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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.09.2021

Düster und bedrohlich

Die verschwundenen Studentinnen
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Mariana, Gruppentherapeutin in London, verlor vor einem Jahr ihren Mann Sebastian durch einen Badeunfall. Ihre gemeinsame Ziehtochter Zoe, Tochter ihrer verstorbenen Schwester, bittet sie überraschend ...

Mariana, Gruppentherapeutin in London, verlor vor einem Jahr ihren Mann Sebastian durch einen Badeunfall. Ihre gemeinsame Ziehtochter Zoe, Tochter ihrer verstorbenen Schwester, bittet sie überraschend um Hilfe. Zoe studiert in Cambridge am gleichen Collage wie Mariana und Sebastian zu ihrer Zeit.
Auf dem Universitätsgelände wurde die Leiche einer jungen Frau gefunden und Zoe vermisst ihre Freundin Tara.

Alex Michaelides hat in seinem Thriller einen düsteren Spannungsbogen aufgebaut, der während des gesamten Buches nicht abflacht, so dass man diesen Thriller kaum aus der Hand legen kann.
Die einzelnen Protagonisten werden sehr genau gezeichnet, mit Ausnahme von Zoe. Sie wird hauptsächlich aus der Sicht Marianas beschrieben, genauso wie Marianas verstorbener Mann.
Die psychische Instabilität und Zerrissenheit von Mariana werden in verschiedenen Situationen herausgestellt und immer wieder hat Mariana und auch der Leser das Gefühl der Verfolgung, Beobachtung und Überwachung. Mariana lenkt dabei ihren Fokus nur in Richtung Professor Edward Fosca, der sehr eigenwillige Lehrmethoden verfolgt. Auch seine Verteidigungsstrategien werden genauestens beleuchtet. Gezeichnet wird ein ständiges Kräftemessen zwischen psychologisch geschulten Intellektuellen.
Auch die Menschen in der Umgebung dieses Kampfplatzes verändern sich ständig, werden neugierig, beobachtend, geradezu belauernd.
Spannung bis zur letzten Zeile. Das war richtig gut!

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Veröffentlicht am 16.09.2021

Spannend und beängstigend real

Russische Botschaften
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Merle Schwalb, Journalistin eines der führenden Wochenmagazine „Global“, trifft sich mit dem leitenden Investigativ-Journalisten Arno Erlinger im Außenbereich des Damascus Palace. Erlinger möchte Merle ...

Merle Schwalb, Journalistin eines der führenden Wochenmagazine „Global“, trifft sich mit dem leitenden Investigativ-Journalisten Arno Erlinger im Außenbereich des Damascus Palace. Erlinger möchte Merle zu einen Wechsel ins Investigativ-Ressort „Der 3 Fragezeichen“ bewegen. Während ihres Arbeitsgesprächs fällt einer junger Mann vom Balkon im 3. Stock auf das Pflaster, praktisch neben ihren Tisch.
Merle bemerkt unmittelbar, dass der Junge tot ist und fotografiert die Szene, was Arno Erlinger sofort in seinem Wunsch, diese Journalistin in sein Ressort zu holen, bestätigt.
Aber warum spricht die Polizei von einem Schwerverletzten? Wer war dieser junge Mann?
War es ein Unfall, Selbstmord oder Mord?
Beim Versuch darauf Antworten zu finden, stoßen die Journalisten auf ein Wespennetz von Lügen und Verleumdungen.


Einen Thriller über Fake-News, Lügen-und Verschleierungstaktiken habe ich bisher noch nicht gelesen.
Was mich an diesem Thriller begeistert hat, ist, dass wir hier nicht den todesmutigen Reporter haben, der eine Schweinerei aufdeckt und daran stirbt, wie leider schon in zu vielen Thriller erzählt. Hier ermittelt ein ganzes Team aus preisgekrönten Investigativ-Journalisten an einem aktuellen Fall und zeigt dabei ihre Vorgehensweise und ihre Gründlichkeit. Es werden keine Vermutungen herausposaunt in der Hoffnung, dass es sich von selbst bestätigt.
Wie lernen hier solide Journalistenarbeit kennen. Wenn sich junge, ungeduldige Kollegen zu weit über die legale Grenze arbeiten, werden sie belehrt und zurückgepfiffen.
Die Recherche wird immer sensibler und somit werden noch mehr Beweise und Belege gesucht. Diese gründliche Arbeitsweise nötigt mir viel Respekt ab.
Was da recherchiert wird, ist uns allen schon mehrfach andeutungsweise in Zeitungen oder Internetnachrichten begegnet. Jeder glaubt zu wissen, wie es abläuft, wer der Auftraggeber ist, usw. Nie wurden eindeutige Beweise dafür geliefert. Wird es dem Team gelingen alles aufzudecken?
Allein für den Einblick in die journalistische Arbeit und den hohen Spannungsbogen bei der Recherche ist das Buch lesenswert, eigentlich ist es ein Muss für politisch und gesellschaftlich interessierte Leser.

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Veröffentlicht am 12.09.2021

Der eigene Weg

Wir für uns
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Josie, ungewollt schwanger von ihrem langjährigen Geliebten, der bereits eine eigene Familie hat. Will sie das Kind abtreiben, wie von ihrem Geliebten erwartet, und weitere neun Jahre darauf warten, dass ...

Josie, ungewollt schwanger von ihrem langjährigen Geliebten, der bereits eine eigene Familie hat. Will sie das Kind abtreiben, wie von ihrem Geliebten erwartet, und weitere neun Jahre darauf warten, dass er sich von seiner Frau trennt?
Kathi verliert auf dem Weg zur Beerdigung ihres Mannes, mit dem sie fast fünfzig Jahre verheiratet war, seinen Ehering.
Josie findet diesen Ring, kontaktiert Kathi und beide erkennen im Gegenüber jemanden mit dem man reden kann, der wirklich zuhört.


Ich habe ihn viel zu schnell gelesen, diesen wirklich schönen und nachdenklich machenden Roman. Zu Beginn kommt er so leicht und locker daher. Josies Gedanken zu ihrer jetzigen Situation und ihrem Lebensinhalt (Dienstagabend) fesseln mich schnell. Während ich noch befremdlich den Kopf schüttle, überraschen mich Kathis Erkenntnisse über die letzten Jahre ihres Zusammenleben mit ihrem Mann. Überraschen ist wahrscheinlich nicht die richtige Bezeichnung meiner Gedanken, bin ich doch auch bereits vierzig Jahre verheiratet und habe natürlich ähnliches auch erlebt.

Barbara Kunrath tastet sich ganz behutsam durch die sich ändernde Einstellung zu den eigenen Wünschen und Vorstellungen. Weder Josie noch Kathi entscheiden von einem Tag zum anderen eine andere Richtung in ihrem Lebensweg einzuschlagen. Wir dürfen ihre Zweifel, Fragen und Unsicherheiten miterleben. Das fühlt sich gut an.

Das Buch lässt mich nachdenklich zurück. Ich glaube, nicht wenige Leser und Leserinnen werden nach der Lektüre das Buch mit der Frage nach ihren eigenen Wünsche zuklappen.

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Veröffentlicht am 11.08.2021

Spannend und originell

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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„Wenn in Wien der Tod umgeht, gibt es einen, der ihm alle Geheimnisse entlocken kann!“
Der kauzige Totengräber des berühmten Wiener Zentralfriedhofs, Augustin Rothmayer, kennt sich aus mit dem Tod und ...

„Wenn in Wien der Tod umgeht, gibt es einen, der ihm alle Geheimnisse entlocken kann!“
Der kauzige Totengräber des berühmten Wiener Zentralfriedhofs, Augustin Rothmayer, kennt sich aus mit dem Tod und den Leichen. Er mag schrullig sein, aber auch hoch gebildet und schreibt mit Hilfe eines angesehenen Rechtsmediziners seine Erfahrungen in einen Almanach für Totengräber nieder.
Als der junge Inspektor Leopold von Herzfeldt einen Experten für die Ermittlung in einer Serien-Mordsache benötigt, lernen die Beiden sich kennen und schätzen.


Einen besser passenden Sprecher als Hans Jürgen Stockerl hätte man für dieses Buch nicht finden können. Die sonore Bariton Stimme ergänzt die wunderbare Beschreibung des Wiener Gesellschaftslebens um 1893. Beim Zuhören fühlt man sich in diese Zeit versetzt, riecht den zarten Kaffeeduft der Kaffeehäuser, die Pomade der jungen Herrn und glaubt das Getuschel der höheren Gesellschaft zu hören.
Das Hören des Hörbuchs war ein Genuss und ließ die Zeit einfach stillstehen.

Der historische Krimi hat mich schnell gepackt. Oliver Pötzsch schildert brillant die Hilflosigkeit des jungen Inspektors. Sein dringender Wunsch Neuerungen einzuführen, trifft auf seine Unbeholfenheit mit Menschen beziehungsweise mit Vorgesetzten umzugehen.
Die Blasiertheit der leitenden Inspektoren und ihre Ablehnung jeder Neuerung gegenüber hat er genauso kritisch beleuchtet wie die Hoffart der adeligen, alten Männer.

Die Serienmorde waren brutal und blutig. Die Verbrechen, die zum Vorschein kamen, waren verabscheuungswürdig, aber Oliver Pötzsch lässt den Krimi ein bisschen in den wienerischen Schmäh abgleiten und Hans Jürgen Stockerl erwischt immer die richtige Tonart dazu.

Das macht diesen historischen Krimi zum Hörgenuss.

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Veröffentlicht am 26.07.2021

Krimi-Spannung auf höchstem Niveau

Der Bruder
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Der 6-jährige Fabio Della Fortuna ist verschwunden. Die Berner Polizei ist in höchster Alarmbereitschaft. Nach einer weitgehend ungeklärten Entführungsserie in den 90er Jahren ist Fabio das erste neue ...

Der 6-jährige Fabio Della Fortuna ist verschwunden. Die Berner Polizei ist in höchster Alarmbereitschaft. Nach einer weitgehend ungeklärten Entführungsserie in den 90er Jahren ist Fabio das erste neue Opfer. Während der sofort eingeleiteten Suchaktion werden zwei männliche Leichen gefunden, vermutlich ein Mord und ein Selbstmord.

Zur gleichen Zeit kehrt die Rechtsmedizinerin Irene Jundt in ihr Elternhaus zurück, um den Hausstand nach dem Tod ihres Vaters aufzulösen. Die aufkommenden Gefühle und Erinnerung treffen sie schmerzlich. Hier verschwand ihr Bruder Beni mit 11 Jahren. Die Ungewissheit trieb ihre Mutter kurze Zeit später in den Selbstmord.

Ist es möglich noch irgendwelche Hinweise zu finden?


„Krimispannung auf höchstem Niveau.“ Romy Fölck textet diese Einschätzung auf dem Cover, dem ist eigentlich kaum etwas hinzuzufügen. Leider gibt es immer seltener Bücher, die so stark sind und so überzeugen. Bisher gab es drei Krimis um Nathaniel Brenner, Milla Nova und Sandro Bandini. Ich habe sie alle gelesen. Das erste Buch „Blind“ begann auf sehr hohem Niveau, spannend, interessante Protagonisten und mit einer etwas anderen Story. Obwohl ich das damals nicht für möglich gehalten hätte, wurde jedes folgende Buch noch besser. Dieses 533-seitenstarke Buch muss man fast in einem Rutsch lesen, weil man es nicht aus der Hand legen kann.

Die Story habe ich in der Inhaltsangabe bereits angerissen und ich möchte da eigentlich nicht mehr verraten. Nur so weit, alle bekannten Protagonisten entwickeln sich weiter und verhalten sich ihrem Wesen entsprechend. Für den unkundigen Leser werden immer wieder kleine Hinweise eingestreut, warum z.Bsp. Milla sich nur so und nicht anders verhalten kann.

Viele verschiedene verabscheuenswürdige Verbrechen werden aufgedeckt und doch hat man nicht den Eindruck, dass hier einfach nur viele verschiedene Verbrechen angeprangert werden.

In „Erinnerung und Dank“ wird über den fiktionalen Krimi der Realitätsbezug hergestellt. Das macht mich als Leser betroffen und nachdenklich. Mit ihrem genial geschriebenem Krimi hat Christine Brand an die zwölf ungeklärten Verbrechen und der sieben bis heute nicht gefundenen Kinder erinnert.

Chapeau!

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