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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.06.2021

Interessante Grundidee, aber sehr konstruiert

Der Nachlass
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70 Millionen Euro - Hedda hat ein wahrlich großes Erbe hinterlassen. Allerdings ist ihr Testament alles andere als gewöhnlich, sie hat verfügt, dass Ihre Familie eine Challenge bestreiten muss, drei Tage ...

70 Millionen Euro - Hedda hat ein wahrlich großes Erbe hinterlassen. Allerdings ist ihr Testament alles andere als gewöhnlich, sie hat verfügt, dass Ihre Familie eine Challenge bestreiten muss, drei Tage mit je neun Aufgaben und wer die meisten Punkte erreicht, bekommt das komplette Erbe.
Spannend - dachte ich.

Der Start ins Buch war dann auch vielversprechend. Nach einem undurchsichtigen ersten Kapitel (dessen Bedeutung erst ganz am Schluss klar wird) beginnt das Buch mit einem Schwenk zu einem der Söhne, der sich zu dieser Zeit in der Schweiz aufhält. Hier hat der Autor gleich eine Nähe zu Theo, so heißt der Sohn, aufbauen können. Man lernt Theo kennen - und das Buch liest sich schnell dahin.

Dann der Schwenk: alle Kinder sind im Elternhaus, die Mutter verstirbt. Und ab hier wurde es zäh. Die Figuren seltsam distanziert, ich habe keinen Draht zu ihnen gefunden. Umso eigenartiger, weil das eben eingangs gar nicht so war. Und die anfängliche Spannung, was es mit den Aufgaben auf sich hat, hat zunehmend gelitten, es hat sich immer mehr in eine arg konstruierte Splatter-Richtung bewegt.

Ich fand es auch nicht sonderlich spannend - lediglich das Ende hat mich wieder etwas mit dem Buch versöhnt. Da gab es einen wirklich guten Schwenk, den ich so nicht geahnt habe.
Aber insgesamt einfach für mich deutliche Längen und zu wenig Nähe zu den Figuren.

Kein schlechter Thriller, das nicht, aber auch keiner, den ich einer Freundin oder einem Freund empfehlen würde.

Veröffentlicht am 21.06.2021

Liest sich leicht, hat mich aber nicht berührt

Die Geschichte von Kat und Easy
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Nach zwei Coming-of-Age Büchern aus Sicht männlicher Jugendlicher in diesem Jahr nun auch eines aus der weiblichen Perspektive.

Hier allerdings mit Wirkung bis in die Gegenwart, weswegen die Geschichte ...

Nach zwei Coming-of-Age Büchern aus Sicht männlicher Jugendlicher in diesem Jahr nun auch eines aus der weiblichen Perspektive.

Hier allerdings mit Wirkung bis in die Gegenwart, weswegen die Geschichte von Kat und Easy immer im Wechsel 1973 und jetzt erzählt wird.

Das Teenie-Leben in einer Kleinstadt mit der altersüblichen Reduzierung auf Musik, Hesse, Liebe & Sex, Heimlichkeiten und Drogenerfahrung fand ich sehr überzeugend geschildert.

Allerdings ist es für Außenstehende nicht so sonderlich spannend, da alles nunmal nur darum kreist und das hatte man ja mehr oder minder ausgeprägt „damals“ selbst und seitenlanges Lesen über hier sehr ausgeprägte Drogenexperimente fand ich doch ganz schön langweilig und mit viel zu vielen Wiederholungen behaftet.

In der Gegenwart steht dann weiterhin der Konflikt von früher zwischen den Beiden. Statt sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen, arbeiten sie es über Kats Blog auf.

Das fand ich nicht schlecht und es hat zu den beiden gepasst.

Aber auch hier gilt: so wirklich interessant fand ich es nicht. Zuviel Unwichtiges, wie für die Handlung völlig bedeutungslose Feste in Griechenland haben es für mich schleppend gemacht.

Vermutlich sollte man bei dem Buch tatsächlich auch aus der Generation sein. Autonome Jugendzentren gab es zwar in meiner Jugend auch noch, aber weder zu der Musik noch zu den Drogenexperimenten konnte ich einen Bezug herstellen, das machte es nicht einfacher.

Fazit: Guter Schreibstil, aber einfach nicht mein Thema bzw. meine Generation.

Veröffentlicht am 20.06.2021

Roboter und Menschen - wirklich zwei völlig getrennte Welten?

Undercover Robot – Mein erstes Jahr als Mensch
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Dotty ist ein Roboter - um zu testen, ob sie wirklich überzeugend ist, soll sie ein Jahr als normale Schülerin in die Schule gehen - und darf nicht auffliegen. Nur dann ist der Fortbestand des Forschungsprojekts ...

Dotty ist ein Roboter - um zu testen, ob sie wirklich überzeugend ist, soll sie ein Jahr als normale Schülerin in die Schule gehen - und darf nicht auffliegen. Nur dann ist der Fortbestand des Forschungsprojekts gesichert.

Tja - obwohl Dotty wirklich detailreich programmiert wurde - sie ist halt ein Roboter. "Denkt" logisch, handelt entsprechend - Emotionen sind außen vor bzw. nur eingeübt, wenn sie der Programmierlogik entsprechen. Klar, dass da einiges schiefgeht.

Das ist ein hochspannendes Thema, was macht uns als Menschen aus und wie wird Künstliche Intelligenz künftig unseren Alltag und unser Leben gestalten?

Dabei ist das Buch trotz des wichtigen Themas einfach ein witziges Kinderbuch, das allerbeste Unterhaltung bietet. Es macht riesigen Spaß, es zu lesen. Die Thematik ist kein Problem - und es ist auch definitiv kein anstrengend zu lesendes Buch, sondern feinste Kinderunterhaltung mit einem sehr gelungenem Ende.

Ein Beispiel für den Humor gefällig?
"Papa ist Philosophieprofessor. Philosophen arbeiten an Problemen, die den Verstand der Menschen vor Rätsel stellen. In seiner Jugend verbrachte er zwei Jahre damit, über den Unterschied zwischen einem Becher und einer Tasse nachzudenken. Anschließend beschäftigte er sich noch drei Jahre mit der Frage, ob Becher und Tassen wirklich existieren."

Empfohlen wird das Buch ab 10 Jahren - das passt m. E. gut, allerdings ist das Sprachniveau hoch. Dotty geht nun mal auf eine Schule für Hochbegabte und ist ein Roboter - das spiegelt sich auch im Wortschatz wieder. Viele Wörter werden erklärt, aber von Wörtern wie Algorithmus oder Linguistik sollte man sich nicht abschrecken lassen.

Ob Roboter letztendlich Emotionen haben, das bleibt dahingestellt, ich habe Dotty aber auf jeden Fall in mein Herz geschlossen. Ein richtig gelungenes Buch!

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Veröffentlicht am 09.06.2021

Arktische Dunkelheit, eine Praktikantin und ein Mord

RAVNA – Tod in der Arktis
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Ravna ist eine junge Praktikantin bei der Polizei und ihr erster Arbeitstag startet gleich mit einem Mord. Es bleibt keine Zeit, sie einzuweisen und auch sonst sind die Kollegen nicht gerade das, was man ...

Ravna ist eine junge Praktikantin bei der Polizei und ihr erster Arbeitstag startet gleich mit einem Mord. Es bleibt keine Zeit, sie einzuweisen und auch sonst sind die Kollegen nicht gerade das, was man sich als Anfängerin wünscht. Als Samin hat sie es ohnehin nicht leicht, das Verhältnis zwischen Samen und Norwegern ist nicht einfach.

Das Buch hat mich völlig gefesselt.
Da ist zum einen der Mordfall, spannend und durch samische Rituale aus einer mir völlig fremden Lebenswelt.
Dann die Charaktere - die forsche Ravna, die unbedingt Polizistin werden will, obwohl sie sich doch eigentlich um die Rentierherden der Familie kümmern soll, der ehemalige Star-Ermittler Thor, der sich um gesellschaftliche Konventionen null kümmert und die Stammbesetzung der kleinen Polizeidienststelle. Eine explosive Mischung - sehr spannend zu lesen.

Besonders gut hat mir aber die Atmosphäre des Buches gefallen, das unterscheidet es von vielen anderen Krimis.
Die lange Dunkelheit mit oft nur einer Stunde Tageslicht, die Lebensrealität und alte Rituale der Samen, überhaupt der Einblick in die Konflikte zwischen Norwegern und Samen, das war eine rundum gelungene Mischung. Authentisch wurde es auch durch (nicht überhand nehmende) Verwendung von Wörtern der Originalsprache, natürlich immer mit Fußnote versehen. Auch die Ortsbeschreibungen samt Karte haben gleich ein Bild vor meinem Auge entstehen lassen.

Der mystische Part an dem Buch war auch so dosiert, dass es für mich rund und nicht zu dominant war; ich bin da eigentlich nicht so der Fan von, hier hat es aber gepasst und musste sogar so sein, sonst wäre es nicht das Buch geworden, das es ist.

Fazit: Die Kombination aus Krimi, Einblicke in indigene Lebenswelten samt Chancenungleichheit und Konflikte und die Atmosphäre in dem dunklen, kalten Landstrich - sehr gelungen. Ich hoffe, sehr, dass es noch Folgebände um Ravna und Thor gibt, Potential für eine Serie ist auf jeden Fall vorhanden.

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Veröffentlicht am 06.06.2021

Unbedingt lesen

Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz
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Zelda ist gerade 21 geworden, mit ihrer Geburtstagsparty startet das Buch. Sie hat eine Fetale Alkoholspektrumsstörung (FASD), weil ihre Mutter während der Schwangerschaft Alkoholikerin war.
Deshalb braucht ...

Zelda ist gerade 21 geworden, mit ihrer Geburtstagsparty startet das Buch. Sie hat eine Fetale Alkoholspektrumsstörung (FASD), weil ihre Mutter während der Schwangerschaft Alkoholikerin war.
Deshalb braucht sie klare Regeln, wiederkehrende Tagesabläufe und ist geradeaus, pragmatisch und eine echte Kämpferin. Ihre große Leidenschaft sind die Wikinger - aber während Frauen dort -vermeintlich - eher die holde Maid waren und Männer die Kämpfer, beschließt Zelda, dass sie die aktive Rolle übernimmt, für die Rolle der holden Maid wählt sie ihren Freund aus. Das fand ich bewundernswert, tatkräftig und auch sehr witzig geschrieben.

Das Buch hat mich von Beginn an fasziniert, entwickelt seine Stärke im Laufe der Geschichte aber immer mehr.
Meine Bewunderung galt Zelda, sie meistert ihr Leben und kämpft für ihre Lieben. Sie ist so quicklebendig, ich kann kaum glauben, dass sie nur eine fiktive Person ist. Der Autor hat mit ihrer Sicht der Dinge eine tiefe Verbindung zwischen mit als Lesende und Zelda geschaffen.

Sehr erfrischend fand ich auch Zeldas Tatkraft, das "erste Mal" anzugehen. Das Thema Sexualität bei Menschen mit Beeinträchtigungen habe ich literarisch auch noch nicht sehr oft wahrgenommen.

Zelda hat allerdings um sich herum lauter Menschen, die sie lieben und unterstützen und ganz vorne ist ihr Bruder Gert. Er macht nicht alles richtig und trapst von einem Schlamassel ins nächste, aber hier hat sich meine Meinung im Laufe des Buches stark geändert. Er ist für mich ein echter Held, übernimmt Verantwortung und hat eigentlich - so aus der Ferne betrachtet - kein eigenes Leben. Allerdings rückt Gert diese Einschätzung ziemlich schnell gerade, für ihn wäre ein Leben ohne Zelda unvorstellbar.

Spannend fand ich auch, dass die Rollen der Geschwister durchaus wechseln - wer sich um wen kümmert und Verantwortung übernimmt, ist keineswegs immer identisch.


Aber ich will gar nicht zu viel verraten, das Buch kann man nur schwer beschreiben, sein Zauber entfaltet sich beim Lesen.
Es ist herzerwärmend, gibt Denkanstöße, ist witzig und erweitert den klassischen Familienbegriff um den der Sippe.
Und nicht zuletzt ist es eine Liebeserklärung an Bibliotheken und Buchhandlungen!
Definitiv ein Lesehighlight im Jahr 2021 - das ich so unter dem sperrigen Titel nicht vermutet hätte.

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