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Veröffentlicht am 16.08.2020

Big KOS is watching you

Paradise City
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In nicht allzu ferner Zukunft lebt es sich in der Megacity Frankfurt sehr gut. Die Wochenarbeitszeit liegt bei 20 Stunden, die Gesundheit wird automatisiert über die KOS überwacht, Pandemien sind überwunden... ...

In nicht allzu ferner Zukunft lebt es sich in der Megacity Frankfurt sehr gut. Die Wochenarbeitszeit liegt bei 20 Stunden, die Gesundheit wird automatisiert über die KOS überwacht, Pandemien sind überwunden... wenn man sich an der permanenten Überwachung und anderen Einschränkungen nicht stört, dann lebt man im Paradies. Liina arbeitet für eine der wenigen letzten wirklich freien Medien des Landes; ein gefährlicher Job, wie sie durch den mysteriösen Unfall ihres Chefs wieder einmal vor Augen geführt bekommt. Woran hat er gearbeitet? Liina forscht nach.
Becks Zukunftsvision ist düster angehaucht und in vielem sicherlich gar nicht so unrealistisch. Die Folgen den Klimawandels sind deutlich zu spüren, auch die beschriebenen weltweiten Pandemien sind in Zeiten von Corona schon Wirklichkeit geworden. Vieles davon sind Elemente in gängigen Dystopien, was Paradise City nicht zu einem schlechten Buch macht; aber mir fehlte ein bisschen das Neue, Innovative. Liina finde ich als Hauptfigur ganz ok, so richtig mitgefiebert habe ich aber nicht, weil man ihr nicht so recht nahe kommt. Auch die anderen Protagonisten wirken eher wie Theaterschauspieler, denn wie „echte“ Figuren aus Fleisch und Blut (naja Tintenschwärze und Papier). Der zugrundeliegende Plot hat sich nicht so spannend entwickelt wie erhofft, vieles wird nur gestreift und kann seine Wirkung gar nicht entfalten. Becks Stil gefiel mir sehr gut, kann aber über manche inhaltliche Schwäche nicht hinwegtrösten. Insgesamt konnte mich Paradise City nicht ganz überzeugen, es bleibt der Eindruck, dass der Story einige Seiten und eine tiefergehende Ausarbeitung gut getan hätten.

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Veröffentlicht am 16.08.2020

Georgia trifft Grant County

Die verstummte Frau
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Eine brutale Attacke auf eine junge Frau wirft Fragen auf, denn sie gleicht haargenau einem Fall, der schon Jahre zurückliegt. Zudem sitzt der Täter in Haft, selbst wenn er immer seine Unschuld beteuert ...

Eine brutale Attacke auf eine junge Frau wirft Fragen auf, denn sie gleicht haargenau einem Fall, der schon Jahre zurückliegt. Zudem sitzt der Täter in Haft, selbst wenn er immer seine Unschuld beteuert hat. Will Trent soll dem Ganzen auf die Spur kommen, und wärmt damit ausgerechnet den Fall auf, den der verstorbene Mann seiner jetzigen Freundin zum Abschluss gebracht hat. Als würde nicht schon genug Druck auf ihm lasten, werden weitere Frauen überfallen.
Mit der verstummten Frau mischt Karen Slaughter ihre Georgia-Serie mit der Grant-County-Serie. Klingt als würde man mächtig Vorwissen benötigen, ich denke aber, dass das nicht unbedingt vonnöten ist; man kann den Fall auch so gut nachvollziehen und bekommt die wichtigsten persönlichen Entwicklungen schnell erklärt. Mich hat in diesem Band Saras Verhältnis zu ihren Männern (seien sie tot oder lebendig) gestört. Wer die eigenen Bedürfnisse immer hintenan stellt, geschweige denn, weiß was man wirklich will und es dann gar nicht schafft den Mund aufzumachen… nicht unbedingt ein Frauenbild, das so zentral in den Fokus gestellt werden müsste. Zudem fand ich das Zusammenspiel zwischen Vergangenheit und Gegenwart oft eher konstruiert, über weite Strecken wirkt Jeffreys Part künstlich aufgebauscht um ihn noch einmal „ins Leben“ zurückzuholen. Ein eigenständiger Band mit ihm hätte ehrlicher gewirkt und besser funktioniert. Den Fall selbst fand ich wirklich spannend und gut ausgedacht, auch wenn eben vieles durch die Reibereien der Beteiligten kaputt gemacht wird. Slaughter weiß natürlich wie man mitreißend erzählt und den Leser an die Seiten fesselt, das hat sie mit diesem Thriller wieder bewiesen. Trotzdem haben mir andere Thriller von ihr deutlich besser gefallen.

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Veröffentlicht am 29.07.2020

Eigenwillig

American Spy
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Mitten in der Nacht wird eine junge Mutter von einem Einbrecher aus dem Schlaf gerissen. Eine beängstigende Situation, doch Marie Mitchell hat seit Jahren mit einem ähnlichen Überfall gerechnet. Noch vor ...

Mitten in der Nacht wird eine junge Mutter von einem Einbrecher aus dem Schlaf gerissen. Eine beängstigende Situation, doch Marie Mitchell hat seit Jahren mit einem ähnlichen Überfall gerechnet. Noch vor wenigen Jahren war sie im amerikanischen Geheimdienst tätig, hat in Burkina Faso den Dunstkreis von Präsident und Revolutionär Thomas Sankara infiltriert. Jetzt scheint ihre Vergangenheit sie einholen zu wollen.
Lauren Wilkinsons Thriller ist nicht nur Spannungsliteratur, sondern auch ein tiefer Einblick in die jüngere Geschichte eines gebeutelten Landes. Sankara hat dort in den 80ern nach einem Staatsstreich regiert, sein Handeln und Wirken bilden den realen Hintergrund zum Thriller. Wilkinson vermischt dabei Fakten und Fiktion, nicht immer ist für den Leser gleich nachzuvollziehen was real ist, und was nicht. Zwar sind die Verwicklungen rund um Sankara wirklich spannend, auch die Situation der Mitchells bedrohlich, trotzdem liest sich American Spy in weiten Teilen nicht als klassischer Thriller. Mir hat die Romanhandlung trotzdem gut gefallen, es wird aber sicherlich dem Leser doch etwas anderes suggeriert als er im Endeffekt bekommt. Der klassische Thrillerleser dürfte doch eher enttäuscht werden. Die Geschichte wird aus Maries Perspektive erzählt, sie berichtet ihren kleinen Söhnen aus ihrem Leben; Gedanken- und nicht immer sofort nachvollziehbare Zeitsprünge inklusive. Das muss man mögen (mir hat es gefallen). Mitchells Leben birgt viel Zündstoff, eine Frau (noch dazu eine schwarze) in einer männerdominierten Domäne; da hat die Autorin etwas Potential liegen lassen, mir war die Handlung dann doch zu oft zu oberflächlich. Insgesamt wird die Geschichte rund, trotzdem denke ich, dass der Roman nicht jedem gefallen wird. Ich mochte ihn in weiten Teilen ganz gerne, weitere Romane der Autorin werden wahrscheinlich auf meiner Leseliste landen.

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Veröffentlicht am 27.06.2020

Studium mit Hindernissen

Unter den Linden 6
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Drei ganz unterschiedliche Frauen treffen in Berlin 1907 zusammen. Lise, eine aufstrebende Physikerin, Hedwig, die heimlich studieren muss und zuletzt Dienstmädchen Anni, die Bildung nur aus der Bibliothek ...

Drei ganz unterschiedliche Frauen treffen in Berlin 1907 zusammen. Lise, eine aufstrebende Physikerin, Hedwig, die heimlich studieren muss und zuletzt Dienstmädchen Anni, die Bildung nur aus der Bibliothek ihres Dienstherren kennt. Alle drei möchten mehr wissen, und gleichzeitig auch anderen Frauen den Zugang zur Bildung erleichtern. Denn in Preußen geht nichts ohne die Zustimmung der Männer, und die wollen das zarte Geschlecht dann doch lieber in der heimischen Küche wissen.
Kaisers Roman ist ein quirliger Ausflug ins frühe 20te Jahrhundert. Die drei Frauen sind zwar von unterschiedlichem Stand und Temperament, sie eint aber ihr Wunsch nach Bildung. Die Freundschaft, die eher durch Zufall entsteht, wirkt sehr echt und trotz allem auch realistisch. Ich mochte alle drei, Lise ist die einzige historische Persönlichkeit und dadurch natürlich noch etwas spannender. Über ihren Werdegang erfährt man sehr viel, und natürlich auch über die Schwierigkeiten, die ihr in der Männerdomäne begegnen. Anerkennung war ihr oft nicht vergönnt, obwohl sie Entscheidendes auf ihrem Gebiet geleistet hat. Auch das Setting ist sehr stimmig; detailreich und sehr bildhaft beschrieben, taucht man schnell in die Zeit ein. Die Autorin hat einen sehr lockeren Stil, sodass sich der Roman sehr flüssig liest. Manche Wendung war mir etwas zu vorhersehbar, aber der historische Flair hat vieles für mich wettgemacht. Ein wirklich schöner, wenn auch manchmal seichter Roman über die Anfänge des Studiums für Frauen.

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Veröffentlicht am 06.05.2020

Zerfall

Nulluhrzug
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Mitten im russischen Nirgendwo liegt Bahnstation Neun. Früher einmal eine produktive Stätte, es gab viele Arbeiter, die in Sägewerk und in der Fabrik für Schwellenimprägnierung malochten und in den Baracken ...

Mitten im russischen Nirgendwo liegt Bahnstation Neun. Früher einmal eine produktive Stätte, es gab viele Arbeiter, die in Sägewerk und in der Fabrik für Schwellenimprägnierung malochten und in den Baracken hausten. Und natürlich den Nulluhrzug, hundert Wagons lang, der jede Nacht pünktlich um Mitternacht durch die Station saust. Ursprung: unbekannt, Ziel ebenso. Und doch bestimmt der Zug das Leben, sogar noch als alle Arbeiter nach und nach abgezogen und nur noch einige wenige Bewohner zurückbleiben.
Buidas Parabel ist in ihrer Kürze doch sehr intensiv und erschütternd. Die Monotonie und Einsamkeit des Tuns der Siedler stimmt genauso nachdenklich wie die in einem Nebensatz ausgelebte Grausamkeit des Systems. Wer etwas hinterfragt, Sinn und Zweck des Zuges etwa, verschwindet über kurz oder lang. Überhaupt ist der Zug der Inbegriff der Sinnlosigkeit, niemand weiß wozu er fährt, warum er Lebensinhalt aller sein soll. Als Leser bleibt man genauso ahnungslos wie die Protagonisten, die deprimierende Grundstimmung kommt ebenso nahtlos rüber. Ich konnte mich sprachlich nicht so recht auf die Geschichte einlassen, war aber trotzdem davon an die Seiten gebunden, eben auch, weil man wenigstens einen kleinen Silberstreif am Horizont erhofft. Im historischen Kontext (tolles Nachwort) bekommt „Nulluhrzug“ noch einmal etwas mehr Tiefe, die mir sonst vielleicht entgangen wäre. Keine einfache Kost, aber in ihrer Kürze umso aussagekräftiger.
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