden. Sie trifft auf Schüler für die im Zweifelsfall der Korpsgeist wichtiger ist als das Gesetzbuch.

Going Under ist, das wird schon nach dem Lesen der ersten Seiten schnell klar, etwas anders als „normale“ Darkromancegeschichten. Es spart nicht vollkommen an Sexszenen und ausschweifenden Orgien. Der Leser denkt eher an die romantischen Liebesszenen, Verschwörungen, Geheimgesellschaften und die kriminalistische Handlung zurück.

Mit Brooke lernt der Leser einen Charakter kennen, den er vermutlich nicht gleich ins Herz schließen wird. Brooke wirkt über die Seiten hinweg von ihrer Idee Rache zu üben, nahezu besessen. Bald schon betrachtet sie fast jeden Menschen, der ihr begegnet, skeptisch.
Ihr Exzess läuft jedem Konzept von Ausgleich und Wiedergutmachung zuwider. In ihrer Kalkulation der Rache geht etwas schief: Der Versuch, erlittenes Unrecht mit Gegenunrecht zu kompensieren, geht nicht auf.

Auch passiert es, dass sich Brooke in gedanklichem Dialogen mit Beth verliert. Andererseits fehlt es der Figur nie an psychologischer Glaubwürdigkeit.



Fazit:

S. Walden schreibt mit Going Under einen grandiosen Darkromance-Thriller. Im wirklichen Leben geschieht es höchst selten, dass sich das Opfer einer Vergewaltigung an dem Täter für die Untat rächt. Im Kino hat sich hingegen sogar ein eigenes Genre herausgebildet, das unter dem Etikett Rape-Revenge firmiert. Übernommen wurde hier das Grundprinzip dieser Formate, nämlich das der Vielschichtigkeit der Figuren, des Geschehens und seiner Ursachen.

Going Under ist ein psychologisch vielschichtiger, durchweg spannender Roman, der mit einer oft unterschwelligen Spannung arbeitet. Die Figuren sind lebendig und glaubwürdig.
Die Protagonistin schwebt beständig zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Ein Verfahren, das den Leser nötigt, Stück für Stück Lebensgeschichte zu rekonstruieren.

S. Walden packt den Leser langsam, aber unnachgiebig, um ihn dann in die stillen Untiefen ihrer Geschichte hinab zu ziehen.
S. Walden ist eine Autorin, von der ich gerne noch viele Bücher lesen möchte. Für mich hat sie hier einen rundum grandiosen Roman geschrieben.

Veröffentlicht am 04.06.2019

Eine Autorin, deren Bücher man einfach gelesen haben muss

Mein Leben basiert auf einer wahren Geschichte
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Inhalt:

Rosa hat sich mit ihrer Reise nach Australien sehr schwer getan. Vor der Abreise musste sie ihre Zweifel überwinden. Auch bei der Ankunft in Sydney wird es nicht besser. Heimweh und Einsamkeit ...

Inhalt:

Rosa hat sich mit ihrer Reise nach Australien sehr schwer getan. Vor der Abreise musste sie ihre Zweifel überwinden. Auch bei der Ankunft in Sydney wird es nicht besser. Heimweh und Einsamkeit überkommen sie. Doch dann lernt Rosa Frank in einem Hostel kennen. Einen Jungen, der gerne Biolatschen trägt, Jazz und instrumentale Musik hört und in sich zu ruhen scheint. Frank scheint wie ein alter Mann, der in dem Körper eines Jungen steckt.
Bald schon kommen sich Frank und Rosa näher. Sie beschließen sich gemeinsam einen Camper zu kaufen und Australien auf eigene Faust zu erkunden. Es ist der Beginn einer aufregenden Reise. Doch gerade, als Rosa den ersten Schritt wagt und einen zaghaften ersten Kuss versucht, klingelt das Telefon. Frank begeht einen Fehler, den er sich später noch oft vorhalten wird. Er unterbricht den Kuss und nimmt das Gespräch an. Am anderen Ende meldet sich David. Dieser ist Franks bester Freund, der eigentlich mit Frank diese große Reise nach Australien antreten wollte und dann auf den letzten Drücker abgesprungen ist.
David, der sprachgewitzte Womanizer, ist so ganz anders als Frank. Gutaussehend, intelligent, aufgeschlossen. Wenn David neben Frank erscheint, dann rückt Frank automatisch in den Hintergrund. In dem Moment, in dem David seine Absicht bekundet, nach Australien nachzureisen und die ménage à trois ins Rollen kommt, wird für Frank schnell klar: In dieser Konstellation kann er nur der Verlierer sein.



Im Detail:

Anne Freytag beschreibt in "Mein Leben basiert auf einer wahren Geschichte" die Erlebnisse von Frank, David und Rosa, die sich gemeinsam auf einen Roadtrip durch Australien wagen.

Mit Davids Eintreffen in Australien zerbricht die zarte Bindung, die Rosa und Frank innerhalb weniger Tage aufgebaut haben. David zeigt Wohlstandsverwahrlosung und eine zynische Freiheitsromantik. Das Leben, so wie er es kennt, ist voll von Bedeutungslosigkeit. Bedeutungslose Gespräche, bedeutungslose Beziehungen und bedeutungslose Freundschaften durchziehen den Alltag seiner Elten und mittlerweile auch sein eigenes Leben. Das führt dazu, dass David von einer inneren Wut beherrscht wird. David gibt die Rolle als Provokateur. Er hat alles, aber fühlt nichts, so seine Worte.

Frank ist das genaue Gegenteil. Er ist bei seinem Großvater aufgewachsen, der ihm seine moralischen Grundsätze vermittelt hat. Von ihm hat er sich abgeschaut seine Gedanken aufzuschreiben, Bücher zu lesen und Dinge zu überdenken. Frank denkt, wo David handelt, er ist still, wo David laut ist. Er mag Bücher, David mag Filme. Er steht früh auf, während David lieber ausschläft. Frank ist der Nerd, David der Frauenheld. Vielleicht sind es gerade diese Gegensätzlichkeiten, die beide aneinander schätzen.

Rosa befindet sich charakterlich irgendwo zwischen Frank und David. Sie geht Dinge an, wenn sie es von ihr erfordern. Sie spricht Themen an, wenn diese danach verlangen. Sie ist nicht ganz so offen wie David, aber zugleich auch nicht so verschlossen wie Frank.

Als David und Rosa sich das erste Mal auf dem Dach des Campers alleine begegnen, prallen sie verbal aufeinander. Davids überhebliches Auftreten ist Rosa zuwider. Drei ist einer zuviel und das weiß Rosa genau in dem Moment, als Frank sich gegen den Kuss und für das Telefonat mit David entscheidet.

Auch David und Frank ahnen, dass diese Dreierkonstellation de facto eine Büchse der Pandora, ja eine Zeitbombe ist. Jeder der drei Mitreisenden weiß, dass einer gehen muss und dennoch mag keiner den ersten Schritt machen. Weder möchte Frank seinen besten Freund fortschicken, noch traut Rosa sich, sich zwischen die beiden besten Freunde zu stellen. David hingegen weiß, was er zu tun hat, doch irgendwie möchte er nicht gehen. Denn Rosa ist ein Mädchen, das so ganz anders ist, als die Frauen, die er bisher kennengelernt hat. Sie ist rebellisch, sie ist kein bisschen schüchtern und sie versucht nicht ihm zu gefallen. Sie ist intelligent, sinnlich und reflektiert zugleich.

Bald schon müssen Frank, David und auch Rosa begreifen, dass diese Reise nur funktionieren kann, wenn alle ein wenig zurückstecken. Sie fassen einen Kompromiss: Es wird keine tiefergehenden Gefühle geben. Nur Freundschaft. Doch ob so etwas wirklich funktionieren kann?

Anne Freytags Buch wirkt so, als sei es direkt dem Leben abgelauscht. Sie berichtet von der Musik, die im Hintergrund läuft, wenn die Charaktere auf dem Dach ihres Campers frühstücken oder Weihnachten mit einer Pizza am Strand feiern. Hinzu kommen die wunderschönen Zeichnungen am Anfang ihrer Kapitel, die auf einzelne Elemente der Geschichte anspielen.



Fazit:

Dieses Buch ist eine witzige und traurige, poetische und aufmüpfige Geschichte. Eine, die man erstmal sacken lassen muss. Freytags Stärke ist die Beschreibung der Hauptfiguren, die zu Menschen mit Persönlichkeit und Charakter werden, denen man teilnahmsvoll durch das Buch folgt. Dies gelingt durch die behutsam gezeichnete Verletzlichkeit der Figuren. Das Buch ist trotzdem auch ein Roadtrip im klassischen Sinne vor der traumhafter Kulisse Australiens.

Kurz: Ein geistreicher, humorvoller Roman mit Tiefgang.



Buchzitate:

Mein Großvater sagte immer, das Leben beginnt da, wo die Angst endet. In den Sekunden, in denen wir die Möglichkeiten sehen und nicht das, was dagegenspricht.

David ist in Sydney. In meiner Welt. Sein Anruf kam wie eine Tornadowarnung. Wie eine schlechte Nachricht in einem perfekten Moment.

Veröffentlicht am 26.05.2019

Tipp für die Urlaubslektüre

Kiss Me Once - Kiss The Bodyguard, Band 1 (SPIEGEL-Bestseller, Prickelnde New-Adult-Romance)
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Inhalt:

Die Redmonds sind eine einflussreiche amerikanische Dynastie. Deren Firmennachfolgerin, Ivy Redmond, führt eine exemplarische High-Society-Existenz. Sie besitzt Schmuck im Wert von Tausenden, ...

Inhalt:

Die Redmonds sind eine einflussreiche amerikanische Dynastie. Deren Firmennachfolgerin, Ivy Redmond, führt eine exemplarische High-Society-Existenz. Sie besitzt Schmuck im Wert von Tausenden, teure Kleidung und Geld. Ihre Eltern auch Macht, Einfluss und mächtige Freunde.

Ein Hausmädchen kümmert sich stets um die Alltagsbewältigung. Die prunkvolle Fassade wird für Ivy aber immer mehr zum goldenen Käfig, was zeigt, dass das Leben auch für High-Society-Girls nicht zwangsläufig einfach ist. Doch das soll sich ändern. In langen, schwierigen Diskussionen mit ihren Eltern hat Ivy endlich ihren Willen durchgesetzt. Princeton und Havard hat sie abgelehnt, um ein Stipendium der UCF anzunehmen. Gleich am ersten Tag kauft sie wahllos Klamotten bei Walmart und 7-Eleven. Hauptsache günstig und möglichst bunt. Dazu ein Riesenvorrat an Gatorade. Der Studienbeginn markiert den Beginn ihrer lang ersehnten Freiheit.

Frisch an der Uni angekommen, wird Ivys Vorfreude jedoch schnell getrübt. Nicht nur, dass sie fast einen gutaussehenden tätowierten und gepiercten Jungen mit ihrem blitzblauen Mini Cabrio über den Haufen fährt. Kurze Zeit später stolpert sie auch noch genau in diesen arroganten Mistkerl hinein und verschüttet ihr geliebtes Gatorade über ihre Anmeldung.

Dieser gut aussehende, disputierfreudige Junge stellt sich kurze Zeit später als Ryan vor und bietet ihr dann doch seine Hilfe an. Was beide nicht wissen ist, dass sie noch eine Menge Zeit miteinander verbringen werden. Denn Ryan wurde von Ivys Vater zu ihrem Schutz als Security engagiert.

Ivys Traum von einer unbeschwerten Studentenzeit mit coolen Mitbewohnern, ausufernden Parties und vielen aufregendenen Erlebnissen, wird schneller zerschlagen, als sie gucken kann. Denn ihr Vater hat bereits ein Einzelzimmer reserviert und der neue Security soll sie rund um die Uhr bewachen. Na soweit kommt das noch ...



Im Detail:

Durch die Planungen ihres Vaters hat Ivys Vorfreude auf die unbeschwerte Unizeit einen ersten Dämpfer erhalten. Doch so schnell lässt sich Ivy nicht unterkriegen. Gut, sie hat diesen unverschämt gutaussehenden Security am Hals, der ihr nicht mehr von der Seite weichen soll. Auch den Gedanken an ein Gemeinschaftszimmer und Mitbewohner wird sie sich wohl abschminken müssen. Aber den Spaß wird sie sich trotzdem nicht nehmen lassen.

Ivy versucht erste Freunde zu finden. Doch mit Ryan an ihrer Seite, der die Blicke ihrer Mitstudentinnen auf sich zieht, ist das nicht so einfach. Keiner soll erfahren, dass sie die Erbin eines milliardenschweren Unternehmens ist. Somit muss auch das Geheimnis um Ryan aufrecht erhalten bleiben. Ryan ist also nur ein guter Freund. Ein Freund mit gewissen Vorzügen. Zwischen ihnen liegt ständig ein gewisses Knistern in der Luft.

Stella Tacks großer Traum war es nach einem Auslandssemester an der University of Florida endlich einmal selbst einen Collegeroman zu schreiben. Diesen Wunsch hat sie sich mit Kiss me once selbst erfüllt. Mit dem gutaussehenden Bad-Boy-Security Ryan entwirft sie einen Charakter, der dem ein oder anderen Flirt nicht abgeneigt ist, und mit seinen düsteren Sprüchen einen Kontrast zu der quirrligen Protagonistin bildet. Ivy ist jemand, der mit pinken Haaren, einem auffallend bunten Kleidungsstil und einer lebendigen und sehr chaotischen Art auffällt. An der Uni gelingt es dem Mädchen, endlich mal aus sich herauszukommen.

Das Potential der Figuren ist unbestreitbar. Ivy widerfahren bei ihrer Reise viele kurzweilige Erlebnisse, die teils überraschend, teils vorhersehbar sind. Zwar hatten sich schon hier und da Wolken am Horizont gezeigt – anfangs ist die Autorin aber Chronistin des Alltäglichen. Ryan lässt sie die Aufgaben eines Hausmädchens übernehmen. Er muss dafür sorgen, dass Ivy einen Platz in der überfüllten Vorlesung ergattert, ja überhaupt erstmal pünktlich aus dem Bett kommt. Dass sich die beiden Charaktere dabei eher auf die Nerven gehen, als sich gegenseitig zu unterstützen, liegt auf der Hand. Erst im letzten Viertel nimmt der Roman eine ungeahnte Fahrt auf und wird überaus spannend.



Fazit:

Wer einen handwerklich soliden Roman, der mit College-Lokalkolorit aufwartet, als unterhaltende Lektüre sucht, der wird bei der Sichtung des Buches nicht enttäuscht werden. Es liest sich flüssig und kurzweilig.

Ivy und Ryans Abenteuer sind zum Schmunzeln, zum Achselzucken, manchmal auch zum Kopfschütteln. Stets bewirken sie eines: dass man sich die alltäglichen Situationen hervorragend vorstellen kann.

Kiss me once ist eine Geschichte, die Spaß macht und die man sehr gut mit einem Cocktail in der Hand auf dem Balkon genießen kann.