Non è vero, ma ci credo (es ist nicht wahr, aber ich glaube es)
Commissario Gaetano und der lügende Fisch„Commissario Gaetano und der lügende Fisch “ von Fabio Nola ist der Auftakt zu einer Neapel-Krimi-Reihe.
Kurz zum Inhalt:
Ganz Neapel feiert das Fest des Heiligen Gennaro, als Commissario Gaetano von ...
„Commissario Gaetano und der lügende Fisch “ von Fabio Nola ist der Auftakt zu einer Neapel-Krimi-Reihe.
Kurz zum Inhalt:
Ganz Neapel feiert das Fest des Heiligen Gennaro, als Commissario Gaetano von einem Turiner, der sich bedroht fühlt, um Hilfe gebeten wird. Obwohl Gaetano dessen seltsame Geschichte nicht wirklich ernst nimmt, beauftragt er einen seiner Leute, am Abend die Wohnung des Turiners zu beschatten. Doch als er dort eintrifft, erwartet ihn eine kopflose Leiche, geköpft wie einst San Gennaro!
Das Cover mit einer Ansicht von Neapel mit Blick auf den Vesuv stimmt auf den Schauplatz des Krimis ein und vermittelt südliches Flair. Das Buch erschien 2025 im Verlag dtv. Es ist in Abschnitte pro Tag unterteilt. Die Kapitel sind angenehm kurz. Die Handlung spielt in der Gegenwart und umfasst einen Ermittlungszeitraum von zehn Tagen, beginnend am Gedenktag von San Gennaro im September. Dieses alljährliche Ereignis ist in die Krimihandlung facettenreich eingebaut, der Trubel und die Festlichkeiten sind anschaulich beschrieben und ausführlich erklärt. Das Lokalkolorit äußert sich nicht nur sprachlich durch italienische Ausdrücke bzw. in Napulitano (Glossar ist vorhanden), sondern es wird an und für sich ein sehr lebendiges Bild der Stadt Neapel vermittelt, von Hitze, Gerüchen und Geräuschen angefangen über poetisch anmutende Stimmungen bis zu Schilderungen der Schattenseiten der Stadt, wo Kriminalität und Armut hausen. Die Protagonisten und Nebenfiguren verkörpern eine eigene Spezies von Menschen, eben Neapolitaner, die sehr tiefgehend charakterisiert sind. Der Autor verbindet die Traditionen und den Aberglauben rund um San Gennaro geschickt mit dem Mordfall, wo der Ermordete ebenfalls Gennaro heißt und geköpft wird.
Erzählt wird aus Sicht von Gaetano, mit wenigen Perspektivenwechseln zu einer geheimnisvollen Gestalt, dem Täter? Gaetano und seine Leute sind überarbeitet. Zudem erweist sich der Kriminalfall als extrem rätselhaft. Am Tatort existieren so gut wie keine verwertbaren Spuren, noch dazu fehlt der Kopf der Leiche. Aufgrund der mühsamen Ermittlungsarbeit verläuft die Handlung eher ruhig, überrascht zwar durch Wendungen und unerwartete Hintergrundinformationen, aber es gibt keine Action, keine prickelnden Gefahrenmomente. Je eingehender sich Gaetano und sein Team mit dem Opfer und dessen Umfeld befassen, desto deutlicher wird, was für ein verachtenswerter Mensch der Ermordete war, der aufgrund seiner Taten und Neigungen nicht nur von der Familie gehasst wurde. So weitet sich zwar der Kreis der Verdächtigen aus, doch der wahre Täter kristallisiert sich lange nicht heraus. Für den Kommissar gilt nicht „Non è vero, ma ci credo (es ist nicht wahr, aber ich glaube es)“. Gaetano gibt sich erst zufrieden, als wirklich alle Indizien passen, als sich alles schlüssig klärt, Motiv und Tathergang.
Im Mittelpunkt steht Commissario Gaetano, nicht nur als Ermittler, sondern auch als Mensch, mit all seinen Stärken und Schwächen, er verfügt über gute Menschenkenntnis und Beobachtungsgabe. Er steht nicht nur dienstlich unter Druck, den Fall so rasch wie möglich lösen zu müssen, sondern ihn belasten auch private Probleme schwer. Letzteres auch, weil er das Private meist hintanstellen muss. Der Beruf füllt ihn aus, steht bei ihm an erster Stelle und er gibt sich mit keinen Halbheiten zufrieden.
Generell ist die Atmosphäre in diesem Krimi eher bedrückend, bedingt durch das Milieu, in dem er spielt, auch durch das Böse, das der Ermordete verursachte. Ob Haupt- oder Nebenfiguren, sie wirken alle irgendwie tragisch, unglücklich, vom Schicksal nachhaltig gezeichnet. Über der gesamten Stadt Neapel liegt trotz Sonnenstrahlen, trotz der Lebendigkeit und des Trubels, trotz der Liebe, die Gaetano für seine Heimatstadt empfindet, etwas Deprimierendes. Im Gegensatz zu den meisten in Südeuropa spielenden Kriminalromanen dominiert hier nicht das Urlaubsflair. Dafür wirkt alles sehr echt und authentisch.
Nichtsdestotrotz hat mir der Krimi sehr gut gefallen, insbesondere der Erzählstil und der Protagonist Gaetano. Auch im ruhigen Handlungsaufbau lag Spannung. Die ausführliche Auseinandersetzung mit dem Wesen der Neapolitaner, ihren Traditionen und der Geschichte Neapels bzw. ihres Stadtpatrons fand ich interessant. Nun bin ich neugierig auf die Fortsetzung.