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Veröffentlicht am 02.04.2025

Unterhaltsame Familiengeschichte erzählt auf zwei Zeitebenen

Vor hundert Sommern
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Beim Ausräumen der Wohnung ihrer Mutter Elisabeth fallen Anja einige Erinnerungsstücke und auch alte Unterlagen in die Hände, die ihre Mutter Elisabeth dazu bewegen, die Geschichte ihrer Tante Clara zu ...

Beim Ausräumen der Wohnung ihrer Mutter Elisabeth fallen Anja einige Erinnerungsstücke und auch alte Unterlagen in die Hände, die ihre Mutter Elisabeth dazu bewegen, die Geschichte ihrer Tante Clara zu erzählen. Besonders Anjas Tochter Lena zeigt großes Interesse und fühlt sich auf besondere Weise mit ihrer Großtante Clara verbunden.
Claras Geschichte beginnt im Jahr 1924. Die Familie lebt in Berlin. Massenarbeitslosigkeit und beengte Wohnverhältnisse bestimmen das Leben. Clara arbeitet als Flaschenreinigerin in einer Brauerei. Dort lernt sie Helene kennen. Die beiden bleiben Freundinnen bis ans Lebensende. Gemeinsam überstehen sie die Schikanen des Vorarbeiters und später die Heimsuchung durch die Gestapo. Helene habe ich aufrichtig bedauert, denn ihr Schicksal hat mich sehr berührt. Um so mehr habe ich gefeiert, dass sie zum richtigen Zeitpunkt Stärke beweist. Clara verliert ihre Arbeit, weil sie sich gegen den böswilligen Vorarbeiter zur Wehr setzt und macht durch eine glückliche Fügung die Bekanntschaft mit der Inhaberin eines Hundesalons. Dort ist sie glücklich und übernimmt später das Geschäft. Hier gibt es eindeutige Parallelen zu Lena, die sich unter Menschen unwohl und fehl am Platze fühlt . Sie nimmt während ihres Studiums einen Minijob ebenfalls in einem Hundesalon an.
Zeit ihres Lebens steht Clara zwischen zwei Männern. Da ist der Exilrusse Aleksei, überzeugter Kommunist und Aktivist, unter der NS-Herrschaft ständig in Gefahr. Willy, der Bruder ihrer Freundin Anna, ist bodenständig und schwärmt für Autos. Er gibt Sicherheit und ist verlässlich. Dann kommt es durch die politischen Umstände zu einem Zerwürfnis zwischen Clara und ihrer Schwester Mathilde, Elisabeths Mutter. Die Familie wird auseinander gerissen und Mathilde gibt Clara die Schuld. Das habe ich nicht verstanden, denn verantwortlich war das Unrechtsregime in meinen Augen. Vermutlich ist es einfacher, eine Person zu hassen als ein abstraktes Gebilde.

Die Geschichte in der Gegenwart beginnt Anfang 2024. Aufgrund des Überfalls der Hamas und Israels Reaktion kommt es verstärkt zu antisemitischen Vorfällen. Manches erinnert an den wachsenden Judenhass in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts. Anja arbeitet an der Bremer Uni und die Vorfälle zwingen sie zu einem Überdenken, der eigenen Situation. Auch Lena bleibt von den Ereignissen nicht unberührt.
Da die Erzählerin zwischen den beiden Zeitebenen hin und her springt, ist es nie langweilig und es entstehet ein Spannungselement, da man jeweils den Erzählstrang an einem entscheidenden Punkt verlässt. Clara war mir sehr sympathisch. Ich fand, sie war eine starke Persönlichkeit und bleibt sich selbst treu. Anja hat mich dadurch überzeugt, wie sie sich im Laufe des Romans von fremden Erwartungen emanzipiert. Das hat mich beeindruckt. Leider muss ich zugeben, dass Lena mir unsympathisch war. Ich habe sie zu oft als egoistisch, selbstgerecht und wenig verständnisvoll empfunden.
Wie gewohnt und mit Freude erwartet, spricht die Autorin viele verschiedene Aspekte der beiden Zeitebenen an und nennt prägende Ereignisse. Das gefällt mir gut, weil dadurch ein weiter umfassendes Bild der jeweiligen Zeit entsteht. Bei der Fülle der Informationen bleibt manches oberflächlich , das hat aber meiner Lesefreude keinen Abbruch getan. Der Roman will und soll unterhalten , was er in meinen Augen absolut macht

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Veröffentlicht am 01.04.2025

Wenn die Gerechtigkeit unter die Räder kommt

Die Vergangenheit kennt kein Ende
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1956 Der 2. Weltkrieg ist seit ein paar Jahren zu Ende und alle wollen die Vergangenheit vergessen und ein normales Leben führen. Aber manchmal steigen unverhofft die alten Seilschaften aus dem braunem ...

1956 Der 2. Weltkrieg ist seit ein paar Jahren zu Ende und alle wollen die Vergangenheit vergessen und ein normales Leben führen. Aber manchmal steigen unverhofft die alten Seilschaften aus dem braunem Sumpf und verbreiten Angst und Schrecken.

Mehringer ist Kommissar bei der Polizei in Traunstein. Als auf einem armseligen Bauernhof die Bauersleute auf brutale Weise umgebracht werden, lernt auch er die Macht der Vergangenheit kennen. Für den Mord sind sofort die Schuldigen gefunden. Die Zigeuner waren es, was Mehringer bezweifelt. Da rückt ein Holzfäller durch einen anonymen Hinweis in den Fokus und eine regelrechte Hetzjagd beginnt.

In Frankfurt bittet ein Rechtsanwalt den Journalisten Seiffert um Hilfe bei der Suche nach einem ehemaligen SS-Schergen, der im Raum Traunstein untergetaucht sein soll. Seiffert wittert eine interessante Story und reist in das Nest Beching, wo der Verdächtige leben soll. Obwohl Mehring ihn nach einem informativen Gespräch dringend zur Abreise rät, bleibt er, wohl der Liebe wegen. Auch Mehringer ist überzeugt, dass sein Mordfall mit dem ehemaligen SS-Mann zusammenhängt. Der lebt auf großem Fuß und genießt großes Ansehen in der Dorfgemeinschaft. Doch es gibt keine Beweise und keine Zeugen und somit auch kein Verfahren. Mehringer kann sich nur schwer damit abfinden, dass das für ihn personifizierte Böse ohne Strafe bleibt und der zudem die Gerechtigkeit verhöhnt. Was kann man tun, wenn einem diese Ungerechtigkeit nachts nicht schlafen lässt ? Pläne werden gemacht und alle Beteiligten zahlen einen hohen Preis, damit die Gerechtigkeit triumphieren kann.

Mir hat der Krimi sehr gut gefallen. In meinen Augen zeichnet der Autor ein realistisches Bild der damaligen Verhältnisse. Nur nicht an der Vergangenheit rühren, das Leben geht schließlich weiter. Und die, die früher das Sagen hatten, sind erneut oben auf. Ich konnte mich gut in Mehringer hinein versetzen, seine zunehmende Wut, Verzweiflung verstehen angesichts eines brutalen Mörders, der mit seinen Taten davon kommt, weil es niemand wissen will. Mir hat das Ende sehr gut gefallen, auch wenn es kein Happyend ist. Was für mich ein weiterer Pluspunkt war, Autor schildert die Geschehnisse und überlässt das Urteil dem Leser.

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Veröffentlicht am 31.03.2025

Durch Höhen und Tiefen zu einem guten Ende

Die Frauen der Villa Sommerwind. Die Liebe am Horizont
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Die Villa Sommerwind hat das Dritte Reich und die ersten Nachkriegsjahre überstanden. Gerda Grabens würde gerne Medizin studieren , bekommt aber eine Absage von der Universität und unterstützt zur Überbrückung ...

Die Villa Sommerwind hat das Dritte Reich und die ersten Nachkriegsjahre überstanden. Gerda Grabens würde gerne Medizin studieren , bekommt aber eine Absage von der Universität und unterstützt zur Überbrückung ihre Tante Julia bei der Führung des Hotels. Gerda ist nicht glücklich und von ständiger Wut erfüllt. Sie hat nie akzeptiert, dass ihre Eltern sie allein gelassen haben und möchte sie deshalb unbedingt suchen und Fragen stellen. Doch das Schicksal hat erstmal andere Pläne. Wegen eines Unfalls muss Gerda weiter ihre Tante unterstützen und dann kann sie tatsächlich Medizin studieren. So gehen die Jahre dahin. Aber sie hat die Liebe ihres Lebens gefunden. Henning hat ihre Mutter im Exil gekannt und ist bereit, Gerda bei ihrer Suche zu begleiten. Als sie endlich aufbrechen können, ist die Reise emotional und endet dennoch mit einer Enttäuschung. Gerda und Henning kehren mit leeren Händen zurück. Während sich familiäre Höhen und Tiefen abwechseln, entwickelt sich der Timmendorfer Strand weiter. Gerda macht sich für eine Rehaklinik zur Behandlung von Herz- Kreislaufbeschwerden stark. Bevor ihr Traum sich erfüllt, kommt es zu einem dramatischen Zwischenfall , der mich wirklich überrascht hat. Zumindest bringt das Ereignis Gerdas Mutter zurück. Doch Gerda kann ihr die lange Abwesenheit nicht verzeihen. Ich ehrlich gesagt auch nicht. Ich habe verstanden, dass die Ereignisse während des Krieges für Christine traumatisch waren, aber ihre Schuldgefühle, die ihre Rückkehr verhindert haben, habe ich nicht nachvollziehen können. Auch hier heilt die Zeit alte Wunden und Gerda und ihre Mutter söhnen sich aus

Das Buch endet im Jahr 1989 und alle Personen, die mit der Villa Sommerwind verbunden sind, sind, sofern sie noch leben, wieder dort vereint. Das war für mich ein sehr versöhnlicher und harmonischer Abschluss. Ich fand den Roman sehr unterhaltsam. Er verbindet historische Ereignisse gekonnt mit der privaten Geschichte der Frauen der Villa Sommerwind. Das macht einiges der historischen Ereignisse besser vorstellbar und ruft manches wach, was man vergessen hatte, wieder ins Gedächtnis. Besonders gut gefallen hat mir, dass starke Frauen im Mittelpunkt stehen, die über ihr Leben im Rahmen des möglichen selbst bestimmen. .

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Veröffentlicht am 30.03.2025

Ein Serienmörder auf der Schwäbischen Alb

Höhlenmorde
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Durch einen glücklichen Zufall konnte Surendra Sinha einen Zeitvertrag bei der Reutlinger Polizei bekommen und fühlt sich mit der Arbeit und besonders mit seiner Kollegin Leonie sehr wohl -- bis zu dem ...

Durch einen glücklichen Zufall konnte Surendra Sinha einen Zeitvertrag bei der Reutlinger Polizei bekommen und fühlt sich mit der Arbeit und besonders mit seiner Kollegin Leonie sehr wohl -- bis zu dem Tag, an dem eine übel zugerichtete Leiche in der Wimsener Höhle gefunden wird. Es gibt keine brauchbaren Spuren, kein Motiv. Die Brutalität bei der Tat legt jedoch das Motiv Rache nahe. Kurz darauf gibt es ein neues Mordopfer. Wieder ist der Fundort eine Höhle, dieses Mal die Nebelhöhle. Der Verdacht liegt nahe, dass es derselbe Täter war. Und tatsächlich stoßen die beiden Ermittler auf Gemeinsamkeiten. Beide haben die gleiche Schule besucht. Nun gibt es endlich einen Ansatzpunkt und Verdächtige zuhauf. Die beiden Toten haben zusammen mit einem Dritten zahlreiche Mitschüler drangsaliert und bedroht. Nun gilt es die damaligen Mobbingopfer zu befragen. Das führt nicht wirklich weiter, denn jeder der Befragten hat zwar ein Motiv, aber auch ein Alibi. Die Befragungen waren sehr spannend und abwechslungsreich. Vom unsympathischen Reichsbürger bis hin zu einer traumatisierten jungen Frau war fast alles dabei. Auch ich konnte keinen ausschließen oder als den Mörder beschuldigen. Durch Zufall entdeckt Surendra ein wichtiges Puzzleteil und setzt damit ein Geschehen in Gang, das sein Leben auf den Kopf stellt.

Mich hat der Krimi sehr gut unterhalten mit seiner fesselnden Handlung. Obwohl es auf der Schwäbischen Alb eher beschaulich zugeht, sind die Taten sehr brutal und die Autorin lässt mich das auch teilweise miterleben. Ich fand das aber angemessen, sonst wäre die Tragik des gesamten Geschehens nicht völlig nachvollziehbar. Ich war über die Hintergründe der Morde entsetzt. Zum einen fand ich es abstoßend, dass man so mit seinen Mitmenschen umgeht. Zum anderen hat es mich wütend gemacht , dass niemand etwas bemerkt haben will und die damaligen Opfer allein gelassen wurden. Dementsprechend kann ich die heutigen Morde gut nachvollziehen und mein Mitleid neigt den heutigen Täter zu. Ein weiterer Pluspunkt des Krimis sind die anschaulichen Beschreibungen der Höhlen und einiger Lieblingsplätze Surendras. Die machen Lust , sich selbst dort umzusehen - hoffentlich ohne Leichen ! Für mich war der Krimi in sich stimmig, wenn auch an einigen Stellenschwer zu verdauen. Die Lösung des Falles war an Spannung kaum zu überbieten und wartete noch mit einigen Überraschungen auf.

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Veröffentlicht am 23.03.2025

Das Böse geht um im Kloster Notre- Dame de Senanque

Tödliches Gebet
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Der Krimi beginnt eher ungewöhnlich mit einem Rückblick in die Vergangenheit. Nicht etwa ein altes Verbrechen, sondern ein wichtiges Puzzleteil aus Campanards Vergangenheit . Damals lernt er den Mönch ...

Der Krimi beginnt eher ungewöhnlich mit einem Rückblick in die Vergangenheit. Nicht etwa ein altes Verbrechen, sondern ein wichtiges Puzzleteil aus Campanards Vergangenheit . Damals lernt er den Mönch Bernard kennen, der ihm durch eine Lebenskrise hilft und der heute seinerseits Campanards Hilfe benötigt. Seltsame Dinge gehen im Kloster vor und ein Mönch ist spurlos verschwunden, der zudem ein guter Freund von Bernard war. Nun fürchtet Camanard um das Leben seines Freundes. Zusammen mit seinen Kollegen Linda und Pierre, dem Team obscure fährt er nach Gordes und trifft auf eine Mauer des Schweigens. Auch die Beamtin vor Ort, Dubac, ist keine Hilfe. Sie sieht ihre berufliche Kompetenz in Frage gestellt. Während Campanard im Kloster ermittelt, fährt Linda zum Mutterkloster und Pierre soll die Stellung vor Ort halten. Alle drei ahnen nicht, dass sie so ihrem Gegner in die Hände spielen. Linda sowie Pierre geraten in dessen Fänge. Nichts ahnend geht Campanard weiter seinen Ermittlungen im Kloster nach und sieht sich mit einer niederschmetternden Wahrheit konfrontiert.

Dies ist mein 2. Fall mit dem Ermittlertrio obscure und erneut hatte ich einen Riesenspaß gepaart mit viel Spannung und überraschenden Wendungen. Jeder der Drei hat seine schmerzvolle Vergangenheit und daraus resultierende Macken. Im Zentrum steht Campanard mit all seinen Eigenheiten und einem dunklen Fleck in der Vergangenheit, der auch zum Leidwesen meiner Neugierde in diesem Band dunkel bleibt. Der Mönch Bernard war mir sehr sympathisch . Er ruht in sich und ist sehr empathisch. Ich konnte gut nachvollziehen, warum er Campanard am Herzen lag. Spannend waren die Einblicke in das Klosterleben. Hinzu kam noch das Gefühl ständiger Bedrohung. Wenn ich eine Hassfigur benennen sollte, dann wäre es Kommissarin Dubac. Diese Meinung teile ich mit Linda.

Ein weiterer Pluspunkt des Krimis neben der fesselnden Handlung ist der Erzählstil. Der Autor malt mit Worten. So konnte ich mir die Landschaft immer gut vorstellen, konnte die Blumen riechen und den Gesang der Vögel hören. Gut gefallen hat mir auch, dass ich liebeswerte Bekannte aus dem 1. Band wieder getroffen habe. Für mich war der Krimi rundum gelungen und ich hoffe deshalb auf eine baldige Fortsetzung.

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