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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.06.2025

Leben bedeutet Kontraste

Ganz aus Splittern
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Eine Jugendliche, die durch ihr Umfeld keine guten Startvoraussetzungen hat und statt Geborgenheit und Gefördert-Werden Vernachlässigung und sogar häusliche Gewalt (durch ihren Stiefvater) erlebt, sich ...

Eine Jugendliche, die durch ihr Umfeld keine guten Startvoraussetzungen hat und statt Geborgenheit und Gefördert-Werden Vernachlässigung und sogar häusliche Gewalt (durch ihren Stiefvater) erlebt, sich aber durch Bildung daraus zu befreien versucht, erhält die Möglichkeit, an eine „Reichenschule” zu wechseln. Sie soll – und hier kommt der Unterschied zu Geschichten, in denen sich Stipendiaten in der High Society zurechtfinden müssen, ins Spiel – Teil einer sozialen Studie werden. Mehr als diesen Aufhänger brauchte es nicht, um mich neugierig zu machen.

Ich bin kein großer Fan davon, wenn Bücher am Alter ihrer Autor*innen gemessen werden, denn „Ganz aus Splittern” ist ein gutes Beispiel, dass ein Debüt nicht „für eine erst Achtzehnjährige sehr gut” ist, sondern ganz generell ein geniales Jugendbuch. Danae Lake schreibt so eindringlich wie unterhaltsam und hat ein Gespür dafür, wie man facettenreiche Charaktere und ihre Entwicklungen zeichnet. Die Geschichte lebt dabei besonders von den Kontrasten, um die es auch im Kern geht. Die Atmosphäre des Viertels, in dem sich Chrissy wenig Chancen bieten, ist eine völlig andere als die Welt des Heinrich-Heine-Gymnasiums, und die Kluft wird deutlich vermittelt, ohne dass die Autorin mit dem Finger ständig darauf zeigt.
Jede Menge Gefühlschaos ist bei der ganzen Sache natürlich auch vorprogrammiert.
Die Triggerwarnung ist hier ernst zu nehmen, da einem das Gelesene nahgeht, vielleicht ZU nah, wenn man damit eigene Erfahrungen hat.

Es hat mich überrascht, dass es fast ein Drittel des Buches dauert, bis Chrissy den Schulwechsel antritt, was der Klappentext ja schon verraten hat. Dennoch habe ich mich auf dem Weg dahin keine Seite lang gelangweilt. Man erfährt eben zuerst, woher sie kommt, bevor man sie dorthin begleitet, wohin sie geht. Sie, genau wie ihr bester Freund Tjard und seine Mutter und einige andere, wachsen einem ans Herz, und man hofft mit ihnen auf positive Veränderungen und Perspektiven.

In einem Satz:

„Ganz aus Splittern" ist ein authentisch erzähltes Jugendbuch über die so schwer erreichbare Chancengleichheit, über das Aufwachsen unter schwierigen familiären Bedingungen, über die Schlüsselrolle von Bildung und darüber, wie viel es ausmacht, Menschen zu haben, die bedingungslos zu einem stehen.

Veröffentlicht am 19.06.2025

Prädikat „Geht nicht nur so!”

Geht so
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Ein bisschen hat mich dieses Buch in seiner Art an „Yellowface” erinnert, denn genau wie Rebecca F. Kuang setzt Beatriz Serrano vor allem auf schneidenden Humor und Gesellschaftskritik, die sich in ihren ...

Ein bisschen hat mich dieses Buch in seiner Art an „Yellowface” erinnert, denn genau wie Rebecca F. Kuang setzt Beatriz Serrano vor allem auf schneidenden Humor und Gesellschaftskritik, die sich in ihren Beobachtungen einer Branche niederschlägt (genauer gesagt der Werbebranche, wobei Serrano aber mehr auf die Arbeitswelt als solche hinauswill, während Kuang sich mit der Literaturszene und ihren Fallstricken beschäftigt).
Dabei steht der Büroalltag der Ich-Erzählerin Marisa im Vordergrund; es gibt relativ wenig Handlung, dafür viel inneres Erleben mit sarkastischen Gedanken, ungeschönten Beobachtungen und Schilderungen ihres Umfelds. Es geht um das Maß an Ersetzbarkeit des Einzelnen in der Arbeitswelt und vielleicht überhaupt in der Welt, ums Sich-Gefangen-Fühlen und ums Versinken im immer und überall verfügbaren Content irgendwelcher Fremden, so wenig er einen auch weiterbringen mag.
Dem lobenden Zitat Elena Medels, dass der Roman „klug und urkomisch„ sei, „auch – oder gerade – weil man sich selbst darin wiedererkennt", wird er tatsächlich sehr gerecht, obwohl ich mich weniger darin wiedererkannt habe als befürchtet; dafür ist der Ton einfach zu resigniert.

Die Protagonistin hat bei mir oft wenig Sympathie ausgelöst, meist eher so etwas wie Mitgefühl oder teilweise Leidensgenossinnenschaft. Sie ist ein interessanter Charakter, weil sie in der Lebenswelt, in der sie sich bewegt, aus dem Rahmen zu fallen scheint und sich doch nicht sicher ist, ob sie das wirklich tut oder vielmehr mit allen anderen zu einer gleichförmigen Masse verschwimmt (so hat sie etwa das U-Bahn-Fahren eingestellt, weil sie Angst hatte, sich selbst mit den anderen Mitreisenden zu verwechseln, vgl. S. 71).

Marisas Tablettenkonsum, der schlussendlich auch den Betriebsausflug etwas anders verlaufen lässt als von der Chefetage geplant, hat etwas Tragikomisches an sich, das ideal zum Charakter der Geschichte passt. Der Teambuildingtrip, den ich durch den Klappentext als Hauptschauplatz vermutet hatte, nimmt dabei allerdings nur einen vergleichsweise kleinen Part im letzten Drittel des Buches ein. Gewissermaßen wird er zum Höhepunkt einer Klimax, zum Ort einer Eskalation.
Das Ende ist ... wild. Aber auch das passt hunderprozentig zur Geschichte.

In einem Satz:

Das Buch legt den Finger auf wunde Punkte, lässt einen schmunzeln, aber mit bedrücktem Blick. Kein Pageturner, aber thematisch sehr gut umgesetzt!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.05.2025

Bleibt leider hinter dem zurück, was es zu versprechen schien.

Heiress Takes All
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Es gefällt mir nicht, diesem Buch eine eher mäßig gute Bewertung geben zu müssen, denn ich wollte es feiern wie das Paar und die Gäste darin die Luxushochzeit. Tatsächlich fühle ich mich durchs Marketing ...

Es gefällt mir nicht, diesem Buch eine eher mäßig gute Bewertung geben zu müssen, denn ich wollte es feiern wie das Paar und die Gäste darin die Luxushochzeit. Tatsächlich fühle ich mich durchs Marketing hier ein wenig ausgetrickst: Es sieht eindeutig aus und klingt wie gemacht für Fans der The-Inheritance-Games-Reihe von Jennifer Lynn Barnes (wozu ich mich zähle). Dazu lässt das Adjektivtrio im Werbesatz – Atemlos, raffiniert, sexy – es wie einen New-Adult-Pageturner wirken. Beides trifft leider überhaupt nicht zu.

Wenn ich von den enttäuschten Erwartungen, die Aufmachung und Werbung geschürt hatten, mal absehe, dann ist die Story in Ordnung. Man kann ihr gut folgen, es stecken viele Ideen darin, das Autorenduo hat das nicht bloß lieblos runtergeschrieben. Was fehlt, ist der Spannungsbogen, die Ausarbeitung der Charaktere und der Fokus auf das, weshalb man zu diesem Buch gegriffen hat. Olivia als Drahtzieherin des Coups, der doch eher chaotisch als ernst zu nehmen wirkt, erzählt uns stattdessen oft und viel über sich und ihre Gefühle, insbesondere bezüglich der Privilegien, die sie verloren hat.
Auch mit der Übersetzung bin ich beim Lesen nicht immer ganz glücklich gewesen. Wenn die siebzehnjährige Protagonistin in Gedanken zu sich selbst sagt „Zurück auf den Teppich, Mädchen", fühlt sich das für mich nicht so richtig authentisch an.

In einem Satz:

„Heiress Takes All" ist ein durchaus unterhaltsames Jugendbuch mit ein paar Schwächen, durch die es mit den Erfolgsbüchern, an die es optisch und/oder von den Grundelementen anknüpft, leider nicht mithalten kann.

Veröffentlicht am 03.05.2025

Lasst uns auf Lebensweisheitsschatzsuche gehen!

Nicht mehr und nicht weniger
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Ich mag sowohl Sarah Maries poetische Texte als auch Stennies Gespür für Design sehr und habe mich daher auf und über dieses gemeinsame Werk zum biblischen Buch der Sprüche sehr gefreut.

Der dicke Pappeinband ...

Ich mag sowohl Sarah Maries poetische Texte als auch Stennies Gespür für Design sehr und habe mich daher auf und über dieses gemeinsame Werk zum biblischen Buch der Sprüche sehr gefreut.

Der dicke Pappeinband passt sehr schön zum Natürlichen und Besinnlichen des Inhalts, macht das Buch aber natürlich auch relativ schwer, sodass es eher für zu Hause gedacht ist als für eine Ruhepause unterwegs.

Im Vorwort erzählt die Autorin, wie die Idee für das Buch zustande kam. Durch den Versuch, wieder mehr Regelmäßigkeit und Tiefe in ihre Stille Zeit mit Gottes Wort zu bringen, begann sie, nach ihrer Bibellektüre ihre Gedanken zum Gelesenen zu Papier zu bringen. Dabei entstanden die im Buch abgedruckten Texte. Sie geht auch darauf ein, warum ihre Wahl auf das Buch der Sprüche gefallen ist, die uns „in Gottes Kunst des Lebens [lehren], also darin, dem Chaos unserer Gegenwart geschickt und kunstfertig in Wort und Tat entgegenzutreten" (S. 11).

Das Buch enthält 31 Kapitel, eignet sich also perfekt für einen Monat, muss aber nicht zwingend ohne Unterbrechung täglich zur Hand genommen werden.
Jedes beginnt mit einer Doppelseite, auf der man nach dem Lesen des jeweiligen Bibelabschnitts seine Gedanken notieren kann. Dazu werden einige Leitfragen zur Orientierung angeboten. Darauf folgt das jeweils passende Gedicht von Sarah Marie, das dazu anregen möchte, den Blick auf den Bibeltext noch zu weiten. Zum Schluss gibt es einige Reflexionsfragen und eine kurze Andacht.
Der ganze Innenteil ist in sanften Farben und Formen gestaltet; Blumen stehen symbolisch für das Wachstum und die blühende Fülle, die sich beim Lesen und „Bearbeiten" einstellen und erfahren lassen können.

Ich empfinde dieses Buch als wunderschönen und wertvollen Begleiter zur Schatzsuche, der einen auf kreative Art an die Hand nimmt und dazu einlädt, neue Erkenntnisse und damit an Lebensweisheit zu gewinnen.

In einem Satz:

„Nicht mehr & nicht weniger" holt seine Besitzer aus dem Alltag ab und entführt sie in den Reichtum der Sprüche, wenn sie sich mit offenem Herzen auf Entdeckungsreise begeben.

Veröffentlicht am 03.05.2025

Interessanter Ansatz, knalliges Layout, aber insgesamt ohne den erhofften Mehrwert

BEEP! BEEP! Read all about it!
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Da ich schon lange in der Buchbranche unterwegs bin (erst als Bloggerin und Auszubildende, dann als Autorin und Studentin, heute immer noch als Schreibende und als Verlagslektorin), hat mich dieses Buch ...

Da ich schon lange in der Buchbranche unterwegs bin (erst als Bloggerin und Auszubildende, dann als Autorin und Studentin, heute immer noch als Schreibende und als Verlagslektorin), hat mich dieses Buch natürlich neugierig gemacht. Erwartet hatte ich allerdings etwas ganz anderes, mehr Input zum Buchentstehungsprozess, vielleicht sogar genreübergreifend anwendbar.

Die BEEP-Methode umfasst nur Vorüberlegungen, die zwar zentral sind, aber wenig für die Konzept- und Textentwicklung selbst mitgeben.
Die fiktiven Bücher aus der Zukunft sind witzige und durchaus kluge Gedankenspiele, aber eben rein fiktiv, weshalb es wenig Reiz hat, sich alles dazu genau durchzulesen. Weniger Beispiele hätten es für mich auch getan. Clever ist allerdings der Zug, zum Schluss das Buch, das man gerade in den Händen hält, ebenfalls durch die Schablone zu jagen.

Hervorzuheben ist daneben die Wertigkeit von Einband und Layout sowie die Covergestaltung der fiktiven Zukunftsbücher. Allerdings entsteht hier gewissermaßen ein Paradox, da die Themen zwar futuristisch sind, die grafische Gestaltung aber eher in der Buchmarktgegenwart verortet bleibt.

Da mir ein wenig der Zugang zum Buch gefehlt hat, bin ich mit meinem Freund (er ist ITler) darüber ins Gespräch gekommen, der seine Eindrücke für diese Rezension ebenfalls zusammengefasst hat:

Dieses Buch ist das nischigste Buch, was ich je gelesen habe. Und gleichzeitig finde ich es auf eine gewisse Art und Weise genial. Doch was eigentlich? Ehrlich gesagt nicht die Qualität. Deswegen möchte ich auch mit dem Negativen in dieser Rezension beginnen. Wer nicht in der (sehr kleinen) Zielgruppe ist, wird dieses Buch nicht als das verstehen, was es ist und sein will. Daher werden die meisten Leser das Buch nicht oder schlimmer: falsch verstehen.

Doch was ist es denn nun eigentlich? Es ist ein Perspektivwechsel. Wir alle haben irgendwo schon mal mit dem aktuellen Thema KI in Form von ChatGPT, Copilot und Co. zu tun gehabt. Was tun wir dort? Wir geben eine Frage oder eine Aufforderung ein und bekommen einen entsprechenden Text oder Ähnliches zurück. Doch hier in BEEP sind wir als Leser BEEP. Wir sind die KI, die Anweisungen erhält nach einem Schema: Wir bekommen genannt, wer der fiktive Autor ist, was seine Buchidee sowie seine grundsätzlichesn Aussagen und Überzeugungen sind, wer die Zielgruppe des Buchs sein soll sowie die Zielrichtung bzw. das Fazit. Das Buch selbst erhalten wir nicht. Stattdessen sind wir als BEEP in der Situation der schreibenden KI. Wir als Leser sollen diese Bücher in unserer Phantasie schreiben.

Problem: Das Ganze ist ein faszinierendes Konzept, das ich so nicht mal ansatzweise bisher kenne und deswegen kaum mit anderen Büchern vergleichen kann. Daher versuche ich, es nicht im Vergleich zu anderen zu bewerten, sondern für sich selbst zu sehen. Die Idee ist genial, sie regt an zum Weiterdenken, sie regt an, sich mit Fragen zu beschäftigen, die man sich sonst ggf. nicht stellt. Aber es funktioniert nicht. Warum? Weil der menschliches Leser nun mal keine KI ist, die mal mehr mal weniger klaren Regeln folgt. Stattdessen fällt es uns als menschliche Intelligenz schwer, uns selbst nicht mit einzubeziehen. Und das führt eben dazu, dass wir die Bücher in unserer Phantasie eben nicht wie ein fiktiver Autor, sondern wie wir schreiben. Damit ist das Ganze eher ein interessantes kreatives Experiment. Sozusagen ein Kurs in Kreativem Schreiben, aber ohne das tatsächliche Schreiben.

Würde ich das Buch weiterempfehlen? Eigentlich ja, aber ich weiß nicht, wem. Ich würde es nur Leuten weiterempfehlen, die gerne kreativ denken, aber sich ausführlich damit beschäftigt haben, wie eine KI arbeitet. Als Messlatte empfehle ich, sich die Frage zu stellen: Habe ich schon mal ein eigenes GPT erstellt, das mir irgendwie geholfen hat? Wer diese Frage nicht versteht oder mit Nein beantwortet, dem würde ich dieses Buch unter keinen Umständen empfehlen.

In einem Satz:

Dieses Buch ist speziell, und ich denke, dass das Konzipieren und Mit-Inhalt-Füllen mehr Spaß gemacht hat als die Rezeption – es ist interessant und innovativ, aber irgendwie lässt es die Lesenden zurück wie bestellt und nicht abgeholt.