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Lenex

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.05.2025

Düstere und atmosphärische Spurensuche

Nowhere Heart Land
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In „Nowhere Heart Land“ begleiten wir Rosa, die seit Jahren in London lebt und arbeitet. Kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag kehrt sie zurück in ihre deutsche Heimatstadt, eigentlich um einige Angelegenheiten ...

In „Nowhere Heart Land“ begleiten wir Rosa, die seit Jahren in London lebt und arbeitet. Kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag kehrt sie zurück in ihre deutsche Heimatstadt, eigentlich um einige Angelegenheiten für ihre an Demenz erkrankte Großmutter zu regeln. Doch ihre Rückkehr wird schnell zu einer Spurensuche. Sie taucht tief ab in ihre prägenden Erfahrungen im Internat am Nützenberg, das auch schon ihre mittlerweile verstorbene Mutter Conny besuchte.

„NHL“ lebt eindeutig von der Stimmung und bietet im Grunde nur wenig Handlung. Das Buch hat einen ganz eigenen düsteren, dichten, nostalgischen Sound. Ich mochte die anspruchsvolle Sprache, auch wenn sie manchmal etwas sperrig und zähflüssig daherkam. Rosas starke Unruhe und Unzufriedenheit kamen jedenfalls richtig gut rüber. Ich empfand ihre ewigen Gedankenspiralen mit der Zeit aber auch als ziemlich anstrengend.

Die Ausgangslage fand ich spannend, doch so richtig kommt die Geschichte irgendwie nie in Gang. Immer wenn ich dachte, dass die Handlung jetzt an Dynamik gewinnt, wurde diese wieder im Keim erstickt. Ein Schritt vor, zwei zurück. Dabei war da so viel Potential, vor allem in Bezug auf die Freundinnenschaften.

Trotz starker Momente und atmosphärischer Erzählweise also leider für mich ein eher frustrierendes und langatmiges Leseerlebnis.

Veröffentlicht am 27.05.2025

Amüsante und tiefgründige Kritik an der Arbeitswelt

Geht so
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Marisa arbeitet in einer Werbeagentur in Madrid und hasst ihren Job. Sie empfindet alle ihre Aufgaben als sinnlos und nicht ihren Werten entsprechend. Also „spielt“ sie Büro, wie sie es nennt, und gibt ...

Marisa arbeitet in einer Werbeagentur in Madrid und hasst ihren Job. Sie empfindet alle ihre Aufgaben als sinnlos und nicht ihren Werten entsprechend. Also „spielt“ sie Büro, wie sie es nennt, und gibt vor, schwer beschäftigt zu sein, während sie in Wahrheit meistens Youtube-Videos schaut. Sie leidet an einer Angststörung und nimmt täglich verschreibungspflichtige Beruhigungsmittel, um durch den Tag zu kommen. Sie genießt den Monat August, da viele ihrer Kolleg*innen Urlaub haben. Doch dann wird kurzfristig ein Team-Event angesetzt, das sogar eine Übernachtung beinhaltet – für Marisa ein Albtraum.

„Geht so“ hat mir viel Spaß gemacht und ich habe Kritik an der Arbeitswelt in Romanform so noch nie gelesen. Die Geschichte wird mit viel Zynismus und trockenem Humor erzählt, ohne Marisas Probleme ins Lächerliche zu ziehen. Die Autorin thematisiert „Quiet Quitting“ und „Bullshit Jobs“ und beschreibt Gedanken und Gefühle, die wahrscheinlich viele Menschen nachvollziehen können. Denn auch, wenn man seinen Job prinzipiell gerne mag, ist es wohl für niemanden ganz einfach, jeden einzelnen Arbeitstag früh aufzustehen, in die Arbeit zu fahren und die erwartete Leistung zu erbringen, ganz egal wie es einem gerade geht oder was privat los ist. Interessant fand ich auch, wie Marisas Marketingjob mit Kapitalismus und Feminismus in Zusammenhang gebracht wurde.

Gegen Ende ließ das Buch etwas nach. Das Teamevent fand ich ein bisschen enttäuschend, das Ende hätte ich mir anders gewünscht. Trotzdem fand ich „Geht so“ insgesamt richtig stark und gebe eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 27.05.2025

Mit dem Camper durch die Berge

Otto fährt los – Ein Sommer in den Bergen
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Endlich Sommerferien! Die Zwillinge Luzie und Klara mit ihren Eltern Yurika und Christian fahren mit Campingbus Otto in den Urlaub. Es geht quer durch die Berge in Deutschland, Österreich und der Schweiz. ...

Endlich Sommerferien! Die Zwillinge Luzie und Klara mit ihren Eltern Yurika und Christian fahren mit Campingbus Otto in den Urlaub. Es geht quer durch die Berge in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Mir hat sehr gut gefallen, wie viel Raum die Natur einnimmt und wie liebevoll die Details gestaltet sind: unter anderem findet man eine Karte, ein Rezept mit Kaiserschmarren und eine detaillierte gezeichnete Packliste. Im Text werden die Lesenden bzw. Zuhörenden immer wieder mit Fragen angesprochen, was ich ebenfalls charmant fand.
Die Illustrationen sind warm und stimmig - bunt, aber eher gedämpft - und passen gut zur entspannten Atmosphäre des Buches. Die Handlung selbst verläuft eher gemächlich und ruhig. Ein großer Spannungsbogen oder ein klarer Höhepunkt fehlen, dafür punktet das Buch mit vielen kleinen, charmanten Abenteuern der Familie.
Die Sprache ist insgesamt gut verständlich, wirkt aber stellenweise etwas holprig. Das kann aber an meiner österreichischen Herkunft liegen. Insgesamt ein schönes Buch für alle, die entschleunigte Geschichten und Natur mögen – mit viel Herz und einer Prise Abenteuer.

Veröffentlicht am 19.04.2025

Mit dem Camper durch die Berge

OTTO fährt los – Ein Sommer in den Bergen
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Endlich Sommerferien! Die Zwillinge Luzie und Klara mit ihren Eltern Yurika und Christian fahren mit Campingbus Otto in den Urlaub. Es geht quer durch die Berge in Deutschland, Österreich und der Schweiz. ...


Endlich Sommerferien! Die Zwillinge Luzie und Klara mit ihren Eltern Yurika und Christian fahren mit Campingbus Otto in den Urlaub. Es geht quer durch die Berge in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Mir hat sehr gut gefallen, wie viel Raum die Natur einnimmt und wie liebevoll die Details gestaltet sind: unter anderem findet man eine Karte, ein Rezept mit Kaiserschmarren und eine detaillierte gezeichnete Packliste. Im Text werden die Lesenden bzw. Zuhörenden immer wieder mit Fragen angesprochen, was ich ebenfalls charmant fand.
Die Illustrationen sind warm und stimmig - bunt, aber eher gedämpft - und passen gut zur entspannten Atmosphäre des Buches. Die Handlung selbst verläuft eher gemächlich und ruhig. Ein großer Spannungsbogen oder ein klarer Höhepunkt fehlen, dafür punktet das Buch mit vielen kleinen, charmanten Abenteuern der Familie.
Die Sprache ist insgesamt gut verständlich, wirkt aber stellenweise etwas holprig. Das kann aber an meiner österreichischen Herkunft liegen. Insgesamt ein schönes Buch für alle, die entschleunigte Geschichten und Natur mögen – mit viel Herz und einer Prise Abenteuer.

Veröffentlicht am 11.04.2025

Modernes Märchen

Achtzehnter Stock
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Wanda lebt mit ihrer fünfjährigen Tochter Karlie im achtzehnten Stock eines Plattenbaus in Berlin. Als meist arbeitslose Schauspielerin hat sie Probleme, die Miete zu zahlen, dabei wünscht sie sich so ...

Wanda lebt mit ihrer fünfjährigen Tochter Karlie im achtzehnten Stock eines Plattenbaus in Berlin. Als meist arbeitslose Schauspielerin hat sie Probleme, die Miete zu zahlen, dabei wünscht sie sich so sehr den großen Erfolg und Klassenaufstieg. Halt geben ihr andere Bewohnerinnen des Hochhauses, die ebenfalls Mütter sind. Irgendwann scheinen Wandas Träume plötzlich wahr zu werden und sie wird für ein bedeutsames Projekt gecastet. Doch die schwierige Vereinbarkeit von Mutterschaft und Job und die harte Realität des Schauspielerberufs holen sie ein.

„Achtzehnter Stock“ hat mich von der ersten Seite an abgeholt und bis zum Schluss nicht enttäuscht. Es ist ein modernes Märchen, spannend wie eine Netflix-Serie, immer wieder überraschend, witzig und mit Tiefgang. Es hat einen ganz speziellen und besonderen Sound, eine moderne, klare und frische Sprache, die die Dinge auf den Punkt bringt. Es ist lebensklug, ohne in Kitsch abzudriften. Man könnte sagen, es hat genau das, was ich an Büchern liebe.

Wanda ist eine komplexe und ambivalente Protagonistin. Sie weiß was sie will und was nicht, und zögert nicht, wenn sie eine Chance für sich sieht. Dabei handelt sie oftmals egoistisch, ist manchmal ein bisschen größenwahnsinnig, des Öfteren abgehoben und arrogant. Sie distanziert sich klar gegenüber ihren Nachbarinnen und wertet sie dabei häufig ab. Immer wieder motiviert sie sich selbst, spricht sich Mut zu, steht nach Niederlagen auf.

Das Buch behandelt Mutterschaft auf eine Weise, die mir sehr gefällt. Sara Gmuer zeigt, wie innig eine Mutter-Tochter-Beziehung sein kann, aber auch wie fremdbestimmt und unberechenbar das Leben mit Kind oft ist. Karlie ist Wandas stärkster Antrieb, um das Beste aus ihrem Leben zu machen, gleichzeitig kämpft sie stark mit den Herausforderungen als Alleinerziehende.

„Achtzehnter Stock“ ist eine Geschichte über das Hoffen und Scheitern, über Armut und sozialen Aufstieg, über die Schwierigkeit der Vereinbarkeit von Beruf und Kind, gerade für Alleinerziehende. Für mich ein Highlight!