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JohannaMaus

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.11.2025

Zwischen Stille, Spiritualität und einem Schatten im Gepäck

Und zuletzt Buchara
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„Und zuletzt Buchara“ von Stephanie Clasemann ist ein Buch, das nicht laut, sondern leise an sich zieht. Mit einer sanften, beinah meditativen Erzählweise entführt es in die Welt Usbekistans: zwischen ...

„Und zuletzt Buchara“ von Stephanie Clasemann ist ein Buch, das nicht laut, sondern leise an sich zieht. Mit einer sanften, beinah meditativen Erzählweise entführt es in die Welt Usbekistans: zwischen türkisglänzenden Kuppeln, staubigen Straßen, Basaren voller Farben und einer Geschichte, die in jeder Gasse spürbar ist.

Im Mittelpunkt steht Gesa, die sich eher spontan als geplant zwei Mitreisenden anschließt. Marc und Sonja, die faszinierend, aber schwer zu durchschauen sind. Genau diese Mischung aus Offenheit und Geheimnis macht den Reiz der Figuren aus. Während ihre Reise sie immer tiefer in historische Städte und spirituelle Traditionen führt, spürt man auf jeder Seite, dass unter der Oberfläche Dinge brodeln, die kein Reiseführer verraten würde.

Besonders gelungen ist die ruhige, klare Sprache, die dennoch Bilder von beeindruckender Intensität schafft. Vieles liest sich wie ein poetischer Reisebericht, der den Zauber (und manchmal auch die Fremdheit) eines Landes transportiert, das man vielleicht vorher kaum kannte. Die spirituellen Elemente fügen sich organisch ein und verleihen der Erzählung eine nachdenkliche, fast kontemplative Note, ohne je aufdringlich zu wirken.

Gleichzeitig baut der Roman einen feinen Spannungsbogen auf, der sich erst langsam zeigt und dann immer stärker in den Vordergrund rückt. Man ahnt früh, dass diese Reise für die drei nicht so enden wird, wie sie begonnen hat. Diese unterschwellige Dramatik begleitet einen bis zuletzt und wirkt über das Ende hinaus nach.

Zwar hätte ich mir an manchen Stellen etwas mehr Tiefe in der Figurenentwicklung gewünscht, doch dies schmälert die atmosphärische Wirkung kaum. Das Buch lebt vor allem von Stimmungen, Orten und der inneren Reise seiner Figuren.

Fazit:
Es ist ein stilles, atmosphärisches Buch, das weniger durch Action, dafür umso mehr durch Intensität überzeugt. Es ist eine Reise voller Farben, Spiritualität und unterschwelliger Spannung. Wer literarisch gern neue Welten entdeckt und Geschichten mag, die langsam, aber wirkungsvoll wachsen, wird hier fündig.

Veröffentlicht am 25.11.2025

Bewegend, atmosphärisch und voller Schicksale

Die Welt in Meran - Walzerblut
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Die Welt in Meran – Walzerblut ist ein historischer Roman, der auf lebendige Weise erzählt und die Leser*innen mitten ins Meran der Faschingszeit 1872 versetzt. Angela Marina Reinhardt zeichnet ein eindrucksvolles ...

Die Welt in Meran – Walzerblut ist ein historischer Roman, der auf lebendige Weise erzählt und die Leser*innen mitten ins Meran der Faschingszeit 1872 versetzt. Angela Marina Reinhardt zeichnet ein eindrucksvolles Bild einer Stadt, in der mondäner Kurbetrieb, medizinischer Fortschritt und harte Lebensrealitäten aufeinandertreffen.

Besonders gut haben mir die vielen unterschiedlichen Figuren gefallen, deren Wege sich auf spannende Weise kreuzen: Dazu gehören Helen, die von der Gesellschaft in eine vorteilhafte Ehe gedrängt wird, die tapfere Rosa, die in der Spinnerei ausgebeutet wird, der jüdische Arzt Hirsch mit seinen inneren Konflikten und der geheimnisvolle Benedetti, dessen Vergangenheit wie ein Schatten über der Handlung liegt. Jede Perspektive eröffnet eine neue Facette des damaligen Lebens – von den glänzenden Maskenbällen der Oberschicht bis hin zum täglichen Überlebenskampf der einfachen Bevölkerung.

Der Roman verbindet historische Atmosphäre, gesellschaftskritische Themen und emotionale Schicksale sehr stimmig. Besonders die Darstellung der sozialen Unterschiede und der eingeschränkten Rolle der Frauen hat mich berührt. Der Schreibstil ist flüssig und detailreich, sodass das historische Südtirol fast greifbar wird.

Ein vielschichtiger, atmosphärischer Auftakt, der neugierig auf den nächsten Band macht. Wer historische Romane mit starken Figuren und einem authentischen Zeitgefühl mag, wird hier definitiv fündig.

Veröffentlicht am 18.11.2025

Ein kraftvolles Finale voller Gefühl, Geschichte und Menschlichkeit

Opalus
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Mit Opalus ist es Anne Bernhardi eindrucksvoll gelungen, ihre Nermberg-Saga abzuschließen. Sie hat mich sofort in die düstere, aber faszinierende Zeit des Dreißigjährigen Krieges hineingezogen. Besonders ...

Mit Opalus ist es Anne Bernhardi eindrucksvoll gelungen, ihre Nermberg-Saga abzuschließen. Sie hat mich sofort in die düstere, aber faszinierende Zeit des Dreißigjährigen Krieges hineingezogen. Besonders gut hat mir Georgs innerer Konflikt zwischen Pflicht, Vergangenheit und Liebe gefallen, der unglaublich feinfühlig dargestellt wurde. Seine Suche nach einem Platz im Leben – in einer Welt, in der Empathie als Schwäche gilt – hat mich besonders berührt.

Auch Pascale wächst über sich hinaus. Ihr ungestümer Weg, ihre Stärke und ihre Begegnung mit Jan von Graalfs sorgen für Spannung, Emotionen und einige dramatische Wendungen. Die Verbindung der beiden verfeindeten Adelsgeschlechter verleiht der Handlung zusätzliche Tiefe und verknüpft die Erzählstränge auf gekonnte Weise miteinander.

Anne Bernhardi verbindet historische Details mit einer lebendigen, bildhaften Sprache, die ohne unnötige Brutalität auskommt, aber dennoch die Härte dieser Epoche spürbar macht. Besonders gelungen finde ich, wie sie Liebe, Loyalität und Hoffnung als leise, aber starke Kräfte durch die Geschichte hindurchwirken lässt. Die Illustrationen, die die Autorin selbst geschaffen hat, runden das Leseerlebnis perfekt ab und geben der Welt von Nermberg einen ganz eigenen Charakter.

Für mich ist „Opalus” ein mitreißendes, emotionales und atmosphärisch starkes Finale, das alle Fäden zusammenführt und die Figuren würdevoll abschließt. Eine klare Empfehlung für alle, die historische Romane mit Tiefe, Gefühl und kraftvollen Charakteren lieben – und ein schönes Beispiel dafür, wie beeindruckend Selfpublishing sein kann.

Veröffentlicht am 17.11.2025

Ein wichtiges und eindringliches Buch über das, was Männer fühlen – und oft nicht sagen.

Raum für Männergefühle
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„Raum für Männergefühle“ ist ein außergewöhnlich ehrliches Buch, das leise beginnt, aber stark nachhallt. Benjamin Krauss schreibt über Themen, die viele Männer ihr Leben lang verdrängen: Scham, Wut, Sehnsucht, ...

„Raum für Männergefühle“ ist ein außergewöhnlich ehrliches Buch, das leise beginnt, aber stark nachhallt. Benjamin Krauss schreibt über Themen, die viele Männer ihr Leben lang verdrängen: Scham, Wut, Sehnsucht, Überforderung, das Bedürfnis nach Nähe – und die Angst davor. Dabei wirkt nichts belehrend oder theoretisch. Der Autor erzählt beobachtend, reflektierend und berührend persönlich.

Beeindruckt hat mich der klare Stil: reduziert, zugänglich und sehr bewusst gestaltet. Viele Kapitel wirken wie kleine Gedankenräume: keine langen Erklärungen, sondern Impulse, die eigene Gefühle und Muster sichtbar machen. Gerade diese Kürze öffnet Türen, statt sie zu verschließen.

Das Buch zeigt, wie tief gesellschaftliche Vorstellungen von „männlicher Stärke“ wirken und wie viel Sprachlosigkeit dadurch entsteht. Warum fällt es vielen Männern so schwer, ihre Gefühle zu benennen? Warum wird Nähe oft durch Humor, Schweigen oder Ablenkung ersetzt? Und wie kann ein Mann lernen, überhaupt wahrzunehmen, was in ihm vorgeht?

Der Autor gibt keine Ratschläge im klassischen Sinne. Vielmehr formuliert er Einladungen: zum Hinschauen, zum Fühlen, zum Erkennen der eigenen Grenzen und Bedürfnisse. Ohne Schuldzuweisungen, ohne Forderungen, dafür mit Respekt und viel Empathie.

Als Leserin habe ich vieles wiedererkannt und besser verstanden. Das Buch hilft, die Dynamiken hinter männlicher Sprachlosigkeit zu erkennen, ohne sie zu verurteilen. Es schafft Verständnis – für Männer, für Partnerschaften und für Beziehungen jeder Art.

Fazit:
Ein stilles, aber kraftvolles Buch, das Mut macht, Rollenbilder zu hinterfragen und echte emotionale Nähe zuzulassen. Für Männer, die sich selbst besser verstehen wollen. Für Frauen, die begreifen möchten, was oft unausgesprochen bleibt. Und für alle, die sich eine offenere, menschlichere Art von Männlichkeit wünschen.

Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 17.11.2025

Eindringlich, lehrreich und absolut zeitrelevant!

Frieden nicht in Sicht
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„Frieden nicht in Sicht“ ist ein außergewöhnliches Lern- und Lesebuch. Es verbindet historische Texte, Karikaturen und persönliche Dokumente zu einem eindrucksvollen Gesamtbild des Zweiten Weltkriegs. ...

„Frieden nicht in Sicht“ ist ein außergewöhnliches Lern- und Lesebuch. Es verbindet historische Texte, Karikaturen und persönliche Dokumente zu einem eindrucksvollen Gesamtbild des Zweiten Weltkriegs. Die Kombination aus Bernhard M. Schulz’ Kurzgeschichten und Erzählungen sowie den erstmals veröffentlichten Karikaturen von Fritz Wolf ist nicht nur gelungen, sondern verstärkt auch die Wirkung jedes einzelnen Beitrags spürbar.

Schulz schreibt klar, ehrlich und ohne Pathos. Seine Erfahrungen als junger Soldat, die er weder glorifiziert noch verherrlicht, sondern kritisch und reflektiert darstellt, gehen nahe und machen den Irrsinn des Krieges greifbar. Besonders die Feldpostbriefe an seine Frau Gerda – einige davon in originaler Sütterlin-Schrift – verleihen dem Buch eine enorme Authentizität. Sie zeigen den Menschen hinter dem Soldaten, der voller Zweifel, Skepsis und stillem Widerstand gegen Militarismus und faschistische Ideologie ist.

Fritz Wolfs Karikaturen sind ein weiteres Herzstück des Buches. Pointiert, manchmal bitter, manchmal zynisch, aber immer eindrücklich, kommentieren sie die Realität des Krieges. Die visuelle Kraft seiner Zeichnungen ergänzt die Texte nicht nur, sondern intensiviert auch die Aussage und regt zum Nachdenken an.

Dieses großformatige Buch braucht Zeit, Ruhe und Offenheit. Es ist keine leichte Kost, aber ein Werk, das nachhallt. Es ist ein Muss für Geschichtsinteressierte, für Schulen und für alle, die verstehen wollen, wie sich Krieg anfühlt – jenseits von Zahlen und Daten.

Ein beeindruckendes, wichtiges Buch – und definitiv eine Empfehlung.