Profilbild von Isar-12

Isar-12

Lesejury Star
offline

Isar-12 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Isar-12 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2025

Manche Wunden heilen nie

Versehrte Seelen
0

"Versehrte Seelen" ist ein Kriminalroman von Gabriele Keiser. Kaum dass die Kommissarin an ihrer neuen Wirkungsstätte in Bonn angekommen ist, wird sie mit ihrem ersten Fall konfrontiert. Ein Altpolitiker ...

"Versehrte Seelen" ist ein Kriminalroman von Gabriele Keiser. Kaum dass die Kommissarin an ihrer neuen Wirkungsstätte in Bonn angekommen ist, wird sie mit ihrem ersten Fall konfrontiert. Ein Altpolitiker wurde in seiner Wohnung erschlagen aufgefunden. Doch damit nicht genug. Schon kurze Zeit später kommt es an einer Privatschule zu einem Amoklauf. Noch bevor das SEK vor Ort ist, eskaliert das Geschehen und fordert das Leben einer Schülerin. Was waren die Hintergründe und wie kam es zu den Taten? Gabriele Keiser greift in diesem Krimi ein Thema auf, dass zu einem facettenreich, aber auch bittere Geschichte ist. In sogenannten Erziehungsheimen wurden, wie man heute aus etlichen Fallbeispielen weiß, teils systematisch Kinder zu striktem Gehorsam "erzogen". Körperliche Gewalt, seelische Misshandlung bis hin zu Missbrauch prägten eine Ideologie, die grausamer nicht sein könnte. Bis in die 1980er Jahre wurde auch erwiesenerweise an Heimkindern Medikamententests und missbräuchlicher Einsatz davon durchgeführt. Diese Sedierungen waren sehr häufig mit starken gesundheitlichen Nebenwirkungen verbunden. Neu war für mich, dass die deutsche Journalistin und spätere RAF-Terroristin Ulrike Meinhof schon 1965 über das Schicksal der Heimkinder berichtete. Ein Thema, dass aber bis heute teils totgeschwiegen oder nicht vollständig aufgearbeitet ist. Die Autorin hat mit diesem Buch einen hervorragenden Krimi geschrieben, bei dem für den Leser anfangs der Täter vollkommen klar feststeht. Mit zunehmender Seitenzahl verschwimmen aber immer mehr die Grenzen. Wer ist Täter, wer ist Opfer? Was machte Opfer zu Tätern? Es gibt kein klares Schwarz-Weiß-Bild. Und als Leser taucht man immer mehr in das Seelenleben der Beteiligten ab. "Versehrte Seelen" ist kein Kriminalroman von der Stange, aber definitiv einer mit Tiefgang, der Aufmerksamkeit verdient. Vielschichtig und informativ, eine klare Leseempfehlung meinerseits.

Veröffentlicht am 11.06.2025

Erster Fall für die Miss Marple vom Niederrhein

Kati Küppers und der gefallene Kaplan
0

"Kati Küppers und der gefallene Kaplan" ist der erste Band der Reihe "Niederrhein-Krimis mit Herz, Hirn und Humor" von Barbara Steuten. Pater Remigius hat sich eine ordentliche Grippe eingefangen. Gut ...

"Kati Küppers und der gefallene Kaplan" ist der erste Band der Reihe "Niederrhein-Krimis mit Herz, Hirn und Humor" von Barbara Steuten. Pater Remigius hat sich eine ordentliche Grippe eingefangen. Gut dass in dem kleinen Ort Niederbroich er sich auf seine Küsterin Kati Küppers und den Kaplan Overath verlassen kann. Doch bei der Vorbereitung der Morgenmesse geraten sich diese beiden in die Haare. Zu unterschiedlich sind ihre Auffassungen bei der Nutzung des Pfarrheim. Und als Kati wutentbrannt dem Kaplan droht und die Kirche verlässt, eskaliert das Ganze. Am nächsten Tag findet man den Kaplan tot auf. Natürlich gerät Kati sofort unter Hauptverdacht. Es gilt also schnellstens ihre Unschuld zu beweisen und den wahren Täter ausfindig zu machen. Der Einstieg in diesen Krimi ist gut gelungen, er ist von Beginn mit viel Lokalkolorit gespickt. Teils gewürzt mit rheinischem Dialekt ist lt. Cover dies der "erste Fall für die Miss Marple vom Niederrhein". Solche Versprechen bergen natürlich die Gefahr einer gewissen Erwartungshaltung, denn das Original von Agatha Christie setzte eine sehr hohe Messlatte. Und genau diese Messlatte wurde für mich gerissen. Ist auf der einen Seite die Küsterin Kati und auf der anderen Seite der junge Kommissar Rommerskirchen, so sind hier noch Parallelen. Dann aber verliert sich ein wenig, wer denn jetzt tatsächlich ermittelt, fast scheint es mehr der Enkel der Küsterin zu sein. Die Autorin fängt gut das Dorfleben mit Klatsch und Tratsch ein, aber es fehlte mir an der nötigen Spannung. Auch Cosy-Crime benötigt das essentielle Stilmittel für einen Krimi. Wenn nur phasenweise, aber doch an den richtigen Stellen Spannung. So lässt sich dieser Niederrhein-Krimi gut und flüssig lesen, aber er hinterlässt mich zwiespältig. Ich hätte mir dann doch etwas mehr Miss Marple und Spannung gewünscht. Die Umsetzung des Handlungsortes und des niederrheinischen Flairs im beschaulichen Niederbroich sind aber sehr gut gelungen.

Veröffentlicht am 09.06.2025

Der englische Erbfolgekrieg "The Anarchy"

Thronräuber
0


"Thronräuber" ist der erste Band der Plantagenet-Saga von Sharon Penman. Als im November 1120 das "Weiße Schiff" vor der Küste der Normandie bei der Überfahrt nach England unterging, verlor der damalige ...


"Thronräuber" ist der erste Band der Plantagenet-Saga von Sharon Penman. Als im November 1120 das "Weiße Schiff" vor der Küste der Normandie bei der Überfahrt nach England unterging, verlor der damalige König Henry I. seinen Sohn und Thronerben William. Nachdem er legitim nur noch eine Tochter hatte, war die Thronfolge ungeklärt. Diese war als deutsche Kaiserin früh Witwe geworden und so vermählte sie Henry I. mit dem Grafen von Anjou Geoffrey Plantagenet, damit sie nach seinem Tode englische Königin werden sollte. In der damaligen von Männern dominierten Welt ein Affront, der das Land spaltete. Nach dem Ableben Henry I. verhalfen daher etliche abtrünnige Vasallen dann Maudes Cousin Stephen von Blois zur englischen Königskrone. Der Beginn eines jahrelangen Krieges um den Thron, der in die Geschichte mit dem Namen "The Anarchy" einging. In diesem ersten Band erzählt die Autorin die Ereignisse bis ins Jahr 1142, als Stephen von Blois die Krone noch immer inne hat, aber Maude diese weiterhin für ihren Sohn und Erben Henry Plantagenet beansprucht. Sharon Penman war eine amerikanische Autorin, die bereits 2021 im Alter von 75 Jahren verstarb, ich aber jetzt zum ersten Mal einen historische Roman von ihr in den Händen hielt. Nachdem ich seit langer Zeit sehr gerne über die englische Geschichte lese, war dieser jetzt im Heyne-Verlag erschienene Roman Pflichtlektüre. Schließlich umfasst er den Zeitraum, der die Vorgeschichte zur Herrschaft des Hauses der Plantagenet erzählt im Zeitraum zwischen 1101 - 1142. Meine Erwartungen daran waren daher voller Neugier geprägt. Und um es vorweg zu sagen, diese wurden absolut erfüllt. Die Autorin fesselte mich von Beginn an mit ihrer Geschichte und trotz der fast 800 Seiten Roman war die Story für mich ständig lebendig und fesselnd. Auch das damalige Weltbild über die Rolle der Frau wird dem Leser bestens vermittelt. Für mich auch spannend die Verhaltensweisen der einzelnen Vasallen, sei es geprägt von Treue, aber auch vom Wechsel der Fronten. Auch die Rollen der einzelnen Protagonisten sind sehr gut dargestellt und es vermittelt einem als Leser mit welchen Widrigkeiten sowohl Maude, als auch Stephen konfrontiert waren. "Thronräuber" ist bisher in diesem Lesejahr mein absoluter Favorit und ich bin schon voller Erwartung wie es im zweiten Band "Thronerbe" weitergehen wird. Von mir eine absolute Leseempfehlung für alle, die sich für englische Geschichte und spannende historische Romane begeistern.

Veröffentlicht am 25.05.2025

Nicht nur San Gennaro ist in Neapel kopflos!

Commissario Gaetano und der lügende Fisch
0


"Commissario Gaetano und der lügende Fisch" ist der erste Band der Gaetano-ermittelt-Reihe von Fabio Nola. Ganz Neapel ist in Feierlaune. Es wird das Fest des Heiligen San Gennaro gefeiert. Nur Commissario ...


"Commissario Gaetano und der lügende Fisch" ist der erste Band der Gaetano-ermittelt-Reihe von Fabio Nola. Ganz Neapel ist in Feierlaune. Es wird das Fest des Heiligen San Gennaro gefeiert. Nur Commissario Gaetano ist noch in seiner Questura, als ein Mann aufgeregt bei ihm erscheint. Der Turiner Ianus Capuano fühlt sich verfolgt und ist der festen Überzeugung, dass jemand nach seinem Leben trachtet. Denn anscheinend bekommt er während seiner Abwesenheit in Neapel aus seiner dortigen Wohnung immer seltsame Anrufe. Dabei spielt ihm der mysteriöse Anrufer die Glockenschläge seiner eigenen Wanduhr vor. Nur jedes Mal ist es ein Schlag weniger, seine Zeit scheint abzulaufen. Commissario Gaetano hat kein rechtes Interesse dem Mann zu helfen, zu viel scheint wirres Gerede. Doch tags darauf wird er an einen Tatort gerufen. Es ist die Wohnung von Capuano und der sitzt dort enthauptet in einem Stuhl. Ein Schicksal wie das des Stadtpatrons San Gennaro. Es beginnt eine Mordermittlung, die ihre Ursprünge in der Vergangenheit sucht. Fabio Nola schickt seinen Ermittler in Neapel in diesem Krimi zum ersten Mal an den Start. Dieser ist ein spezieller Typ, mit dem man als Leser warm werden muss. Gleiches gilt für dessen Kollegen. Mir fiel dies teilweise schwer, ich konnte keine wirkliche Beziehung zu den Ermittlern aufbauen. Beginnt dieser Krimi mit einem spektakulären Mord, die etliche Handlungsstränge vermuten lassen, so kristallisiert sich doch schnell ein wahres Tatmotiv heraus. Die Abgründe dazu sind tief, aber der Autor dringt darin nur bedingt vor. So ergibt sich öfters eine Gemengelage aus Ermittlungen und Privatleben des Commissario, dass zwar interessant ist, aber eben immer wieder auch den Spannungsbogen erschlaffen lässt. Hier hätte ich mir mehr über Beweggründe, Seelenleben der Beteiligten, etc. gewünscht, sowie eine Straffung der Szenen des Privatlebens des Commissario. So hat dieser erste Fall des Commissario Salvatore Gaetano gute Ansätze, aber für mich zu wenig spannende Momente, die mich fesselten und gebannt hinterlassen hätten. Ein solider Krimi mit Ausbaupotential für weitere Bände.

Veröffentlicht am 17.05.2025

Kann Tankred Paris retten?

Tankred: Banner und Sturm
0

"Banner und Sturm" ist der fünfte Band der Tankred-Reihe von Michael Römling. Im Herbst 885 zieht der Däne Siegfried mit seinem plündernden Heer durch Ost- und Westfranken. Während Kaiser Karl auf Italienfeldzug ...

"Banner und Sturm" ist der fünfte Band der Tankred-Reihe von Michael Römling. Im Herbst 885 zieht der Däne Siegfried mit seinem plündernden Heer durch Ost- und Westfranken. Während Kaiser Karl auf Italienfeldzug ist, muss Graf Odo Paris gegen die Nordmänner verteidigen. Diese belagern die Stadt. Ist sie doch auch das Tor zum Süden, wo man über die Seine zu weiteren Raubzügen gelangen könnte. Der Bibliothekar Tankred und seine Freunde kämpfen dabei an der Seite von Odo. Doch auch innerhalb der Stadtmauern scheint es einen Verräter zu geben. Werden die Dänen erfolgreich sein? Michael Römling schickt seinen Protagonisten Tankred zum fünften Mal in den Kampf gegen die Wikinger. Dabei erzählt er dessen Geschichte fortlaufend weiter. Teilweise an der Seite von humorigen Gefährten, teilweise zeigt er Tankred auch wieder als listigen und klugen Kämpfer. Der Leser wird vom Autor in die Zeit der Belagerung mitgenommen, die über die Wintermonate ca. ein halbes Jahr andauerte. Die Verknüpfung von historischen Fakten mit der Fiktion von Tankreds Geschichte ist dabei erneut gut gelungen. Dieser Band ist aber über längere Passagen nicht spannungsgeladen, sondern zeigt mehr das Leben während der Belagerung auf. Doch wenn es zum Kampf zwischen Westfranken und Dänen kommt, dann ist der Leser sogleich voll im Geschehen integriert. "Banner und Sturm" ist daher für mich nicht der spannendste Band der Reihe bisher, aber trotzdem ein guter und flüssig zu lesender historischer Roman. Er ergänzt die Tankred-Reihe weiterhin ansprechend und es macht auch diesmal Spaß Tankred und seine Gefährten zu begleiten.