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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.09.2021

mal scherzhafte, mal traurige Auseinandersetzung mit dem Sterben

Barbara stirbt nicht
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Aus der Sicht von Herrn Schmidt erleben wir einen großen Einschnitt in seinen Lebensalltag: seine Frau Barbara ist schwer erkrankt und kann sich nicht mehr um den Haushalt kümmern.
Etwas überzeichnet ...

Aus der Sicht von Herrn Schmidt erleben wir einen großen Einschnitt in seinen Lebensalltag: seine Frau Barbara ist schwer erkrankt und kann sich nicht mehr um den Haushalt kümmern.
Etwas überzeichnet stellt die Autorin dar, dass er nicht einmal weiß, wie man einen Kaffee kocht, aber er stellt sich der Herausforderung und lernt tatsächlich kochen. Aber nicht nur dieses Problem muss gelöst werden, auch die Auseinandersetzung mit seinen Kindern und der Umgang mit den mitleidigen Blicken der Nachbarn und Freunde stehen dem Eigenbrötler bevor.
Das Buch beleuchtet die Entwicklung, die durch diese plötzliche Veränderung einhergeht: Herr Schmidt muss einige seiner Lebensüberzeugungen überprüfen.
Ich fand das Buch daher nicht "urkomisch", wie auf dem Cover vermerkt - zumal einem das Lachen mehrfach im Hals stecken bleibt, wenn man nach und nach versteht, welche Einstellungen der alte Herr bisher vertreten hat und wie er immer wieder die Augen verschließt, wenn etwas nicht seinen Idealen entspricht.
Da das Buch nur die Perspektive von Herrn Schmidt darstellt, bleiben seine Überzeugungen ohne Widerspruch stehen. Für mich ist dies daher keine leichte Lektüre, da seine Ansichten teils schwer zu akzeptieren sind.

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Veröffentlicht am 22.08.2021

Historisches Geplänkel als Auftakt einer Trilogie

Das Kreuz des Pilgers
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Das aufwendig gestaltete Cover im Stil des Mittelalters hat mich sofort angesprochen und ich hoffte auf einen farbenprächtigen und spannenden historischen Roman.
Geschildert wird der Überfall ...

Das aufwendig gestaltete Cover im Stil des Mittelalters hat mich sofort angesprochen und ich hoffte auf einen farbenprächtigen und spannenden historischen Roman.
Geschildert wird der Überfall auf eine Handelskarawane im Jahr 1379, bei der Gottfried getötet wird. Er hinterlässt die Witwe Reinhild. Wir folgen ihr nach Koblenz, wo sie aufgewachsen ist und lernen ihre Familie und die Freunde der Kindheit kennen. Eine besondere Rolle spielt noch ein Reliquienkreuz, das Palmiro und Conlin von einer Pilgerreise im Heiligen Land mitgebracht haben. Die Autorin schildert den Umgang mit psychischen Erkrankungen, Vergewaltigung und Homosexualität im Mittelalter und den schwindenden Einfluss des Landadels.
Für meinen Geschmack wird jedoch vieles zu detailliert dargestellt und der weitere Verlauf der Geschichte ist doch sehr vorhersehbar. So wird dann auf 500 Seiten ausgewalzt, was die Leserin nach 100 Seiten schon vermutet und aus Andeutungen geschlossen hatte. Und ganz am Ende stellt man fest, dass es sich um den ersten Teil einer Trilogie handelt, was weder aus dem Cover noch dem Klappentext hervorgeht. Das finde ich schon ärgerlich, zumal in dem vorliegenden ersten Band keines der eröffneten Probleme sinnvoll zur Lösung geführt wird und sämtliche Fäden noch in der Luft hängen.
Empfehlenswert ist das Buch daher nur, wenn man auch bereit ist, die weiteren Teile zu lesen.

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Veröffentlicht am 13.08.2021

Außergewöhnliche Perspektiven

Ein erhabenes Königreich
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Schon das außergewöhnliche Cover in dunklen Grün- und Violetttönen und der goldenen Schrift verspricht exzellenten Lesegenuss – und das Buch hält dieses Versprechen ein.
In kraftvoller, ruheloser Weise ...

Schon das außergewöhnliche Cover in dunklen Grün- und Violetttönen und der goldenen Schrift verspricht exzellenten Lesegenuss – und das Buch hält dieses Versprechen ein.
In kraftvoller, ruheloser Weise mit authentischen Gedankensprüngen in die Vergangenheit erzählt Gifty vom Schicksal ihrer Familie.
Nach der Geburt des älteren Bruders Nana will ihre Mutter diesem alle Möglichkeiten eröffnen und wandert in die USA aus. Der Vater fasst dort nicht gut Fuß und geht ohne seine Familie zurück nach Ghana.
Yaa Gyasi schildert die Suche nach der eigenen Identität zwischen Afrika und Amerika – zwischen evangelikaler Gemeinde und wissenschaftlicher Karriere. Immer finden sich in dem Buch Sätze, die man mehrmals liest und nachklingen lässt.

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Veröffentlicht am 28.07.2021

Gelungene Mischung aus Fiktion und Biographie

Julius oder die Schönheit des Spiels
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Angelehnt an das Leben des deutschen Tennisstars der 1930er Jahre Gottfried von Cramm entführt uns Tom Saller in eine schillernde Welt und Zeit.
Geschickt verknüpft er dabei Rückblenden, fiktive ...

Angelehnt an das Leben des deutschen Tennisstars der 1930er Jahre Gottfried von Cramm entführt uns Tom Saller in eine schillernde Welt und Zeit.
Geschickt verknüpft er dabei Rückblenden, fiktive Tagebucheinträge aus dem Gefängnis und eine spätere Suche nach der Wahrheit durch einen amerikanischen Tennisspieler.
Schon früh wird deutlich, dass der Roman nicht streng an der geschichtlichen Wahrheit interessiert ist - der deutsche Wimbledonsieger im Jahr 1984 (!) ist ein schwarzhaariger junger Mann mit griechischem Vater.
Doch die Darstellung des liberalen, adeligen Elternhauses und der goldenen 20er Jahre in Berlin sind sehr authentisch und fesselnd.
Saller betont in einem am Ende des Buches abgedruckten Interview, das er bewusst eine gewisse Distanz zu von Cramm gelassen hat, da die spannenden Fragen rund um die Anklage der Nationalsozialisten in den Jahren 1938/39 nicht mehr endgültig geklärt werden können.
Diese Fragen nehmen im Buch jedoch großen Raum ein:
Hat der Deutsche im noch heute als vielleicht bestes Tennisspiel aller Zeiten betitelten Einzel des Daviscupfinales 1937 bewusst verloren, um zu verhindern, dass die Nationalsozialisten einen Sieg politisch ausnutzen?
Liegen der Anklage, dass von Cramm homosexuelle Kontakte hatte, doch wahre Begebenheiten zu Grunde?
Insgesamt ein sehr gut recherchierter Roman für alle historisch Interessierten - nicht nur für Tennis-Begeisterte.



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Veröffentlicht am 24.07.2021

Deutsche Geschichte verdichtet an einem Tag

Dreieinhalb Stunden
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In diesem Buch verdichtet sich die deutsche Teilung in wenigen Stunden.
Aus der Sicht verschiedener Passagiere eines Interzonen-Zuges, der am 13. August 1961 von München nach Berlin fährt, wird ...

In diesem Buch verdichtet sich die deutsche Teilung in wenigen Stunden.
Aus der Sicht verschiedener Passagiere eines Interzonen-Zuges, der am 13. August 1961 von München nach Berlin fährt, wird geschildert, welche Spätfolgen die beiden Weltkriege für das persönliche Schicksal von Menschen hatte.
Als sich im Zug die Nachricht des Mauerbaus und der Grenzschließung verbreitet, sehen sich die Menschen plötzlich vor die Wahl gestellt, für immer in ihre Heimat DDR zurückzukehren oder den Zug vor dem Grenzübertritt zu verlassen und ein ganz neues Leben im anderen Teil Deutschlands zu beginnen.
Einzelne kurze Kapitel erzählen von dieser Zugfahrt aus ganz verschiedenen Perspektiven. Durch die Angabe der Uhrzeit wird eine große Dichte erzeugt, da immer wieder deutlich gemacht wird, wie wenig Zeit noch bleibt, bis der Zug die Grenze endgültig überfahren wird.
Eindringlich wird dargestellt, wie schwer es fällt, gemeinsam mit dem Partner oder den Freunden zu entscheiden, ob man weiterfährt oder aussteigt. Weitere Spannung erzeugt die Untersuchung eines westdeutschen Polizisten, der drei Mordfälle aufklären muss.
Weiteren Perspektiven entstehen durch den Vater einer Mitreisenden, der den Polizeieinsatz in Berlin koordinieren muss und eine junge Lokführerin, die den Zug über die Grenze fahren soll und ausgerechnet an diesem Tag für eine Dokumentation gefilmt wird.
Sehr empfehlenswerte zeitgeschichtliche Darstellung dieses deutschen Schicksalstags vor 60 Jahren, die ohne Vorurteile und Moralisierung beide deutsche Perspektiven zur Geltung bringt.

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