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Veröffentlicht am 27.03.2024

Eine für alle - alle für eine?

Sturmmädchen
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Der Roman führt uns in die dunkle Zeit des NS-Regimes. Alles beginnt 1933. Man lernt Elli, Margot und Käthe kennen, die seit Kindertagen befreundet sind und einen schönen Sommertag zusammen verbringen. ...

Der Roman führt uns in die dunkle Zeit des NS-Regimes. Alles beginnt 1933. Man lernt Elli, Margot und Käthe kennen, die seit Kindertagen befreundet sind und einen schönen Sommertag zusammen verbringen. Die Idylle wird jäh von einer Gruppe Halbstarker in Uniformen der Hitler-Jugend gestört. Diese Szene ist wie ein Blick in eine ungewisse Zukunft. Die drei jungen Frauen gehen ganz unterschiedliche Wege. Elli lebt mit ihrer Mutter, die als Hebamme tätig ist, im alten Backhaus auf einem Bauernhof. Als Kleinkind an Polio erkrankt, hat sie ein kurzes, verkrüppeltes Bein und dadurch Schwierigkeiten, längere Strecken zu gehen. Margot ist Jüdin und bekommt mit ihrer Familie schon bald die Brutalität des NS-Regimes zu spüren, und Käthe sympathisiert mit den Nationalsozialisten. Der Wahlspruch der drei Mädchen "Eine für alle, alle für eine" gehört bald der Vergangenheit an. Die ganze Geschichte wird aus Ellis Sicht erzählt. Sie ist im ganzen Dorf nur das "Hinkemädchen", und ihre einzige Aufgabe ist es, sich um den Haushalt und die Tiere zu kümmern, während ihre Mutter von einer Geburt zur nächsten hetzt, da sie die einzige Hebamme weit und breit ist. Nur zu gerne würde Elli ihr assistieren, um sie einerseits zu entlasten und auch etwas Sinnvolles zu tun.
Anfangs ist Elli ein wenig naiv und unbedarft und fällt Entscheidungen, die sie später bereut. Unerschütterlich ist jedoch ihre Freundschaft zu Margot. Mit der Zeit entwickelt Elli eine ungeheure Stärke und wächst über sich hinaus, um der Familie ihrer Freundin zu helfen. Außerdem verliebt sie sich, aber ihre Liebe ist hoffnungslos, denn wegen ihrer Gehbehinderung wird sie von niemandem für voll genommen und gerät selbst ins Visier des "NS-Euthanasie-Programms". Von Käthe entfernt sie sich immer weiter, zu unterschiedlich sind die Anschauungen und Lebenspläne der jungen Frauen.
Der Roman thematisiert schonungslos die Grausamkeiten der damaligen Zeit, und das Lesen dieses Buches wird zu einem intensiven, stark berührenden Erlebnis. Die Charaktere sind alle sehr fein ausgearbeitet, und man gewinnt nach und nach Einblick in die Zusammenhänge, wie es dazu kam, dass Elli mit ihrer Mutter im "Backes" lebt. Auch erfährt Elli, dass ihre Mutter so manches Geheimnis hütete, um sie zu schützen.
Die Geschichte endet bereits 1940, also mitten in der Kriegszeit, und trotz all der Schrecken, über die berichtet wird, hat sie am Ende etwas Hoffnungsvolles. Das Gelesene wird in mir noch lange nachwirken.

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Veröffentlicht am 11.03.2024

Schöner Schreibstil, verwirrender Handlungsverlauf

Die Kapelle
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Der lebendige und intensive Schreibstil hat mich von der ersten Seite an fasziniert. Benedikt Oswalds Anreise nach Todtnauberg gestaltet sich schwierig, denn je weiter er sich von Freiburg entfernt und ...

Der lebendige und intensive Schreibstil hat mich von der ersten Seite an fasziniert. Benedikt Oswalds Anreise nach Todtnauberg gestaltet sich schwierig, denn je weiter er sich von Freiburg entfernt und dem hoch gelegenen Schwarzwalddorf nähert, umso schlechter wird das Wetter und eine Weiterfahrt irgendwann unmöglich. Erst einen Tag später als geplant erreicht er sein Ziel, und was er bis dahin erlebt, ist sehr plastisch geschildert, und man hat das Gefühl, dabei zu sein. Auch in Todtnau hat er einige rätselhafte Begegnungen. Er sieht sich ganz unterschiedlichen Interessen gegenüber, denn manche wollen die unscheinbare Kapelle, die Benedikt begutachten soll, erhalten, anderen ist sie für ein Bauprojekt im Weg. Als er intensiv mit seinen Arbeiten an der Kapelle beginnt, erlebt er seltsame Dinge, die Handlung entwickelt sich mystisch, und mit der Zeit kann man immer weniger auseinanderhalten, was Benedikt wirklich erlebt und was er nur träumt. Immer wieder wird er von seltsamen Visionen heimgesucht und scheint sich in einer Art Zwischenwelt zu bewegen. Vieles bleibt offen, und auch seine Beziehung zu der Witwe, die er in Todtnauburg kennenlernt, ist und bleibt rätselhaft.
Die Art, wie der Roman geschrieben ist, gefällt mir sehr gut, aber letztendlich fand ich die Handlung und auch den Ausgang der Geschichte etwas verwirrend.

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Veröffentlicht am 08.03.2024

Wie wir gut mit unserer biologischen Lebensuhr umgehen

Mit 50 fitter als mit 30 - Das Rezeptbuch
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Wer wünscht es sich nicht, möglichst viele Lebensjahre bei bester Gesundheit zu erreichen? Ich denke, das ist uns allen ein wichtiges Anliegen. Der Autor hat sich des Themas intensiv angenommen und dieses ...

Wer wünscht es sich nicht, möglichst viele Lebensjahre bei bester Gesundheit zu erreichen? Ich denke, das ist uns allen ein wichtiges Anliegen. Der Autor hat sich des Themas intensiv angenommen und dieses Buch zusammengestellt. Es ist nicht nur ein Rezeptbuch, sondern es zeigt uns anhand vieler Beispiele und Studien auf, was wichtig ist, um unsere Gesundheit zu schützen und möglichst lange zu erhalten. Nachdem in der Einführung sehr genau dargelegt wird, von welchen Faktoren der Alterungsprozess abhängt, sind es acht wichtige Punkte (er nennt sie "Ernährungshacks"), die der Autor uns an die Hand gibt und die wir im täglichen Leben umsetzen sollten. Er erklärt anhand von Beispielen sehr ausführlich, wofür einzelne Nährstoffe, Vitamine oder Mineralstoffe benötigt werden, welche Lebensmittel uns besonders gut tun und welche wir besser meiden oder reduzieren sollten. Dabei hält er sich weitgehend an die aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Zwar wird auch auf die Wichtigkeit von körperlicher Bewegung eingegangen, aber der Schwerpunkt dieses Buches ist bei der Ernährung.
Alles ist wissenschaftlich fundiert aber auch für Laien sehr gut verständlich geschrieben.

Die zweite Hälfte des Buches enthält viele tolle Rezepte.
Sie sind alle für zwei Portionen ausgelegt und die meisten sind vegetarisch, einige davon vegan, was auch immer gekennzeichnet ist. Es gibt ein paar wenige Rezepte mit Hühnchen oder Fisch, denn das Buch möchte sich nicht nur an Vegetarier oder Veganer wenden. Sehr gut gefällt mir, dass jeweils angegeben ist, wenn ein Gericht besonders viel Eiweiß oder Ballaststoffe enthält, was ja gerade bei vorwiegend pflanzlicher Ernährung sehr wichtig ist. Auch sind die Gerichte gekennzeichnet, die sich besonders schnell zu- oder vorbereiten lassen oder sich zum Mitnehmen eignen. Bisher habe ich hauptsächlich die Empfehlungen bei den acht Ernährungs-Hacks ausprobiert und umgesetzt aber schon einige Gerichte entdeckt, die ich in dieser Art oder Zusammensetzung bisher noch nicht gesehen habe und unbedingt ausprobieren möchte, so zum Beispiel Sushi-Sandwiches, Süßkartoffel-Erbsen-Omelett, Linsen-Cevapcici mit Minzjoghurt, Summer-Rolls mit Spargel und Erdbeeren, Kürbisspalten mit Kohlrabistampf oder Gefüllte Kartoffeln mit Sauerkraut. Es sind auch einige tolle Frühstücks-Tipps für jede Vorliebe dabei, von Smoothie-Bowl über Birchermüsli oder Overnight Oats bis hin zu süßen oder herzhaften Belägen für Vollkornbrötchen oder -brot. Mit diesen tollen Rezepten und Empfehlungen kann man gut an einigen "Stellschrauben" der biologischen Lebensuhr drehen, sich dabei wohlfühlen, ohne Verzicht zu üben. Hier hat man einen kompetenten und schön aufgemachten Ratgeber für Theorie und Praxis.

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Veröffentlicht am 05.03.2024

Die Frau im Schatten von Gustave Eiffel

Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe
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Den Eiffelturm kannte ich bisher nur vom Sehen, von Bildern, und ich wusste, dass er damals eigens für die Weltausstellung in Paris erbaut wurde. Von der Entstehungsgeschichte dieses Pariser Wahrzeichens ...

Den Eiffelturm kannte ich bisher nur vom Sehen, von Bildern, und ich wusste, dass er damals eigens für die Weltausstellung in Paris erbaut wurde. Von der Entstehungsgeschichte dieses Pariser Wahrzeichens und den Erbauern wusste ich absolut nichts. Schon aus diesem Grund hat mich der Roman neugierig gemacht. Obwohl sehr wenig über das Privatleben der Eiffels bekannt ist, hat die Autorin hier eine solide fiktive Geschichte über die Familie geschrieben. Einige Fakten dafür konnte sie einem Bildband entnehmen, den ein Nachfahre veröffentlicht hat. Bekannte Tatsachen und reale Persönlichkeiten der damaligen Zeit hat Sophie Villard wunderbar in ihre fiktive Geschichte integriert. Man erfährt viele Details über den Eiffelturm und seine Entstehung. Einige damalige Zeitgenossen waren gegen den Bau und haben energisch dagegen protestiert, so zum Beispiel auch Alexandre Dumas der Jüngere oder Guy de Maupassant. Anfangs war wohl angedacht, den Turm nach der Weltausstellung bzw. nach zwanzig Jahren wieder abzureißen, aber dann kam alles ganz anders, und heute steht dieser monumentale Turm immer noch, lockt Menschen aus aller Welt an und gehört mittlerweile zum UNESCO Weltkulturerbe. Die Hauptperson der Geschichte ist Claire Eiffel, die Tochter des Erbauers Gustave Eiffel. Ihr kam damals eine ganz besondere Rolle zu, denn nach dem frühen Tod der Mutter kümmerte sie sich um ihre Geschwister, und sie war über viele Jahre die enge Vertraute und Privatsekretärin ihres Vaters, was für eine Frau in der damaligen Zeit außergewöhnlich war. Vieles was heute selbstverständlich ist, war damals schlicht unmöglich, beispielsweise dass eine Frau alleine bummeln geht oder sich in ein Café setzt. Claire Eiffel gelang jedoch der Spagat zwischen ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter und dem Berufsleben im Dienste ihres Vaters.
Als jedoch im Verlauf des Turmbaus nicht nur Gustave Eiffel sondern auch Claire und ihr Mann Adi immer weniger Zeit für sich und für private Belange haben, droht die Ehe daran zu zerbrechen. Bei dem amerikanischen Reporter Gordon Bennett findet Claire einen aufmerksamen Zuhörer und Verehrer. Er sorgt für spannende Begegnungen mit weiteren Zeitgenossen, beispielsweise Buffalo Bill und Annie Oakley. Wie sich Claire letztendlich entscheidet und ihr Leben neu ordnet, das liest sich in diesem Roman sehr kurzweilig und interessant. Manche Szenen aus dem Privatleben konnte ich nicht hundertprozentig nachvollziehen, beispielsweise wenn zum wiederholten Mal berichtet wird, wie Claire an ihrer Kamelie herumschnippelt und sie mit dem Kupferkännchen gießt. Auch legt sie, die ja quasi mit beiden Beinen im Leben steht, für ihre Schwester völlig andere Maßstäbe an als für sich selbst. Aber ich denke, dass damit nur eine gewisse Zerrissenheit zum Ausdruck kommen sollte, denn ich stelle mir die Sachlage nicht einfach vor.
Es gibt auch einige amüsante Begebenheiten, beispielsweise geschilderte Zusammentreffen mit dem Maler Toulouse-Lautrec oder mit Jules Verne. Auch wenn es sich hier um historische Persönlichkeiten handelt, so haben vermutlich die Begegnungen in dieser Form nicht stattgefunden und sind künstlerischer Freiheit zuzuschreiben.
Aber der Roman hält sehr viel Wissenswertes bereit, und man erhält einen kleinen Einblick in die Problematik während des Baus, als sichere Aufzüge gebraucht wurden. Die wissenschaftliche Zusammenarbeit und das gute Verhältnis von Gustave Eiffel zu Thomas Edison wird ebenfalls thematisiert.
Im Nachwort äußert sich die Autorin noch ausführlich zu Wahrheit und Fiktion, was für mich den Roman gut abgerundet hat. Am Ende konnte ich das Buch mit einer gewissen Zufriedenheit schließen, denn es hat mich nicht nur gut unterhalten, sondern ich habe auch viel Neues erfahren und dazu gelernt.

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Veröffentlicht am 28.02.2024

Es endete, wo es begann: In Oyster Shore...

Der Verrat von Oyster Shore
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Die Rahmenhandlung des Romans spielt in der Gegenwart. Nach einer geplatzten Verlobung geht Lowenna nach Cornwall, um einen Neuanfang zu wagen, denn sie weiß, dass ihre Großeltern in dieser Gegend lebten. ...

Die Rahmenhandlung des Romans spielt in der Gegenwart. Nach einer geplatzten Verlobung geht Lowenna nach Cornwall, um einen Neuanfang zu wagen, denn sie weiß, dass ihre Großeltern in dieser Gegend lebten. Hier möchte sie zur Ruhe kommen und ein Buch schreiben. In Oyster Shore angekommen, wo sie das alte Bootshaus gemietet hat, lernt sie den Australier Noah kennen. Wie Lowenna, so hat auch er Wurzeln in Cornwall. Er hat seiner verstorbenen Mutter versprochen, ihre Recherchen fortzuführen. Gemeinsam stellen er und Lowenna Nachforschungen an und erkennen, dass sie mehr verbindet als sie glaubten.
Die Geschichte führt uns hundert Jahre zurück. 1904 treffen Marrick und Ned, zwei Jungen aus dem Dorf, auf den hochnäsigen Gerald und helfen ihm aus der Patsche. Es entsteht eine Freundschaft, die leider sehr einseitig ist, denn Marrick zieht sich zurück, und während der hilfsbereite Ned in allem und jedem das Gute sieht, ist Gerald ein sehr egoistischer, missgünstiger Junge, was wohl daran liegt, dass er zwar aus reichem Hause stammt, aber nie wirklich Zuneigung erfahren hat. Als die rothaarige Madalyn auftaucht, verlieben sich beide in das außergewöhnliche Mädchen. Der 1. Weltkrieg reißt die Freunde auseinander und verändert das Leben aller grundlegend. Dabei ist auch ein schrecklicher Verrat im Spiel.
Auch der neueste Roman von Ruth Saberton hat mich wieder begeistert und mitgerissen. Sie hat eine wunderbare Art, Stimmungen und Landschaften zu beschreiben, und ihre Charaktere sind alle sehr detailliert dargestellt. Man kann sich so richtig in die Situationen hineinversetzen, und ihre Geschichten haben auch immer etwas Geheimnisvolles, Mystisches, als würde die Grenze zur Vergangenheit durchlässig werden.
Die beiden Zeitebenen des Romans halten sich ungefähr die Waage. Während die ersten sechzehn Kapitel in der Gegenwart spielen und man Lowenna und Noah begleitet, schließen sich dann sechzehn Kapitel über die Vergangenheit an. Vor allem dieser historische Erzählstrang war sehr berührend und aufwühlend, und man erlebt beim Lesen so manche Überraschung und Wendung in der Geschichte. In den letzten Kapiteln folgt ein schneller Wechsel zwischen den Zeiten, so dass sich zuletzt alles aufklärt. Es ist ein mitreißender, sehr emotionaler Roman, der zum einen die Schönheiten Cornwalls darstellt, aber auch nicht vor den Schrecken des Krieges Halt macht.
So nach und nach wird auch klar, wer der Mönch aus dem Prolog ist, der im Sterben liegt und anscheinend große Schuld auf sich geladen hat.
Bei Lowennas und Noahs Nachforschungen treffen wir auch auf einen Protagonisten aus einem früheren Roman der Autorin, denn Lowenna fährt nach Rosecraddick, um den Historiker Matt zu treffen, der sich intensiv mit dem Dichter Kit Rivers beschäftigt hat, denn Kit lebte zur gleichen Zeit wie Ned, Gerald und Madalyn und hatte auch Kontakte zu ihnen. Solche Querverbindungen mag ich immer sehr gerne,denn ich finde, sie machen einen Roman noch lebendiger und glaubhafter. Die Autorin lebt in Cornwall, und all ihre bisherigen Romane spielen ebenfalls in diesem faszinierenden Landstrich.

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