Profilbild von JanaBabsi

JanaBabsi

Lesejury Star
offline

JanaBabsi ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit JanaBabsi über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.10.2018

Die Frauen der Kamelien-Insel

Die Frauen der Kamelien-Insel
0

Die Frauen der Kamelien-Insel

Sylvia und Mael besiegeln ihre Liebe und gemeinsam mit fast 300 Gästen feiern sie ihre Hochzeit auf der Kamelien-Insel. Auf der Gästeliste stehen selbstverständlich auch ...

Die Frauen der Kamelien-Insel

Sylvia und Mael besiegeln ihre Liebe und gemeinsam mit fast 300 Gästen feiern sie ihre Hochzeit auf der Kamelien-Insel. Auf der Gästeliste stehen selbstverständlich auch Sylvias beste Freundin Veronika mit ihrem Ehemann Laurent und ihrer kleinen Tochter Lilli. Dieses bezaubernde Wesen hat Sylvia und Mael total in ihren Bann gezogen und bei den Beiden wächst der Wunsch nach einem eigenen, gemeinsamen Kind. Während für den Ausbau der Kamelien-Insel ein Besucher-Zentrum geplant wird und die Gärtnerei insgesamt floriert, vergeht Monat um Monat, aber bei Sylvia stellt sich die erwünschte Schwangerschaft einfach nicht ein. Plötzlich taucht auf der Insel eine junge Frau auf, die behauptet, dass Mael der Vater ihres 7jährigen Sohnes Noah ist. Wird die noch junge Liebe von Sylvia und Mael tatsächlich schon auf die Probe gestellt?

Die Autorin Tabea Bach nimmt ihre Leser in diesem Jahr zum 2. Mal mit auf die (fiktive) Kamelien-Insel in der Bretagne. Der 1. Band der Trilogie erschien am 23.02.2018 unter dem Titel „Die Kamelien-Insel“. Es ist problemlos möglich dieses Buch unabhängig von Teil 1 zu lesen, macht aber für mich – bei einer Trilogie – nicht unbedingt Sinn, da die Geschichte aufeinander aufbaut. Leider verrät der Klappentext auch hier wieder sehr viel von der Handlung des Buches.

Wie auch schon in Band 1 liegt das Hauptaugenmerk auf Sylvia. Im Gegensatz zu ihrer 1. Ehe hat sie Mael aus Liebe geheiratet und deswegen wirkt sie nicht mehr so kühl und unnahbar, wie im 1. Buch. Sie treibt den Ausbau der Kamelien-Gärtnerei voran und plant den Bau eines sehr großen Besucherzentrums während ihr Mann sich, wie gewohnt, um die Zucht der edlen und auch teuren Kamelien kümmert. Ab dem Zeitpunkt, an dem Chloe mit Noah auf der Insel erscheint, weiß ich jedoch nicht, ob ich Sylvia bemitleiden oder bewundern soll, ich mache abwechselnd beides. Auf der einen Seite lässt sie sich von Mael sehr viel gefallen, was in meinen Augen der großen Liebe zu ihrem Mann geschuldet ist, auf der anderen Seite springt sie in den richtigen Momenten problemlos über ihren eigenen Schatten. Eine starke Frau, ohne überheblich zu wirken.

Mael erfüllt in diesem Buch für mich das typische Klischee eines Mannes. Sobald er hat was er sich wünscht, lehnt er sich zurück und stellt alle weiteren Anstrengungen in dieser Sache ein. Mit Noah bekommt Mael das Kind, das er haben möchte. Leider vergisst er bei dieser Sache, dass seine Frau ebenso ein Kind haben möchte – aber sicherlich nicht das einer anderen Frau, sondern ihr eigenes, gemeinsam mit ihrem Ehemann. In seiner Freude Vater geworden zu sein, behandelt er seine Frau manchmal ziemlich rücksichtslos und ich würde ihm gerne ab und zu den Kopf in die richtige Richtung rücken. Sylvia verzeiht ihrem Mann vieles, schluckt ihren Kummer oft auch einfach runter. Vielleicht ist es das, was ihre Liebe ausmacht, ich weiß es nicht. Bei mir würde die ein oder andere Situation einen handfesten Disput auslösen. Als Gärtner ist Mael nach wie vor ein Ass, er lebt für die Kamelien-Zucht.

Noah ist für mich die leidtragende Person in dieser Geschichte. Statt Pariser Luxuswohnung wird er auf eine Insel in der Bretagne verpflanzt und bekommt mal eben einen neuen Vater vorgesetzt. Mit 7 versteht man zwar viele Dinge schon ganz gut, aber dass sein bisheriger Vater nun auf einmal nicht mehr sein Vater sein soll, das löst bei Noah die ein oder andere Kurzschluss-Reaktion aus. Gott sei Dank hat er einen Schutzengel – und das ist ganz sicher nicht seine Mutter.

Zu Chloe, Noahs Mutter, möchte ich gar nicht viel schreiben. Sie ist unsympathisch und handelt vollkommen opportunistisch. Es drängt sich mir als Leserin gleich der Gedanke auf, dass mehr hinter ihrem Handeln steckt als nur die Tatsache, dass sie Mael darüber in Kenntnis setzen möchte, einen Sohn zu haben. Sie ist es auch, die die Kamelien-Insel ernsthaft in Gefahr bringt.

Zum Schluss des Buches begegnet man dann auch einem alten Bekannten wieder – Sir James Ashton-Davonport. Was er wieder aushecken mag um die Insel doch noch in seinen Besitz zu bringen …. das verrate ich nicht.

Neben den Hauptakteuren werden auch alle anderen Darsteller von der Autorin wieder liebevoll in Szene gesetzt. Der Leser trifft sowohl auf bekannte Personen aus Teil 1 sowie auf neue Charaktere, die in der einen oder anderen Art und Weise für den Fortgang der Geschichte wichtig sind.

Die Schreibweise von Tabea Bach ist angenehm und durch die nebenbei einfließenden Schilderungen von typisch bretonischen Gebräuchen oder Spezialitäten, verleiht sie der Geschichte ihre Authentizität.

Im Frühjahr 2019 (29.03.2019) erscheint der 3. und letzte Teil der Trilogie unter dem Namen „Heimkehr auf die Kamelien-Insel“, worauf ich mich schon sehr freue.

Veröffentlicht am 09.10.2018

Du wolltest es doch ...

Du wolltest es doch
0

Ehrlich gesagt, weiß ich gerade nicht, wie ich dieses Buch rezensieren soll. Vorweg – ich habe bei 86 % des Buches aufgehört zu lesen und das auch schon vor gut 3 Wochen. Bis heute habe ich mir jeden Tag ...

Ehrlich gesagt, weiß ich gerade nicht, wie ich dieses Buch rezensieren soll. Vorweg – ich habe bei 86 % des Buches aufgehört zu lesen und das auch schon vor gut 3 Wochen. Bis heute habe ich mir jeden Tag vorgenommen, den Rest des Buches auch noch zu lesen; leider juckt es mich so gar nicht in den Fingern, das tatsächlich auch zu tun. Also habe ich beschlossen, dass ich es bei 86 % belasse.

Auf „Du wolltest es doch“ bin ich im August durch eine Rezension auf Facebook aufmerksam geworden. Diese Rezensentin brannte förmlich für dieses Buch bzw. das darin verarbeitete Thema. Ihre Rezension war wirklich sehr mitreißend und deswegen wollte ich dieses Buch lesen. Kurze Zeit später begegneten mir Rezensionen und Besprechungen dazu fast täglich auf meiner Facebook-Timeline und es stellte sich wieder einmal heraus, dass ich bei Büchern, die so extrem beworben/gehyped werden, zuerst einmal abwarten sollte, bevor ich danach greife. Ich weiß nicht, warum das so ist – aber die Erfahrung zeigt es.

Worum geht es?

Es geht um Emma. Emma ist 18 Jahre alt. Sie sieht gut aus und jeder möchte mit ihr befreundet sein. Emma genießt es, sie kostet es regelrecht aus, dass sie permanent im Mittelpunkt steht und um diesen Status zu halten, ist ihr jedes Mittel recht. Sie macht Witze auf Kosten anderer und ihre Gefolgschaft findet das toll, sie zieht sich aufreizend an, um auch wirklich von jedem gesehen zu werden, sie hat immer einen coolen Spruch auf den Lippen und sie macht auch nicht davor Halt, den Freund ihrer besten Freundin anzugraben. Ihr Leben ändert sich jedoch schlagartig, als ihre Eltern sie nach einer Party morgens bewusstlos vor ihrer Haustüre finden.

Was war passiert?

Emma war mit ihren Freundinnen auf einer Party und hat reichlich Alkohol intus. Ich weiß nicht, ob ihr der Alkohol tatsächlich nicht gereicht hat oder ob sie vor Paul O‘Brien angeben wollte, auf jeden Fall wirft sie noch eine Pille ein (die sie von Paul O‘Brien bekommen hat). Anschließend verschwindet sie mit ebenjenem Paul im Schlafzimmer und von da an hat sie einen Filmriss.

Am nächsten Tag finden ihre Eltern sie in erbärmlichem Zustand vor der Türe und abgesehen von ihrer partiellen Amnesie hat sie auch noch einen extremen Sonnenbrand, so dass sie ein paar Tage zu Hause bleibt und sich auskuriert. Als sie wieder zur Schule geht wird sie von allen gemieden, auch von ihrer besten Freundin. Leider kann Emma sich nicht erklären, warum das so ist. Sie weiß noch nicht, dass außer ihr alle die Bilder dieser Nacht auf Facebook gesehen haben.

Wurde Emma das Opfer einer Vergewaltigung oder ist sie tatsächlich einfach nur eine Schlampe?

Mit diesem Buch hat die Autorin Louise O‘Neill ein brandaktuelles Thema aufgegriffen. Missbrauch, egal ob physisch oder psychisch, ist etwas, was das Opfer für den Rest seines Lebens begleitet. Es ist wichtig und richtig, dass auch in Büchern solche Themen aufgegriffen werden. Missbrauch ist leider noch immer ein großes Tabu-Thema.

Es geht um die Frage ob Emma an dem was ihr passiert ist selbst schuld ist – weil sie freiwillig mit Paul ins Schlafzimmer gegangen ist – oder ob an ihr strafbare Handlungen vorgenommen wurden. Fakt ist: Emma erinnert sich an nichts.

Das ist einer der Kritikpunkte, die ich habe: Emma erinnert sich an nichts und der Leser weiß von daher überhaupt nicht, was wirklich passiert ist. Das Einzige, was man als Leser von dieser Nacht erfährt ist die Beschreibung der Fotos, die Emma bei Facebook findet.

„Auf dem nächsten Foto stecken seine Finger im Körper des Mädchens (in mir, mir, oh Gott, mir wird schlecht) aber sie rührt sich nicht. Sie liegt immer noch genauso reglos da wie vorher. Ihr Kopf und ihre Schultern hängen über die Bettkante. Dylan drückt ihre Beine auseinander und winkt die Kamera näher, die nächsten Fotos zeigen rosig entblößtes Fleisch ….“

Schon im Klappentext steht „Nein, richtig sympathisch ist Emma nicht“ und sie ist es tatsächlich nicht. Die Autorin hat hier eine Hauptprotagonistin angelegt, die einem vom 1. Satz an dermaßen unsympathisch ist, dass ich gar nicht weiß, wie ich mich mit ihr identifizieren soll, damit ich das, was ihr passiert, als schrecklich erachten kann. Ich kann es leider nicht. Emma ist schrecklich …..

Der Schreibstil der Autorin ist in meinen Augen leider nicht viel besser. Gedanken von Emma werden manchmal in Klammern und als Kursivschrift eingefügt, manchmal aber eben auch nicht und ich fand es sehr verwirrend.

Auch ist nicht immer klar erkennbar, welche/r der ProtagonistInnen gerade erzählt und ob es sich um Gegenwart oder Vergangenheit handelt. Manchmal fehlt da einfach ein Übergang.

Das Buch ist in 2 Teile aufgegliedert.

Im 1. Teil lernen wir Emma und ihre Freundinnen kennen und erfahren etwas darüber, wie Emma generell tickt incl. dem Partyabend, von dem die wichtigsten Informationen für den Leser jedoch im Verborgenen bleiben.

Der 2. Teil handelt ca. 1 Jahr nach dieser verheerenden Partynacht und der Leser erfährt, wie es Emma zwischenzeitlich geht. Ihr Fall soll nun endlich vor Gericht gebracht werden und nach 1 Jahr wird noch immer in Presse und TV von „Dem Mädchen aus Ballinatoom“ berichtet. Außerhalb der häuslichen 4 Wände gleicht alles einem Spießrutenlauf, weswegen Emma sich überwiegend zu Hause aufhält und da die meiste Zeit alleine in ihrem Zimmer.

Ihre Eltern machen mich rasend und ich bin sicher, dass die ganze Geschichte anders verlaufen wäre, hätten ihre Eltern auch nur für 5 Cent Arsch in der Hose. Der einzige Mensch, der meiner Meinung nach klar im Kopf ist, ist ihr Bruder Bryan. Leider steht er alleine auf verlorenem Posten.

Da ich das Buch nicht beendet habe, weiß ich natürlich auch nicht, wie die Geschichte für Emma ausgegangen ist.

Hätte die Autorin eine sympathische Protagonistin geschaffen, mit der ich hätte mitleiden können, hätte ich das Buch sicher nicht vor dem Ende aus der Hand gelegt. So muss ich – leider – sagen, dass es mich nicht im geringsten interessiert, wie die Geschichte endet.

Das Thema Vergewaltigung und wie damit in der Gesellschaft umgegangen wird, ist sicherlich ein wichtiges Thema über das geredet und geschrieben werden sollte – aber doch bitte nicht so!

Veröffentlicht am 27.08.2018

Integration ist keine Einbahnstraße

Eingedeutscht
0

Die beiden Syrer Abdul Abbasi und Allaa Faham kamen 2015 – unabhängig voneinander – als Flüchtlinge nach Deutschland.

Die wohl größte Hürde die sie überwinden mussten, war das Erlernen der deutschen Sprache. ...

Die beiden Syrer Abdul Abbasi und Allaa Faham kamen 2015 – unabhängig voneinander – als Flüchtlinge nach Deutschland.

Die wohl größte Hürde die sie überwinden mussten, war das Erlernen der deutschen Sprache. Aber abgesehen von den Sprachschwierigkeiten klafft zwischen der arabischen und der deutschen Kultur eine riesengroße Lücke, die es zu überwinden galt. Der Papierkrieg in den deutschen Behörden, die Deutschen und ihre Liebe zum Haustier, Gastfreundschaft, was wir essen und trinken und wie unterschiedlich unsere Auffassung von Zeit ist; der Weg zur Integration ist steinig und schwer.

Per Zufall lernten sich Abdul und Allaa im Juni/Juli 2016 via Facebook kennen und sehr schnell stellten sie fest, dass sie die gleiche Art von Humor teilen. Warum also nicht gemeinsam ein Projekt starten? Unter dem Namen „German LifeStyle GLS“ wollten sie anfangs via Facebook und YouTube schlicht und einfach ihren syrischen Landsleuten Hilfestellung zur Integration in Deutschland geben, ihnen die Besonderheiten unseres Alltags näherbringen. Es kristallisiert sich heraus, dass Integration keine Einbahnstraße ist und man beide Seiten in den Prozess einbinden muss – am besten funktioniert das, indem man gemeinsam über etwas lacht.

Als wir, Abdul und Allaa, nach Deutschland kamen, waren wir voller Ängste. Angst vor den Menschen, vor Tieren, dem Wetter, vor neuen Situationen und vor Speisen, die wir nicht kannten. Wir hatten Angst vor allem, was uns fremd war. Und fremd war uns: alles. [….] Wir lernten, dass Fremdes nur so lange Angst macht, solange es im Dunkeln bleibt und wir nur Schemen wahrnehmen. Wir haben dieses Buch geschrieben, damit ihr Deutschen uns Syrer besser kennenlernt und wir Syrer euch Deutsche. [.…] Egal was unser Hintergrund ist: Uns verbindet mehr, als wir denken. Lasst uns alle das Licht anknipsen und genauer hinschauen.

Genau das tun Abdul und Allaa sowohl auf ihrem Facebook- oder YouTube-Profil als auch in ihrem Buch „Eingedeutscht“, das am 19.03.2018 im Goldmann Verlag erschienen ist. Sie knipsen das Licht an und schauen genauer hin – mit viel Humor erzählen sie die Geschichte ihrer Integration und auf welche Hindernisse sie dabei gestoßen sind bzw. welche Missverständnisse teilweise aus den verschiedenen Situationen entstanden sind.

So ist es in Syrien (oder in arabischen Ländern allgemein) üblich, dass man angebotenes Essen zuerst einmal freundlich aber bestimmt ablehnt. Der Gastgeber wird jedoch nicht müde, sein Essen trotzdem an den Mann (oder die Frau) bringen zu wollen. Dieser Verhaltenskodex wird den Syrern quasi in die Wiege gelegt.

Nein sagen, auch wenn wir Ja meinen – das ist höflich. Und gerade wenn wir Jajaja meinen (so wie Allaa, wenn es Schokolade gibt), müssen wir unser Nein besonders oft und vehement wiederholen. Das signalisiert unserem Gegenüber unmissverständlich den Grad der Gier beziehungsweise der Verzweiflung.

Während man in Syrien mitunter eine halbe Stunde darüber palavert bis jemand das angebotene Essen dann doch endlich nimmt, spielt sich in Deutschland in Minutenschnelle folgende Szene ab:

-Ich sah, wie ein Mitarbeiter des Migrationszentrums seinen Servierwagen am Tisch einer mir bisher unbekannten syrischen Flüchtlingsfamilie parkte: „Möchten Sie etwas Suppe? Oder ein Brot?“ Der Vater winkte sofort ab: „Oh, nein danke, wir haben gar keinen Hunger, aber das ist nett von Ihnen“. Seine Frau und die Kinder nickten. Der Mitarbeiter fuhr mit dem Servierwagen und dem Essen weg.

Ich konnte beim Lesen die Enttäuschung dieser Familie spüren, wussten sie doch nicht, was sie falsch gemacht haben. In Deutschland ist ein „Nein“ ein „Nein“, basta – und die Familie musste hungern.

Witzig fand ich die Gegenüberstellung der deutschen und syrischen Liebesschwüre. „Ich möchte auf Deinen Wimpern laufen“ … „Deine Schönheit hat meine Seele getötet“…. ich lache jetzt noch. Dem gegenüber steht unser deutsches „Du bist die Frau meiner Träume“ doch ziemlich langweilig da, oder?

Nachdenklich gemacht hat mich der Abschnitt über die Deutschen und ihre Liebe zum Tier.

„Obwohl so viele Tiere ausgesetzt werden, sieht man in Deutschland keinen einzigen Straßenhund. In Syrien gab es vor dem Krieg viele Straßenhunde, aber keine Menschen, die auf der Straße lebten. Es war neu für uns Syrer, hier in Deutschland Obdachlose zu sehen, aber keinen einzigen herren- und wohnungslosen Hund. Kein Wunder, wenn pro Jahr rund 300.000 Deutsche einen neuen Hund aufnehmen! Und wusstet ihr, dass es im Jahr 2016 etwa 335.000 Obdachlose gab? Die Liebe der Deutschen zum Tier ist aus vielen Perspektiven eine besondere. Wie wäre es also, wenn die Hundeliebhaber einen Obdachlosen aufnehmen würden? Sie könnten ihn aus dem Urlaub anrufen, ihm etwas zu Weihnachten schenken und Postkarten schreiben. Und der Ex-Obdachlose könnte solange auf das Haustier aufpassen.“

Vorausgegangen ist diesem Abschnitt eine Aufzählung, dass 64 % der Deutschen ihrem Haustier etwas zu Weihnachten schenken, 14 % telefonieren aus dem Urlaub mit ihrem Hund, 6 % schicken ihm eine Postkarte.

Wenn man sich das Kapitel über „Zeit, Zahlen, Perfektion und Bürokratie“ durchliest, in welchem es um die Organisation einer Veranstaltung geht, dann stellt man mit Erschrecken fest, dass wir Deutschen doch ab und an mal (ich bitte um Entschuldigung für die nachfolgende Formulierung) den Stock aus dem Arsch nehmen sollten. Wogegen es bei uns wiederum in der Regel ziemlich locker zugeht, wenn man den Eltern der Freundin vorgestellt werden soll. Dazu muss man in Deutschland nicht gleich Heiratsabsichten haben.

So stellen sie auf 224 Seiten unsere deutsche der arabischen Kultur gegenüber – mal witzig und auch mal nachdenklich – und sie verfügen über die seltene Gabe, über sich selbst lachen zu können.

Ich bin schon lange Fan der GLS-Facebook-Seite und des YouTube-Kanals und ich werde es sicher noch lange bleiben. ِAktuell, Stand 27.04.2018, haben die Beiden auf ihrer Facebook-Seite 115.180 Follower und ihr Youtube-Kanal wird von 42.307 Leuten abonniert.

Abdul und Allaa, die zwischenzeitlich beide an einer deutschen Universität studieren, wünsche ich für ihre Zukunft alles Gute!

Auch in meinem Leben gibt es Syrer, die 2015 als Flüchtlinge in unser Land kamen. Wer sich integrieren möchte, der braucht auch jemanden, der ihn integriert bzw. ihm dabei hilft, sich zu integrieren.

In diesem Sinne

مع السلامة
maʿa as-salāma

Veröffentlicht am 27.08.2018

Wenn die große Liebe sich einfach nicht mehr meldet

Ohne ein einziges Wort
0

Sarah Mackey (36), die seit vielen Jahren in Kalifornien lebt, ist zu Besuch bei ihren Eltern in Gloucestershire/England. Anlass dazu ist der Todestag eines ihr sehr nahestehenden Menschen, der sich zum ...

Sarah Mackey (36), die seit vielen Jahren in Kalifornien lebt, ist zu Besuch bei ihren Eltern in Gloucestershire/England. Anlass dazu ist der Todestag eines ihr sehr nahestehenden Menschen, der sich zum 19. Mal jährt. Genau an diesem Tag lernt sie Eddie David kennen. Ist es Liebe auf den 1. Blick, was zwischen den Beiden passiert? Sie verbringen wundervolle 7 Tage miteinander und dann verabschiedet sich Eddie in seinen schon lange vorher geplanten Urlaub – nicht ohne das Versprechen abzugeben, sich vom Flughafen aus bei Sarah zu melden. Er meldet sich jedoch nicht und auch 15 Tage später hat Sarah noch immer kein Lebenszeichen von ihm erhalten. Er war auf Facebook noch nicht online, an sein Handy geht er nicht ran, weswegen Sarah glaubt, dass ihm etwas schreckliches zugestoßen sein muss. Nun versucht sie alles in ihrer Macht stehende um herauszufinden, was mit Eddie passiert ist. Ihre Freunde raten ihr, ihn zu vergessen – aber Gefühle lassen sich nicht einfach so abstellen. Sarah sucht und sie findet …… der Grund, warum Eddie sich nicht mehr bei ihr meldet, liegt in ihrer Person begründet.

„Ohne ein einziges Wort“ ist der Debütroman der britischen Autorin Rosie Walsh und ist mit 528 Seiten (in der Print-Ausgabe) ein ziemlich umfangreiches Werk. Das Buch ist in 3 große Abschnitte eingeteilt.

Als ich mich auf dieses Buch beworben habe (Buch gegen Rezension bei Literaturschock.de) wusste ich noch nicht, dass es mir in Kürze auf allen möglichen Medienkanälen begegnen wird. Meine Erfahrung aus den letzten Jahren zeigt, dass ich mit Büchern, die besonders beworben und gehyped werden, in der Mehrzahl der Fälle nicht glücklich werde. So war es leider auch hier.

1. Abschnitt
Der Leser wird abwechselnd sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit darüber in Kenntnis gesetzt, was passiert ist. Wie sich Sarah und Eddie kennenlernen, die kurze Zeit, die sie miteinander verbringen und letztendlich der Abschied, als Eddie sich schweren Herzens in seinen schon lange geplanten Urlaub verabschiedet. Dann steigt das Buch am 15. Tag nach Eddies Verabschiedung ein und der Leser wird Zeuge, auf welche Art und Weise und in welcher Intensität Sarah versucht, zu Eddie Kontakt aufzunehmen. Sie schreibt ihm an seinen Facebook-Account und per SMS (oder WhatsApp??) auf sein Handy, er reagiert nicht. Kurz darauf checkt sie, ob er seine Nachrichten gelesen/abgerufen hat, keine Reaktion, dann redet sie mit ihren Freunden, mit denen sie unterwegs ist, über Eddies Verschwinden, dann checkt sie wieder ob Eddie reagiert hat und so weiter und so fort. Da sie gerade mit ihren langjährigen (Schul-)Freunden Jo, deren Sohn Rudi und Tommy unterwegs ist, erfährt man auch ein wenig aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit.

Für mich hätte der 1. Abschnitt deutlich kürzer ausfallen dürfen, denn es passiert nicht wirklich etwas, was der Sache Drive gegeben hätte. Sarah wendet ihre komplette Energie dafür auf, nach Eddie zu suchen (das hat schon was von Stalking). Interessant fand ich jedoch die Beschreibungen zu ihrem Beruf. Da ich wissen wollte, warum Eddie sich abgesetzt hat, habe ich weitergelesen.

2. Abschnitt
Sarah hat wirklich alles mögliche versucht, um Eddie zu finden. Von einem öffentlichen Aufruf auf seiner Facebook-Seite, bis zu einem persönlichen Besuch seines Fußball-Vereins hat sie alles unternommen um ihn zu finden und dann passiert es: Eddie kommt aus seiner Versenkung heraus und wir – sowohl Sarah als auch der Leser – erfahren, was ihn dazu getrieben hat, sich von Sarah zu distanzieren. Der Grund dafür ist schon harter Tobak, das muss ich sagen, und ich kann Eddie auf eine gewisse Art und Weise verstehen. Und das was da zwischen ihnen steht, das hat nicht nur Einfluss auf Eddie und Sarah, sondern auch auf ihr direktes Umfeld. Es geht einfach nicht, dass sie sich lieben können. Der Abschnitt endet dann mit einem ziemlich heftigen Cliffhanger ….. und insgesamt hat mir dieser Teil des Buches ganz gut gefallen weil einiges an Bewegung in der Geschichte ist.

3. Abschnitt
Durch den Cliffhanger des letzten Abschnittes in der Luft hängend, wollte ich natürlich wissen, ob das, was das Kopfkino produziert hat, auch zutreffend ist. Das hat mich wieder bei der Stange gehalten, denn der 3. Abschnitt ist - für meine Begriffe - extrem in die Länge gezogen. Die ersten Kapitel hätte man deutlich raffen können, da habe ich teilweise komplett die Lust verloren weiter zu lesen. Zum Ende hin wird es dann doch noch spannend und emotional und ich musste 1 – 2 Tränchen verdrücken, aber der wirklich schöne Schluss konnte das Buch insgesamt für mich nicht retten.

Fazit:
Mit 528 Seiten ist das Buch in meinen Augen deutlich zu lang. Ein paar Seiten gerafft und etwas weniger Füllstoff hätte dem Buch gut getan, meiner Meinung nach. Der Plot ist richtig gut – warum Eddie sich von seiner großen Liebe distanziert, das habe ich so noch in keinem anderen Buch gelesen. Es gibt einige Charaktere um Sarah und Eddie herum, die alle gut ausgearbeitet sind, aber so wirklich einfangen konnte mich niemand - selbst nicht ihre Freundin, die alles versucht um schwanger zu werden. Eddies Mutter hat mich gelegentlich auch schon mal genervt. Alles in allem entwickelt sich die Geschichte vorwärts und findet auch ein gutes Ende, aber teilweise habe ich mich echt schwer getan weiter zu lesen. Für ein „Buch gegen Rezension“ habe ich 4 Wochen Zeit zum Lesen und Rezensieren und die habe ich – leider – auch komplett ausgenutzt. Bei einem Buch ohne „Rezensionszwang“ hätte ich wahrscheinlich irgendwann abgebrochen.

Veröffentlicht am 27.08.2018

Wenn Du still bist, verstehen Dich nur Menschen, die Dich fühlen

Die Stille meiner Worte
0

In der Nacht, in der ihre Schwester Izzy gestorben ist, hat die 17jährige Hannah ihre Sprache verloren. Hannah ist zutiefst traurig und verstört, sie fühlt sich unvollständig ohne ihre Schwester und schuldig ...

In der Nacht, in der ihre Schwester Izzy gestorben ist, hat die 17jährige Hannah ihre Sprache verloren. Hannah ist zutiefst traurig und verstört, sie fühlt sich unvollständig ohne ihre Schwester und schuldig an deren Tod. Ihre Eltern, selbst in ihrer Trauer gefangen, können Hannah nicht helfen. Im Gegenteil, sie können nicht einmal sich selbst helfen und deswegen schicken sie ihre Tochter in ein Sommercamp, das vom Internat St. Anna, einem Internat für traumatisierte Jugendliche, durchgeführt wird. Dort lernt sie u. a. Levi kennen, für den es das letzte Sommercamp sein wird, denn er wird St. Anna verlassen. Schafft Levi es, dass Hannah ihre Sprache wiederfindet?

Auf die Leserunde zu diesem Buch „Die Stille meiner Worte“ habe ich mich seit Wochen gefreut. Der Klappentext und diverse Rezensionen, die ich über Facebook & Co. gelesen habe, versprachen ein sehr emotionales Buch …. ich wurde nicht enttäuscht.

Izzy, Hannahs Schwester, ist bei einem tragischen Unglück gestorben. Warum, wieso, weshalb, das offenbart sich dem Leser erst ziemlich weit hinten im Buch. Fakt ist jedoch, dass Hannah sich am Tod ihrer Schwester die Schuld gibt und sie in der schrecklichen Nacht, die Nacht in der Izzy nicht gerettet werden konnte, ihre Sprache verliert. Diesen Zustand des nicht-Sprechen-könnens gibt es tatsächlich, er nennt sich Mutismus.

Hannah bräuchte in ihrem Zustand den Trost und den Halt ihrer Eltern, doch diese sind mit der Situation, mit Hannah und mit sich selbst überfordert. Deswegen beschließen sie, dass es das Beste ist, wenn Hannah eine Zeit lang ein Internat besucht. Bevor das Schuljahr beginnt, steht jedoch das alljährliche 3wöchige Sommercamp an. Und so fährt Hannah mit ihren zukünftigen MitschülerInnen in ein Zeltlager am See.

Ich muss gestehen, dass ich mich über Hannahs Eltern aufgeregt habe. Zum einen ist Hannah 17 Jahre alt und eigentlich ist das ein Alter, in dem die Eltern nicht mehr über ihren Kopf hinweg entscheiden sollten und zum anderen kann ich nicht verstehen, wie man nach dem Verlust des einen Kindes das andere Kind einfach so wegschicken kann. Aber es gibt da ja den schönen Spruch, dass man eine Zeit lang in den Schuhen des Anderen gehen soll, um dessen Tun und Handeln zu verstehen.

Das war jetzt auch schon die Überleitung zum Thema „Sprüche und Lebensweisheiten“. Das Buch ist voll davon. Jedes Kapitel wird von einem Spruch eingeleitet und Hannahs Gedanken sind ganz oft tiefsinnig. Für mich drücken diese bildhaften Aussagen etwas aus, was man meiner Meinung nach manchmal gar nicht auf andere Art und Weise beschreiben kann.

„Es ist diese Art von Schmerz, die so stark ist, dass man ihn nicht mehr zeigen kann, weil er eine Grenze überschritten hat. Die Art, die man nicht herauslassen kann, weil jeder Schrei, jedes Wort und jede Träne zu wenig wären für ihn.“ (Seite 11)

Man kann diese Sprüche lieben, sie können einen aber auch erschlagen. Die ersten Kapitel sind ziemlich dicht gespickt, nach hinten weg wird es weniger. Mir persönlich war es nicht zu viel, denn ich liebe solche Sprüche. In der Leserunde gab es dazu aber auch anderslautende Meinungen.

In den ersten Kapiteln kann ich noch keinen wirklichen Zugang zu Hannah finden. Ich lese ihre Geschichte, aber ich kann sie nicht fühlen. Das ändert sich jedoch als Hannah in diesem Camp angekommen ist. Sie ist dort nichts besonderes, alle Jugendlichen in diesem Camp schleppen ihre eigenen Dämonen mit sich herum. Hannah nennt dieses Camp den „Ort der kaputten Dinge“.

Neben den Betreuerinnen Jana und Pia lernen wir auch Levi, Sarah und Lina kennen. Die anderen Jugendlichen werden zwar teilweise erwähnt, sind aber nicht von großer Bedeutung. Außerhalb des Camps ist neben den Eltern von Hannah auch Ben eine wichtige Person. Er verbreitet Wärme und Vertrauen, das kann ich beim Lesen deutlich spüren.

Hannah schreibt ihrer Schwester Izzy immer wieder Briefe, die sie anschließend verbrennt – in der Hoffnung, dass der Inhalt des Briefes ihre Schwester auf diese Art erreicht. Die Briefe enthalten immer irgendwelche Andeutungen darauf was passiert ist, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Sie zeigen aber auch die Schuldgefühle von Hannah und man möchte gerne wissen, was denn in dieser Nacht passiert ist. Es gibt keinen großartigen Spannungsaufbau ….. die Geschichte trägt sich einfach selbst, bis zum Schluss die Auflösung präsentiert wird.

Die Beziehung zwischen Hannah und Levi entwickelt sich eher zufällig als geplant, da beide den gleichen „Lieblingsplatz“ am See haben. Anfangs weicht Hannah noch verschreckt zurück, wenn Levi sie anspricht. Nach einem gemeinsamen Erlebnis bricht das Eis jedoch langsam und Levi schafft es, an Hannah heran zu kommen. Kater Mo, den Hannah unerlaubterweise ins Camp mit eingeschleust hat, trägt seinen Teil dazu bei, dass die 2 miteinander kommunizieren (reden kann Hannah ja nicht).

Die Autorin Ava Reed hat es geschafft, zwischen Hannah und Levi eine Vertrauensbasis zu schaffen, ohne die Beiden zum Liebespaar werden zu lassen. Diese Entwicklung hätte nicht wirklich zur Geschichte gepasst. Da sind 2 junge Menschen, die sich einfach gut tun. Punkt. Sie wachsen gemeinsam an ihrer Vergangenheit aber sie sind noch lange nicht geheilt.

„Weil sie nicht wissen, wie es ist, wenn man nicht aufgefangen werden will und unter einem das Netz gespannt wird, und weil sie nicht wissen, wie es ist, wenn man aufgefangen werden will, aber einfach weiterfällt. Weil ich einfach manchmal nicht okay sein möchte, weil auch das einfach mal okay ist.“ (Seite 247)

Es gibt einige kleine Szenen, die im richtigen Leben so nie passieren dürften, weil die Betreuer im Camp damit ihre Aufsichts- und Fürsorgepflicht vernachlässigen würden. Für den Fortgang der Geschichte waren diese Szenen aber gerade so notwendig wie sie geschildert wurden, weswegen ich das der künstlerischen Freiheit der Autorin zugerechnet habe.

Der Schreibstil von Ava Reed ist sehr angenehm zu lesen. Für die Erzählung hat sie die Ich-Perspektive gewählt, so dass der Leser immer dicht an den Gedanken der Protagonisten ist. Das Buch ist in 43 Kapitel eingeteilt und diese werden mal von Hannah und mal von Levi erzählt. Das Ende des Buches ist in sich stimmig und es bleiben keine Fragen offen.

Für mich hatte das Buch genau den Sog, den ich mir davon versprochen hatte und ganz sicher werde ich mir die anderen Bücher von Ava Reed genauer anschauen.