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Veröffentlicht am 11.02.2025

Sehr kraftvoll

Wenn wir lächeln
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Jara und Anto teilen alles, Klamotten, Lipgloss, Kajal und Cola-Rum. Sie sitzen mit Schlagringen und Baseballschlägern in Bars und wenn jemand sie beobachtet:

Wir stehen dann auf, wir drehen uns um, ...

Jara und Anto teilen alles, Klamotten, Lipgloss, Kajal und Cola-Rum. Sie sitzen mit Schlagringen und Baseballschlägern in Bars und wenn jemand sie beobachtet:

Wir stehen dann auf, wir drehen uns um, und wenn wir können, dann lächeln wir. S. 75

Jara steht auf der Eisenbahnbrücke. Sie ist jetzt allein, weil Anto gesprungen ist. Jara schaut in die Ruhr, sieht aber nur den Baseballschläger, den Anto zuerst ins Wasser geworfen hat. Jara weiß nicht, was sie machen soll. Was, wenn sie den Notdienst völlig umsonst ruft, weil Anto wie immer gleich hinter ihr stehen wird.

Jara besucht Anto zu Hause, ihre Mutter ist nicht da, jettet um die Welt und bietet Ayurveda und andere Kurse zur Selbstfindung an. Der Küchentisch steht voller billiger Spirituosen. Anto schüttelt ihr einen Cocktail, den sie selbst erfunden hat. Er schmeckt scheiße.

Wenn sie unterwegs sind, wetten sie manchmal: „Wetten, dass du es nicht schaffst, in zwei Minuten alle Scheiben des fetten BMW da vorne zu zertrümmern?“ Und Anto schlägt zu.

Jara hat Anto zum ersten Mal beim Fußballtraining getroffen. Antos Pässe waren übel, trotzdem haben ihr alle Jungs den Ball zugespielt. Nach dem Training schoss Leo auf eine Krähe. Niemand hatte geglaubt, dass er aus der Entfernung trifft, auch Leo nicht. Aber der Ball fand sein Ziel und der Vogel taumelte. Jara sprintete los und rief: „Dem gehts nicht gut“. Anto stapfte ins Gebüsch, holte einen Stein und erschlug den Vogel.

Auf der Eisenbahnbrücke sucht Jaras Blick noch immer die Wasseroberfläche ab, wie lange kann man unter Wasser bleiben? Sie muss irgendetwas tun.

Fazit: Wow! Mascha Unterlehberg hat ein fein konstruiertes Debüt geschaffen. Der Schreibstil ist besonders. Einzelne Szenen werden nicht auserzählt, die Autorin überlässt es den Leserinnen, ihr individuelles Kopfkino zu fahren. Die Protagonistinnen werden von der gleichen Wut getrieben, könnten aber unterschiedlicher nicht sein. Jara findet in der charismatischen Anto eine Verbündete, mit der sie sich auflehnen kann, gegen die komischen Blicke der Männer, der Männer, die einer einfach ungefragt an den Hintern fassen. Die unangenehm den Arm um eine legen, die Frauen Drinks ausgeben, weil sie sie f**** wollen. Dennoch ist die Stimmung zwischen den beiden fragil und droht jederzeit zu kippen. Im Grunde spielt die Geschichte auf der Eisenbahnbrücke und schickt uns dank Jaras Gedanken in deren jüngste Vergangenheit mit Anto. Diese Geschichte zeigt eine neue Generation junger Frauen, die nicht mehr bereit sind, das schwache Geschlecht zu mimen. In der Story steckt eine kraftvolle Energie und ganz viel Wut, die ausagiert wird. Das war flirrend und spannend.

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Veröffentlicht am 10.02.2025

Immer noch aktuell

Ich steh hier und bügle
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Während sie dasteht und bügelt, versucht sie ihre neunzehnjährige Tochter zu verstehen. Sie ist die älteste von fünf Kindern. Schon mit acht Monaten parkte sie Emily bei Nachbarn, weil sie Arbeit finden ...

Während sie dasteht und bügelt, versucht sie ihre neunzehnjährige Tochter zu verstehen. Sie ist die älteste von fünf Kindern. Schon mit acht Monaten parkte sie Emily bei Nachbarn, weil sie Arbeit finden musste, nachdem ihr Mann sie verließ. Er war unfähig, die Armut weiter mit ihnen zu teilen. Die Kleine hat so viel geschrien, bis sie nachts in einer Bar anfing, dann wurde es besser. Nie hat Emily aufbegehrt, wie ihre anderen Geschwister später. Sie hatte sich an die Erziehungsratgeber gehalten. Man solle die Kinder nicht zu sehr verpäppeln, sie auch mal schreien lassen. Nach den Masern hatte sie Emily auf Anraten der Ärzte in ein Erholungsheim geschickt, sie war so dünn und schwächlich, erholte sich einfach nicht …

Whitey steht am klebrigen Tresen tastet in seinen Taschen und findet siebzehn Dollar. Gestern hatte er Einhundertfünfzig abgeholt und weiß nicht, wo der Rest geblieben ist. Er trinkt weiter, wartet auf das gute Gefühl, aber da ist keins. Eigentlich wollte er noch Lennie, Carol und die Mädchen besuchen. Er torkelt zum Ausgang …

Sie sind die einzigen weißen im Halbdunkel der Kirche der Schwarzen. Die junge Carol hat Angst, von einem Mitschüler erkannt zu werden. Sie befürchtet, in der Schule angesprochen zu werden, und dass andere das mitbekommen. Der Priester kommt in Fahrt, Halleluja, preiset den Herrn. Der Chor schwillt an. Im Mittelgang steht eine zappelnde Frau, sie schreit. Carol sieht sie an, die anderen stören sich nicht. Wieder ein Schrei. Carol zittern die Knie …

Fazit: Tillie Olsen zeigt vier verschiedene Familien im Amerika der 20er-Jahre, die in der sozialen Hierarchie ganz unten stehen. Der Blick ist dabei nah und zeigt die echte Lebenswirklichkeit dieser Menschen, die sich durchs Leben schuften, um zu überleben. Nicht um sich Bedürfnisse zu erfüllen, sondern um weitermachen zu können. Die Autorin schönt nichts, zeigt die Hässlichkeit von Armut in der zivilisierten Welt und ihre Auswirkungen. Wenn Staat, Bildungssystem und Erziehung versagen, Intoleranz und Rassismus Menschen einengt und ihnen suggeriert wertlos zu sein. Im Grunde ist die Thematik zeitlos, wir haben ja heute das gleiche Problem des gesellschaftlichen Gefälles.

Die Wirklichkeit von Kindergroßziehen, Haushaltbewältigen, Geldverdienen in der Literatur außer Acht zu lassen wäre in ihren Augen müßig und verlogen. S. 141

Das Erstaunliche an Tillie Olsens Schreibweise ist, dass sie die Leser*innen in die Geschichte zieht. Als würde man dabeisitzen und staunen. Wahrscheinlich, weil sie dieses Leben selbst so gut kennt. Sie wurde 1913 geboren, hatte fünf Geschwister und es mangelte an allem. Mit siebzehn nahm sie schlecht bezahlte Jobs an und widmete sich der Gewerkschaftsarbeit. Während eines von ihr mitorganisierten Arbeiterstreiks wurde sie verhaftet und kam ins Gefängnis. Eine Lungenentzündung zwang sie zur Ruhe und sie begann in zugespitzter Form über die Lebens- und Arbeitswirklichkeit der vermeintlichen glänzenden Zwanzigerjahre zu schreiben. Was für eine große Persönlichkeit!

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Veröffentlicht am 10.02.2025

Die Autorin hat mich nicht abgeholt

Zorniger
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Wolfgang Mühlberger hat seine Frau Franziska an den Krebs verloren. Jetzt überfällt ihn der überraschende Tod seiner Tochter Nathalie. Die Zwanzigjährige hatte sich in die Psychiatrie einweisen lassen. ...

Wolfgang Mühlberger hat seine Frau Franziska an den Krebs verloren. Jetzt überfällt ihn der überraschende Tod seiner Tochter Nathalie. Die Zwanzigjährige hatte sich in die Psychiatrie einweisen lassen. Er fährt mit dem Taxi nach Hause und wird von seiner Haushälterin Galina empfangen. Sie war Franziskas Pflegerin und nachdem sie verstorben ist, einfach bei ihm geblieben. Er öffnet die Bar und entnimmt die Cognacflasche, lässt die goldbraune Flüssigkeit direkt durch seine Kehle laufen. Galina bringt ihm das Telefon, das er widerspenstig entgegennimmt. Dr. Hahnefeld möchte mit ihm über Nathalie sprechen, ob er gleich vorbeikommen könnte. Er packt die Cognacflasche in seine Aktentasche und wankt in den Flur. Galina folgt ihm besorgt und fragt, was los ist? Mühlberger winkt ab, hält vor der Haustür inne, lehnt sich mit dem Rücken gegen die Wand und lässt sich daran hinabgleiten. Nathalie ist tot, stammelt er. Der Taxifahrer, den Galina gerufen hatte, hupt genervt vor der Tür. Mühlberger steht auf und sieht im Spiegel, dass die Wand sein Jackett verfärbt hat. Fluchend zieht er das Schurwollgemisch aus und entscheidet sich für einen Trenchcoat.

Er steigt auf den Rücksitz und der Fahrer blafft ihn wegen der fehlenden Begrüßung an. „Guten Tag“, sagt Mühlberger zerknirscht. Er schämt sich, denn der Mann kann ja nicht wissen, was ihm in der letzten Zeit widerfahren ist. Vor der Klinik nimmt er noch einen großen Schluck Cognac, dann geht er nach oben. Dr. Hahnefeld begrüßt ihn überschwänglich und spricht ihm sein Beileid aus. Der attraktive Arzt mit den schneeweißen Zähnen und der bronzefarbenen Haut hat keine Ahnung, warum Nathalie gestorben ist. Sie hatte eine schwere Depression und eine generalisierte Angststörung. Er hatte ihr ein Antidepressivum verordnet, das auch leicht gegen die Ängste half. Sie bekam darüber hinaus aber auch Bedarfsmedikation. Er möchte ihrem Tod nachgehen und sie obduzieren.

Fazit: Eieiei, was war das denn? Eva Förster hat nach mehreren Gedichtbänden nun ein Prosastück geschrieben. Ich fand die Beschreibung im Klappentext interessant, allerdings hat mich die Umsetzung gar nicht abgeholt. In dieser Erzählung ist in etwa alles passiert, was ein gutes Lektorat vermieden hätte. Zu viel Dramatik, die zwar den Kopf, aber das Herz nicht erreicht. Syntax:

Mühlberger hatte schon einmal erlebt, dass er die ganze materielle Wucht eines vergangenen Lebens übergeholfen bekommen hat. S. 24

Er bemerkte, wie die Flasche leer wurde. S. 25

Die Dialoge sind dürftig und gestelzt. Die Autorin hat an beliebigen Stellen Fremdworte eingestreut. Möglicherweise um den Eindruck zu erwecken, dass sie eine besondere Bildung genossen hat, es erschwert aber ungemein den Lesefluss.

Zu viele Adjektive. Zu viele Informationen

Bewertungen: Sein bester Freund ist bisexuell und

frönt im Darkroom seiner fleischlichen Lust. Dadurch, dass er trinkt, schwinden wohl auch seine Ansprüche.“ S. 67

Die Autorin lässt sich in ellenlangen Personenbeschreibungen aus, ich hätte gerne mehr über die charakterlichen Eigenschaften erfahren.

Der Protagonist ist unsympathisch, hochneurotisch, lahm und langweilig. Seine „Schicksalsschläge“ müssten mich doch eigentlich rühren und auf seine Seite ziehen, aber da war kein Gefühl in mir.

Man kann dieses anspruchsfreie 130 Seiten Büchlein fix weghapsen, man kann es aber auch lassen.

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Veröffentlicht am 07.02.2025

Zu nett, glatt und fad

Sieben Tage einer Ehe
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Malcolm ist fünfundvierzig und Barkeeper. Er hat sich seinen Traum von einer eigenen Bar vor wenigen Jahren erfüllt. Zuvor hat er immer für andere hinter dem Tresen gestanden. Seine Frau Jess ist ambitionierte ...

Malcolm ist fünfundvierzig und Barkeeper. Er hat sich seinen Traum von einer eigenen Bar vor wenigen Jahren erfüllt. Zuvor hat er immer für andere hinter dem Tresen gestanden. Seine Frau Jess ist ambitionierte Anwältin und vor wenigen Wochen ausgezogen. Zuerst wohnte sie bei ihrer Mutter, dann bei ihrer besten Freundin, sagte man ihm.

Seit Jess gegangen ist, kamen seine Freunde wieder öfter in die Bar und riefen ihn an. Roddys durchdringende Stimme lärmt in seinen Ohren, als er die Bar betritt. Er hat ihn schon vom ersten Tag an genervt, aber immerhin ist er ehrlich. Das mit John war ein Desaster, der hatte haufenweise Bargeld in seine Tasche geschleust, nur die Kreditkartenabrechnungen ließ er durch, obwohl Malcom ihm den Hintern gerettet hatte.

Malcom rutscht für einen Moment in die Vergangenheit. Zu Anfang der Beziehung war alles durchgeplant. Jess war fünfundzwanzig und wollte in einem Jahr ein Kind, dann hätte sie den gesicherten Studienabschluss in der Tasche, alles perfekt. Sie heirateten und Jess wurde schwanger. Dann verlor sie das Kind in der fünften Woche. Normal sagten die Ärzte, sie solle es einfach wieder versuchen, beim nächsten Mal würde es sicher klappen, aber es passierte nichts. Die Fruchtbarkeitsbehandlungen fraßen ihr Geld auf und machten Malcoms Übernahme des Halfmoon immer unwahrscheinlicher. Doch Jess hielt an ihrem Traum fest und Malcom trug ihn mit.

Fazit: Tja. Mary Beth Keane hat eine zeitgenössische Liebesgeschichte im Amerika der 2000er-Jahre geschaffen. Gut gezeichnet fand ich das glanzvolle Paar, das nichts dem Zufall überlässt und ihre Zukunft durchplant. Wie sie den American Way of Life gehen und die Welt vom perfekten Leben träumen. Dem vorgezeichneten Weg stur folgend, verlieren sich die beiden aus den Augen. Er arbeitet bis spät in die Nacht und legt sich dann neben seine schlafende Frau. Ihr starker Kinderwunsch mit den wenigen fruchtbaren Tagen macht aus ihrer Intimität einen kalendarischen Marathon. So weit, so gut. Ich vermisse die Reibungen, die Konflikte. Malcom ist in seiner Rückschau so reflektiert, dass er blass wirkt. Er hat jede ihrer Anstrengungen durchgewinkt, ohne eine rote Karte zu lüpfen. Mir fehlte der Leidensdruck. Ich meine der Wunsch auf Mutterschaft, der verwehrt bleibt, die vielen teuren Eingriffe, das macht was mit einem und das hätte ich gerne gesehen, mehr zu spüren bekommen. Ich fand die Geschichte sauber, nett, glatt, fad und voller Nebenschauplätze, die es nicht gebraucht hätte. Das Cover ist hübsch, der Titel verwirrend. Dies ist ein Buch für alle, die sich an amerikanischen Liebesgeschichten erfreuen.

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Veröffentlicht am 07.02.2025

Sehr feinfühlig erzählt

Streulicht
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Ihr Vater hat vierzig Jahre lang vierzig Stunden pro Woche Aluminiumbleche in Laugen getunkt. Er will nichts mit den Menschen im Ort zu tun haben, meidet sie oder wendet sich ab und die Leute weisen ihn ...

Ihr Vater hat vierzig Jahre lang vierzig Stunden pro Woche Aluminiumbleche in Laugen getunkt. Er will nichts mit den Menschen im Ort zu tun haben, meidet sie oder wendet sich ab und die Leute weisen ihn ab. Gleich hinter dem Mehrfamilienhaus brummt der Industriepark der Chemiefabrik. Die Luft schmeckt säuerlich, der winterliche Schnee ist klebrig und die Nächte sind hell. Nebenan wohnt der Mann mit dem Vokuhila und den beiden durchgedrehten kleinen Hunden. Ihr blinder Großvater ist inzwischen ins Erdgeschoss gezogen, aber erst als ihre Mutter den Vater und den Opa lange finster angesehen hat. Vaters Vorratsschränke müssen immer voll sein. Auf den Wühltischen der Einkaufsmärkte findet er immer ein paar zusätzliche Eineuro-Artikel. Ihre Mutter hortet die Mitbringsel im Schlafzimmer, versucht ihnen mit Stapeln von Plastik Herr zu werden.

Sophia ist ihre Freundin. Sie trägt einen Tornister, auf dem ihr Name steht. Ihren eigenen Namen hält sie geheim, er gefällt ihr nicht. Sophias Mutter ist organisiert und tough, nichts liegt herum, das verunsichert sie. Ihre eigene Mutter kommt aus einem Dorf, in dem man das Wasser kaufen musste. Jeden Morgen rief der Muezzin und am Freitag ging sie in die kühle Moschee. Ihre Großmutter hatte die Dschinns beschworen, deshalb wurden alle in ihrer Familie über hundert.

Für ihren Vater ist das Wünschen verboten. Es gehört den Sentimentalen, den Frauen, denen, die es sich leisten können. Wer etwas will, wird zu einer Bürde für die Familie. Das ist einer der Gründe, warum sie ihre Mutter an vielen Morgen Scherben auffegen sieht.

Fazit: Deniz Ohde hat ein äußerst feinsinniges Debüt geschrieben. Ohne anzuklagen zeigt sie ihre Protagonistin, die in ihrer türkischen Familie aufwächst. Der Vater kompensiert seine anerzogene Bescheidenheit und die frühe Berufswahl mit Alkohol. Die Mutter leidet darunter, weiß sich jedoch nicht zu wehren. Die Tochter versucht unterm Radar zu fliegen und unauffällig zu sein. Sie hat einen sechsten Sinn entwickelt, der die Ausbrüche des Vaters vorhersagt und kann ihm aus dem Weg gehen. Ihr Selbstwert leidet so stark, dass sie in der Schule von allen unterschätzt wird. Ältere Mitschüler feinden sie wegen ihrer Herkunft an, verstehen nicht, dass sie Deutsche ist. Sie lernt mehr als andere, aber im mündlichen bricht ihr die Stimme. Die Autorin erzeugt eine besondere Stimmung. Sie erzählt leise und gedrückt, zeigt mir Bilder dieser deutschen Kleinstadt mit der Chemiewerkskulisse und den regelmäßigen Übungen zum Schutze der Bevölkerung. Es ist die Geschichte einer Migration, die nur teils geglückt ist. Es ist eine Geschichte fehlender Chancengleichheit im Bildungssystem, aber auch eines dysfunktionalen Bildungssystems, das die stillen Angepassten einfach hängenlässt und gesellschaftlicher Vorurteile. Ein besonderes Buch, das denen eine Stimme gibt, die stets überhört werden.

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