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Veröffentlicht am 04.11.2025

Knackige geschichtliche Aufarbeitung

Am Anfang wieder die Nacht
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Marcel knallt die Bierkisten aufeinander. Glas splittert, es riecht hefig. So langsam steigen ihm die Probleme mit seinem Club Koma zu Kopfe. Die Anwohner beschweren sich wegen der Lärmbelästigung, die ...

Marcel knallt die Bierkisten aufeinander. Glas splittert, es riecht hefig. So langsam steigen ihm die Probleme mit seinem Club Koma zu Kopfe. Die Anwohner beschweren sich wegen der Lärmbelästigung, die Stadtverwaltung brummt ihm Lärmschutzauflagen auf. Die Müllentsorgung wird immer schwieriger und die Subventionsquellen für die Künstler*innen versiegen. Österreich, das Land mit der höchsten Lebensqualität, drauf geschissen. Während Marcel der Frust beutelt, denkt Karla an Nico und an die Silvesternacht neunzehnneunundneunzig. Ihre beste Freundin Judit und Nico trafen sich dauernd im Keller von Nicos Freund und kamen sich näher.

Jetzt war aber Nicos Stiefvater, der echte hatte sich frühzeitig aus dem Staub gemacht, Betriebsrat im Dannemann-Werk, dort wo Judits Vater Geschäftsführer war. Warum der da Geschäftsführer war? Weil sein Vater sich im Dritten Reich so gut gestellt hat mit den Nazis, dass der eigentliche Dannemann enteignet wurde. Der hatte die Firma so gut wie möglich durch die Wirtschaftskrise geführt und musste dann die Koffer packen und nicht nur das. Judits Großvater bekam zum Dank die Villa. Nach dem Krieg funktionierte das mit der Entnazifizierung doch nicht richtig, denn man brauchte Fachkräfte für den Wiederaufbau und so schacherten alle wieder erfolgreich und gleichsam unbescholten um ihre Pöstchen. Nicos Stiefvater aber hat das nicht vergessen und deshalb darf der Nico auch nicht mit der Judit.

In der Nacht der Jahrhundertwende dann, war die Karla mit dem Nico unterwegs und half ihm beim Austicken. Zuerst fällte Nico mit der Motorsäge die große Tanne im Garten von Judits Vater, später zogen sie dann zu den Dannemann-Werken, das eine oder andere Bierchen war auch mit dabei, diverse Spraydosen und ausreichende Lust an der Zerstörung.

Fazit: Martin Mader hat eine geschichtliche Aufarbeitung zelebriert, die bis in die österreichische Jetztzeit reicht, das kapitalistische System in all seinen Schwächen beleuchtet und das Erstarken rechter Parteien begründet. Im Vordergrund stehen drei junge Menschen, die diese Silvesternacht und ihre Beziehungen zueinander zu ergründen suchen. Der Autor lässt seine Darsteller kapitelweise auf diese Zeit zurückblicken. Die Geschichte entblättert sich vom Anfang bis zur letzten Seite nur Stück für Stück. Gekonnt lässt er immer mal kurze Szenen aufblitzen, die mein unfertiges Bild allmählich vervollständigen. Die Stimmfarbe ist österreichisch, obwohl ohne Dialekt, spüre ich beim Lesen den typischen Singsang. Was mich von Anfang an irritiert hat, ist der Erzählstil, der von seinen Wortwiederholungen lebt:

Eine gefaltete Luftmatratze wallt sich gerade auf, bekommt Luft, Luft in den Bauch, atmet aus dem Bauch, aus dem Bauch aus dem Mund heraus.

Ich muss gestehen, dass der Stil des Autors mir alles an Konzentration abverlangt hat, was ich zu bieten hatte. Auch dass ich etwa 25 x das Handtuch werfen wollte, möchte ich nicht verschweigen. Letztlich bin ich allerdings froh, dass ich mich bis zum bitteren Ende eingelassen habe, weil das Thema unheimlich interessant ist. Ganz wertfrei betrachtet, war es für mich ein Buch, dessen Inhalt ich mir mühevoll erarbeiten musste.

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Veröffentlicht am 31.10.2025

Ein gelungenes Buch mit wichtiger Botschaft

Da, wo ich dich sehen kann
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Die Therapeutin fragt Maja, warum sie das gemacht hat. Maja zuckt mit den Schultern, blickt auf die Hände in ihrem Schoß, atmet schneller. Sie will nicht mehr in Spiegel schauen, zu groß ist die Angst, ...

Die Therapeutin fragt Maja, warum sie das gemacht hat. Maja zuckt mit den Schultern, blickt auf die Hände in ihrem Schoß, atmet schneller. Sie will nicht mehr in Spiegel schauen, zu groß ist die Angst, dass sich dann die Ranken um ihren Hals wickeln und sich zuziehen. Sie will aber auch die Therapeutin nicht reinlassen, was weiß die schon, gar nichts.

Majas Patentante Liv kontrolliert ihr Spiegelbild in der Eingangstür des Lokals, dann geht sie hindurch und sieht ihren Bruder winken. Neben ihr sitzt die neue Freundin und strahlt sie offen an. Sie setzt sich zu ihnen und muss zuerst etwas trinken. Sie würde jetzt gerne zu den Toiletten gehen und Emma per Handy Bericht erstatten, weil sie Sophie sympathisch findet und sich so für ihren Bruder freut. Emma wird jedoch nie wieder ans Handy gehen, ihr nie wieder antworten, weil sie drei Meter unter der Erde liegt und es dort keinen Empfang gibt. Emma ist tot und hat ein Loch aus schwarzer Materie hinterlassen.

Maja klettert zu Brigitte ins Auto. Wie die Therapie war, will sie wissen. Gut. Brigitte schaut kurz zu Maja und sieht sofort Emma vor sich, mit neun oder zehn. Emma, die schon damals viel eingesteckt und es dann mit sich ausgemacht hatte. Wenn Brigitte gewusst hätte, wie es wirklich um Emmas Ehe gestanden hat, hätte sie Himmel und Erde in Bewegung gebracht, um sie und die Kleine da raus zu holen.

Fazit: Jasmin Schreiber hat das Thema Misogynie und Femizid schreibend erforscht. Sie bringt den Schmerz der Hinterbliebenen, einer Mutter, Tochter und besten Freundin, zu Papier. Die Geschichte ist umfangreich und lässt alle Beteiligten kapitelweise zu Wort kommen, zeigt ihre Gefühle, dieses Vermissen, die Traurigkeit, die Scham, die Zerrissenheit (Maja liebt ihren Vater und darf es doch nicht), die Schuld (wieso haben die anderen nichts von der Ehehölle mitbekommen?) und die Wut. Obwohl die Erzählung fiktiv ist, wird bald klar, dass sie sich genauso hinter vielen deutschen Türen abgespielt haben kann. Männer töten. Warum? Weil sie es können. Einzig der verurteilte Täter, Emmas Mann und Majas Vater ist zum Stummsein verdammt und das finde ich sehr gelungen, weil in der Realität den Monstern immer zu viel Aufmerksamkeit zuteil wird, viel mehr als den Betroffenen. Das Ganze ist gut gemacht, gespickt mit Akteneinsichten und Schreiben von Anwälten und Jugendamt und dem forensischen Bericht. Die ersten 150 Seiten fand ich etwas holprig, weil es auf mich konstruiert wirkte, so als wisse die Autorin nicht so recht, wohin die Reise geht. Dann aber hat sie mich voll gehabt. Wie gut sie die Traumatisierung gezeigt hat, hat mich Rotz und Wasser weinen lassen. Wie gut sie die Persönlichkeit und das perfide Vorgehen des Mörders gezeigt hat, hat mich entsetzt. Ein sehr gelungenes, mitreißendes und wichtiges Buch, das hoffentlich viele Leser*innen findet.

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Veröffentlicht am 30.10.2025

Fesselnde, kluge und bissige Geschichte

Die Unbußfertigen
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Die Moderatorin lächelt süffisant ins Publikum. Sie wird zehn Menschen auf die Bühne rufen, die es im Social-Media-Ranking weit gebracht haben. Als ersten ruft sie den Publikums-Lieblings-Fuckboy Justin ...

Die Moderatorin lächelt süffisant ins Publikum. Sie wird zehn Menschen auf die Bühne rufen, die es im Social-Media-Ranking weit gebracht haben. Als ersten ruft sie den Publikums-Lieblings-Fuckboy Justin auf. Er schlendert lässig auf die Bühne, ist Ende zwanzig, eine hübsch anzusehende Matthias Schweighöfer Version im beigen Leinenanzug. Das Publikum grölt, die Frauen kreischen. Dann kommt Max, ein freundlich aussehender Typ Mitte vierzig, unaufdringliche Ausstrahlung, farbloses Outfit, fliegt optisch weit unterm Radar. Verhaltenes Klatschen. Es folgt Girl Dad Klaus. Der Siebzigjährige springt sportlich auf die Bühne, volles weißes Haar, Jeans, weißes Hemd, Typ Best-Ager-Model. Tosender Applaus. Dann kommt Basti, der aussieht wie jeder andere Dude mit Mitte Zwanzig. Marco, cooler Typ im pinken Pullover mit blauer Hose und lila Gürtel, er kann das tragen. Yannik ziert sich ein bisschen, der verträumte, schlaksige Teenager mit seiner pickligen Schüchternheit. Hoppla immer schön ein Bein vors andere. Sergej, weißes Shirt, graue Jogginghose, ausgeprägte Muckis, durchdringende Augen, kantige Züge. Testosteron lässt grüßen. Und dann kommt die Followerstarke Natasch, lächelt breit in die Kamera, Deutschlands schönstes Hinterteil. Das Publikum tobt. Jutta klimpert winkend mit unzähligen Kettchen und Bändchen. Ihr stark geschminktes Gesicht versprüht Stolz. Zuguterletzt kommt Anny, Deutschlands Instamutti Nummer eins.

Ihnen allen gemein ist, dass sie einer Einladung des Sendes Haimlik TV gefolgt sind. Sie werden drei Tage zusammen in einem Haus, ohne Kontakt zur Außenwelt, verbringen. Für Sergej ist es die Möglichkeit, seine Ex-Bitch zu vergessen. Yannik der Love-Scammer, hat zuletzt mehrere Frauen gleichzeitig gedatet und gönnt sich eine Verschnaufpause. Anny freut sich auf die Möglichkeit, mal keinen frustrierten Teenager vor die Kamera zu nötigen, um das neueste Müsli zu präsentieren. Yannik rekrutiert jugendliche Mitglieder für die neue deutsche rechtsextreme Partei und hofft auf ein wenig brauchbares Werbematerial. Jutta, astrologische Lebenshelferin freut sich wie Bolle. Endlich passiert mal was. Klausi ist der große 0nline Kritiker, da kann der sich so richtig auskotzen. Jetzt hat er mal frei, gut so. Max stalkt online Frauen und braucht sich gerade keine Gedanken zu machen, wie er sie ängstigt. Basti entflieht seiner Dauererregung, wenn er jungen Mädchen beim Gymnastikturnen zusieht. Und Natasch und Marco online Fitness Coaches wollen die Zeit für Brainstorming nutzen, wie sie Natasch weiterhin präsentieren.

Fazit: Elina Penner (www.hauptstadtmutti.de) hat zehn fiktive Gestalten erschaffen, in einen Showtopf geworfen und eine absolut fesselnde, kluge und bissige Geschichte daraus geformt, die die Gesellschaft spiegelt. Drei reichweitenstarke Frauen, die sich selbst erfolgreich vermarkten, treffen auf sieben Männer, die dazu neigen, ihre Meinung ungefragt und laut in die Welt zu rotzen. Alle Beteiligten ziehen einen Nutzen daraus, anderen zu schaden und niemand ist zu ausreichend großen Selbstzweifeln fähig, dass er/sie sich der Verantwortung bewusst würde. In dieser Geschichte ist die hübsche Blonde mit dem Wahnsinns Body einmal nicht die dumme, naive Beute, sondern die intelligente Heldin mit der großen Klappe und der ungefilterten Ehrlichkeit. Die Männer tun das, was sie oft machen, Macht ausüben. Warum? Weil sie es können. Was mir richtig gut gefallen hat, alles, aber auch die spielerische Analyse, die die wahren Intensionen aufdeckt, warum es sich so geil anfühlen muss, seine Wut hinauszuagieren. Hier wird mit internalisierten Bildern über Frauen aufgeräumt, im Dialog infrage gestellt und den Denkern der Kopf zurechtgerückt. Das macht die Story so lebendig. Die Charaktere sind großartig ausgearbeitet, die Sprache ist rotzig, frech und auf den Punkt. Hab ich schon gesagt, dass ich das Buch überobergeil finde? Wer das nicht liest, hat den Zeitgeist verpasst! Danke Elina Penner.

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Veröffentlicht am 27.10.2025

Fixierung des Unbekannten

Die Holländerinnen
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Die gefeierte Lyrikerin tritt ans Rednerpult. Sie habe diesen Vortrag gut vorbereitet und eingeplant, wie immer auch, fragmentarisch über ihr Schreiben zu berichten. Doch in der letzten Zeit seien ihr ...

Die gefeierte Lyrikerin tritt ans Rednerpult. Sie habe diesen Vortrag gut vorbereitet und eingeplant, wie immer auch, fragmentarisch über ihr Schreiben zu berichten. Doch in der letzten Zeit seien ihr zunehmend die Worte verloren gegangen, ob der Bilder, die sich ihr aufgedrängt hätten. Bilder von Frauen mit Aschekreuzen auf der Stirn oder vier Reiterinnen mit verhüllten Gesichtern. In Anbetracht der Entwicklung des Weltgeschehens, des Sterbens und der katastrophalen Verhältnisse verweigere sich der Text ihrem künstlerischen Einfluss.

Vor drei Jahren seien ihr erste Zeichen ihrer schriftstellerischen Bankrotterklärung erschienen, als ein Theatermacher sie kontaktierte. Ihm schwebe etwas ganz Außerordentliches vor, die Rekonstruktion eines Falls. Es sei von größter Wichtigkeit, dass Wirklichkeit und Fiktion sich symbiotisch verbinden, dass also die Darstellerinnen die mutmaßlichen Schrecken, wie sie die beiden Frauen erlebt hatten, am eigenen Leibe erführen. Er habe ihr gesamtes Mythen-Projekt „Die Bestrafung der Mägde“ über die Jahre verfolgt und hätte sie gerne als Schriftführerin dabei. Da sie gerade an einem Projekt schrieb, das sie glaubte, an die Wand gefahren zu haben, willigte sie ein und erhielt alsbald die Reiseunterlagen per E-Mail. Der Flug war unspektakulär. Die Taxifahrt mit einem Exil-Nicaraguaner, der über rote Ampeln fuhr, interessant. Das Hotel lag bei ihrer Ankunft schon im Dunkeln. Der Portier, der lange auf sich warten ließ, öffnete ein Rolltor, das er sofort wieder schloss, nachdem sie eingetreten war. Die Überlandfahrt tags darauf führte durch ein hohes Gebirge, das die Einheimischen „Hügel des Todes“ nannten.

Die Rednerin hält kurz inne, räuspert sich, blickt ins Publikum und atmet tief ein und aus. Von Anfang an habe sie ein Unbehagen befallen, eine Art Gefahr, das sie meteorologischen Störungen oder dem Ungewohnten ihrer Reise nicht habe zuordnen können.

Fazit: Dorothee Elmiger, die mittlerweile mit ihrer Geschichte den Deutschen Buchpreis 2025 abgeräumt hat, hat in ihrer Fiktion das Unbekannte fixiert. Die Protagonistin wird nach Mittelamerika zitiert, wo tatsächlich 2014 zwei junge Frauen aus den Niederlanden verschwanden. Ein Theatermacher will den Fall rekonstruieren und nachstellen. Sie soll alles schriftlich festhalten und zum Schluss vertexten, aber das gelingt ihr nicht. Die Autorin bedient sich aller Stilmittel um eine Atmosphäre des Unwohlseins zu erschaffen. Es ist oft dunkel, wenn es hell wird, regnet es. Als die Beteiligten miteinander ins Gespräch kommen, hat fast jede/r eine gruselige Anekdote zu erzählen und noch dazu wissen alle, dass sie einen Fall nachspielen werden, bei dem zu erwarten ist, dass den jungen Frauen irgendetwas Schreckliches passiert ist. Irgendetwas, denn genau weiß man es nicht. Und das macht die Geschichte, die konsequent in indirekter Rede ähnlich einer Berichterstattung erzählt wird, zu einer Herausforderung. Mir hat sich nicht erschlossen, was die Autorin mir sagen will, so wie viele Erzählungen auf eine Quintessenz hinauslaufen, macht die Autorin genau das nicht. Für mich haben sich auffallend Szenen wiederholt, in denen sich die Mitwirkenden, trotz miesem Bauchgefühl, vom Theatermacher überreden lassen. Vor allem aber hat diese gut gezeigte Beklemmung alle befallen und eine Eigendynamik entwickelt. Am Ende bleibt viel Raum für Spekulationen und ich muss gestehen, dass die Erzählart mir einiges abverlangt hat. Ich liebe diesen Stil bei Zeitungsartikeln oder Gerichtsverhandlungen, wo eine gewisse Objektivität die Unschuldsvermutung aufrechterhalten soll, aber in einer Erzählung hat es mich gefordert. Nichts destotrotz wird es für dieses literarische Buch sicher Lesebegeisterung geben.

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Veröffentlicht am 27.10.2025

Temporeich und viele Themen

Hätte ich es vorher gewusst, hätte ich es genauso gemacht
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Melanie kann nicht schlafen. Sie denkt an ihre Adele, die mit Vincent nach Neuseeland gegangen ist. Sie liegt auf dem Rücken, die Arme locker seitlich. Die Donau zieht an ihrem inneren Auge vorbei, dort ...

Melanie kann nicht schlafen. Sie denkt an ihre Adele, die mit Vincent nach Neuseeland gegangen ist. Sie liegt auf dem Rücken, die Arme locker seitlich. Die Donau zieht an ihrem inneren Auge vorbei, dort wo sie immer mit dem Rad entlang fährt. Die Wachau mit Weinbergen, die aussehen wie Reisfelder in Hanglage. Es war ein Familienentscheid zwischen Melanie, Vincent, Adele und Sally, Vincents neuer Partnerin. Melanie hat nachgegeben. Woher hätte sie auch wissen sollen, dass diese Pandemie den Planeten lahmlegen wird.

Bei Ines und Sam kann sie sich ausquatschen. Ines ist mit Herbert verheiratet. Sie haben ein Haus, zwei liebe Mädchen, geordnete finanzielle Verhältnisse und eine stabile Ehe. Melanie würde Ines hassen, wenn sie sie nicht so lieb hätte. Dass sie Ines so lieb hat, hat mit Sam fast soviel zu tun wie mit Ines.

Sie hatte die beiden auf einem Power-Lunch, getarnt als Gartenparty, kennengelernt auf der Vincent eingeladen war. Vincents Freunde verstanden sich als Weltbürger, die unter sich bleiben wollten. Und so schlenderte Melanie ziellos durch die Gäste, bis sie an Sam hängen blieb. Sie amüsierten sich köstlich miteinander und als sie laut lachten, stieß Ines dazu, um zu erfahren, was so komisch wäre. Ab da trafen sie sich öfter zu dritt.

Melanie arbeitet in dem Hotel, das den gleichen Namen trägt wie ihre Tochter. Die Zimmer sind schick eingerichtet und tragen alle einen Namen berühmter Frauen. Den Job hat sie durch Ines ergattert.

Fazit: Mieze Medusa, Rapperin, Spoken World Performerin und Autorin aus Wien hat ihren vierten Roman veröffentlicht. Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich eine unterhaltsame Geschichte über eine Frau aus einfachen Verhältnissen, die, Pretty Woman like, einen Mann mit viel Geld trifft, ihr Studium hintanstellt und schwanger wird. Der Kindsvater verlässt sie nach wenigen Jahren für eine andere. Das Kind lebt bei ihm in Neuseeland und bricht der Mutter das Herz. Fortan muss sie ihr Leben selbst stemmen. In den Nebenrollen: zwei beste Freundinnen, ein Cousin, gleichzeitig Weltenbummler und Surfboy, eine Mutter auf dem Jakobsweg. Nebenschauplätze: eine arbeitsintensive Almhütte nebst Baumbestand und eine Drag Parade in Schottland. Nebenereignisse: Corona, Inflation, Hitzewellen, Klassismus und Umweltkipppunkt. Das war mir und meinem autistischen Gehirn, das nicht multitaskingfähig ist, thematisch zu viel. Die Stimme der Autorin ist temporeich und quecksilbrig. Vielleicht zeigt die Geschichte aber auch einfach, wie es um das Leben der meisten Menschen mittleren Alters bestellt ist, schnell und oberflächlich und ich bin einfach da rausgewachsen. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass dieses Buch für viele Leser*innen einen echten Unterhaltungswert hat und deswegen empfehle ich es hier gerne.

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