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Veröffentlicht am 06.11.2022

Alexis und Echo sind nicht perfekt. Aber ihre Geschichte ist es

The Way You Crumble
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Bereits in Band 1 der Hungry Hearts Reihe haben wir Echo und Alexis kennenlernen dürfen und erhalten nun ihre Perspektive und ihre Geschichte. Echo mit ihrer fehlenden Sensibilität und Taktgefühl, ihrer ...

Bereits in Band 1 der Hungry Hearts Reihe haben wir Echo und Alexis kennenlernen dürfen und erhalten nun ihre Perspektive und ihre Geschichte. Echo mit ihrer fehlenden Sensibilität und Taktgefühl, ihrer Wut und ihrer Sucht. Alexis der sich fühlt, als würde er stets im Schatten seines Bruder stehen, glaubt, seine Gefühle seien angesichts der Probleme anderer nicht valide und der wütend ist. Wütend wie Echo. Niemand scheint ihn zu verstehen mit seinem selektiven Mutismus, der es ihm verwehrt mit seiner Familie oder Kolleg*innen zu sprechen. Dann taucht Echo auf, die so schonungslos mit ihren Worten ist, dass er sich endlich öffnen kann. Und aus Sex und Ablenkung entsteht eine neue Abhängigkeit.
Ich bin immer sehr skeptisch, wenn ich in Rezensionen nur positives über ein Buch lese und keine Kritikpunkte. Doch bei diesem Buch bin ich ebenfalls kurz davor, eine Lobeshymne zu schreiben und von einem Jahreshighlight zu sprechen.
Der Schreibstil der Autorin konnte mich wie schon in Band 1 überzeugen. Er geht nah, trifft mitten ins Herz, macht die Gefühle der Protas unglaublich greifbar, sodass ich zu jedem Zeitpunkt ihr Handeln authentisch und nachvollziehbar fand. Die Geschichte ist ehrlich, Traumata und Sucht werden nicht beschönigt, jedes Gefühl, so schmerzhaft es sein mag, wird offengelegt und wenn eins groß geschrieben wird, dann ist es Consent und das Sprechen über (sexuelle) Bedürfnisse. Es wird über Geschlechtskrankheiten gesprochen, Normschönheit, Pretty Privilege, Liebe zu Menschen, die einem nicht das geben können, was man braucht, gute und schlechte Abhängigkeiten und es findet vorallem Selbstreflektion statt. Und ja, das fällt Echo und Alexis oft schwer, aber dennoch erkennen sie Probleme und ziehen daraus Konsequenzen. Ich will mehr solcher Geschichten. Geschichten in denen sich die Charaktere nicht gegenseitig heilen, sondern erst ihren eigenen Weg gehen müssen, bevor sie gemeinsam wachsen können. Geschichten mit unperfekten, authentischen Charaktere dazu lernen und vielleicht einen Schritt zurück machen müssen, bevor sie den richtigen Weg einschlagen können.
Trotz meiner Begeisterung für dieses Buch, habe ich zwei Kritikpunkte: das Eine ist die wiederholte Verwendung ableistischer Begriffe, das Andere ist die Atmosphäre der Kleinstadt, die mich im Gegensatz zu den Charakteren nicht vollständig erreichen konnte.
The way you crumble ist kein Wohlfühlbuch. Es ist schmerzhaft, ehrlich, streut Salz in Wunden, lässt einen hinterfragen und reißt einen in die bittere Realität von Abhängigkeiten und Trauma. Alexis und Echo sind nicht perfekt. Aber ihre Geschichte ist es.

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Veröffentlicht am 16.10.2022

Fantasy, das hervorsticht

A Psalm of Storms and Silence. Die Magie von Solstasia
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Band zwei der Solastia Reihe schließt unmittelbar an Band zwei an und war von Anfang an spannend. Der Autorin ist es gelungen, mich mit Plottwists zu überraschen und durch Rückblicke in die Vergangenheit ...

Band zwei der Solastia Reihe schließt unmittelbar an Band zwei an und war von Anfang an spannend. Der Autorin ist es gelungen, mich mit Plottwists zu überraschen und durch Rückblicke in die Vergangenheit einen tieferen Einblick von der Charakteren und ihren Motiven zu liefern.
Gerade in diesem Band ist Maliks Einfluss auf Karina deutlich spürbar und wie sie sich durch seine Worte verändert hat. Karina entspricht nicht dem typischen Heldinnen Typus. Zwar lernt sie ihre Magie zu kontrollieren, doch fehlt ihr jeder Drang zur Aufopferung und Selbstlosigkeit, was durchaus erfrischend war. Malik macht ebenfalls eine tiefgehende Veränderung durch. Auch wenn ihm vielleicht Macht fehlt, so besitzt er dennoch Stärke. Gleichzeitig bleibt er weiterhin der Junge aus Band Eins, der unter allen Umständen seine Schwestern beschützen will und vor seinen Problemen davon läuft.
Wie schon im ersten Band der Reihe hat mir vieles an dem Buch gefallen. Das ist zum Einen die Themenwahl, die die Autorin getroffen hat: Verantwortung gegenüber seinem
ihrem Volk, Liebe, Privilegien, die Frage von Identität und Zugehörigkeit. Auch die Verwendung von Neopronomen und das Aufbrechen des binären Geschlechtersystems, wie das gesamte Setting der Fantasywelt hat mich angesprochen. Diesen positiven Punkten zum trotz, fallen leider immer wieder ableistische Begriffe und trotz der vielen und interessanten Ereignissen, neuen Charakteren (Ife <3) und Informationen über das Land und die Vorfahren von Malik und Karina, konnte mich das Buch nicht vollständig fesseln.
Die Lektüre des Buches hat mir dennoch erneut viel Freude bereitet und ich möchte es gerne Fantasyliebhaber*innen empfehlen, die Interesse an einer Geschichte haben, die zwischen typischen eurozentrischen Werken hervorsticht und vielleicht auch ein Wegweiser ist, was Fantasy sein kann, wenn wir uns von Altbekannten lösen und neue Richtungen einschlagen.

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Veröffentlicht am 04.09.2022

Ein ganz besonderes new adult romance Buch

The Way I Break
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In letzter Zeit gibt es eine Entwicklung im New Adult Romance Bereich im deutschsprachigen Raum, die ich unglaublich toll finde. Es findet immer mehr ein loslassen von Klischees statt, Themen, die vor ...

In letzter Zeit gibt es eine Entwicklung im New Adult Romance Bereich im deutschsprachigen Raum, die ich unglaublich toll finde. Es findet immer mehr ein loslassen von Klischees statt, Themen, die vor zwei Jahren noch undenkbar gewesen wären, fließen in Geschichten ein und es werden eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte auf ein Thema beleuchtet, die voher nur sehr einseitig behandelt wurden. Von der wachsenden Diversität muss ich wahrscheinlich gar nicht erst anfangen. Ein Buch, welches aus meiner Sicht ein Beispiel für diese Entwicklung ist, ist das neue Buch von Nena Tramourtani.
Ihr Schreibstil ist poetisch, nah und gefühlvoll, aber auch in den richtigen Momenten hart und distanziert.
Tori ist aus meiner Sicht eine unglaublich starke und mutige Protagonistin, die aber so durch ihre vergangene Beziehung gelitten hat, dass es ihr schwer fällt ihren eigenen Wert zu erkennen. Sie ist von starken Selbstzweifeln geplagt, die sie zu überwinden versucht, leidet unter Panikattacken und braucht die Kontrolle, die ihr über so lange Zeit entrissen wurde.
Wenn Julian eines ist, dann ist er ein Bruch mit Klischees und das habe ich sehr geliebt. Wofür brauchen wir mysteriöse Bad Boys, den man alles aus der Nase ziehen muss, wenn man Julian haben kann, der ein offenes Buch ist und keinen Hehl aus seinen Gefühlen macht? Natürlich hat auch er seine Probleme und ist weit entfernt von Perfektion. Er hat das Gefühl ein Versager zu sein, eine wandelnde Katastrophe. Aber er hat ein großes Herz, versucht sich, um alle zu kümmern, die Hilfe brauchen und verliert dabei seine eigenen Bedürfnisse aus dem Blick.
Wenn ich Toris und Julians Beziehung mit einem Wort beschreiben müsste, wäre es stürmisch. Aber nicht stürmisch auf zerstörerische Art und Weise, sondern auf eine heilende erneuernde. Ihre Beziehung entwickelt sich gerade zu Beginn sehr schnell, was vielleicht auf den ersten Blick ungewohnt ist, aber irgendwie passt es zu den beiden. Zu keinem Zeitpunkt war in meiner Wahrnehmung die Beziehung zwischen den beiden Oberflächlich, sondern stets authentisch und greifbar. Im Laufe der Geschichte pendeln sie sich ein, finden ihr Tempo und tasten sich auf emotionaler Ebene immer mehr aneinander ran. Die tiefen Themen, wirken zu keinem Zeitpunkt erzwungen, sondern passen zu der Lebenswelt und den Erfahrungen der Charaktere.
Ich mochte vieles an der Geschichte, die casual Queerness, die Darstellung der Auswirkungen einer toxischen Beziehung, die Selbstfindung, die Sexszene (ehrlich, diese Szene konnte mich wirklich begeistern: Kommunikation auf Augenhöhe, achten auf die Bedürfnisse und Grenzen des anderen, mit einem guten Maß an Spice. Ich brauche mehr von sowas!).
Was mit Bookstagram oft einher geht, ist eine gewisse Erwartungshaltung an Bücher, die bei diesem für mich nicht vollständig erfüllt wurde. Auch wenn es der Autorin stets gelungen ist, die Gefühle super rüberzubringen, hat für mich der letzte Funke gefehlt, um mich vollends zu begeistern und leider werden in dem Buch immer wieder ableistische Begriffe verwendet.
Denn würde ich diese Geschichte allen weiterempfehlen, die gerne New Adult Romance abseits gängiger Klischees und trotzdem voller tiefer Gefühle lesen wollen.

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Veröffentlicht am 02.09.2022

Ein hilfreicher Leitfaden

Und jetzt du.
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Keine Bewegung hat mich wahrscheinlich in meinem Reflektionsverhalten und meinem politischen Engangement so sehr geprägt wie die Black Lives Matter Demonstrationen 2020. Ich habe begonnen, mich mit Anti ...

Keine Bewegung hat mich wahrscheinlich in meinem Reflektionsverhalten und meinem politischen Engangement so sehr geprägt wie die Black Lives Matter Demonstrationen 2020. Ich habe begonnen, mich mit Anti Schwarzen Rassismus und Antirassismus zu beschäftigen, Bücher gelesen, Podcasts gehört und mich engagiert. Doch Antirassismus lässt sich nicht von einem Tag auf den anderen erreichen, sondern es ist ein Prozess, der immer weiter geht und sich immer im eigenen handeln wieder spiegeln sollte.

Um weiße Menschen bei diesem Prozess zu begleiten hat Tupoka Oggette einen Leitfaden entwickelt. „Und jetzt du“ bietet nicht nur Definitionen, sondern gibt auf für verschiedene Situationen und Kontexte konkrete Handlungsvorschläge und Denkanstöße an die Hand, um sich antirassistisch zu verhalten. Es sind Ansätze um eine Rassismusärmere Welt zu erschaffen. Da das Buch sich vor allem an weiße Menschen richtet, thematisiert die Autorin auch white fragility, white savorism und andere Mechanismen, sowie Antirassismus in Institutionen, wobei sie oft auf ihre eigenen Erfahrungen zurückgreift.

Natürlich bietet es sich an, als Einstieg in das Thema „Exit Racism“ zu lesen, da „Und jetzt du“, an ihre erstes Buch anknüpft, doch auch so ist auch das neuste Buch der Autorin gut verständlich, da sie viele Erklärungen und eine klare, übersichtliche Struktur liefert, dendie Leserin direkt anspricht und mit zahlreichen Metaphern und Vergleichen, die Theorie greifbarer macht. Für mich bot das Buch inhaltlich selber wenig neues. Aber das ändert nicht an dessen Relevanz für uns als Individuen, die Gesellschaft und die Debatte über Rassismus.

Tupoka Ogette findet klare und verständliche Worte für viele Dinge, wo ich zwar das Wissen besitze, mir es aber oft schwer fällt, dieses verständlich zu erläutern. Ich konnte viel aus dem Buch mitnehmen, um in Zukunft anderen genau dieses Wissen besser zu vermitteln. Und ich hoffe und glaube, dass es euch ähnlich gehen wird und das viele, die gerade beginnen, sich mit Antirassismus auseinanderzusetzen, das Buch als Bereicherung wahrnehmen werden.

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Veröffentlicht am 02.09.2022

Drei unterschiedliche Frauen, die am Küchentisch zusammenfinden

Am liebsten sitzen alle in der Küche
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Die alleinerziehende Tille hat mit ihrem pubertierenden Sohn, der kaum hinter seinem Computerbildschirm hervorzulocken ist, zu kämpfen. Sie ist sehr sarkastisch und spöttisch und handelt sich dadurch ...



Die alleinerziehende Tille hat mit ihrem pubertierenden Sohn, der kaum hinter seinem Computerbildschirm hervorzulocken ist, zu kämpfen. Sie ist sehr sarkastisch und spöttisch und handelt sich dadurch Ärger ein, hält aber auch zu ihren Mitarbeiterinnen und setzt sich trotz der Konsequenzen für sie, für diese ein.

Almut muss zum ersten Mal auf eigenen Beinen stehen. Die Hausfrau, die über Jahre in der Arbeit für andere aufgegangen ist, steht gefrustet zwischen Online Dating und dem freien Raum, der ihr plötzlich zur Verfügung steht. Sie ist ein sehr ernster Charakter und wirkt auf viele bieder, hat jedoch ein großes Herz.

In Yeliz Leben nimmt ihr Job in einer Werbeagentur viel Zeit und Raum ein. Doch darunter leidet nicht nur sie, sondern auch ihre Beziehung zu ihrem Ehemann.

Doch die Frauen finden zusammen und zwischen ihnen entwickelt sich eine tiefe Freundschaft und gemeinsam schmieden sie einen Plan, um dem Kerl eine reinzudrücken, mit dem sie allesamt negative Erfahrungen gemacht haben.

Jede einzelne Szene war unglaublich aus dem Leben gegriffen und es hat sich für mich angefühlt, als würde ich in den Alltag der Frauen eintauchen. Der pubertierende Sohn, der an seinem Bildschirm klebt? Der rassistische Patient? Die Tochter, die Geheimnisse vor einem hat? Geldprobleme? Eklige Kerle beim Online-Dating? Die vielen kleinen und großen alltäglichen Probleme, die das Erwachsensein ausmachen. Es gab so viele Situationen, bei denen ich dachte, sie seien direkt aus dem Leben gegriffen und es ist diese Alltäglichkeit und Authentizität der Dialoge und Beschreibungen, die für mich das Buch so lesenswert gemacht haben. Jede der Frauen hat ihre eigenen Baustellen, an den sie im Verlauf der Geschichte arbeiten und Frieden mit sich selbst zu schließen.

Der Fokus der Romans liegt sehr auf der Entwicklung der Protagonistinnen und deren Freundschaft, was für mich teilweise etwas zu langatmig war. Erst auf den letzten 20 Seiten wird die angekündigte Racheaktion in die Tat umgesetzt. Diese war so grandios, dass ich doch gerne mehr von ihr gelesen hätte, auch wenn ich natürlich nachvollziehen kann, dass die Charakterentwicklungen dafür überhaupt erstmal die Voraussetzung waren, denn das Leben der Protas, ist wie die Realität weit entfernt von Perfektion. Viele werden wahrscheinlich mit den Problemen der Protagonistinnen mitfühlen können.

Ich finde es toll, dass die Autorin diverse Charaktere eingebaut hat, auch die Frage nach Privilegien hat einfließen lassen und die Erfahrung von Sexismus und Rassismus thematisiert wurde. Dies wäre meiner Meinung nach auch gut gelungen, ohne einen Nebencharakter das N-Wort (unzensiert) verwenden zu lassen. Ich kann verstehen, dass sie damit zeigen wollte, wie alltäglich für PoC Rassismus auch heute noch ist, doch dies hätte sie auch gut ohne diese Wort oder mit einer vorausgesetzten CN lösen können. Die Reproduktion dieses Wortes ist immer problematisch und wurde trotz der Erwähnung, dass es rassistisch war, viel zu schnell wiederfallen gelassen.

„Am liebsten sitzen alle in der Küche“ macht seinem Namen alle Ehre und fasst den Inhalt des Buches gut zusammen. Für mich war es ein schöner Roman zwischendurch, leider jedoch nicht mehr, da mir angesichts der ganzen Alltäglichkeit noch mehr Tiefe gefehlt hat.

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