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Veröffentlicht am 15.09.2016

Mitreißender und ausgezeichnet recherchierter historischer Roman

Die Hure und der Spielmann
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Die siebzehnjährige Schwedin Kristina soll gegen ihren Willen mit dem Ekel Sakarias Bonde verheiratet werden. Sie will heimlich zur Tante nach Prag flüchten, doch im Jahre 1618 ist das nicht so einfach. ...

Die siebzehnjährige Schwedin Kristina soll gegen ihren Willen mit dem Ekel Sakarias Bonde verheiratet werden. Sie will heimlich zur Tante nach Prag flüchten, doch im Jahre 1618 ist das nicht so einfach. Der Krieg kommt dazwischen und Kristina landet mittendrin. Auch der Prager Antonin von Waldau entflieht dem ungeliebten Elternhaus und wird von dem Jesuit Franz von Trient unter die Fittiche genommen. Als Spielmann getarnt tingelt Tonda durchs Land und bringt die katholische Botschaft unters Volk.
Dieses Buch hat mich wirklich mitgerissen. Thomas Ziebula erzählt hier eine spannende und packende Story, die sowohl durch ihre lebendigen und authentischen Charaktere, als auch durch gut recherchierte historische Hintergründe punkten kann. „Die Hure und der Spielmann“ ist der zweite Roman des Autors, der sich mit dem dreißigjährigen Krieg beschäftigt. Obwohl die Figur Kristina schon als Nebenfigur in „Der Gaukler“ auftauchte, ist es nicht zwingend nötig diesen zuerst zu lesen, allerdings wird am Ende ein Handlungsstrang aus dem Gaukler aufgegriffen, sodass man sich so ein kleines bisschen selbst die Spannung nimmt.
Die Figuren dieses Romans sind alle unglaublich lebendig und glaubwürdig gezeichnet, egal ob es sich dabei um die taffe Kristina oder den vom Glauben völlig verblendeten Franz handelt. Gerade Letzterer ist sehr vielseitig gestaltet und zeigt, dass eine sehr gut ausgearbeitete Figur nicht immer der Sympathischste im Geschehen sein muss. Da die Geschichte zwischen verschiedenen Perspektiven springt, erlebt man das Geschehen und die Kriegshandlungen von unterschiedlichen Seiten aus, was das Gesamtverständnis und die Identifikation mit den Protagonisten noch vergrößert.
Der dreißigjährige Krieg ist auf den ersten Blick ein großes Chaos; wer auf welcher Seite, wieso und warum wofür kämpft, ist zunächst schwierig zu verstehen. Doch Ziebula gelingt es, dieses Chaos nicht nur zu entwirren, sondern so in die Handlung des Romans einzubauen, dass der Leser dem politischen Geschehen auch ohne großes Vorwissen relativ leicht folgen kann. Sehr angenehm fand ich auch, dass die Gräuel des Krieges realistisch und ungeschönt, aber nicht übertrieben blutrünstig dargestellt wurden. Allgemein ist der Schreibstil sehr angenehm und die Seiten fliegen nur so dahin.
Lobenswert ist auch, dass das Buch Glossar, eine Karte zur besseren Übersicht und ein Personenregister enthält; besonders Letzteres trägt zum besseren Verständnis bei, denn wichtige Feldherren, Grafen und Könige werden nach ihrem religiösen und politischem Standpunkt sortiert aufgeführt.
Kritik möchte ich eigentlich nur am Klappentext üben, der verrät meiner Meinung nach einfach zu viel von der Handlung.

Fazit: Mich hat dieses Buch begeistert. Eine ausgezeichnete Mischung von Historie und fiktiver Handlung.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Kochbuch meets Reiseführer

Miss Violet goes London
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Wer hat eigentlich das Gerücht in die Welt gesetzt man könne in England nicht gut essen? Warum sollte man bei der Reiseplanung für den Londontrip auch schon Restaurants im Voraus buchen? Oder zumindest ...

Wer hat eigentlich das Gerücht in die Welt gesetzt man könne in England nicht gut essen? Warum sollte man bei der Reiseplanung für den Londontrip auch schon Restaurants im Voraus buchen? Oder zumindest flexible Dinnerzeiten in Kauf nehmen? Und was zur Hölle ist ein spotted dick und warum ist der so verdammt lecker?

Diese und weitere Fragen beantwortet Miss Violet auf sehr charmante Art und Weise in diesem Kochführer… ähm Reisebuch… naja, mit dieser sehr gelungenen Mischung, einem kulinarischen Reiseführer eben.

Köche angesagter Restaurants haben Violet Kiani einen Blick in ihre Töpfe werfen lassen, aber auch Zufallsbekanntschaften oder alte Freunde lassen sich nicht lumpen und verraten ihre Lieblingsrezepte. Ob ganz traditionell Cottage Pie, Eton Mess und Scones oder ultramoderne und hippe Pizza mit Rote-Bete-Teig, Austernpilz-Ceviche und Nobus Black Cod, in London kann großartig, vielfältig und sehr lecker gegessen werden. Dank Miss Violet weiß man auch wo, denn sie hat sich durch die verschiedenen Stadtteile gefuttert und kann nicht nur mit allerlei interessanten Adressen aufwarten, sondern auch mit wertvollen Tipps wo man besser reservieren sollte, wo an welchem Wochentag der größte Andrang herrscht u.ä. Gefehlt hat mir in diesem Buch manchmal eine Karte zur besseren Orientierung, wo genau sich die genannten Lokalitäten befinden.

Jede Seite dieses Buches ist unglaublich bunt und liebevoll gestaltet, ergänzt wird das Ganze durch wunderschöne Fotos der englischen Metropole; es ist also schon rein optisch ein Genuss. Insgesamt findet man knapp 30 Rezepte in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Die Rezepte sind natürlich ebenfalls hervorragend präsentiert, zu jedem gibt es ein Foto und eine ausführliche Anleitung, sodass dem Kochvergnügen nichts im Wege steht. Naja, fast nichts, denn leider sind einige der Anleitungen mit allerlei Linien hinterlegt, die die Schrift z.T. etwas unleserlich machen. Befremdlich fand ich auch die Werbung im hinteren Buchteil, zumindest weiß der derart interessierte Leser jetzt wo er verwendete Koffer, Papiere und Scrapbookartikel erstehen kann.

Miss Violet goes London ist mit Sicherheit nicht als Grundlagenkochbuch der englischen Küche zu verstehen, sondern eher ein kulinarischer Reiseführer, mit dessen Hilfe man aber auch das Fernweh bis zur nächsten Londonreise dadurch überbrücken kann, indem man sich einfach mal am heimischen Herd versucht.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Aufstieg und Fall großer Mächte

Aufstieg und Fall großer Mächte
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Tooly Zylberberg ist Anfang 30 und führt ein recht beschauliches Leben. In einem kleinen walisischen Städtchen hat sie das Buchantiquariat World’s End aufgekauft und verbringt nun ihre Tage – mangels Kundschaft ...

Tooly Zylberberg ist Anfang 30 und führt ein recht beschauliches Leben. In einem kleinen walisischen Städtchen hat sie das Buchantiquariat World’s End aufgekauft und verbringt nun ihre Tage – mangels Kundschaft – damit, sich durch den Bestand zu lesen. Doch hinter dieser ruhigen Fassade verbirgt sich ein rastloser Geist mit einer wirklich unglaublichen Lebensgeschichte. Die Tooly jetzt einzuholen scheint…

In drei miteinander verwobenen Handlungssträngen, die im Abstand von jeweils circa elf Jahren spielen, erzählt Tom Rachman Toolys Lebensgeschichte. Für den Leser ergibt sich so das Gesamtbild des wahrhaft turbulenten, bunten und manchmal auch traurigen Lebens von Tooly. Diese ist eine grundsympathische Figur, man kann sich sehr gut in sie hineinversetzen, egal ob es ihr 10jähriges oder das 30jährige Ich ist. Obwohl sie schon überall auf dem Globus gelebt zu haben scheint, bleibt ihr Freundeskreis doch ziemlich konstant, sodass man auch diese – einige sofort, andere erst mit der Zeit – lieb gewinnt. Alle Figuren sind von Rachman sehr vielschichtig und komplex angelegt, so mancher Charakter weiß sein ganz persönliches Geheimnis lange zu bewahren und noch auf der letzten Seite zu überraschen. Gerade diese Figurenentwicklung ist auch eine der großen Stärken dieses Buches, denn es macht einfach Spaß diesen zuzusehen.

Im Gegensatz zur komplexen Handlung des Buches ist der Stil recht einfach gehalten, sodass sich das Buch ziemlich flüssig lesen lässt. Trotzdem hält man als Leser immer mal wieder inne, um die eine oder andere Nachricht zu verdauen, denn Rachman versteht es meisterhaft falsche Fährten zu legen und den Leser dann mit unerwarteten Wendungen zu überraschen. Kleine Cliffhanger tragen ebenfalls dazu bei, den Leser förmlich an die Seiten zu fesseln. Toolys Geschichte erzeugt einen regelrechten Sog, auch wenn manchmal das Tempo etwas gedrosselt und einfach nur vor sich hin erzählt wird.

Mir hat Aufstieg und Fall großer Mächte sehr gut gefallen, auch wenn am Ende ein wenig das Gefühl zurückbleibt, nicht alles erfahren zu haben.

Fazit: ein geschickt konzipierter, tiefgründiger Roman mit absolutem Wohlfühlcharakter.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Seiten der Welt

Die Seiten der Welt
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Furia Salamandra Faerfax lebt mit Vater, Bruder und einigen Angestellten im englischen Hinterland. Klingt soweit ziemlich unspektakulär, wäre da nicht ihre besondere Begabung: Vater und Tochter sind Bibliomanten, ...

Furia Salamandra Faerfax lebt mit Vater, Bruder und einigen Angestellten im englischen Hinterland. Klingt soweit ziemlich unspektakulär, wäre da nicht ihre besondere Begabung: Vater und Tochter sind Bibliomanten, das heißt sie können auf magische Weise die Macht der Bücher nutzen. Doch die Welt der Literatur ist in Gefahr. Sogenannte Leere Bücher sind auf der ganzen Welt verteilt worden. Diese Bücher können einen entsetzlichen Vorgang auslösen, die Entschreibung. Das Ende sämtlicher Literatur…

Kai Meyer hat eine magische Bücherwelt erschaffen, in die es sich ganz wunderbar eintauchen lässt. Sehr bild- und lebhafte Beschreibungen von Bibliotheken und Bücherregalen, von DER Stadt der Bücher Libropolis, von Buchstabenschwärmen und Schimmelrochen, lassen die gemeine Leseratte seelig versinken in dieser schönen Geschichte über die Liebe zu Büchern. Wird zu Beginn in gemächlichem Tempo auf die Welt der Bibliomantik und deren Besonderheiten eingegangen, wird das Tempo später zunehmend gesteigert und reißt einen förmlich mit. Ich hätte mir da manchmal etwas mehr Zeit gewünscht neben den ganzen actionreichen Szenen auch einfach die fantastische Atmosphäre zu genießen. Leider muss ich sagen, dass die Story doch manchmal etwas schwächelt, einige Handlungen und Überlegungen der Figuren waren für mich auch etwas unverständlich. Das mag am jugendlichen Alter der Figuren liegen, hätte aber trotzdem die eine oder andere Erklärung verdient. An sich sind die Charaktere recht gut gelungen, mancher hätte einfach noch etwas Feinschliff vertragen können.

Trotzdem ist „Die Seiten der Welt“ ein schönes Buch, das den Leser verzaubert. So mancher wird hinterher das beigelegte Lesezeichen mit auf den nächsten Londontrip nehmen wollen. Man weiß ja nie ; )

Veröffentlicht am 15.09.2016

Bennies vierter Fall

Cobra
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Kaptein Bennie Griessel wird auf ein Weingut gerufen, denn dort wurden gleich mehrere Personen ermordet aufgefunden. Diese stellen sich als Bodyguards heraus, die Person, die sie beschützen sollten ist ...

Kaptein Bennie Griessel wird auf ein Weingut gerufen, denn dort wurden gleich mehrere Personen ermordet aufgefunden. Diese stellen sich als Bodyguards heraus, die Person, die sie beschützen sollten ist verschwunden. Zurück bleiben besondere Patronenhülsen mit der Gravur einer Cobra.

In die Schusslinie gerät auch der Kleinkriminelle Tyrone Kleinbooi, der doch eigentlich nur Geld für das Studium seiner Schwester zusammenkratzen wollte...

„Cobra“ ist inzwischen schon der vierte Fall für Bennie Griessel und doch schafft Meyer es wieder neue Facetten seiner Figur aufzuzeigen. Man kennt Bennie als abgehalfterten Säufer, als trockenen Alkoholiker, als mittelprächtige Vaterfigur und natürlich als guten Ermittler. In Cobra plagt ihn nun nicht nur der aktuelle Fall, sondern auch das eine oder andere Problemchen mit seiner Freundin Alexa. Gerade das macht ihn so schön durchschnittlich-normal. Doch auch neue Figuren wie Tyrone werden gut charakterisiert und man kann ihre Gedanken und Handlungen nachvollziehen. Meyers Stil finde ich sehr angenehm und flüssig zu lesen, selbst komplexe Zusammenhänge werden gut verständlich erklärt. Gerade die Struktur des südafrikanischen Polizeiwesens ist vielleicht nicht jedem geläufig. „Cobra“ ist ein sehr spannendes Buch, durch den beständigen Perspektivwechsel zwischen Bennie und Tyrone wird zusätzliches Tempo beigegeben, sodass der Leser den Figuren gleich atemlos durch Kapstadt und Umgebung hetzt.

Cobra ist vom Autor in Afrikaans verfasst worden und einige der Begriffe werden auch in der deutschen Fassung beibehalten. Ein kleines, hilfreiches Glossar am Schluss des Buches erklärt und übersetzt diese.

Fazit: wieder ein sehr spannender und vor allem temporeicher Fall im südafrikanischen Setting. Fall Nr. 5 wird sehnlichst erwartet.