Profilbild von Magnolia

Magnolia

Lesejury Star
offline

Magnolia ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Magnolia über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.09.2023

Der Barbier und der Künstler

Picassos Friseur
2

Wie so oft waren auch hier meine Erwartungen andere. Was nicht weiter schlimm ist, denn auf jedes Buch sollte man sich einlassen und ich war positiv überrascht, welche Einblicke ich in ihre Freundschaft, ...

Wie so oft waren auch hier meine Erwartungen andere. Was nicht weiter schlimm ist, denn auf jedes Buch sollte man sich einlassen und ich war positiv überrascht, welche Einblicke ich in ihre Freundschaft, immer vor dem politischen Hintergrund, erhalten habe. Eine auf den ersten Blick ungewöhnliche Freundschaft zwischen dem weltberühmten Maler, Grafiker, Bildhauer und dem Friseur. Beide waren sie Spanier, beide waren sie dem Stierkampf verfallen, beide lebten sie als überzeugte Kommunisten in Frankreich im Exil.

Das Vorwort von André Heller hat mich auf die nachfolgenden Geschichten eingestimmt, die beiden Autorinnen haben aus den Gesprächen mit Eugénio Arias ein stimmiges Porträt über seine Freundschaft mit den um etliche Jahre älteren Künstler gezeichnet. Ihre Mitgliedschaft der französischen KP und der spanische Bürgerkrieg werden thematisiert, dem Politischen wird neben amüsanten Anekdoten rund um den Stierkampf viel Raum eingeräumt. Und natürlich sind es Picassos Frauen, die angesprochen werden. Nicht alle, es sind nur einige wenige und hier erlebt man einen Künstler, der sich schon im Mittelpunkt wähnt, um es mal dezent auszudrücken. Was wäre ein Buch, das von der Freundschaft zu einem Maler erzählt, noch dazu von einem, dessen Werke die Welt kennt, ohne auch von diesen zu sprechen. Seine Sicht auf den spanischen Bürgerkrieg etwa hat er mit seinem monumentalen Gemälde „Guernica“ zum Ausdruck gebracht, auch die Entstehungsgeschichte der „Taube“, die zum Friedenssymbol schlechthin wurde, kommt neben anderen Arbeiten zur Sprache.

In der Mitte des Buches sind Fotos abgedruckt, die nochmal einen guten Eindruck auf das Gelesene vermitteln, die Beschreibung dessen findet man am Ende des Buches neben Personenregister und Literaturverzeichnis.

„Die Geschichte einer Freundschaft“ ist kein chronologischer Abriss aus dem Leben des Pablo Picasso, sollte es auch nicht sein. Es sind die kleinen, feinen Schilderungen, vergnügliche Momentaufnahmen wie etwa die Story mit dem Hut des Toreros. Picasso hat die montera (Hut) signiert, der Torero hat diesen später dann verkauft und sich aus dem Erlös ein Haus gekauft. Picassos soziales Engagement, sein Aberglaube, sein künstlerisches Schaffen und noch viel mehr - durch Arias Augen habe ich mir unbekannte Seiten des Künstlers kennengelernt. Es ist ein sehr privater Blick zurück, für dessen Lektüre man sich schon Zeit lassen sollte. Zuweilen habe ich die beiden Männer vermisst, der spanische Bürgerkrieg an sich hat zu viel Raum eingenommen, auch wenn diese Passagen zum besseren Verständnis durchaus beitragen mögen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.09.2023

Ein neuer Kriminalfall für Ispettore Gaetano Lamprecht

Die Geister von Triest
2

Ispettore Gaetano Lamprecht von der Triestiner Polizei wird herbeigerufen, als die Hexe von Cologna – so wird Olivetta Franciulo hier im Viertel genannt – tot aufgefunden wird. Es besteht kein Zweifel, ...

Ispettore Gaetano Lamprecht von der Triestiner Polizei wird herbeigerufen, als die Hexe von Cologna – so wird Olivetta Franciulo hier im Viertel genannt – tot aufgefunden wird. Es besteht kein Zweifel, dass es sich um ein Gewaltverbrechen handelt, ihre Leiche ist arg zugerichtet, das Kreuz über ihrem Bett, mit Blut gezeichnet, deutet gar auf das Werk eines Exorzisten hin.

…sie würde ihr einen Brief hinterlassen, wie es schon ihre Vorfahren getan hatten. Seit fast hundertfünfzig Jahren war das, was sie zu erzählen hat, für ihre Familie Segen und Fluch zugleich…

Es ist der zweite Fall für den begeisterten Radrennfahrer Gaetano. Der Piccolo Giro ist für ihn dieses Jahr gelaufen, aber nächstes Jahr wird er es anders angehen, von vornherein alles gründlicher überprüfen. Den ersten Band „Ein Giro in Triest“ habe ich nicht gelesen, jedoch bin ich auch ohne Vorkenntnis gut mit den „Geistern von Triest“ zurechtgekommen.

Christian Klinger hat den Flair anno 1914 gut eingefangen, sein Ispettore ist ein sympathischer junger Mann, der erste Weltkrieg mit all seinen Schrecken und Gefahren spielt mit hinein und nur, weil die Triestiner Polizei unterbesetzt ist und Gaetano diesen Fall lösen muss, wird seine Einberufung hinausgezögert. Aber sobald er seinen Fall beendet hat, wird er, der Leutnant der Reserve, seinen Gehrock mit dem Waffenrock tauschen müssen. So ganz ohne Frauen geht es natürlich auch nicht, da ist Alessia, die schöne Witwe seines tödlich verunglückten Kollegen, die ihn lange nicht erhören mag. Und seine Schwester Adina, die von einer zwielichtigen Gestalt verfolgt wird, ist in die Aufklärung des vielschichtigen Falles involviert. Denn Olivetta Franciulos Tod zieht weite Kreise. Da geht es um sehr viel mehr, als es anfangs den Anschein hatte.

Man wähnt sich direkt in jener Zeit, die Begrifflichkeiten, die Sprache und auch die Umgangsformen passen perfekt hinein, fast möchte ich sagen, sie sind so herrlich altmodisch. Obwohl dieser Kriminalroman so gar nichts Altertümliches aufweist, er vermittelt jenen Zeitgeist wie etwa, dass der erwachsene Sohn den Vater wie selbstverständlich mit „Sie“ anspricht.

Christian Klinger hat mich schon einmal nach Triest entführt. „Die Liebenden von der Piazza Oberdan“ sind es wert, gelesen zu werden und nun, nach der Lektüre seiner „Geister von Triest“ bin ich einmal mehr überzeugt, dass ich dem Autor und seinem radsportbegeisterten Ispettore folgen werde. Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.09.2023

Spannend, fesselnd, lesenswert

Der Frauenkeller (Thriller)
2

Und schon wieder hat Gunnar Schwarz einen Thriller vorgelegt, der es in sich hat. In „Frauenkeller“ folgen wir einem Serienkiller, auf dessen Spuren sich die beiden Ermittler Emma Bajetzky und ihr neuer ...

Und schon wieder hat Gunnar Schwarz einen Thriller vorgelegt, der es in sich hat. In „Frauenkeller“ folgen wir einem Serienkiller, auf dessen Spuren sich die beiden Ermittler Emma Bajetzky und ihr neuer Kollege Alex Kuper begeben.

Zoe ist auf dem Heimweg, als sie sich verfolgt fühlt. Ihr banges Gefühl trügt sie nicht, denn bald wird sie von einem Unbekannten bedrängt. Das Handy, mit dem sie gerade noch mit ihrem Freund, der auf sie wartet, geschrieben hat, gleitet ihr aus der Hand…

Eine übel zugerichtete Frauenleiche wird gefunden und auch, wenn sich Emma und Alex dahinterklemmen, tappen sie eher im Dunkeln. Sie haben keinerlei Anhaltspunkte, vielversprechende Spuren führen ins Nichts. Als dann eine weitere Frau vermisst wird, arbeiten sie unter Hochdruck. Vieles weist darauf hin, dass diese Vermisste mit dem anderen Fall zu tun hat. Und es geht weiter, der Täter veranstaltet ein Katz- und Mausspiel. Dem muss dringend Einhalt geboten werden.

Emma und Alex ergänzen sich als Ermittlerduo perfekt. Sie ist Workaholic schlechthin, auch Alex mag es wissen und im Gegensatz zu ihr ist er eher der ruhige, besonnene Typ. Es ist ihr erster gemeinsamer Fall und so wie es aussieht, wird es nicht ihr letzter sein. Verdächtige gibt es einige und doch können letzte Zweifel nicht ausgeräumt werden. Der Autor versteht es auch hier, die Spannung hoch zu halten.

Zwischen der Ermittlungsarbeit kommt immer mal wieder der Täter zum Vorschein. Was will er? Ja, er will eine Frau, die ihn liebt, bedingungslos liebt. Wie wählt er seine Opfer aus?

Spannend, wie vom Autor nicht anders gewohnt, ist auch sein „Frauenkeller“. Ein äußerst fesselnder Thriller, den zu lesen es sich lohnt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.09.2023

In jener Juninacht vor acht Jahren…

Nur eine Lüge – Zwei Familien, eine tödliche Verbindung
2

…wurde das freundschaftliche Band zweier Familien jäh zerschnitten. Und nun, bei Emily und Williams Hochzeit - treffen sie alle wieder aufeinander. Die Atmosphäre rund um die Traumhochzeit ist von Anfang ...

…wurde das freundschaftliche Band zweier Familien jäh zerschnitten. Und nun, bei Emily und Williams Hochzeit - treffen sie alle wieder aufeinander. Die Atmosphäre rund um die Traumhochzeit ist von Anfang an vergiftet, dafür sorgt nicht zuletzt die Mutter der Braut. Als dann, kurz nach Mitternacht, ein Toter aufgefunden wird, spitzt sich die Lage dramatisch zu.

Zunächst weiß ich nicht viel von ihnen, auch der Grund für die damaligen Zwistigkeiten ist lange nicht ersichtlich. Es muss etwas Schrecklichen passiert sein, so viel kommt schon zum Vorschein. Aber was? Und wer war daran beteiligt? Stückchenweise werden Details bekannt – aber ob diese der Wahrheit entsprechen, scheint fraglich zu sein, zu widersprüchlich sind die Aussagen.

Erzählt wird zwischen dem Gestern und dem Heute, die Spannung ist durchweg gegeben. Nicht zuletzt dadurch, dass die einzelnen Personen ihre subjektive Sicht auf die Geschehnisse wiedergeben. Zwischendurch meint man, der Wahrheit näher gekommen zu sein, letztendlich jedoch ist alles ganz anders gewesen.

Ich mag den Erzählstil von Malin Stehn, habe schon „Happy New Year“ als Hörbuchfassung genossen und nun wiederum zum Hörbuch gegriffen. Anne Düe, Christiane Marx, Oliver Kube und Peter Lontzek haben im Wechsel gelesen, sie haben die Stimmungen gut einfangen können. Die Protagonisten sind durchweg unsympathisch, jedem einzelnen traut man so manche Schandtat zu. Dass es bei einer Lüge nicht bleibt, wird zunehmend klarer. Ich mag es, wenn die Aufklärung lange im Dunkeln bleibt. Dies ist der Autorin aufs Beste gelungen, auch wenn die Story zwischendurch etwas zu ausschweifend geraten ist und doch war es ein kurzweiliges Hörvergnügen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.09.2023

Schluckimpfung ist süß...

Die Formel der Hoffnung
2

Wir alle haben gerade mal so eine Pandemie überstanden, die das gewohnte Leben zum Stillstand brachte, die uns alle umdenken ließ. Und als dann der Durchbruch kam, der Impfstoff zur Verfügung stand, war ...

Wir alle haben gerade mal so eine Pandemie überstanden, die das gewohnte Leben zum Stillstand brachte, die uns alle umdenken ließ. Und als dann der Durchbruch kam, der Impfstoff zur Verfügung stand, war das Aufatmen groß.

Jede Zeit hat ihre nicht erforschten Schrecken, so auch Kinderlähmung, die in unseren Breitengraden als ausgerottet gilt. Ein Zuckerstückchen, den so hilfreichen Wirkstoff draufgeträufelt – wer von den Älteren hat daran keine Erinnerung? Den Slogan „Schluckimpfung ist süß, Kinderlähmung ist grausam“ werde ich wohl nie vergessen, schon alleine deshalb, da in meiner Nähe eine Frau wohnt, die damals an Kinderlähmung erkrankt ist. Man sieht ihr schon am Gang an, dass sie als Kind ein schweres Los zu tragen hatte und heute noch davon gezeichnet ist.

In den 1950er Jahren war Polio, landläufig als Kinderlähmung bekannt, eine unerforschte, eine furchteinflößende, eine viel zu oft tödliche Krankheit. Lynn Cullen hat über den Wettlauf um einen Polioimpfstoff viel recherchiert, in diesem Roman erzählt sie die wahre Geschichte, erzählt von den real existierenden Personen, von ihrer unermüdlichen Forschung um das Virus.

Der Weg hin zum wirksamen Impfstoff war schwierig. Es war ein Wettlauf gegen die Zeit, denn jeder Tag, der ohne Aussicht auf Heilung verging, war ein verlorener Tag. Die Tatsache, dass das Poliovirus im Blut zu finden ist, um über den Darm zu den Nervenzellen zu gelangen, war Dr. Dorothy Horstmann zu verdanken. Den Ruhm letztendlich jedoch teilten sich der US-amerikanische Arzt und Immunologe Jonas Salk und der Mediziner und Virologe Albert Sabin.

Die Autorin hat in ihrem ausführlichen Nachwort die grundlegenden Schritte hin zu einem wirksamen Impfstoff nochmal erläutert. Rund um die wissenschaftlichen Arbeiten hat sie die Forscher, allen voran Dorothy Horstmann, auch menschlich dargestellt. Fiktion trifft Wirklichkeit – das Private nimmt neben der Erforschung des Poliovirus viel Raum ein. Ob es die fiktive Liebesgeschichte gebraucht hätte, sei dahingestellt. Ich sehe dies als Auflockerung, als unterhaltsame Ergänzung zu den realen Daten über ein interessantes Kapitel der Medizingeschichte, über eine beeindruckende Frau im Vordergrund.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere