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Veröffentlicht am 04.04.2021

100 Jahre Spielzeugherstellung

Wo wir Kinder waren
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Eine Familiengeschichte, die kurz nach der Jahrhundertwende beginnt und in der heutigen Zeit endet. Ganz besonders die Rückblicke in vergangene Zeiten habe ich mit großem Interesse verfolgt. Auch wenn ...

Eine Familiengeschichte, die kurz nach der Jahrhundertwende beginnt und in der heutigen Zeit endet. Ganz besonders die Rückblicke in vergangene Zeiten habe ich mit großem Interesse verfolgt. Auch wenn der Familie Langbein in so gut wie jedem Kapitel was negatives widerfährt. Selbst wenn sie mal einen Glückstag erleben, wie mit der witzigen Aktion auf der Messe, kommt dann am nächsten Tag wieder der Dämpfer. Doch die Langbeins geben nie auf, blicken immer nach vorn. "Lieber die Zuckerdose als das Leben" ist ihr Motto.

Da die Familie Spielzeugfabrikanten sind, erfährt man auch über dieses Handwerk ziemlich viel. Die Autorin hat intensiv Recherche betrieben, und konnte vor allem auch auf die Erfahrungen ihrer eigenen Vorfahren zurück greifen. Mir war Sonneberg als 'Spielzeugstadt' auch ein Begriff. Als Otto dann so viel über Plüschtiere spricht und herstellt, musste ich aber mal googeln wie die denn ausgesehen haben könnten. Zu Hause hatten wir nämlich nur wenige Kuscheltiere, zumindest bis 1989. Ich habe zu meinem 1. Geburtstag eine Stoffpuppe mit Kunststoffgesicht (und zwar nur das Gesicht, nicht der gesamte Kopf, waren aus einem weichen Plastik) bekommen und zum 4. Geburtstag einen Teddybären. So mit 6 kam noch eine Plastikpuppe hinzu - aber das war's. Alle drei 'leben' auch heute noch bei mir. Warum ich aber kein Sammelsurium an Plüschtieren besaß, ist mir jetzt auch klar: die gingen alle ins Ausland, entweder in die Sowjetunion oder in den Westen. Die DDR musste sich mit den Resten begnügen.

Die einzelnen historischen Abschnitte, die hier beleuchtet werden, sind einem geläufig. Die Weltkriege, die goldenen Zwanziger, die Verstaatlichung zu DDR-Zeiten... Aber was das konkret für so eine Unternehmerfamilie bedeutet hat, welche Bedingungen zu den jeweiligen Zeiten herrschten und was sie produzieren konnten, das war alles Neuland für mich - das ich sehr gespannt gelesen habe. Kati Naumann hat das alles aber auch wunderbar beschrieben, und ihren Protagonisten wahrlich Leben eingehaucht. Ich konnte mir tatsächlich vorstellen, wie ich mit den Langbeins auf dem Sofa in der Küche sitze, und beim Hören einer "Herricht & Preil" Platte Plüschtiere stopfe, mit Augen versehe oder Gesichter aufmale.

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Veröffentlicht am 31.03.2021

Pathobiografien zahlreicher Politiker und Staatsmänner

Wie Krankheiten Geschichte machen
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Das Buch erwähnt Corona mit keinem Wort, aber wahrscheinlich wäre ich zu einer anderen Zeit gar nicht so sehr auf die Verbindung Krankheiten und Geschichte angesprungen, wenn wir nicht gerade das allgegenwärtige ...

Das Buch erwähnt Corona mit keinem Wort, aber wahrscheinlich wäre ich zu einer anderen Zeit gar nicht so sehr auf die Verbindung Krankheiten und Geschichte angesprungen, wenn wir nicht gerade das allgegenwärtige Thema hätten.

Gerste beleuchtet hier zahlreiche Krankheiten und berühmte Personen der Geschichte, die an diesen litten. Von Alexander dem Großen bis Breschnew. Es war tatsächlich erstaunlich, wie viele große Persönlichkeiten schwer krank waren, und sogar auch eine gewisse Zeit im Grunde amtsunfähig - ohne dass die Öffentlichkeit davon erfahren hat. Gefehlt haben mir die alten Ägypter, da gab es doch eine Pharaos an deren Mumien Krankheiten erkennbar waren. Dafür hätte ich den Freddie Mercury weggelassen. Ich finde ihn und seine Musik wirklich große Klasse, aber er fällt er hier als einziger Künstler zwischen all den Politikern und Staatsmännern (und einer Staatsfrau!) doch auf und passt nicht so recht zum Thema "Geschichte". Gerste fehlte es wohl für die Krankheit Aids wohl an anderen prominenten Beispielen.

Dem Klappentext zufolge hatte ich gedacht, der Autor würde auch ein "was wäre wenn" Gedankenspiel verfolgen, wie anders die Geschichte an dieser oder jener Stelle wohl anders hätte ausgehen können. Aber bis auf allgemeine Bemerkungen, dass es wahrscheinlich anders verlaufen wäre, hätte dieser oder jener Mann länger gelebt, kommt da nichts. Das fand ich sehr schade.
Abgesehen davon aber ein sehr interessantes Buch für alle Geschichteinteressierte.

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Veröffentlicht am 29.03.2021

Witzige Idee, aber auch viele Dinge unrund

Sofabanditen oder Die verrückte Befreiung der Hühner
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Ein Schaf kapert einen Umzugswagen (samt einem verdatterten kleinen Mädchen drin) um Hühner aus einer Fabrik zu befreien. Das klingt nach Spaß, nach Kreativität und nach Tierschutz. Richtige Zutaten für ...

Ein Schaf kapert einen Umzugswagen (samt einem verdatterten kleinen Mädchen drin) um Hühner aus einer Fabrik zu befreien. Das klingt nach Spaß, nach Kreativität und nach Tierschutz. Richtige Zutaten für meine Jungs und mich.

Unsere Erwartungen in dieser Hinsicht wurden auch erfüllt, es war wirklich eine ziemlich 'verrückte Befreiung'. Aber einige Dinge waren für mich auch nicht so ganz rund. Zum einen wird nie erklärt, wieso ein Schaf reden, rauchen und Auto fahren kann! Niemand scheint diese Tatsache überhaupt nur in Frage zu stellen. Dann bleibt Ada - die gerade mal 8 Jahre alt ist - mehrere Tage von zu Hause weg, ohne dass es sie wirklich kümmert. Ein anderer kleiner Junge wohnt ganz allein in einer alten Sternwarte. Alles Sachen, die für mich nicht so ganz selbstverständlich sind...

Dann ist da noch die Befreiung der Hühner, um die es ja hauptsächlich geht. Aber dann wird das fast schon zu einer kleinen Nebenhandlung, und die tatsächliche Befreiung verläuft total unspektakulär. Das hat mich am meisten enttäuscht.

Fazit: Wir hatten durchaus Spaß beim Lesen, aber das volle Potential der Geschichte wurde nicht ausgeschöpft und viele Details sind zu unglaubwürdig. Auch Kinder akzeptieren nicht einfach alles einfach so, sondern hinterfragen und wundern sich.

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Veröffentlicht am 29.03.2021

Andrea wird Oma

Abgetaucht
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Ich habe nun 10 von den 11 Büchern der Reihe um Andrea Schnidt gelesen, und muss sagen, dass ich mich seit Band 1 in vielen Situationen mit ihr identifizieren konnte. Beim Lesen vom ersten Buch hatte ich ...

Ich habe nun 10 von den 11 Büchern der Reihe um Andrea Schnidt gelesen, und muss sagen, dass ich mich seit Band 1 in vielen Situationen mit ihr identifizieren konnte. Beim Lesen vom ersten Buch hatte ich selbst gerade "frisch gepresst", daher kam mir einiges bekannt vor. Später dann hatte ich zwar keine der geschilderten Situationen selbst erlebt, ABER ich konnte mich immer in Andrea reinversetzen und hätte in ihrer Situation genauso gedacht (sie lässt uns ja immer ausführlich an ihren Gedanken teilhaben) und reagiert (oder wahrscheinlich noch krasser). Ich würde die hochnäsige Ex, die mürrische Stieftochter, die undankbare eigene Tochter und die besserwisserische Schwester noch weniger ertragen als Andrea. Mir wäre da schon öfter mal die Hutschnur geplatzt. Andrea hingegen hat sich zumindest nach außen hin meist ganz gut im Griff, auch wenn es unter dem Deckel oft brodelt.
Was mir ebenfalls gefällt ist, dass sie oft auch selbstkritisch ist und hinterfragt, ob ihre Reaktionen und Launen gerade vielleicht zu kindisch, oder zu übertrieben, oder zu eingeschnappt war.

Mein Lieblingscharakter - neben Andrea - ist ja eindeutig Rudi, der sich immer wieder als wahrer Schatz entpuppt. Ich kann verstehen, wieso Andrea ihren Ex-Schwiegervater nicht in ihrem Leben missen möchte. Wenn da nicht dieser große Altersunterschied von über 30 Jahren wäre, und Rudi mittlerweile 85 Jahre alt, würde ich ja fast glauben dass Andrea irgendwann noch mal mit ihm zusammen kommt.

Beim Lesen hatte ich oft Susanne Fröhlich als Andrea vor Augen gehabt. Ich wäre schon etwas neugierig, wie viel autobiografisches in ihrer Romanfigur steckt. Für den Lesegenuss ist es allerdings unerheblich.

Auch gefragt habe ich mich, wieso aus diesen Vorlagen noch keine Fernsehfilm-Reihe gemacht wurde, der Stoff würde sich dafür geradezu anbieten! Dann fiel mir ein: der erste Band wurde ja schon verfilmt, sogar fürs Kino - wo er (zu Recht) total gefloppt ist. Diana Amft ist einfach keine Andrea Schnidt! Jetzt noch mit einer Fernsehreihe anzufangen sehe ich allerdings auch nicht, die Schauspielerin müsste ja von Film zu Film altern - zwischen Band 1 und Band 11 liegen immerhin 25 Lebensjahre von Andrea.

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Veröffentlicht am 28.03.2021

Im Schatten leben

Ewig Zweiter
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Ich hatte den Klappentext irgendwie ganz anders interpretiert, nämlich dass Stephen tatsächlich eine zeitlang den berühmten Schauspieler Josh Harper in allen Belangen vertreten soll. Aber im Grunde befindet ...

Ich hatte den Klappentext irgendwie ganz anders interpretiert, nämlich dass Stephen tatsächlich eine zeitlang den berühmten Schauspieler Josh Harper in allen Belangen vertreten soll. Aber im Grunde befindet sich Stephen immer nur in Lauerstellung. David Nicholls beschreibt ihn auch als typischen Loser-Typ, der in einem jämmerlichen Wohnschlafzimmer mit blutrotem Bad haus, von seiner Ex-Frau gegen einen wesentlich erfolgreicheren (wenn auch nicht attraktiveren) Mann eingetauscht wurde, nur klägliche Rollen ergattert und ziemlich duckmäuserisch gegenüber dem erfolgreichen Josh Harper agiert. Ob er denn als Schauspieler tatsächlich etwas drauf hat und nur bisher noch keine Chance hatte sich zu beweisen, erfahren wir gar nicht wirklich. Nur eines wird deutlich: Stephen macht diesen Job nicht wegen Ruhm & Anerkennung (ok, vielleicht ein bisschen auch deswegen), sondern vor allem weil er die Schauspielerei wirklich mag, und er schon seit frühester Jugend diverese Hollywood-Größen anhimmelte.

Ich war natürlich immer auf Stephens Seite, und freute mich zB mit ihm wenn seine kleine Tochter Sophie nach einem Tag mit ihm ihrer Mutter freudestrahlend berichtete, dass es ein toller Tag gewesen ist. Aber so richtig ans Herz gewachsen - wie es ein Protagonist meist tut - ist er mir nicht, dazu habe ich ihn irgendwie zu distanziert betrachtet. Vielleicht haben die verschiedenen Stilmittel, die der Autor hier und da einstreut (Sequenzen die einem Drehbuch ähneln zum Beispiel) dazu beigetragen, dass die Geschichte mich nicht komplett vom Hocker gerissen hat (wie ich es angesichts anderer Bücher von David Nicholls nämlich erwartet hatte).

Das Buch ist bereits von 2005, aber bis auf ein paar technologische Aspekte (noch keine Smartphones!) macht das für die Geschichte im Grunde keinen Unterschied. Ich glaube aber, dass sich die Schreibkunst von Nicholls seither noch weiter verbessert hat, denn die neueren Romane die ich von ihm kenne gefielen mir etwas besser.
Das Ende hat mich allerdings wieder etwas versöhnt, so dass ich insgesamt doch noch 4 Sterne vergebe.

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