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Highlander1312

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.06.2020

Das Internet vergisst nie!

Das Gegenteil von Hasen
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Diese traurige Erkenntnis muss Julia machen, als erst ihr Laptop verschwindet und kurz danach ein Shitstorm ohnegleichen losbricht, da ihr geheimes Online-Tagebuch öffentlich gemacht wurde. Darin befinden ...

Diese traurige Erkenntnis muss Julia machen, als erst ihr Laptop verschwindet und kurz danach ein Shitstorm ohnegleichen losbricht, da ihr geheimes Online-Tagebuch öffentlich gemacht wurde. Darin befinden sich leider keine romantischen Schwärmereien und übliche Teenie-Probleme, sondern ein brutales Sammelsurium von Schlägen unter die Gürtellinie und das bei den Menschen, die ihr wichtig sind.

Anne Freytag lässt mit ihrer unnachahmlichen und jugendlichen Sprache ein spannendes Jugendbuch rund um Mobbing und Pubertät entstehen. Für mich waren besonders das ansprechende Cover und der bisherige Ruf von Freytag als DER Jugendbuchautorin Gründe das Buch zu lesen.

Anders als der Klappentext es vermuten lässt, dauert es eine Weile bis Julias Posts an der Schule die Runde machen. Dadurch sind die Charaktere bis dahin gut bekannt und als Leserin fühlt man mehr mit, aber durch den Klappentext war ich doch auf den ersten 100 Seiten eher ungeduldig und wollte, dass es endlich losgeht. Als es dann losgeht, herrscht großes Chaos. Der ständige Perspektivwechsel passt hier sehr gut und erinnerte mich an den Film 8 Blickwinkel, denn nur langsam verkleinert sich der Verdächtigenkreis. Zwar ist die Masse schnell sicher, wer Julia so in die Pfanne hauen will, aber wie so oft, ist die Mehrheit nicht automatisch auf der richtigen Fährte!

Für Julia bricht unterdessen ein Leben als beliebtes Mädchen und Alpha-Weibchen zusammen, sie wird Opfer von heftiger psychischer und physischer Gewalt. Zum Glück gibt es vernünftige Menschen, die Julia trotz ihrer heftigen Tagebucheinträge stützen.

Das Buch liest sich durch den jugendlichen Schreibstil sehr flüssig, verschiedene brisante Themen wie Coming Out, Sexualität und Migration werden neben dem Hauptthema Mobbing angerissen und gut dargestellt. Manch
e Leserin mag die "Probleme" vielleicht als pubertär abtun, aber für jugendliche Leserinnen sind sie mit viel Tiefgang beschrieben.

Mein größter Kritikpunkt ist tatsächlich das sogenannte Finale. Im Grunde baut sich die Spannung im Mittelteil auf und ich habe einen Paukenschlag zum Ende erwartet. Stattdessen waren die letzten 100 Seiten aber mehr wie bei Rosamunde Pilcher. Julias Postings haben alle einmal durchgeschüttelt und am Ende ist alles gut? Das erscheint mir unrealistisch und einfallslos, aber vielleicht sollten Jugendbücher eben doch ein Happy End-Gesamtpaket enthalten. Leider war mir auch die/der Schuldige im Verlauf des gesamten Buches zu blass, sodass ich sein/ihr Motiv nur bedingt nachvollziehen konnte.

Trotz des sehr seichten Endes ein wahrlich schönes Jugendbuch mit perfekter Jugendsprache und vielen wichtigen Themen, die öfter in Büchern angesprochen werden sollten. Und irgendwo findet sich bei Anne Freytag jede*r wieder. Das Motto von Heyne>fliegt trifft es gut: Ein tolles Buch zum Erwachsenwerden!

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Veröffentlicht am 01.06.2020

High Noon im New York der 1940er Jahre!

Gangsterswing in New York
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Mit Gangsterswing in New York bringt Ray Celestin den dritten Teil seiner City-Blues-Trilogie auf den Markt. Das Buch zu Los Angeles wird als nächstes folgen. Die Personen tauchen teilweise in allen Bänden ...

Mit Gangsterswing in New York bringt Ray Celestin den dritten Teil seiner City-Blues-Trilogie auf den Markt. Das Buch zu Los Angeles wird als nächstes folgen. Die Personen tauchen teilweise in allen Bänden auf, die Handlung selbst ist aber abgeschlossen, sodass problemlos ein Quereinstieg möglich ist.

Diesmal geht es - wer hätt's gedacht - um das New York der 1940er Jahre. Genauer gesagt spielt das Buch 1947 und in dieser Zeit des politischen Umbruchs gilt es für organisierte Kriminelle jeglicher Natur ihren Platz in der Nahrungskette zu verteidigen. Die Geschichte wird aus wechselnder Perspektive erzählt. Zum Einen wäre da der Kriegsveteran und Ex-Ermittler Michael Talbot, dessen Sohn eines brutalen Vierfachmordes verdächtigt wird, dessen Tatort aber doch sehr laienhaft konstruiert wirkte. Michael ist demnach fest von der Unschuld seines Sohnes überzeugt. Zu seiner Rettung eilt Ida, aus deren Sicht wir ebenfalls Teile der Geschichte erzählt bekommen. Außerdem begleiten wir noch den Jungmafioso Gabriel, der eigentlich gerne die Mafia verlassen möchte. Für vielseitige Spannung ist also gesorgt!

Neben den Protagonisten erscheinen zahlreiche zeitgeschichtlich wichtige Personen wie Louis Armstrong oder amtierende Politiker wie Reagan und Kennedy. Insgesamt ist die Handlung celestin-gewohnt gut und detailliert während es den Protagonisten gelegentlich an Tiefe fehlt. Bzw. die Tiefe ist da, aber über das Innere der Charaktere wird deutlich weniger geschrieben als über die politischen Irrungen und Wirrungen.

Dieses Zeitgeschehen ist es aber auch, was das Buch so besonders macht. Ähnlich wie bei Allendes Dieser weite Weg oder Vargas' Harte Jahre erhalten die Leser*innen hier einen grandiosen Einblick in die Zeit von Damals. Darüber wusste ich nicht viel und als die Welt sich auf das Entstehen des Kalten Krieges vorbereitet hat, ist es besonders interessant zu sehen, wie die Unterwelt diese kollektive Schockstarre gewissenlos ausnutzt.

Fiktion und wahre Ereignisse verschwimmen hier und trotz der ein oder anderen chronologischen Freiheit bastelt Celestin einen tollen Roman daraus, der in einem packenden Finale mündet.

Das Cover ist gewohnt gelungen, wieder im Stil der entsprechenden Epoche, wobei mir das Cover bei Höllenjazz in New Orleans noch besser gefallen hat. Dafür finde ich hier den Titel enorm passend, den es ist wahrlich ein "Gangsterswing" und ein Stelldichein, das sich die Crème de la Crème der Mafiosi im Big Apple gibt.

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Veröffentlicht am 08.05.2020

Generationen-Epos über koreanische Immigranten in Japan

Ein einfaches Leben
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Mit Harte Jahre von Mario Vargas Llosa und Der weite Weg habe ich vor nicht allzu langer Zeit bereits zwei Bücher gelesen, die einen Einblick in die Geschichte von Ländern (Guatemala bzw. Chile) gewähren, ...

Mit Harte Jahre von Mario Vargas Llosa und Der weite Weg habe ich vor nicht allzu langer Zeit bereits zwei Bücher gelesen, die einen Einblick in die Geschichte von Ländern (Guatemala bzw. Chile) gewähren, der den gemeinen Mitteleuropäer ganz sicher überraschen wird. Da mir beide Bücher sehr gut gefallen habe, wollte ich mit Ein einfaches Leben nun auch einen Einblick in die japanische respektive koreanische Kultur erhalten.

Vorab gesagt, das gelingt! Min Jin Lee schildert über fünf Generationen hinweg das Leben einer koreanischen Familie. Hauptsächlich im 20. Jahrhundert angesiedelt wird die Geschichte einer armen koreanischen Familie erzählt, die nach Japan emigriert, nachdem die junge Sunja sich mit einem Yakuza einlässt, schwanger wird und keine andere Möglichkeit sieht, ihre Ehre zu bewahren als das Land zu verlassen.

Neben vielen historischen Details zu den beiden Ländern wird uns ein intensiver Einblick in die koreanische Kultur ermöglicht, wobei besonders die Situation der Immigranten in Japan beleuchtet wird. Diese Gruppe verfügt bis heute nicht über die gleichen Rechte wie die japanischen Bürger, egal, wie lange sie schon in Japan wohnen.

Das Epos von Lee ist breit aufgestellt, deckt es doch immerhin 100 Jahre Zeitgeschichte im fernen Asien ab. Und bis auf, wer die Yakuza sind, wusste ich wirklich wenig und bin froh über die neuen, spannenden Informationen zu diesen fremden Ländern.

Tatsächlich war ich mir lange unsicher, ob ich das Buch lesen soll und das liegt an dem - meiner Meinung nach - ziemlich irreführenden Klappentext. Darin wird ein ganz anderes Buch geschildert. Immerhin war ich dann sehr positiv überrascht, dass ich ein trotz 552 Seiten kurzweiliges Buch mit spannender Geschichte erwischt habe. Zum Glück konnten mich das Cover und der aufdringlich banale Titel überzeugen.

Mir persönlich hat auch Lees Schreibstil hervorragend gefallen. Die gebürtige Koreanerin, die selbst in die USA emigrierte, weiß was sie tut. Sie weiß auch, was es bedeutet Immigrant zu sein und sowohl in Korea als auch im neuen Land nicht wirklich dazuzugehören. Gerade deswegen berührte mich ihre Geschichte sehr und ich habe das authentische Buch gerne gelesen!

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Veröffentlicht am 03.05.2020

Schwesterliebe

Robin und Lark
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Nachdem ich Liz Moores Long Bright River regelrecht verschlungen und als sehr gut befunden habe, entdeckte ich beim gleichen Verlag das neue - vermeintlich ähnliche - Buch von Alix Ohlin: Robin und Lark. ...

Nachdem ich Liz Moores Long Bright River regelrecht verschlungen und als sehr gut befunden habe, entdeckte ich beim gleichen Verlag das neue - vermeintlich ähnliche - Buch von Alix Ohlin: Robin und Lark. Das Cover drückt schon viel Emotion aus und auch der Klappentext klang interessant. Hierzu gleich ein Hinweis, es geht in diesem Buch nicht um die ewige Suche einer Schwester nach der anderen, nachdem diese spurlos verschwindet. Da trügt der Schein ein wenig.

Tatsächlich handelt das Buch vor allem von der Beziehung der beiden (Halb-)Schwestern, Robin und Lark. 4 Jahre auseinander, sind sie sich trotzdem gegenseitig die wichtigsten Personen. Die alleinerziehende Mutter ist in ihrer Mutterrolle überfordert. Entgegen manch anderer Besprechung finde ich, dass sie durchaus Liebe gegenüber ihren Töchtern empfindet, aber die eher nach Lust und Laune zeigt. Und je nach Partner oder Situation ist das eben eher selten. Zwischen Robin und Lark entsteht so schon sehr früh eine extrem starke Bindung. Dabei sind sie sehr verschieden. Die ältere Lark ist ruhiger, rationaler und fleißig während die jüngere Robin vor allem mit ihrer künstlerisch-extrovertierten Art ihre Umgebung begeistert. Dass sie atemberaubend Klavier spielt, wird selbst ohne Sound sehr deutlich.

Im Laufe des Buches sind die beiden mal eng beieinander, mal für Jahre voneinander entfernt, aber immer ist ihr schwesterliches Band intakt. Selbst wenn es zum Zerreißen gespannt ist, halten die beiden es mit ihrem Urvertrauen zueinander zusammen.

Als Leser erfahren wir über die Schicksalsschläge der beiden, die Verluste, die Freuden, die Liebe und die Sehnsüchte. Trotz der schwierigen Kindheit sind die beiden emotional stark, waren sie sich doch gegenseitig stets das Licht am Ende des Tunnels.

Die Handlung hat mir gut gefallen, die Anfangssequenz "Davor" sorgt für eine gesunde Grundspannung. Diese Spannung flaut leider immer wieder etwas ab, aber hier kommt Ohlins Trumpf zum Zuge. Ihre Charakterbildung ist großartig. Nicht nur die beiden Protagonisten sind sauber ausgearbeitet, sondern nahezu jeder Nebendarsteller verdient sich seinen Platz im Buch. Wichtig hierbei, es gibt hier keine perfekten Buchhelden, jeder trägt sein Paket und das macht das Buch - trotz der teils verrückten Personen - sehr realistisch und menschlich.

Das Besondere am Buch ist aber natürlich die Bindung zwischen den beiden Schwestern. Leid, Hoffnung, Freude und Liebe ergeben einen tollen Roman über bedingungslose Zuneigung, egal welches Hindernis sich auftürmt.

Nur 4 von 5 Sternen gebe ich wegen so mancher Länge hinsichtlich überflüssiger Nebenkriegsschauplätze und dem leicht irreführenden Klappentext. Handlung und Charaktere und besonders die sozialen Bindungen machen das Lesen aber trotzdem zu einem großen Genuss!

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Veröffentlicht am 09.04.2020

Der kanadische Bestseller überzeugt auch in Deutschland

Die Traumdiebe
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Kanada, irgendwo zwischen 2050 und 2080. Der Klimawandel ist fortgeschritten und die Menschheit musste einen hohen Tribut bezahlen. Nicht nur, dass vielerorts die Gewässer vergiftet sind und das Wetter ...

Kanada, irgendwo zwischen 2050 und 2080. Der Klimawandel ist fortgeschritten und die Menschheit musste einen hohen Tribut bezahlen. Nicht nur, dass vielerorts die Gewässer vergiftet sind und das Wetter sich katastrophal verschlechtert hat, nein, viel schlimmer ist, dass die Menschen nicht mehr in der Lage sind zu träumen. Das klingt banal, bedeutet aber eine starke Emotionslosigkeit und starke psychische Belastungen. Über diesen Aufhänger lässt sich sicher diskutieren, ich habe ihn zum Einstieg als sehr gelungen empfunden, denn lediglich die indigene Bevölkerung ist noch in der Lage zu träumen. Durch ihre Vorfahren und Rituale sind sie auf eine andere, eine gesündere Art mit dieser Welt verbunden.

Leider sind sämtliche Angehörige dieser Bevölkerungsgruppe dadurch in erheblicher Gefahr. Sie sollen dazu dienen, anderen ihre Träume wieder einzupflanzen. Auf grausame Weise wird Jagd auf sie gemacht.

Die Geschichte handelt von French, der sich nach dem Verlust seines Bruders einer Flüchtlingsgruppe anschließt, die bald seine Familie wird. Das Leben auf der Flucht und in der Wildnis ist hart, aber die Hoffnung, die Freundschaft und die Liebe sind es, die dafür sorgen, dass sich French auch ohne feste Bleibe Zuhause fühlt. Mit seiner neuen Familie muss er sich immer wieder Herausforderungen stellen, doch der feste Glaube an sich und die Gemeinschaft stärken ihn. Als sich die Ereignisse abermals überschlagen, regt sich Widerstand gegen die Obrigkeit.

Das Buch wurde von einer Angehörigen der indigenen Bevölkerung geschrieben und das merkt man. Sprache, Gefühle und Bräuche werden detailliert beschrieben und wirken sehr natürlich. Auch wenn uns diese Kultur fern zu sein scheint, rührte mich ihre Geschichte zutiefst. Obwohl der Roman in der Zukunft spielt, muss man sich schon heute fragen, wie man verhindern kann, dass es soweit kommt. Wie bewahren wir die Menschlichkeit? Was bedeuten Träume, Familie, die Liebe für uns?

"Die Traumdiebe" ist ein Buch, das ich sehr langsam gelesen habe, weil ich fürchtete, das es zu bald endet. Das Schicksal der Gruppe berührte mich sehr und ich war sehr froh, als ich gelesen habe, dass es möglicherweise eine Fortsetzung (und einen Film) geben soll.

Besonders hervorheben möchte ich zum einen das Cover, das ich als sehr ansprechend empfunden habe und zum anderen das große Geschick der Autorin bei der Entwicklung der Charaktere im Laufe des Buches. French fühlt viel und stark und so ist das Geschehen sehr greifbar. Und dazu noch die wunderbare Sprache "Cree", die zu einem kulturellen Tiefgang führt, den man sonst nicht oft hat.

Auf jeden Fall eine echte Empfehlung, die hoffentlich bald fortgesetzt wird und dann ihr ganzes Potenzial entfalten kann, denn ein bisschen Luft nach oben ist insgesamt, gerade, was die Spannung und den Konflikt mit den Nicht-Träumenden angeht, schon noch!

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