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Veröffentlicht am 25.08.2022

Höchstspannung

Die Spur − Er wird dich finden
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Eine erschreckend groteske Zurschaustellung verschiedener Mordopfer wird in verschiedenen europäischen Hauptstädten entdeckt.
Europol schickt seine erfolgreichsten Ermittler Inga Björk und Christian Brand ...

Eine erschreckend groteske Zurschaustellung verschiedener Mordopfer wird in verschiedenen europäischen Hauptstädten entdeckt.
Europol schickt seine erfolgreichsten Ermittler Inga Björk und Christian Brand auf die Spur des Killers.

Meine erste Begegnung mit dem genialen Ermittlerteam hatte ich in „Das Spiel“. Ich fand es spannend, aber für mich ein bisschen zu brutal. Ich war trotzdem neugierig auf „Die Nacht“ und wurde nicht enttäuscht, superspannend und äußerst einfallsreich. Und ich wurde süchtig!
In „Die Spur“ war dem Autor immer noch eine Steigerung möglich. Das Buch ist ein derart rasanter Thriller geworden, dass man es nicht mehr aus der Hand legen mag.
Verschiedene Zeitebenen ermöglichen es dem Leser nach kurzer Verwirrung die einzelnen Charaktere der späteren Opfer kennen zu lernen und einen möglichen Blick in Richtung Motiv und Identität des Killers zu riskieren. Häppchen, die uns aber meist nur Ansätze zum Grübeln, Ahnen und Spekulieren geben.
Taff und in jeder Hinsicht professionell versucht Inga Björk nicht nur dem Killer, sondern auch ihrem Kollegen auf die Spur zu kommen, wird aber von den eigenen Auftragsgebern zurückgehalten.
Mal kommt Inga der Spur näher, mal geht Christian seinen eigenen erfolgversprechenden Weg. Bei der Jagd nach dem Mörder lassen die beiden sich von niemanden ausbremsen, wenn sie auch mit viel Unvermögen behindert werden.
Erstaunlich ist auch, welche Gefühle diesen professionellen Ermittlern dabei immer wieder in die Quere kommen. Gefühle, die die Beiden sich nie eingestehen wollen, aber wer weiß…
Einfallsreich, - unterhaltsam, - Spannung aufbauend, - Jan Beck.

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Veröffentlicht am 24.08.2022

Sprachlosigkeit

Die Ewigkeit ist ein guter Ort
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Elke, 30 Jahre alt, abgeschlossenes Theologiestudium, jobbt ehrenamtlich in einem Altersheim, als unvorbereitet und sprichwörtlich aus heiteren Himmel eine Gottesdemenz über sie kommt. Sie erinnert keine ...

Elke, 30 Jahre alt, abgeschlossenes Theologiestudium, jobbt ehrenamtlich in einem Altersheim, als unvorbereitet und sprichwörtlich aus heiteren Himmel eine Gottesdemenz über sie kommt. Sie erinnert keine Gebetstexte mehr. Sie kann weder aus der Bibel predigen noch biblische Texte vorlesen.
Ihre Eltern erwarten, dass sich baldmöglichst die Gemeinde Ihre Vaters übernehmen wird, aber wie soll sie das zu Stande bringen ohne Gottes Beistand?

Vorweg, Luise Helm hat das Buch hervorragend gelesen. Ihre Stimme gab filterlos die Verunsicherung und Verzweiflung der Protagonistin wieder.
Probleme bereitete mir allerdings die Protagonistin Elke.
Bereits zu Anfang des Buches war ich darüber entsetzt, dass der Seelsorger in dem Altenheim zwar die Beschwerden der Bewohner und der Angehörigen ernst nahm, aber keine Zeit und Muße hatte auf die Probleme seiner Mitarbeiterin einzugehen. Er hat sie sich nicht einmal erklären lassen. Was ist das denn für ein Seelsorger?
Dieses unverständliche Verhalten des Seelsorgers spiegelt meiner Meinung nach das Hauptproblem dieser Geschichte. Niemand redet über seine Probleme und es wäre auch niemand da, der sie sich anhören würde.
Statt über ihre Probleme zu reden, macht Elke wahnwitzige, unverständliche Unternehmungen. Sie legt einen toten Embryo (vielleicht von einer Maus) in eine Schachtel auf die Fensterbank ihres Schlafzimmers, fährt anschließend für eine Woche in den Norden zu ihren Eltern und lässt ihren Freund die ganze Zeit mit den Folgen der Verwesung allein.
Mit meinen 66 Jahren habe ich selbst einige Sinnkrisen erlebt, aber mit den Gedanken und Handlungsweisen dieser jungen Frau kann ich nichts anfangen.
Ich habe eigentlich nur weitergehört in der Hoffnung, dass die ganzen Kapriolen zu etwas führen könnten, aber ja, die Hoffnung stirbt zuletzt.

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Veröffentlicht am 19.08.2022

Tschüss Rebecka, es war so schön mit dir

Wer ohne Sünde ist
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Wieder einmal beginnt für Oberstaatsanwältin Rebecka Martinsson eine Leidenszeit. Ihr Vorgesetzter Alf Björnfot ist für mehrere Monate in Urlaub und sie muss sich mit seinem Vertreter Oberstaatsanwalt ...

Wieder einmal beginnt für Oberstaatsanwältin Rebecka Martinsson eine Leidenszeit. Ihr Vorgesetzter Alf Björnfot ist für mehrere Monate in Urlaub und sie muss sich mit seinem Vertreter Oberstaatsanwalt Carl von Post herumschlagen. Prompt halst er ihr alle offenen Fälle zur Prozessvorbereitung auf.
Zusätzlich wendet sich ihr alter Freund Pathologe Pohjanan mit einem „Cold Case“, der schon lange verjährt ist, an sie. Nach Jahrzehnten ist die Leiche von Raimo Koskela, dem Vater des berühmten Boxers Börje Ströms gefunden worden.
Zögernd beschäftigt sich Rebecka mit diesem Fall. Ehe sie sich versieht, wird sie mit ihrer eigenen Vergangenheit in die Tiefe gezogen.


Ich habe bereits einige Bücher über Rebecka Martinsson gelesen, fühlte mich anfänglich immer etwas befremdlich. Im Laufe der Geschichte schlug diese Befremdung immer in Begeisterung um.
Man muss sich auf Rebecka oder sollte man sagen, auf Asa Larsson, einlassen, dann machts richtig Spaß.
Keine Autorin hat mir Kiruna, die nordschwedische Landschaft und das Wesen der Lappländer nähergebracht als Asa Larsson. Sie hat eine starke Beobachtungsgabe und beschreibt die Landschaft, die Eigenheiten der Bevölkerung oder auch die Boxkämpfe so intensiv und bildlich, dass der Leser das Gefühl hat dabei zu sein. In jedem ihrer Thriller wird immer das Ursprüngliche und teilweise Übersinnliche der Alten mit der Lebensweise der Moderne verknüpft.
Zu keiner Protagonistin hatte ich bisher so ein ambivalentes Verhältnis. Oft habe ich ihre Gefühlslagen nicht verstanden, ihre Bindungsunfähigkeit, ihre extremen Handlungen. Trotzdem hätte ich gegen Ende der Bücher immer weiterlesen mögen.
Es ist schade, dass die Reihe mit Rebecka Martinsson nun zu Ende geht. Bleibt nur zu hoffen, dass die Autorin eine ähnlich charismatische Hauptfigur zu einer neuen Serie kreieren wird.

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Veröffentlicht am 13.08.2022

Berührend und entspannend

In den Wäldern der Biber
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Als ihre ganze Welt in Frankfurt zusammenbricht und sie nicht weiß, wo sie unterkommen soll, setzt sich Alina kurzentschlossen in einen Zug und fährt zu ihrem Großvater, mit dem sie ca. 20 Jahre keinen ...

Als ihre ganze Welt in Frankfurt zusammenbricht und sie nicht weiß, wo sie unterkommen soll, setzt sich Alina kurzentschlossen in einen Zug und fährt zu ihrem Großvater, mit dem sie ca. 20 Jahre keinen Kontakt hatte. Ihr Großvater lebt in einem kleinen brandenburgischen Dorf, wo sie als Kind immer ihre Ferien verbracht hat.
Was sie dort erwartet krempelt ihr Leben erneut um.


Obwohl Charlotte Puder schon sehr viele Hörbücher gesprochen hat, hatte ich dieses Hörvergnügen noch nicht. Ihre Stimme, ihre Art zu sprechen und besonders das Gefühl in ihrer Stimme machen dieses Hörbuch zum Hörgenuss. Die ersten zwei Stunden habe ich spazierend am Nordseestrand gehört. Obwohl viele Kinder, Wellenreiter und Kitesurfer um mich herum waren, legte sich sofort eine himmlische Ruhe auf mein Gemüt. Das gelingt nicht vielen Sprechern.
Natürlich strahlte bereits die berührende Geschichte eine gewisse Entspannung und Ruhe aus. Alina geht ihren Weg zurück zur Natur und zu ihren Wurzeln. Einfühlsam und leise beschreibt Franziska Fischer Alinas Neuorientierung. Ihre Unsicherheit, auch ein stückweit ihr Zögern und ihre Verzagtheit kommen in jedem Kapitel zu Tage. Stück für Stück kehrt die Erinnerung an ihre naturverbundenen Kindheit und ihr Zusammenleben mit ihren Großeltern zurück.
Aber anstatt lange den verlorenen Jahren nachzutrauern, beginnt sie den Lebensabend ihres Großvaters so angenehm wie möglich zu gestalten.
Ein wunderschöner Roman, der einen träumen lässt und jedem klar macht: Es ist nie zu spät seinem Leben eine andere Richtung zu geben.

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Veröffentlicht am 11.08.2022

Erschütternde Traditionen

Das Mädchen mit dem Drachen
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Nach einem tragischen Ereignis verlässt die Lehrerin Lena ihre Heimat Frankreich, um wieder zu sich selbst zu finden, aber auch am Golf von Bengalen findet sie keine Ruhe.
Bei ihren Strandwanderungen ...

Nach einem tragischen Ereignis verlässt die Lehrerin Lena ihre Heimat Frankreich, um wieder zu sich selbst zu finden, aber auch am Golf von Bengalen findet sie keine Ruhe.
Bei ihren Strandwanderungen im Morgengrauen beobachtet sie ein kleines Mädchen, das mit ihrem Drachen spielt, während alle anderen Bewohner noch schlafen.
Eines Morgens gerät Lena in Not. Sie wird von einer Welle fortgerissen. Gerettet wird sie von der unberührbaren, aber furchtlosen Anführerin einer Selbstverteidigungsgruppe für junge Frauen, alarmiert wurde sie von dem Mädchen mit dem Drachen.


Auch der dritte Roman von Laetitia Colombani greift sozialkritische Themen auf, klagt aber nicht an, sondern berichtet, was und wie es ist.
Wie in „Der Zopf“ werden haarsträubende und für uns unglaubliche Verhaltensweisen geschildert, die teilweise brutal anmuten, aber von der Autorin wie durch einen Weichzeichner dargestellt werden.
Obwohl ihre Verwandten ihr einen neuen Namen gegeben haben, wird schnell klar, dass hier der weitere Lebensweg der mit ihrer Mutter geflüchteten Lalita erzählt wird als Fortsetzung des ersten Romans „Der Zopf“. Ihre Verwandten haben nicht nur ihre Namen gewechselt, sondern auch ihre Religion. Sie wurden Christen leben aber trotzdem ihre jahrhundertalten Traditionen.
Laetitia Colombani zeigt, wie schwer der Kampf gegen die Traditionen und für die Rechte der Frauen ist. Lena kämpft hauptsächlich darum, dass auch die Kinder der Unberührbaren ein Recht auf Bildung haben. Vor allem die Mädchen müssen vor Frühverheiratung und der damit verbundenen Ausbeutung geschützt werden.
Der Roman ist sehr einfühlsam, aber auch spannend geschrieben und weist viel Recherchearbeit auf.

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