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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.08.2021

Originelle Erzählweise einer eindringlichen Kindheit

Die Überlebenden
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In „Die Überlebenden“ geht es um die Brüder Benjamin, Nils und Pierre, und ihre Kindheit in dem schicksalshaften Sommer im Haus am See. Als die Mutter stirbt, treffen sich ihre erwachsenen Söhne nach langer ...

In „Die Überlebenden“ geht es um die Brüder Benjamin, Nils und Pierre, und ihre Kindheit in dem schicksalshaften Sommer im Haus am See. Als die Mutter stirbt, treffen sich ihre erwachsenen Söhne nach langer Zeit wieder, um sie zu beerdigen. Benjamin blickt zurück und muss sich unweigerlich fragen: Was ist passiert?

Im Fokus der Erzählung steht Benjamin, der stets als stiller Beobachter die Stimmungen und Verhaltensweisen seiner Familienmitglieder analysiert. Sein jüngere Bruder Pierre ist eng mit ihm verbunden, während Nils als Ältester sich immer mehr zurückzieht. Die Familie verbringt idyllische Sommer am See, umgeben von einem Birkenwald. Die Brüder begegnen sich mit Rivalitäten, teilen gemeinsame Erlebnisse und begegnen sich mit Distanz und Stillschweigen, während die Eltern in ihrer eigenen Welt zu leben scheinen, die vor allem ein kühles alkoholisches Getränk beinhaltete, klare Regeln und Routine. Ich habe die Stimmung des Romans nicht nur als sommerlich wahrgenommen, sonder auch als bedrohlich und aufgeladen. Man spürt, da ist etwas bedrückend vorgefallen, aber man weiß nicht was. Diese eindrücklichen Fragen werden erst im Laufe des Roman geklärt, bis man am Schluss das ganze Ausmaß versteht. Alex Schulman erzählt die Geschichte auf zwei Ebenen. Abwechselnd reist man mit den Brüder in die Vergangenheit und in die Gegenwart. Das Besondere: die Handlungsstränge wechseln sich Kapitelweise ab und fügen sich nahtlos ineinander. Dabei wird die Gegenwartsebene rückwärts erzählt. Ein gewöhnungsbedürftiger Geniestreich, der mir Geduld und Aufmerksamkeit abgefordert hat. Am Ende hat mich die Geschichte aufgewühlt und es war unmöglich, sich diesem Sog zu entziehen. Viel zu eindringlich war die Sprache, die sommerlichen Bilder und die distanzierten Beschreibungen. Einige Rückblicke haben mich besonders aufgewühlt, die mir auch nach dem Lesen im Gedächtnis geblieben sind. Zusammenfassend lässt sich sagen, es ist ein dramatisches Werk über die zerstörerischen Ausmaße von tragischem Unglück und daraus entstehender emotionaler Distanz und Verschwiegenheit innerhalb der Familie.

Eine Geschichte, die einen nicht mehr loslässt und mir durch die originelle Erzählweise und die eindrücklichen Sprachbilder besonders gefallen hat. Es empfehlt sich, das Buch möglichst ahnungslos zu lesen und sich einfach von der Intensität mitreißen zu lassen.

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Der Titel ist Programm

Eskalation
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Der Titel ist wörtlich zu nehmen. Es beginnt mit einem Anruf, während einer Autofahrt. Dina Martin muss tun, was der Anrufer ihr sagt. Sie darf nicht anhalten, sonst würde die Situation eskalieren. Man ...

Der Titel ist wörtlich zu nehmen. Es beginnt mit einem Anruf, während einer Autofahrt. Dina Martin muss tun, was der Anrufer ihr sagt. Sie darf nicht anhalten, sonst würde die Situation eskalieren. Man fragt sich, warum und was mit ihr passieren wird, als es ungewollt zum Stillstand kommt. Wer einen Thriller wie den Film „Speed“ erwartet, irrt, denn das anfängliche Szenario findet schnell ein dramatisches Ende. Polizeiliche Ermittlungen werden aufgenommen, der Fall ist äußerst brisant und die Presse gnadenlos. Der Täter mordet, entführt und gewährt immer wieder Einblicke in sein erschreckendes Denken. Wenn er sein Opfer mit einem „na, na, na“ maßregelt, dann bekommt man schon eine Gänsehaut. Die Tortur der Opfer wird eindringlich und packend beschrieben. Immer wieder gibt es einen erzählerischen Sichtwechsel, der gekonnt gewählt wird, weshalb man einen vielfältigen Eindruck von den Ermittlungen erhält, der Pressearbeit, den Opfern und Angehörigen und dem Täter. Durch diese vielen Sichtweisen kam die Ermittlungsarbeit leider etwas kurz.

Ich habe „Eskalation“ als gelungenen Debütroman wahrgenommen, der unterhält und mit Spannung zu überzeugen weiß. Besonders das abschließende Plädoyer der Verteidigung als Romanausklang fand ich als Idee gelungen. Lose Fäden wurden miteinander verknüpft, abschließende Worte schlugen einen runden Bogen. Es kam mir allerdings etwas konstruiert vor, um den Leser oder die Leserin möglichst das ganze Buch über im Dunkeln tappen zu lassen, wer der Täter ist. Deswegen würde ich den Thriller zwar gut bewerten, aber im Vergleich mit anderen Thriller, die mich mehr gepackt haben, verpasst man in meinen Augen auch nichts, wenn man ihn nicht liest.

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Nächtliche Reisegeschichten zum Schlafengehen

Anouk, die nachts auf Reisen geht (Anouk 1)
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Heldin dieser Geschichte ist die fast siebenjährige Anouk. Jeden Abend, wenn sie einschläft, scheint sie durch Zeit und Welt zu reisen. Wenn sie aufwacht, ist sie immer wieder an einem anderen Ort. Aber ...

Heldin dieser Geschichte ist die fast siebenjährige Anouk. Jeden Abend, wenn sie einschläft, scheint sie durch Zeit und Welt zu reisen. Wenn sie aufwacht, ist sie immer wieder an einem anderen Ort. Aber eines bleibt stets gleich: Anouk begegnet einem Kind in ihrem Alter, dass ein Problem hat und eine gute Freundin braucht. Anouk steht mit Rat und Tat zur Seite und unterstützt ihren neuen Freund oder ihre neue Freundin mit viel Wärme und Verständnis. Wenn Anouk schließlich in ihrem Bett aufwacht, hat sie immer ein Geschenk zur Erinnerung, dass ihr beweist, dass sie dieses nächtliche Abenteuer wirklich erlebt hat. Ihre Eltern jedoch wiegeln flüchtig die aufgeregten Berichte ihrer Tochter ab, woraus Anouk zurecht schließt: sie sind einfach viel zu erwachsen sind, um das zu verstehen. Dabei ist das Buch eine in sich abgeschlossene Geschichte, bei der die nächtlichen Reisen zwar im Fokus stehen, aber auch Anouks Alltag ein bisschen beleuchtet wird.
Dabei sind die sieben verschiedenen Reiseorte genau das, was Kinder lieben: auf dem Meer mit Piraten segeln, in einer Burg Rittern begegnen, im Zirkuszelt Artisten bestaunen oder auf dem Bauernhof Tiere erleben. Da ist für jeden etwas dabei. Die sieben Kapitel sind etwas lang als Gute-Nacht-Geschichte für fünfjährige, aber es ist auch möglich, sie zu teilen. Die wiederholende Botschaft der Geschichte mag für Erwachsene etwas aufdringlich erscheinen, aber für die Zielgruppe ergibt es genau die richtige Mischung aus Behaglichkeit und Abenteuer, mit dem Gefühl, auf die eigenen Stärken vertrauen zu können. Die bekannte Illustratorin Joëlle Tourlonias hat mit ihren farbigen Bildern zum abwechslungsreichen Leseerlebnis beigetragen. Besonders das erste Bild des neuen Reiseortes fasziniert auf einer kompletten Seite und lädt zu einem kleinen Rätsel ein, wo Anouk diesmal gelandet sein könnte. Der kleine Tabaluga, in Anouks Zimmer, sorgt außerdem für nostalgische Kindheitserinnerungen.

Ein gelungenes Kinderbuch, mit liebevoller Umsetzung und schöner Idee. Ich würde es für Kinder von 4-6 Jahren empfehlen. Für ältere Kinder ist es vermutlich etwas vorhersehbar.

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Veröffentlicht am 06.08.2021

Eine dramatische Zugfahrt

Dreieinhalb Stunden
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Der historische Roman dreht sich um den 13. August 1961, dem Tag des Mauerbaus. Reisende sind mit dem Interzonenzug von München auf dem Weg nach Ost-Berlin und erfahren über das Radio von dem Bau der Grenzsperrung. ...

Der historische Roman dreht sich um den 13. August 1961, dem Tag des Mauerbaus. Reisende sind mit dem Interzonenzug von München auf dem Weg nach Ost-Berlin und erfahren über das Radio von dem Bau der Grenzsperrung. Nun bleiben ihnen noch Dreieinhalb Stunden, zu entscheiden, ob sie vorher aussteigen und im Westen bleiben, oder nach Osterberlin weiterfahren und nicht zurück können. Ein Buch, das die innere Zerrissenheit des Landes und der Protagonisten auf dramatische Weise erfahrbar macht.

Als Leser ist man den Protagonisten einen Schritt voraus. Man weiß, dass diese Mauer 28 Jahre lang bestehen wird und es sich nicht um eine vorübergehende Maßnahme zur Grenzsicherung handelt. Ohne dieses umfassende Wissen müssen die Protagonisten eine lebensverändernde Entscheidung treffen: gewohnte Sicherheit oder ungewisse Freiheit? Freunde, Familie, Liebe oder eine berufliche Zukunft? Dabei sind die Protagonisten sehr unterschiedlich: ein älteres Ehepaar, dessen Sohn im Westen lebt; eine freiheitsliebende Band, die ihre Erfolge jedoch im Osten feiert; Marlis und Gert, die sich lieben, aber nicht die selben Ansichten teilen oder Edith, die erste Lokführern der DDR, die große Träume hat.

Eine spannend umgesetzte Idee, die Kapitelweise aus der Sicht verschiedener Protagonisten, mit unterschiedlichen Hintergründen und Lebensweisen, erzählt und näher beleuchtet, welche Argumente und Gegenargumente es überhaupt in so einer Situation zu durchdenken gab. Hier lag meiner Meinung nach die Stärke und historische Relevanz der Thematik, die Robert Krause authentisch erdacht hat. Die Zeit schreitet unbarmherzig voran. Dieser Druck macht den Reiz aus, bringt mehr Dynamik ins Geschehen und es bleibt spannend, wie sich jeder am Ende entscheidet.

Ein historisch authentisches Buch über schicksalshafte Entscheidungen, das die Frage aufwirft: Wie hättest du dich entscheiden? Der Erzählstil funktioniert in meinen Augen besser als Drehbuch, weil in einer verhältnismäßig kurzen Geschichte zu viele Personen unterkommen mussten. Unabhängig vom Format, möchte ich die Geschichte aber jedem ans Herz legen.

Veröffentlicht am 05.08.2021

Einen Versuch ist es wert! Tolles Buch-Geschenk

Ich hätte da was für Sie
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Vera Cordes liebt es, Tipps und Empfehlungen zum Thema Gesundheit weiterzugeben. Zum Glück hat sie, dank des familiären Zuspruchs, beschlossen, ein paar davon in einem Buch zu sammeln; denn wahrscheinlich ...

Vera Cordes liebt es, Tipps und Empfehlungen zum Thema Gesundheit weiterzugeben. Zum Glück hat sie, dank des familiären Zuspruchs, beschlossen, ein paar davon in einem Buch zu sammeln; denn wahrscheinlich kennt nicht jeder die Sendung Visite im NDR Fernsehen, die sie seit 1998 moderiert. Aus dieser Erfahrung hat sie ihre erprobten Favoriten zusammengetragen, die „in der Regel auf Studien beruhen“ und neuste „Do-it-yourself-Medizin ohne Risiko, aber mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit“ bieten. Ein höhst unterhaltsames Buch, dass durch eine bunte und ansprechende Aufmachung besticht, den locker leichten Schreibstil und die motivierenden Ratschläge, die meistens leicht umzusetzen sind. Vera Cordes hat dieTipps alle selbst ausprobiert bzw. wendet sie regelmäßig an, und diese authentische Leidenschaft, anderen diese hilfreichen Empfehlungen nicht vorzuenthalten, macht Lust, es wirklich einfach mal auszuprobieren. Insgesamt zweiundzwanzig Tipps, mit vielen separaten Empfehlungen, zu umfassenden körperlichen und geistigen Gesundheit, um sowohl akute Beschwerde zu behandeln, als auch vorzubeugen. Besonders gefallen hat mir, dass einiges dabei war, was ich noch nicht wusste. Selbst, wenn’s mal nicht viel Neues zu erfahren gab, habe ich die Kapitel gern gelesen und so mein Wissen aufgefrischt. Jedenfalls hat mich die Lektüre in vielen Bereichen inspiriert. Meinen Tipp-Favoriten habe ich bereits angewandt und war nach kurzer Zeit über erste Erfolge ganz überrascht. Offenbar lohnt sich ein Versuch, auch wenn man erstmal skeptisch ist. Ich wünschte, das hätte ich früher gewusst. Alles, was einem nicht behagt, lässt man einfach sein; wenn nur ein paar Tipps dabei sind, die helfen, hat sich das Buch doch schon gelohnt!

Mit „Ich hätte da was für sie“ schreibt Vera Cordes auch über ein optimistischen Lebensgefühl, die Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen, um das Leben aktiv zu gestalten und dient auch als Vorbild dafür, dass man in jedem Alter mit wenig Aufwand etwas tun kann. Der richtige Ratgeber zur richtigen Zeit. Wer wissen möchte, was an kalten Kartoffeln so toll ist, wie man den Blutdruck senken kann und was eine Winterjacke mit braunem Fett zutun hat, sollte dieses Buch lesen.
Ich habe jetzt schon einige Freunde, die es sich unbedingt ausleihen wollen und schon einige Tipps weitergegeben. Vorher war ich skeptisch, aber jetzt kann ich das Buch ehrlich weiterempfehlen.