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Veröffentlicht am 06.04.2023

Starke Frauen und ein verstörender Kriminalfall

Die Bahnhofsmission
2

Natalie hatte einen denkbar schlechten Start ins Leben. Sie führte ein Leben am Rande der Gesellschaft und arbeitet nun in der Berliner Bahnhofsmission. Alice ist die wohlbehütete Tochter eines angesehenen ...

Natalie hatte einen denkbar schlechten Start ins Leben. Sie führte ein Leben am Rande der Gesellschaft und arbeitet nun in der Berliner Bahnhofsmission. Alice ist die wohlbehütete Tochter eines angesehenen Medizinprofessors. Sie träumt von einer Berufsausbildung und einem selbst bestimmten Leben, was 1904 fast undenkbar für eine Frau war. Zufällig entdeckt sie die Bahnhofsmission und beschließt dort hinter dem Rücken der Eltern ehrenamtlich zu arbeiten.

Die Arbeit in der Bahnhofsmission bedeutet nicht nur Hilfe für Schutzbedürftige, sondern auch den Kampf gegen Mädchenhändler, Diebe und die Borniertheit mancher Teile der gehobenen Gesellschaft. Als ein junges Mädchen aus der Obhut Natalies verschwindet, ist die Existenz der Bahnhofsmission bedroht.

Natalie muss sich deshalb ihrer Vergangenheit stellen und gemeinsam versuchen die Frauen den scheinbar übermächtigen Feind zu besiegen.

Von Anfang an war es eine Freude, das Buch zu lesen. Die Autorin erzählt lebendig mit vielen interessanten historischen Details.

Sowohl Alice als auch Natalie waren mir auf ihre Art sympathisch. Dabei habe ich Natalie als die vielschichtigere Persönlichkeit wahrgenommen. Ein Grund dafür ist sicher ihre zwielichtige Vergangenheit. Das zeigt sich deutlich, als sie Kontakt zu alten Bekanntschaften aufnehmen muss. Ich habe ihren Mut, ihr Selbstbewusstsein und ihren starken Wunsch, etwas aus sich zu machen, bewundert. Das Bedürfnis, unabhängig zu sein, verbindet sie mit Alice. Trotz ihrer Lebensunerfahrenheit, stellt Alice sich mit viel Empathie den Herausforderungen, sich in der Bahnhofsmission um Menschen aus den unteren Schichten zu kümmern und sich gegen die starren Regeln der Eltern aufzulehnen.

Stehen zu Beginn des Romans die Schilderungen der Bahnhofsmission und der Lebensumstände von Alice und Natalie im Vordergrund, nimmt gegen Ende die Krimihandlung immer mehr Raum ein. Diese Mischung fand ich sehr gelungen, weil sich der Spannungsbogen langsam aufbaut , um sich in einem furiosem Finale zu lösen.

Für mich war es ein toller Roman, der sehr gut unterhält und viele Aspekte der damaligen Zeitgekonnt in die fesselnde Handlung einbezieht.

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 03.04.2023

Machtkampf zweier Familien

Florentia - Im Glanz der Medici
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Florenz 1469 Die Medici haben das Sagen in Florenz, wenn auch offiziell die Entscheidungen in der Verantwortung der Signoria liegen .

Das ist den Passi, die zweitmächtigste Familie in der Stadt ein Dorn ...

Florenz 1469 Die Medici haben das Sagen in Florenz, wenn auch offiziell die Entscheidungen in der Verantwortung der Signoria liegen .

Das ist den Passi, die zweitmächtigste Familie in der Stadt ein Dorn im Auge. Sie sind der festen Überzeugung, dass nur ihnen die Herrschaft über Florenz zusteht. Sie nutzen jede Gelegenheit, um die Medici zu stürzen. Intrigen, geheime Absprachen mit dem Papst sind nur ein Teil der Mittel, um das Ziel zu erreichen.

Als das Oberhaupt der Medici, Piero, stirbt und sein Erbe Lorenzo, gerade 20 Jahre alt ist glauben die Passi , kurz vor dem Ziel zu sein. Doch auch Lorenzo ist gewillt, die Macht der Familie zu erhalten. Unterstützung erfährt er von seinem jüngeren Bruder Guglielmo, der immer im Schatten seines Bruders steht.

Zu Beginn meiner Lektüre hatte ich ein wenig Probleme mit der Vielzahl an Personen, die meine Aufmerksamkeit auf sich lenkten. Das hat sich nach wenigen Kapitel gelöst und ich konnte in die Welt der Machtkämpfe, Allianzen und auch Liebe eintauchen. Florenz muss zu jener Zeit eine Pracht entfaltet haben, die ich mir heute kaum vorstellen kann.

Was auch schnell klar war, meine Sympathien waren eindeutig auf der Seite der Medici. Dagegen habe ich die Passi mit ihrem hinterhältigen Verhalten einfach nur verabscheut. Besonders Francesco, der Guglielmo aus verletztem Stolz bis aufs Blut hasst, war mir ein Gräuel. Natürlich sind die Medici nicht nur selbstlose Menschenfreunde, sondern auch auf ihren Machterhalt bedacht . Ich hatte aber den Eindruck, dass ihnen auch um das Wohl der Stadt geht.

Was mir sehr gut gefallen hat, ich durfte Botticelli, Leonardo da Vinci und die Malerin Fioretta, die stellvertretend für all die begabten Frauen jener Zeit steht, die keine Anerkennung erfahren durften, näher kennenlernen.

Neben der packenden Handlung, die zuweilen einem Krimi ähnelt, gibt mir die Autorin interessante Einblicke in die historischen Ereignisse im damaligen Florenz. Ihre Erzählweise ist lebendig und so anschaulich, dass ich den Eindruck hatte, ich würde alles miterleben.

Wirklich eine Geschichtsstunde der besonders unterhaltsamen Art !

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Veröffentlicht am 26.03.2023

ein Roman zum Träumen und Wohlfühlen

Sommernächte im Bistro Romantico (Verliebt in Italien)
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Mariella, gerade von ihrem sizilianischen Ehemann geschieden, erbt unverhofft das Haus ihrer Nonna Maria, obwohl sie wegen eines Familienstreites seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Da Mariella nicht ...

Mariella, gerade von ihrem sizilianischen Ehemann geschieden, erbt unverhofft das Haus ihrer Nonna Maria, obwohl sie wegen eines Familienstreites seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Da Mariella nicht wirklich einen Plan für ihr weiteres Leben hat, beschließt sie eher aus Verlegenheit, den Laden ihrer Nonna mit selbst hergestellten Delikatessen weiter zu führen.

Per Zufall lernt sie den Koch Celio kennen und von Anfang an sprühen die Funken zwischen den beiden. Um ihren Lebensunterhalt zu sichern, entscheidet sich Mariella dazu, zusätzlich ein Bistro zu eröffnen. Durch unerwartete Probleme ist sie ein paarmal fast so weit, alles hinzu schmeißen. Eines ihrer Probleme ist Celio, der ihr mehr bedeutet, als sie zugeben will.

Erneut entführt mich die Autorin in die Toskana. Mariella steht an einem Scheideweg in ihrem Leben. Das Erbe ihrer Nonna bietet ihr , wie es scheint, vorübergehend einen Ausweg. Die Autorin beschreibt das ererbte Haus so anschaulich, dass auch ich Lust bekam, es mir anzusehen und das Gefühl hatte, man könnte da heimisch werden.

Obwohl Mariella keine Vorkenntnisse hat, stürzt sie sich mit Elan in das Abenteuer Selbstständigkeit. Ich bezweifle, dass ich den Mut dazu gefunden hätte.

Der gutaussehende Celio war mir erst auf den 2. Blick sympathisch. Er erschien mir zu dominant und übergriffig. Die Wortgefechte zwischen ihm und Mariella waren für mich das Salz in der Suppe und ich musste oft schmunzeln. Zu meiner großen Freude traf ich auf alte Bekannte aus dem Roman "Hotel Toscana Mare " - muss man zum Verständnis nicht unbedingt gelesen haben - wie den griesgrämigen Gianpolo, was für mich den Wohlfühlfaktor noch erhöht hat.

Die Geschichte ist kurzweilig, voller italienischem Flair, sympathischen Figuren und lädt zum Träumen ein.

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Veröffentlicht am 18.03.2023

Willkommen bei der Münchner Zeitung "Der Tag" !

Die Reporterin - Zwischen den Zeilen
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München 1962 Marie ist Anfang zwanzig und studiert Pharmazie. Das ist der Wunsch ihres Vaters, der diesen Traum selbst nicht verwirklichen konnte.. Doch Maries Herz schlägt für die Welt der Nachrichten. ...

München 1962 Marie ist Anfang zwanzig und studiert Pharmazie. Das ist der Wunsch ihres Vaters, der diesen Traum selbst nicht verwirklichen konnte.. Doch Maries Herz schlägt für die Welt der Nachrichten. Ihr Lebenstraum ist der Journalismus. Darüber kommt es zum Bruch mit den Eltern. Trotzdem erkämpft sich Malou, wie sie sich inzwischen nennt, Schritt für Schritt ihren Platz im Zeitungsverlag "Der Tag" und stellt fest, dass ihre Begabung in der Gesellschaftsberichterstattung liegt. Während es beruflich aufwärts geht, muss sie privat herbe Enttäuschungen verkraften.

Mein Urteil lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen. Ich bin restlos begeistert und warte sehnsüchtig auf den 2. Band !

Für mein Fazit gibt es mehrere Gründe. Da ist zum einen die Hauptperson Marie/Malou, die sympathisch und realistisch geschildert wird. Zwar möchte sie die geliebten Eltern nicht enttäuschen, sie will dennoch nicht auf ein eigenes erfülltes Leben verzichten. Diesen Zwiespalt kennt vermutlich fast jeder von uns. Hier wird er sehr einfühlsam geschildert.

Was mir an Malou besonders gut gefallen hat, sie lässt sich nicht verbiegen, ist empathisch und sucht den Erfolg, aber nicht um jeden Preis. Beeindruckend fand ich, wie sie ihrem Freund und Kollegen Freddy zur Seite steht. Ich glaube nicht, dass ich so mutig gewesen wäre. Malou zur Seite gestellt sind ihre Freundin aus Kindertagen Roxy, die nach einer schlimmen Erfahrung ihr Glück findet und zahlreiche Zeitungskollegen. Zwei finde ich besonders erwähnenswert. Ihr Mentor und väterliche Freund , der Gesellschaftsreporter Barthoy, ist ein Gentleman alter Schule und man muss ihn wegen seiner charmanten Art einfach mögen. Sein absolutes Gegenteil ist der Gesellschaftsreporter Kühn - egoistisch, rücksichtslos und missgünstig. Für mich eine wahre Hassfigur.

Während es für Malou beruflich stetig voran geht, ist ihr Privatleben durch das Zerwürfnis mit ihren Eltern, einem Familiengeheimnis und einer eher problematischen Beziehung überschattet.

Eingebettet ist Malous bewegende Geschichte in den interessanten Alltag einer Zeitungsredaktion. Durch Malous Tätigkeit wird die schillernde Welt der Reichen und Schönen der frühen 60ziger Jahre für mich lebendig. Ich erfahre etwas über die Jugendjahre der Kessler-Zwillinge, treffe den charmanten Pierre Brice, den unvergessenen Winnetou-Darsteller, erlebe die zickige Soraya und viele andere mehr. Dieser Reigen aus mir bekannten und unbekannten Persönlichkeiten hat viele Erinnerungen bei mir geweckt und war dadurch für mich ein wesentlicher Wohlfühlfaktor.

Die Mischung aus Malous Leben und tatsächlichen Ereignissen erzählt die Autorin auf eine angenehme , dem Leser zugeneigte lebendige Weise, dass ich manchmal das Gefühl hatte, sie würde neben mir sitzen und ich höre ihr zu.

Für mich war der Roman ein unvergleichliches Lesevergnügen.



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Veröffentlicht am 12.03.2023

Gelungener Krimi abseits üblicher Ermittlungen

Tod in Siebenbürgen
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Paul Schwartzmüller, Enthüllungsjournalist, erbt unerwartet den Bauernhof seiner Tante Zenzi in Siebenbürgen, die er schon lange für tot hält. Paul hat seine Kindheit in Siebenbürgen verbracht, bevor er ...

Paul Schwartzmüller, Enthüllungsjournalist, erbt unerwartet den Bauernhof seiner Tante Zenzi in Siebenbürgen, die er schon lange für tot hält. Paul hat seine Kindheit in Siebenbürgen verbracht, bevor er mit seinem Vater in den Westen geflohen ist. Da er nicht vorhat , dieses Kapitel in seinem Leben erneut aufzuschlagen, will er den Bauernhof so schnell als möglich wieder los werden. Aus diesem Grund reist er in das Dorf seiner Kindheit und taucht ein in eine Welt voller längst vergessener Erinnerungen und Gefühle. Um so härter trifft ihn die Realität, als sein bester Freund Sorin aus Jugendtagen als Mörder verhaftet wird. Paul fühlt sich genötigt, dessen Unschuld zu beweisen und sieht sich einer Mauer des Schweigens gegenüber gepaart mit alltäglichem Aberglauben.

Der Krimi beginnt bedächtig. Ich lerne Paul in seiner aktuellen Lebenssituation kennen. Er steckt in einer Lebenskrise, versucht seinem Leben eine neue Wendung zu geben, als ihn die Mitteilung , dass er geerbt hat, überfällt. Ich konnte deshalb Pauls Widerwillen, nach Rumänien zu reisen, gut verstehen.

Mit jedem zurück gelegten Kilometer taucht Paul tiefer in seine Vergangenheit ein. Dazu trägt auch bei, dass die Zeit hier still gestanden zu haben scheint. Sogar sein Freund Sorin heißt ihn willkommen, als sei er nie weg gewesen. Störfaktor ist die undurchsichtige Maia, den den Hof der Tante bewohnt und ihm feindselig gegenüber tritt.

Als Sorin wegen des Mordes eines angesehenen Unternehmers verhaftet wird, glaubt sich Paul zur Hilfe verpflichtet . Er entdeckt ein Geflecht aus Lügen, krimineller Machenschaften, Aberglaube und Angst. Selbst Paul kann sich der Macht, die die Geschichten von Vampiren und Flüchen ausgeht, nicht entziehen.

Die Auflösung des Falles ist eine echte Überraschung für mich, aber absolut überzeugend und ich befürchte auch sehr realistisch.

Mich hat der Krimi völlig überzeugt durch seine Handlung, die die üblichen Pfade verlässt, die Vermischung von Vergangenheit, die immer noch nachwirkt mit den Mythen und dem alltäglichem Aberglauben sowie der bildhaften Sprache. Die Schilderungen der Landschaft und der landestypischen Speisen, die man zu schmecken meint, wecken in mir den Wunsch, diesen Teil der Erde einmal selbst zu besuchen.

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