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Julia_Matos

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.01.2018

Für Hauptzielgruppe der weiblichen Teenager eine emotionale Reise mit fragwürdigem Ende

Entführt
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Ich bin in meiner Meinung zwiegespalten.
Die Handlung ist objektiv betrachtet wenig überraschend und nicht besonders innovativ. Schwerer wiegt die Auseinandersetzung mit den dargestellten Gedanken - im ...

Ich bin in meiner Meinung zwiegespalten.
Die Handlung ist objektiv betrachtet wenig überraschend und nicht besonders innovativ. Schwerer wiegt die Auseinandersetzung mit den dargestellten Gedanken - im Band 1 die der 16-jährigen Entführten Lou und im Band 2 die des 22-jährigen Entführers Brendan. Es werden jeweils sämtliche Interaktionen und Beobachtungen intensiv gefühlsmäßig reflektiert, inklusive aller Ängste und Sehnsüchte.
Aufgrund der Erzählperspektive und der gewählten Sprache bilden Jugendliche und junge Frauen nach meiner Einschätzung die Hauptzielgruppe. Da das Identifikationspotenzial hier besonders hoch ist, wird dieser Adressatenkreis mit höherer Wahrscheinlichkeit das Dargestellte als glaubwürdig, sensibel und fesselnd beschreiben. Mir ist das komplette Fallenlassen und Mitfühlen über weite Strecken schwer gefallen, zum einen gibt es ein paar Längen (Darstellung banaler Gegenstände und Tätigkeiten), zum anderen gibt es für Erwachsene sicherlich vergleichbare Romane aus Erwachsenensicht.

Figur Lou: Aus ihrer Sicht wird Band 1 erzählt. Als Waise, Nesthäkchen und einziges Mädchen von ihren vier Brüdern verhätschelt, kommt die 16-jährige Lou zu Beginn oberflächlich daher, zeigt sich undankbar, naiv, mäßig intelligent, wenig vorausschauend und wenig empathisch. Sie ist gelangweilt vom Alltag in der Kleinstadt und wünscht sich mehr Abenteuer.
Das bietet für Erwachsene wie mich wenig Identifikationsmöglichkeit, für junge Frauen, die sich in der Abnabelungsphase vom Elternhaus befinden umso mehr. Da es sich um eine 16-Jährige handelt, ist diese Charakterisierung durchaus glaubwürdig geraten. Offensichtlich ist die Veranlagung der Hauptfigur durch die Autorin beabsichtigt, um in der persönlichen Reife Entwicklungspotenzial darzubieten. Obgleich noch ziemlich naiv agierend, wurde dieses Potenzial in der weiteren Handlung bei kritischer Auseinandersetzung mit ihrem Entführer und Flucht(plänen) zumindest streckenweise auch umgesetzt.

Figur Brendan: Aus seiner Sicht wird Band 2 erzählt. Der 22-jährige Entführer Brendan hatte traumatische Erlebnisse in seiner Kindheit und Teenagerzeit, die ihn in der Gegenwart psychisch sowie physisch in Form von drastischen Aussetzern verfolgen und auf die im aus seiner Sicht dargestellten Band 2 noch näher eingegangen wird. Allein und ohne Lebensmut lebt er auf sich selbst gestellt im landschaftlich idyllischen kanadischen Yukon-Territorium. Gefühle, da ausschließlich negativ, möchte er verdrängen. Erfahrungen in tiefer Zuneigung oder gar Liebe hat er nicht. Über Facebook stößt er auf Lou, deren Schönheit und Lebensfreude ihn derart faszinieren, dass er sie nach langem Ringen mit sich selbst und nach sorgfältiger Planung entführt. Im Laufe des Romans spielen sich bei ihm äußere und innere Kämpfe, Reflektionen zu sich selbst und Lou ab (in Band 1 aus Sicht von Lou dargestellt). Diese Darstellungen, insbesondere in Band 2, sind nichts für schwache Nerven.

Die sprachliche Darstellung der Gefühlswelt ist einfach gehalten, ohne zu kitschig zu geraten, passt damit zur Figur Lou und erreicht einen großen Adressatenkreis.
Bei den Beschreibungen der Landschaft ist streng genommen ein Bruch im Erzählstil, da sich hier nicht Lous Vokabular bedient wird, aber das ist hier ein Pluspunkt, weil durch die Worte der Autorin eine schöne Atmosphäre erzeugt und die Vorstellungskraft der Leserschaft positiv angeregt wird.
Gefallen haben mir die poetisch angehauchten philosophischen Textpassagen, siehe auch beliebte Markierungen. Diese kennzeichnen regelmäßig Schlüsselmomente in der Handlung, die geeignet sind, den Funken überspringen zu lassen - zwischen Lou und Bren sowie zur Leserschaft.
Mein Kompliment an Mila Olsen für die neugierig machenden ersten Sätze sowie die letzten zwei Sätze des Romans.

Das Ende habe ich persönlich als wenig zufriedenstellend empfunden - Näheres mit Spoiler siehe unten.
Bei Band 2 finde ich das Ende treffender, sodass ich empfehle, diesen ergänzend oder parallel zu Band 1 zu lesen.
Ich vergebe 3 Sterne. Weniger wäre nicht fair aufgrund eines Gesamtwerkes, dass ich im Wesentlichen doch mit Spannnung (wenn auch eher als Zuschauerin) gelesen habe.

Begründung für das subjektiv nicht befriedigende Ende: Achtung, SPOILER!
Dass sich Lou infolge eines verständlicherweise körperlichen und emotionalen Ungleichgewichts in Verbindung mit einem Nahtoderlebnis von ihren Fluchtwünschen löst und vollumfänglich auf Brendan einlässt (Fluchtmöglichkeit wird nicht ergriffen, danach wilde Küsse, Sex, Liebesbekundungen), ist aus meiner Sicht noch einigermaßen glaubhaft dargestellt. Sich aber in Freiheit nach der Möglichkeit mehrmonatiger Reflektion bedenkenlos und ohne Nachfragen einem Mann in die Arme zu werfen, der mich gefangen gehalten hatte, mit sich selbst nach wie vor nicht im Reinen ist (Stichwort Selbstwertgefühl) und ohne intensive Psychotherapie doch jederzeit wieder Aussetzer bekommen kann (z. B. im Zuge eines Streits, den es im Rahmen einer jeden normalen Partnerschaft mal geben muss) und hierbei bleibende Schäden verursachen kann, war - auch beim Glauben an die Grenzen überwindende und heilende Kraft der Liebe - für mich zu naiv und kurz gegriffen. Zugegeben, Brendan gibt mit einem Satz an, er habe eine Therapie begonnen - das ist es aber auch schon. Kein Hinterfragen von irgendeiner Seite wird deutlich. Wenn man das z. B. auf weit verbreitete Alkoholsucht oder Depressionen überträgt, empfinde ich dieses Ende für die (wahrscheinlich viel aus weiblichen Teenagern bestehenden) Leser als moralisch bedenkliche Botschaft.
Auch dass Lous Bruder (in der Vaterrolle) hier nicht vermittelnd eingreift, z. B. wohlwollend im Vorfeld zum erneuten Treffen ein Auseinandersetzen mit der Zukunft und eine Gesprächstherapie für Lou anregt, ist wenig nachvollziehbar.
Ob man angesichts der Umstände auf beiden Seiten zweifelsohne von Liebe reden kann?! Naja, daran scheiden sich zu Recht die Geister. Die Annäherung ist ausreichend einfühlsam dargestellt und da sich die Hauptzielgruppe sicher ein Happy End wünscht, kann man das so stehen lassen.
Was aber obendrein unglaubwürdig auf mich wirkt, ist der Umstand, dass trotz polizeilicher und medialer Aufmerksamkeit kein Spezialist bei der Polizei, kein findiger Journalist oder Jugendamtsmitarbeiter und auch nicht Lous Brüder das fragile Lügengebilde binnen Minuten zum Einstürzen gebracht haben sollen. Dies hätte doch spätestens mit der Frage nach den Identitäten der vermeintlichen Mitausreißerinnen geschehen müssen.
Ich fürchte, dass sich insbesondere junge Leserinnen, die hier im Fokus stehen, zu wenig mit solchen Fragen auseinandersetzen und sich die Handlung damit im Romantischen verklärt. So manche Rezension bekräftigt mich noch in dieser Befürchtung. Gerade da dieser Roman ein Bestseller ist und psychische Erkrankungen in unserer Gesellschaft zunehmen, hätte ich mir gewünscht, dass die Autorin am Ende des Romans das Krankheitsbild und mögliche Behandlungsmethoden mehr in den Vordergrund gerückt hätte, dies zumindest zwecks Sensibilisierung der Leserschaft mit mehr als der kurzen Aussage von Brendan, eine Therapie begonnen zu haben, angerissen hätte - gerade wo doch schon so viele Leser angebissen haben. Das hätte einen wertvollen Beitrag zur Herausholung psychischer Probleme aus der leider immer noch existierenden Tabu-Zone leisten können und diese Chance hat die Autorin leider nicht ergriffen.
Eine solche Aufarbeitung hätte ja einem durchaus wünschenswerten schlussendlichen Happyend nicht im Wege gestanden.
Erfreulicherweise erhält die psychische Aufarbeitung im Band 2, wo die gleiche Handlung aus Brendans Sicht dargestellt wird, etwas mehr Aufmerksamkeit. Ich habe mich folglich über Band 2 gefreut, mit dem auf einige meiner dargestellten Sorgen eingegangen wird.
Ich rate der Autorin Mila Olsen von einem Fortsetzungsroman (Band 3) ab. Ich bin in diesem Fall der Meinung, Jeder sollte sich das weitere Leben von Lou und Brendan selbst ausmalen.

Veröffentlicht am 28.01.2018

Berührend und mit wertvollen Botschaften; unglücklich, dass Abwandlungen zur Realität nicht offengelegt werden

Dem Horizont so nah
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Eine Erzählung, die mich unerwartet und auf vielfältige Weise emotional erreicht hat und lange nachwirkt.
Zwar hatte ich etwas Seichteres erwartet, bin aber letztendlich froh, mich dem geschilderten Drama, ...

Eine Erzählung, die mich unerwartet und auf vielfältige Weise emotional erreicht hat und lange nachwirkt.
Zwar hatte ich etwas Seichteres erwartet, bin aber letztendlich froh, mich dem geschilderten Drama, das nichts für schwache Nerven ist, ausgesetzt zu haben, denn wäre der Klappentext gnadenlos deutlich gewesen, hätte ich mich vielleicht nicht hierauf einlassen wollen und viel verpasst. Auf schmerzliche Weise werden viele positive Botschaften vermittelt, die heutzutage besonders wichtig sind: empathisch und tolerant sein, über Oberflächliches hinwegsehen, Vorurteile ablegen und Menschen eine Chance geben, dankbar sein für Schönes im Leben, das man viel zu oft als selbstverständlich ansieht.

Sprachlich und erzählerisch sehr einfach gehalten. Eigentlich mag ich es anspruchsvoller. Hier aber passend, nah am Menschen und eingängig.

Bei einer fiktiven Erzählung ließe sich über so manche Handlung meckern, z. B.: Jessicas Verhalten bei Dannys Mutter. Warum wurde zur Selbstjustiz gegriffen anstatt polizeiliche Hilfe zu rufen? Wieso angesichts von Geschehnissen um Tina ausgerechnet Heroin? Letztendlich ist bei solcher Kritik aber zu berücksichtigen, dass es eine Darstellung tatsächlicher Erlebnisse ist. Und da handelt man eben nicht immer rational und korrekt, gerade in jungen Jahren und bei teils ohnehin labilem psychischem Zustand.
An einigen solcher Stellen hätte ich die Beweggründe für das jeweilige Handeln gern noch besser verstanden. Bei objektiver Betrachtungsweise fragwürdige Gedankengänge hätten mich persönlich nicht gestört, weil es dann eben authentisch das gewesen wäre, was Kopf, Bauch und/oder Herz in dem Moment äußerten. Allerdings kann ich angesichts der ohnehin lauten Kritik auch verstehen, dass bei so heiklen Fragestellungen nicht näher darauf eingegangen wird.

Die Wiedergabe von Gedankengängen fremder Personen hätte aus meiner Sicht nicht sein müssen, da diese doch sehr fiktiv sind. Mein Favorit wären Eindrücke von Jessica aus der Ich-Perspektive gewesen, aber das ist eben Geschmackssache. Andere Leser werden den Perspektivwechsel, aus dem heraus Jessica und Danny eingeschätzt werden, spannend finden und sich selbst oder andere hierin wiederfinden, was durchaus einen zusätzlichen Beitrag zur Sensibilisierung leisten kann.

Ich vertraue Jessica Koch, dass ihre Geschichte echt ist. Unglücklich finde ich, dass undurchsichtig geblieben ist, was gegenüber der Realität verändert wurde. Dass z. B. Zweit- und Nachname von Danny und wahrscheinlich die Namen weiterer Personen zum Schutz von deren Persönlichkeitsrechten geändert wurden, Danny ggf. Juniorweltweister in einer anderen Kampfsportart, Gewichtsklasse, Jahr oder was auch immer gewesen ist, ist nachvollziehbar; eine Erwähnung solcher aus gutem Grund eingebauten Differenzen in einem extra Nachwort würde die Glaubwürdigkeit noch stärken. Zum einen bliebe so machem Leser eine tiefergehende Analyse in dieser Richtung erspart - denn Fakt ist, dass in der heutigen Gesellschaft (Politik, mediale Berichterstattung) mit vielen Wahrheiten und deren persönlicher Einschätzung umgegangen werden muss. Zum anderen würde sich die Autorin damit vor ungerechtfertigter Kritik schützen.

Ich danke Jessica Koch dafür, mutig so viel von sich selbst öffentlich preisgegeben zu haben, um ein breites Publikum zu sensibilisieren.

Veröffentlicht am 27.01.2018

Nur für eingefleischte Jack-Daniels-Fans ein Lesegenuss

Alle wollen Tequila
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„Alle wollen Tequila“ spielt 1993 und damit 11 Jahre vor „Der Lebkuchenmann – Band 1 der Jack-Daniels-Reihe“. Jack ermittelt zusammen mit Herb, nimmt aber erst zum Ende des Buches eine bedeutende Rolle ...

„Alle wollen Tequila“ spielt 1993 und damit 11 Jahre vor „Der Lebkuchenmann – Band 1 der Jack-Daniels-Reihe“. Jack ermittelt zusammen mit Herb, nimmt aber erst zum Ende des Buches eine bedeutende Rolle im Geschehen ein. Es gibt ein paar knappe Hintergrundinformationen zu Herbs Gewichtsproblemen und Jack befindet sich in einem kritischen Stadium ihrer Ehe, ansonsten erfährt man nicht viel Neues über deren Privatleben.
Im Mittelpunkt steht die Schilderung eines Kleinkrieges zwischen ein paar Mafiosi. Autor J.A. Konrath möchte den zu Unrecht im Kreuzfeuer seiner Exkollegen stehenden Mafioso Tequila sympathisch darstellen. Tequila hatte eine schwere Kindheit, liebt und fördert seine geistig behinderte Schwester. Demgegenüber sind seine überzeichneten Exkollegen ungerecht, rücksichtslos, brutal und sadistisch. Und so begleitet man den anscheinend unkaputtbaren Tequila bei seiner unglaubwürdigen Flucht und allerlei blutigen Auseinandersetzungen.
Nicht unspannend und einmal angefangen, wollte ich - neugierig wie ich bin - auch wissen, wie es ausgeht, zumal es auch ein paar Rätsel und Wendungen gibt. Aber im Nachhinein habe ich mich durch viel Hass und überzogene Brutalität durchgequält ohne viel Mehrwert. Ich hätte es bevorzugt, durch Rückblenden in anderen Büchern der Reihe die wenigen Erkenntnisse zu Jacks und Herbs Vergangenheit zu gewinnen. Da war „Mr. K.“ ergiebiger. 3 Sterne. Für die Bände 1 bis 8 der originären Jack-Daniels-Reihe habe ich überwiegend 4 Sterne vergeben. Aus meiner Sicht nur ein Gewinn für eingefleischte Jack-Daniels-Fans, die jeden Ableger begierig aufsaugen.

Veröffentlicht am 27.01.2018

Süße romantische Highschool-/Fantasiegeschichte, Hauptzielgruppe weibliche Teenager

Die Pan-Trilogie: Band 1-3
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Objektiv betrachtet eine reichlich klischeebehaftete, naive Handlung: 18-jähriges Mauerblümchen (leicht übergewichtig, gesellschaftlich wenig angesagt, geringes Selbstwertgefühl, hilft in der Kneipe der ...

Objektiv betrachtet eine reichlich klischeebehaftete, naive Handlung: 18-jähriges Mauerblümchen (leicht übergewichtig, gesellschaftlich wenig angesagt, geringes Selbstwertgefühl, hilft in der Kneipe der Mutter aus) trifft absoluten Traumprinzen (optisch ein Supermodel, intelligent, beliebt und von Allen angeschmachtet, charmant, reich) und wird von diesem und danach noch weiteren Traumprinzen (u. a. ihrem Lieblings-Hollywoodschauspieler) umgarnt.
Felicity wirkte als Charakter unausgereift auf mich. Auf der einen Seite ist sie intelligent, humorvoll und schlagfertig. Dann lässt sie auf sich herumhacken, verhält sich naiv, abwartend oder verpeilt.
Die Veranlagung von Lee geriet doch sehr klischeehaft. Es war nervig, wie oft suggeriert wurde, was für ein supertoller Kerl er doch ist. Hätte er ein empathisches Auftreten und einen auch ansonsten tollen Charakter (z. B. Verzicht auf Flirten mit anderen Frauen) und ein nur leicht überdurchschnittlich gutes Aussehen gehabt, hätte das der Story mehr charakterliche Tiefe und Glaubwürdigkeit verleihen können. Das wurde immerhin mit dem Storyfortschritt immer besser.
Auch viele Nebendarsteller bedienen Stereotype, z. B. der dumme, nichtsnutzige Verwandte oder die oberflächliche Clique. Erfreulicherweise weisen Ciaran und einige Freunde etwas Tiefe auf und sorgen für angenehme Überraschungen.
Bei den Szenen am Londoner College fühlte ich mich an Highschool-Szenen in US-Filmen erinnert.
In einigen Fällen ist mir die Auflösung dramatischer Momente und Fragestellungen zu simpel geraten, z. B. das Auffinden von Lee nach dessen längerem Verschwinden.

Ich ringe mit mir, wie glaubwürdig ich die Liebesgeschichte finde. Auf der einen Seite gefällt es mir, dass es nicht – hoppla – die große Liebe ist, sondern die Entwicklung langfristiger angelegt ist und auf monatelangem Kennenlernen beruht, sodass man romantischerweise annehmen kann, er habe sich in ihre innere Schönheit verliebt und infolgedessen die schon immer existente äußere Schönheit erkannt. Auf der anderen Seite bleibt aber ein schaler Beigeschmack: Im ersten Eindruck empfindet Lee Felicity als unattraktiv und peinlich. Dann umgarnt er Felicity früh, auch als er sie noch nicht so gut kennt. Ergibt er sich in sein von der Prophezeiung suggeriertes Schicksal oder fällt sein Urteil anders aus, nur weil sie sich schminkt und wenige Kilos abgenommen hat? Beides nicht schmeichelhaft. Auslegungssache. Ich wünschte, die Autorin hätte eindeutigere Indizien für Variante 1 geschaffen.

Sieht man über so manche unglaubwürdige Szene hinweg und lässt das Analysieren sein, vermögen Grundidee und Handlung eine gewisse Faszination auszuüben, wenn man sich dafür öffnet. In der ersten Hälfte von Band 1 werden die Figuren eingeführt und alltägliche Probleme im Leben eines Teenagers thematisiert, was bei der richtigen Zielgruppe zu einer höheren Identifikation mit den handelnden Figuren beitragen kann. In der zweiten Hälfte des Bandes 1 nimmt die Handlung an Fahrt auf. Es werden Reisen in die Vergangenheit und an reale und magische Orte unternommen und vielfältige weitere (darunter auch ein paar neuartige) Fantasieelemente eingewoben, die meines Erachtens schön dargestellt sind, Spannung entfalten und neugierig auf die Fortsetzung machen. In den zwei Folgebänden geht es dann noch magischer zu: Elfen, Drachen …

Ich habe besonders die mit viel (nicht nur niedrigschwelligem) Humor versehenen Dialoge zwischen Felicity und Lee genossen sowie die Fantasieelemente und die hieraus resultierende zauberhafte Atmosphäre. Der Weltenaufbau hätte aber noch durchdachter sein dürfen. Meine Bewertung versteht sich mit Tendenz zu vier Sternen. Für mich haben alle drei Teile kurzweilige Unterhaltung geboten. Es muss eben nicht immer hohe Literatur zum Nachdenken sein.

Besonders gut geeignet für romantisch veranlagte weibliche Jugendliche, die auch "Twilight" mochten und ganz allgemein an Menschen gerichtet, denen es leicht fällt, sich in mit Magie angereicherte Geschichten hineinfallen zu lassen.

Veröffentlicht am 27.01.2018

Flache Sprache, klischeehafte Charaktere und Rollenbilder

Bis alle Schuld beglichen (Jan-Tommen-Thriller 1)
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Meine Eindrücke in Kürze / Fazit: Ein einfacher Erzähl- und Sprachstil, der kaum Gefühle, Tiefgang und Spannung aufkommen lässt. Charaktere bleiben unausgereift oder bedienen Stereotype. Viel primitiver ...

Meine Eindrücke in Kürze / Fazit: Ein einfacher Erzähl- und Sprachstil, der kaum Gefühle, Tiefgang und Spannung aufkommen lässt. Charaktere bleiben unausgereift oder bedienen Stereotype. Viel primitiver Humor. Nicht zu empfehlen für Leser, die einen anspruchsvollen Krimi mit kreativen Ideen suchen. Okay, wenn man bewusst kurzweilige Unterhaltung sucht.

Meine ausführlichen Einschätzungen:

Neugierde auf diesen Bestseller und darauf, was ihn so beliebt macht sowie das Bestreben, eine qualifizierte Rezension abzugeben, haben mich angetrieben, den Roman fertig zu lesen. Ich fühlte mich nicht gefesselt, streckenweise genervt. Zugegeben, ich habe mich über so manchen Dialog amüsiert. Aber - mit etwas Abstand betrachtet - fußt die Faszination letztendlich auf den gleichen Gründen, die auch Millionen Leute das Zurschaustellen minderbegabter Menschen bei ‚DSDS‘-Castings und ‚Schwiegertocher gesucht‘ sehen lässt. Das fand ich im Alter von 13 noch lustig, aber mit fast 30 bin ich darüber lange hinaus.

Hauptfigur Jan ist für mich ein farbloser Charakter geblieben. Er bezeichnet sich selbst als super Spürnase, was ich bis dato schwer nachvollziehen kann. Zwar hat der Autor versucht, Jans Betroffenheit aufgrund eines dramatischen privaten Ereignisses auszudrücken, aber leider haben mich diese Szenen emotional kaum erreicht. Es ist mir nicht gelungen, mit ihm zu sympathisieren oder Faszination zu empfinden.

Beim Ermittlerteam hat Alexander Hartung ganz tief in die Klischeeschublade gegriffen und dann noch ordentlich überzeichnet, wobei Logikbrüche auftreten:
Zoe ist nikotin- und koffeinabhängig, sieht wie ein Supermodel aus und wird auch angehimmelt, obwohl sie ihre Mitmenschen wie den letzten Dreck behandelt. Sie ist steinreich und kleidet sich entsprechend. Zum Spaß ist sie ausgerechnet Rechtsmedizinerin, dann aber nach dem Mithören eines Telefonats traumatisiert.
Max ist Hacker, angeblich hochintelligent und erfüllt alle Klischees eines Nerds: abgedunkelte verwahrloste Wohnung, ungepflegt, isst nur Fastfood vom Lieferdienst, keine echten sozialen Kontakte.
Chandu mit afrikanischem Migrationshintergrund ist im kriminellen Milieu daheim.

Es hagelt Verleumdungen, alle Ermittler zeigen starke Neigungen zur Selbstjustiz und die Lösung des Falls wird vorrangig vorangetrieben, indem sensible Daten mit ein paar Mausklicks entwendet werden, Erpressung und Gewalt ausgeübt und eingebrochen wird. Spätestens mit den Brutalitäten durch die angeblich Guten werden Grenzen überschritten, die nicht überschritten gehören. Aufgrund der Veranlagungen des Ermittlerteams wird es in Folgebänden voraussichtlich ähnlich laufen.
Von realistischen Arbeitsbeschreibungen kann keine Rede sein: unfähige und voreingenommene Polizisten kurz vorm Durchdrehen, Leichenidentifikation anhand von Schmuck, scharfes mexikanisches Essen kurz nach Operation, vermischte Schadensersatz- und Strafprozesse, wozu ein Alibi prüfen?, was ist Schweigepflicht?, …
Hoffentlich nimmt diese Falschdarstellungen niemand ernst.

Ich habe nichts gegen überzeichnete Charaktere und künstlerische Freiheiten, wenn hierdurch meine Stimmung aufgehellt wird, ich mag die Wiedergabe von anspruchsvollem Zynismus. Aber hier läuft sich die extrem flache, vulgäre Ausdrucksweise schnell tot und vermag nicht mehr zu überraschen. Kreative Ideen fehlen. Das hat man alles schon mal gesehen und ich hätte eigentlich gern mal einen Gegenentwurf erlebt.
Es klingt an, dass sich hinter den Figuren tiefgründigere Geschichten verbergen könnten (z. B. Chandus Familie), aber aufgrund der in Band 1 gewonnenen Erfahrungen muss ich bezweifeln, dass dies in Folgebänden fesselnd und glaubwürdig dargestellt wird.

Der Kriminalfall ist nicht neu. Er vermag Spannung zu erzeugen, wenn man nicht zu viel nachdenkt und sich an Logikfehlern nicht stört. Eine Vielzahl unglaubwürdiger Elemente erschwert effektives Miträtseln. Es treten keine nennenswerten Längen auf. Nervenkitzel habe ich aber nicht empfunden.

Verweis auf zwei andere Krimireihen:
Ich lasse mich gern auf eine emotionale Reise mitnehmen.
Ich empfehle Jack Daniels (bevorzugt frühe Bände), um sich von einer zynischen Serienheldin und bewusst überzeichneten und urkomischen Sidekicks im Kampf gegen psychopathische Mörder (inklusive verstörender Innenansichten) in einer Gefühlsachterbahn kurzweilig unterhalten zu lassen: Der Lebkuchenmann (Ein Jack-Daniels-Thriller 1).
Ich begleite gern Max Wolfe, wenn ich eine tiefgründige, sympathische Hauptfigur und gut recherchierte, vergleichsweise realistische Polizeiarbeit, aufgepeppt mit einigen spannenden Alleingängen, suche: Nachtschwärmer: Eine DC-Max-Wolfe-Kurzgeschichte. Kriminalroman.
Emotionen sind besser spürbar. Die Hauptfiguren sind intelligent und haben ein faszinierendes Privatleben und die Brüche zwischen realistischen und übertriebenen Darstellungen weisen eine höhere Treffsicherheit auf.