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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.03.2025

Ein Alptraum, oder etwa nicht?

Bunny
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Die Bunnys sind eine Clique von Literaturstudentinnen einer amerikanischen Eliteuniversität. Samantha, die das gleiche Studienfach belegt, aber dennoch außen vor ist, wird eines Tages von ihnen zum Schundsalon ...

Die Bunnys sind eine Clique von Literaturstudentinnen einer amerikanischen Eliteuniversität. Samantha, die das gleiche Studienfach belegt, aber dennoch außen vor ist, wird eines Tages von ihnen zum Schundsalon eingeladen. Was sie dort erwartet, ist ihr nicht so ganz klar und was immer ihr euch darunter vorstellt, es kommt auf jeden Fall ganz anders!

Nachdem ich von Rouge, dem neuen Buch (und meinem ersten) von Mona Awad, total geflasht war, musste ich dieses direkt im Anschluss hören. Und was soll ich sagen… meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht! Beide Bücher haben düstere Vibes und man fragt sich permanent was denn nun Realität und was Fiktion ist. Bei Bunny noch mehr, weil es hier scheinbar keinerlei Trennung zwischen diesen beiden Welten zu geben scheint. Das klingt erstmal ziemlich verwirrend und ich war auch kurz davor an mir zu zweifeln, als Samantha genau dieses Problem mit Literatur ausspricht, dass ich selbst oft habe: wenn ich ein Werk nicht verstehe, bin ich dann einfach zu blöd dafür, oder ist es nicht vielmehr einfach so, dass manche literarische Ergüsse einfach keinen Sinn ergeben? Da habe ich mich sofort verstanden gefühlt. Und weiter gehört. Und dann kristallisiert sich nach und nach aus diesem nebulösen Alptraum-Gewabere doch tatsächlich eine Auflösung heraus, die mich überrascht und begeistert hat.

Ich hatte zu anfangs den Eindruck die Geschichte bewegt sich in Richtung einer feministischen Gesellschaftskritik. Dieser Anklang verflüchtigt sich dann doch relativ schnell und was übrig bleibt ist einfach nur ein wenig verrückt. Aber auf die gute und vor allem sehr kluge Art.
Ab sofort bin ich Mona Awad Fangirl! Kommt doch auch in den Fanclub… es gibt zwar keine echten Häschen, aber perfekte Unterhaltung!

Veröffentlicht am 16.02.2025

Abgründe eines Schönheitswahnes

Rouge
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Leute, was war das denn für eine krasse Erfahrung?
Ich bin total geflasht von diesem Hörbuch!
Okay, ich muss mich kurz sortieren…also, von vorne…

…es beginnt relativ harmlos damit, dass wir Belle kennenlernen, ...

Leute, was war das denn für eine krasse Erfahrung?
Ich bin total geflasht von diesem Hörbuch!
Okay, ich muss mich kurz sortieren…also, von vorne…

…es beginnt relativ harmlos damit, dass wir Belle kennenlernen, die eine strenge Beauty-Routine verfolgt, alle möglichen und unmöglichen Cremes, Seren, Peelings und was man sich noch so alles ins Gesicht schmieren kann besitzt, und süchtig nach Skincare Tutorials ist. Nachdem ihre Mutter mysteriöser Weise umkommt, reist Belle nach Kalifornien und entdeckt, dass ihre Mutter Mitglied in einem sehr exklusiven Schönheitssalon war. Turns out: es ist kein Beauty-Spa, sondern eine Sekte, die ganz schnell auch Belle indoktriniert.

Das alleine birgt schon genug Psychothriller Potential, nur gibt es ein ganzes Geflecht an Elementen, die in diese Geschichte hinein gesponnen wurden. Allen voran eine toxische Mutter-Tochter-Beziehung und die Frage danach was uns ausmacht. Aber nachdem wir in einen Strudel gelangen und Belles Kindheit und Erwachsenwerden kennenlernen, steht für mich diese eine Frage vor allen anderen: Welche Auswirkungen hat es auf ein Kind, wenn es sich nirgends zugehörig fühlt? Was ein Twist!

Und diese Geschichte wird sprachlich dann auch noch so grandios erzählt, dass man beim Lesen Belle wird. Du siehst Tom Cruise (ja, du hast dich nicht verlesen und ich denke er wurde ganz bewusst für diese Rolle von der Autorin auserwählt), fühlst eine Qualle auf deiner Haut (ohne, dass ich jemals von einer umarmt wurde) und riechst wundervolle Rosen (okay, das war relatable). Der Einfluss der Sekte auf Belles Bewusstsein wird alleine durch ihre eigenen Worte und Gedanken sichtbar und bedarf keiner weiteren Erklärungen. Das ist stilistisch große Klasse gewesen!

Ende meiner Lobeshymne: ihr müsst es einfach selbst hören (oder lesen)!

Veröffentlicht am 03.02.2025

Fun? Weit gefehlt!

Fun
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Eine Woche im Leben der Rockband nbl/nbl und wie diese sich selbst scheinbar ihr eigenes Grab schaufeln. Beginnend damit, dass der Frontmann mit dem gerne angeführten Argument „Kunst darf alles“ alles ...

Eine Woche im Leben der Rockband nbl/nbl und wie diese sich selbst scheinbar ihr eigenes Grab schaufeln. Beginnend damit, dass der Frontmann mit dem gerne angeführten Argument „Kunst darf alles“ alles verteidigt, was keine Kunst ist, bis hin zu dem Schlagzeuger, der eine Frau vergewltigt.

Soviel zum titelgebenden Fun. Den hatten hier nämlich nur eine bestimmte Sorte von Protagonisten: die Männer. Komischerweise unterscheidet sich nämlich das Verständnis von Spaß zwischen den Herren und den Frauen in dieser Geschichte (wer hätte es gedacht), da wir hier jede Form des Missbrauches, sei es Macht- oder se
ueller, die Männer über Frauen ausüben, vor Augen geführt bekommen. Und ja, ich generalisiere hier, weil es keinen einzigen Mann in diesem Werk gibt, der keine Form von davon ausübt. Uff. Nein, es gibt wirklich keinen Fun und keine Regenbögen und auch keine Einhörner. Es ist harter Stoff und es steht eine sehr angebrachte Triggerwarnung zu Beginn des Buches, die bitte ernst zu nehmen ist.
Es ist ein wichtiges Thema und absolut richtig, dass es von einem Mann, der diese Branche in und auswendig kennt, aufgegriffen wird. Aber eines habe ich mich zum Schluss dann doch gefragt: was willst du mir, lieber Bela B Felsenheimer, mit dieser Geschichte sagen? Dass Individuen vielleicht für Straftaten verurteilt werden, aber sich am gesamten System eh nie was ändern wird? Dass egal wieviele Frauen Gewalt erfahren, die patriarchalen und toxischen Machtstrukturen (nein, das ist kein „Kampfbegriff“ wie du es kürzlich in einem Interview genannt hast, sondern leider die f*cking Realität) dafür sorgen, dass alles so weitergehen wird? Dass wenn einer weg ist, der nächste in den Startlöchern steht? Dass wir Frauen generationsübergreifend gar nicht anders können, als den Rockstars dieser Welt zu verfallen?

Versteht mich trotzdem bitte richtig: es ist wichtig, dass diese Geschichte aufgeschrieben wurde! Bestenfalls kann sie dazu ermutigen Täter anzuzeigen und sich zu wehren; allein mir fehlt leider der Glaube.
Fazit: richtig, wichtig, intensiv, nichts für schwache Nerven und absolut 0% Fun aber trotzdem irgendwie empfehlenswert!

Veröffentlicht am 20.01.2025

Was wenn die Zeit stillsteht?

Für immer
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Als plötzlich am 6. Juni die Zeit still steht, muss sich die Menschheit fragen, wie es weitergehen soll. Von ein auf den anderen Tag hören die Menschen auf sich zu entwickeln, zu wachsen, zu sterben, während ...

Als plötzlich am 6. Juni die Zeit still steht, muss sich die Menschheit fragen, wie es weitergehen soll. Von ein auf den anderen Tag hören die Menschen auf sich zu entwickeln, zu wachsen, zu sterben, während sich die Welt um sie herum weiterdreht, als ob nichts geschehen wäre.

Eine junge Mutter, die unheilbar krank ist, kann nun noch mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, eine Bestatterin ist auf einmal arbeitslos, ein Rentner-Ehepaar lebt sich auseinander und eine Schwangere weiß nicht ob und wann jemals ihr Kind zur Welt kommen wird. Während die Menschheit versucht Antworten darauf zu finden, was da gerade passiert, tauchen wir in diese vier Leben ein und müssen uns wohl unweigerlich selbst fragen, was wir in dieser Situation tun würden.

Während ich mir anfänglich den Kopf darüber zerbrochen habe, wie sich diese Situation auflösen kann und was geschehen muss, dass alles wieder zur Normalität zurückfindet, habe ich ganz unverhofft festgestellt, dass es gar nicht darum geht. Es geht vielmehr darum, wie unterschiedlich Menschen mit ein und der selben, scheinbar ausweglosen Situation umgehen. Im ersten Moment denkt man noch „Na, das ist doch super, dass man plötzlich Zeit geschenkt bekommt! Das fehlt uns hier doch allen! Das ist doch der limitierende Faktor von literally ALLEM!“, zeigt diese Geschichte die Kehrseite der Medaille und was passiert, wenn das eigene Handeln von einem Moment auf den anderen völlig sinnbefreit wird. Wenn man nichts zu verlieren hat, was kann einem dann noch Freude bereiten? Wenn man alle Zeit der Welt zu haben scheint, was macht man dann mit dieser Zeit? Driften wir zwangsläufig auseinander, weil das, was uns zusammengehalten hat, das Hier und Jetzt, so nicht mehr existiert?

Das sind unfassbar interessante Fragen, die das Buch beim Lesen aufwirft und die Geschichte fordert schier Selbstreflexion. Sehr klug, sehr philosophisch, sehr zu empfehlen!

Veröffentlicht am 13.01.2025

Gesellschaftskritik, Feminismus und Spannung!

Bright Young Women
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Florida in den 70ern. Ein Mann bricht in eine Studentinnenverbindung ein, ermordet zwei Frauen und verletzt zwei weitere schwer. Bei der Flucht sieht die Studentin Pamela ihn und kann ihn später eindeutig ...

Florida in den 70ern. Ein Mann bricht in eine Studentinnenverbindung ein, ermordet zwei Frauen und verletzt zwei weitere schwer. Bei der Flucht sieht die Studentin Pamela ihn und kann ihn später eindeutig identifizieren.
Da sollte man doch meinen es kommt zu einer zielgerichteten polizeilichen Ermittlung, die zur Verhaftung und Verurteilung des Täters auf Basis einer verlässlichen Zeugenaussage führt. Pustekuchen. Weil einfach ausnahmslos alle, und ich meine wirklich ALLE, Männer in dieser, leider auf wahren Ereignissen basierenden, Geschichte kollektiv versagen.

Eine Geschichte, die vor Misogynie trieft. Pamela bringt es relativ am Anfang gut auf den Punkt und greift damit sehr viel in der folgenden Geschichte vor: Frauen wurden (und werden auch immer noch) dadurch diskriminiert, dass sie völlig ignoriert werden.
Mir fehlten an einigen Stellen die Worte. Insbesondere, weil klar wird, dass die patriarchalen Machtstrukturen unsere Gesellschaft über 40 Jahre später noch genauso bestimmen wie zum Zeitpunkt der Morde.
Umso grandioser ist es, dass dieser Roman endlich die Frauen in den Vordergrund stellt.

Auch wenn sicherlich allen klar ist, um welchen realen US-amerikanischen Serienmörder es sich handelt, nennt die Autorin ihn kein einziges Mal beim Namen (weshalb ich es auch nicht tun werde). Er spielt nämlich kaum eine Rolle. Nur in einem der letzten Kapitel tritt er mit einer seiner Taten in Aktion und die Autorin lässt ihn relativ lange zu Wort kommen, was sich für mich abschließend dann leider doch sehr falsch angefühlt hat. Mir hätte es gereicht ihn ausschließlich als Angeklagten aus den Augen Pamelas zu erleben, die ein ganz klares Bild von ihm zeichnet: anders als die Medien, Bücher, Hollywood-Filme und Netflix-Dokus uns weismachen wollen verdient dieser Mann keinen Funken Aufmerksamkeit, wohl aber seine Opfer.

Eine atmosphärisches Geschichte, die wirklich wütend und sprachlos macht. Da ich es als Hörbuch gehört habe, gibt es von mir auch eine Hörempfehlung. Aber Lesen lohnt genauso!