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Veröffentlicht am 01.08.2022

Harry, Ron und Hermine sind erwachsen geworden - und sind kaum wiederzuerkennen

Harry Potter und das verwunschene Kind. Teil eins und zwei (Deutsche Bühnenfassung) (Harry Potter)
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Diesem Buch gerecht zu werden, ist ziemlich schwer, da es das offizielle Skript zur Theateraufführung ist. Aus meiner Schulzeit weiß ich noch, wieviel langweiliger es sein kann, ein Theaterstück zu lesen ...

Diesem Buch gerecht zu werden, ist ziemlich schwer, da es das offizielle Skript zur Theateraufführung ist. Aus meiner Schulzeit weiß ich noch, wieviel langweiliger es sein kann, ein Theaterstück zu lesen als es auf der Bühne zu sehen. Alle Orte und Gefühle der Protagonisten, die J.K. Rowling in ihren sieben Romanen beschreiben konnte und so ein ganzes Harry-Potter-Universum erschaffen konnte, fehlen, da Schauspieler und Bühnenbildner sie darstellen müssen. So ist der Schreibstil in Dialogform mit Regieanweisungen natürlich knapper und nüchterner. Wenn man mit den Erwartungen eines 8. Harry Potter Romans an die Lektüre herangeht, muss man zwangsläufig enttäuscht sein.

Zur Handlung: Harry, Ron, Hermine und Ginny sind erwachsen geworden, haben geheiraten und haben Kinder. Harry und Hermine arbeiten mittlerweile im Zaubereiministerium. Im Mittelpunkt stehen Harrys Sohn Albus und Draco Malfoys Sohn Scorpius, die unter der Vergangenheit ihrer Väter leiden. Und plötzlich scheint die dunkle Vergangenheit wieder aufzuerstehen.
Die Grundidee des Zeitumkehreres ist prinzipiell gut, allerdings ist dieses Prinzip voller Tücken und die Autoren schaffen es leider nicht immer, Logiklöcher zu vermeiden oder die Handlungen nachvollziehbar zu gestalten. Von der brillanten Umsetzung des Themas in „Der Gefangene von Askaban“ ist teilweise wenig zu spüren.
J.K. Rowling hat in ihren sieben Romanen komplexe Charaktere geschaffen, diese Komplexität können die Autoren nur bei den wenigsten Figuren auch nur Ansatzweise erreichen. Allen voran sind Harry, Ron und Hermine nicht gut getroffen. Harry ist einfach nur ein schlechter Vater, dessen Verhältnis zu seinem Sohn am Ende in einem kitschigen Showdown endet, Hermine ist eine langweilige Bürokratin, die es nicht schafft, magische Artefakte vor Kindern zu verstecken (Wo ist ihre überragende Intelligenz geblieben?) und Ron mutiert zu einem slapstickhaften Sidekick, der bei allem außen vor bleibt. Von den bekannten Figuren haben allein Draco und Severus Snape eine nachvollziehbare und interessante Entwicklung durchgemacht.
Insgesamt ist bei allen Schwächen die Handlung in den ersten drei Teilen zwar interessant, gleiten dann aber im letzten Teil in Kitsch ab. Gewinnen wird das Stück mit Sicherheit, wenn man es auf der Bühne erlebt. Vielleicht schaffen es Schauspieler:innen einigen Figuren mehr Tiefe zu geben. Mit Sicherheit ist es keine gleichwertige Fortsetzung der Harry-Potter-Saga.

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Veröffentlicht am 01.08.2022

Tote Goldschmiede, viel Prominenz und ein legendärer Diamant bieten gute Unterhaltung

Inspector Swanson und der Fluch des Hope-Diamanten
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In London wird ein Goldschmied brutal ermordet. Inspector Swanson ermittelt, doch schon bald geschieht ein zweiter Mord, ebenso brutal, aber auch ebenso skurril. Inspector Swanson fürchtet zu Recht, dass ...

In London wird ein Goldschmied brutal ermordet. Inspector Swanson ermittelt, doch schon bald geschieht ein zweiter Mord, ebenso brutal, aber auch ebenso skurril. Inspector Swanson fürchtet zu Recht, dass dies erst der Anfang einer Mordserie ist. Bei seinen Ermittlungen begegnet er einigen Verdächtigen, und auch so illustren Persönlichkeiten wie Sir Arthur Canon Doyle und Oscar Wilde benehmen sich verdächtig.

Robert C. Marley hat einen unterhaltsamen Kriminalroman geschrieben, in den man in das viktorianische England abtauchen kann. Vieles im Roman entspricht historischen Tatsachen, um die herum sich eine interessante Mörderjagd entwickelt mit überraschendem Ende. Die Charaktere sind gut getroffen, die Settings abwechslungsreich und die Story hat etwas von Sherlock Holmes und Agatha Christie. Insgesamt ein nettes Lesevergnügen für Zwischendurch. Ein Wiedersehen mit Inspector Swanson lohnt sich.

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Veröffentlicht am 01.08.2022

Humorvoller britischer Seniorenkrimi mit einer guten Portion Tragik

Der Donnerstagsmordclub (Die Mordclub-Serie 1)
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Als die fast achtzigjährige Joyce in eine luxuriöse Seniorenresidenz in der Grafschaft Kent einzieht, ist es mit der Ruhe schnell vorbei, als sie Elisabeth, eine ehemalige Geheimagentin, Ron, ehemaliger ...

Als die fast achtzigjährige Joyce in eine luxuriöse Seniorenresidenz in der Grafschaft Kent einzieht, ist es mit der Ruhe schnell vorbei, als sie Elisabeth, eine ehemalige Geheimagentin, Ron, ehemaliger Gewerkschaftsführer, und Ibrahim, einen Psychiater im Ruhestand kennenlernt. Denn Joyce wird (auch weil sie als ehemalige Krankenschwester medizinische Kenntnisse hat) von ihnen in den Donnerstagsmordclub aufgenommen, in dem sie versuchen alte ungelöste Fälle zu klären. Als dann vor ihrer Haustür ein Mord geschieht, stürzen sich die vier Senioren in die Ermittlungsarbeit. Dabei sind sie der Polizei mehr als einmal einen Schritt voraus, auch weil ihre Mittel nicht immer ganz legal sind. Aber der Zweck heiligt ja bekanntlich die Mittel.
Die Geschichte um einen Mord zieht schnell immer größere Kreise und es werden schnell viele Fährten gelegt. Leider ufert das ganze manchmal zu sehr aus, so dass man sich bemühen muss, den Überblick zu behalten, auch aufgrund der Vielzahl an Personen. Gelungen sind auch die Kapitel die als Tagebucheinträge von Joyce gestaltet sind.
Der große Vorzug des Buches sind die Charaktere, die vier Senioren des Clubs wachsen einen mit ihren Eigenheiten immer mehr ans Herz, vor allem weil auch immer wieder melancholische Töne und die Last der Älterwerdens thematisiert werden. Bei allem (britischen) Humor bekommt so die Handlung auch Tiefe und Tragik. Sehr schön augenzwinkernd beschrieben ist die Zusammenarbeit der Senioren mit dem Chefinspektor, bei dem sich Freude und Entsetzen oft abwechseln.
Ein unterhaltsames Lesevergnügen, das etwas braucht, um Fahrt aufzunehmen. Aber definitiv ein Grund, wieder einmal in Kent vorbeizuschauen.

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Veröffentlicht am 01.08.2022

Der Versuch, Begeisterung für Mathematik zu wecken

3,7
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„Schon als Kind habe ich mich für Mathematik begeistert und versucht, auch anderen diese Begeisterung zu vermitteln. Leider scheint dies nur wenigen Mathematik-Lehrern zu gelingen.
Dies möchte ich ändern. ...

„Schon als Kind habe ich mich für Mathematik begeistert und versucht, auch anderen diese Begeisterung zu vermitteln. Leider scheint dies nur wenigen Mathematik-Lehrern zu gelingen.
Dies möchte ich ändern. Denn Mathematik macht Spaß!“ (http://www.briefe-aus-einer-anderen-welt.de/impressum/ abgerufen am 09.03.2022)
Ich muss zugeben, dass ich mich mit einer Bewertung dieses Buches etwas schwer tue, da ich als Mathematiklehrer vielleicht einen anderen Blick habe als die Leser, für die dieses Buch geschrieben ist, nämlich für junge Menschen etwa ab der 4. Klasse, wie der Autor auf der oben genannten Homepage angibt.
Den Anspruch, den Raymond Hemmecke hat, nämlich Begeisterung für Mathematik zu vermitteln, zu zeigen, dass Mathematik Spaß macht, kann ich nur begrüßen. Er ist damit allerdings natürlich nicht der erste, der das versucht. Mein Eindruck nach der Lektüre des Buches war, dass er damit eher Erwachsene erreichen kann, die irgendwann nach ihrer Schulzeit sich noch einmal an ihre Mathematikstunden zurückerinnern wollen, entweder weil sie die Begeisterung ihrer Mathestunden wieder erleben wollen oder weil sie hoffen, hier einen Lehrenden zu finden, der ihnen die (in der Schulzeit vermisste) Begeisterung jetzt vermitteln kann. Da kann das Buch durchaus Erfolg haben.
In 20 Briefen schreibt 3,7 von der Welt Pirk einem Erdling Briefe. Versteckt in den Briefen sind einige schöne Hinweise, wie Mathematiker ticken und arbeiten, so zum Beispiel, dass Mathematiker (schreib)faul sind und deshalb so viele Abkürzungen verwenden. Oder dass man ein unbekanntes Problem auf ein bekanntes und kleineres Problem zurückführen kann.
Ein Kind von 10 Jahren wird dieses Buch aber, denke ich, nicht oder nur bedingt begeistern aus verschiedenen Gründen:
- Die Rahmenhandlung ist sehr simpel und wird auf Dauer monoton: Eine gewisse 3,7 (warum dieser Name?) schreibt einem Erdling Briefe, in denen mathematische Probleme gelöst werden. Am Anfang ist das noch interessant, weil auf dem fremden Planeten keine Zeit existiert und so das Problem der Unendlichkeit erklärt wird. Später ist es aber völlig unerheblich, woher 3,7 kommt.
- die Aufmachung des Buches ist nicht sehr ansprechend, ein großzügig gedruckter Text in lustiger Comic-Schrift mit ein paar mathematischen Formeln, keine Illustrationen (z.B. des Erdlings und der kleinen 3,7), die das ganze etwas auflockern würden.
- Das Briefe wirken immer unzusammenhängender und das Buch endet völlig abrupt. Es steht am Ende „Bis zum nächsten Brief“ und das war es. Die Lösung habe ich zufällig auf der obigen Homepage gefunden: Das Buch ist eine 20 Briefe umfassende Auswahl von insgesamt 36 Briefen (und zwar querbeet). Einen Hinweis darauf (und auf die Homepage) findet man im Buch nicht.
- Die behandelten Probleme sind nicht sehr neu und schon vielfach für Kinder erklärt worden. Auch wenn der Autor oft schöne und einleuchtende Erklärungen bietet, sind diese nicht immer ausführlich und altersgemäß (ab 10 Jahre!) dargeboten.

Alles in allem wirkt das Buch wenig professionell, mehr wie ein Liebhaberstück des Autors. Mehr Begeisterung für Mathematik erweckt bei mir eher „Der Zahlenteufel“ von Hans Magnus Enzensberger (von der Grundidee sehr ähnlich) oder der Mathematik-Krimi „Christian und die Zahlenkünstler“ des Gießeners Mathematik-Professors Albrecht Beutelspacher.

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Veröffentlicht am 01.08.2022

Toller Debütroman - eine bildgewaltige Beschreibung New Orleans mit Jazz, Korruption und dem Axeman

Höllenjazz in New Orleans
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„Höllenjazz in New Orleans“ beschreibt die Ereignisse um den (realen) Axeman-Mörder, der im Jahr 1919 mehrere vorwiegend italienischstämmige Händler brutal ermordet und sich dabei wie ein Phantom durch ...

„Höllenjazz in New Orleans“ beschreibt die Ereignisse um den (realen) Axeman-Mörder, der im Jahr 1919 mehrere vorwiegend italienischstämmige Händler brutal ermordet und sich dabei wie ein Phantom durch New Orleans bewegt. Die Jagd nach dem Axeman wird dabei aus drei Sichtweisen beschrieben. Zum einen ermittelt Detective Lieutnant Michael Thalbot unterstützt vom jungen Iren Kenny. Thalbot ist wenig beliebt bei seinen Kollegen, nachdem er vor einigen Jahren ihren Kollegen Luca D’Andrea wegen seiner Beziehungen zur Mafia in Gefängnis gebracht hat. Dieser Luca D’Andrea wurde nun gerade aus dem Gefängnis entlassen und soll im Auftrag der Mafia den Axeman suchen. Außerdem stößt die junge Ida Davis, die den undankbaren Job einer Sekretärin bei Pinkertons Detektivagentur hat, auf eine Spur des Axemans, die sie zusammen mit ihrem Freund Louis „Lewis“ Armstrong verfolgt. Alle stoßen am Ende auf den Axeman, jeder auf seine Weise …
Was wie ein Krimi oder Thriller klingt, ist vielmehr ein Roman, denn Ray Celestin schafft es aufbauend auf der realen Mordserie des Axeman im Jahr 1919 ein faszinierendes Bild des frühen New Orleans und seiner vielfältigen Bewohner, Kreolen, Schwarze, Weiße, … entstehen zu lassen. „In New Orleans ist alles anders …“, sagt der Bürgermeister, ein Satz, der heute noch genauso gilt wie damals. Auf jeder Seite spürt man die durch viel Detailwissen angereicherte Atmosphäre dieser besonderen Stadt. Das Vergnügungsviertel Storyville wurde geschlossen, das Gesetz zur Prohibition wurde erlassen und in der Stadt herrschen die Mafia und die Korruption. Dazwischen sind all die Menschen, die nach Abwechslung und Vergnügen suchen, die ihnen besonders der neu entstandene Jazz liefert.
Eigentlich gibt es im ganzen Roman keinen einzigen glücklichen oder zufriedenen Menschen, alle stehen an einem Scheidepunkt in ihrem Leben und die Richtung, die ihr Leben nehmen soll, ist unklar. Dennoch wirkt das Buch oftmals auch erstaunlich positiv. Besonders gut wurde die Figur des jungen Jazz-Trompeters (damals noch mit dem Kornett) Lewis Armstrong mit seinen schwierigen Lebensverhältnissen und seiner Liebe zur Musik, die für ihn aber auch oft harte Arbeit bedeutet, gelungen. Ein oft trauriges, melancholisches Bild, das aber auch immer wieder Hoffnung auf Veränderung mit sich bringt.
Fazit: Der Roman bietet ein spannendes mit vielen historischen Details angereichertes Bild einer faszinierenden Stadt. Sehr gut zu lesen, obwohl eine große Anzahl von Personen auftreten (wobei das vierseitige Personenverzeichnis gut hilft, die Übersicht zu behalten). Auch die zahlreichen historischen Begriffe (von den Po’Boy-Sandwiches bis zum French Market) werden am Ende des Buches in einem Glossar erklärt.
Dieser Auftakt lässt mich mit Sicherheit bald auch zu den weiteren Bänden greifen. Also dann: Auf zum Blues nach Chicago.

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